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C. M. v. Weber. Texte der Gesänge. 3. Ocean-Arie aus „Oberon“. Ocean, du Ungeheuer! Schlangengleich hältst du umschlungen rund die ganze Welt! Dem Auge bist ein Anblick voll Grösse du, wenn friedlich in des Morgens Licht du schläfst! Doch wenn in Wut du dich erhebst, o Meer, und schlingst die Knoten um dein Opfer her, zermalmend das mächtige Schiff, als wär’s ein Rohr: dann, Ocean, stellst du ein Schreckbild dar. — Noch seh’ ich die Wellen toben, Durch die Nacht ihr Schäumen schleudern, An der Brandung wild gehoben, Jede Lebenshoffnung scheitern. — Doch still! Seh’ ich nicht Licht dort schimmern, Ruhend auf der fernen Nacht, Wie des Morgens blasses Flimmern, Wenn vom Schlaf er erwacht? Heller nun empor es glühet, In dem Sturm, dess’ Nebelzug Wie zerriss’ne Wimpel fliehet, Wie wilder Rosse Mähnenflug! — Und nun die Sonn’ erstrahlt! Die Winde lispeln leis’, Gestillter Zorn wogt nur im Wellenkreis. Wolkenlos strahlt jetzt die Sonne Auf die Purpurwellen nieder Wie ein Held nach Schlachtenwonne Siegreich eilt zur Heimat wieder. — Ach! Vielleicht erblicket nimmer Wieder dieses Aug’ ihr Licht! Lebe wohl, du Glanz für immer! Denn für mich erstehst du nicht. — Doch was glänzt dort schön und weiss, Hebt sich mit der Wellen Heben? ’s ist die Möve, sie schweift im Kreis, Wo die Flut raubt ein Leben! Nein! — Kein Vogel ist’s! — Es naht! Heil! Es ist ein Boot, ein Schiff! Und ruhig segelt’s seinen Pfad, Ungestört durch das Riff. — O Wonne! Mein Hüon, zum Ufer herbei! Schnell, schnell diesen Schleier! Er weht! O Gott! Sende Rat! Sie seh’n mich! Schon Antwort! Sie rudern mit Macht! Hüon! Mein Hüon, mein Gatte, die Rettung, sie naht! Rieh. Demel. Wir haben ein Bett, wir haben ein Kind, Mein Weib! Wir haben auch Arbeit, und gar zu zweit, Und haben die Sonne und Regen und Wind, Und uns fehlt nur eine Kleinigkeit, Um so frei zu sein, wie die Vögel sind: Nur Zeit! Brecher Wenn wir Sonntags durch die Felder gehn, Mein Kind, Und über den Aehren weit und breit Das blaue Schwalbenvolk blitzen sehn: O, dann fehlt uns nicht das bisschen Kleid, Um so schön zu sein, wie die Vögel sind: Nur Zeit! 5. a) Der Arbeitsmann. Nur Zeit! wir wittern Gewitterwind, Wir Volk! Nur eine kleine Ewigkeit; Uns fehlt ja nichts, mein Weib, mein Kind, Als all’ das, was durch uns gedeiht, Um so froh zu sein, wie die Vögel sind: Nur Zeit!