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Dtllißk M Mkißerth -AMng. M. 10. Dienstag, den 28. Januar 1908. 74. Jahrgang. Politische Verirrungen. Der deutsche Reichstag und die Straßen der Reichs hauptstadt haben in den letzten Tagen recht seltsame Bilder gezeigt. Die Unzufriedenheit wegen der von der preußi schen Regierung zunächst abgelehnten Wahlrechtsreform i t von der Sozialdemokratie in den deutschen Reichstag ge tragen worden, und mit dieser politischen Verirrung nicht genug, hat die Sozialdemokratie auch versucht, die politi schen Entscheidungen auf die Straßen von Berlin zu ver legen und durch Massendemonstrationen und damit un vermeidlich verbundene Tumulte politischen Eindruck zu machen. Man sieht schon aus der ganzen Art dieser politischen Kämpfe und Demonstrationen, daß hier ein un gesetzlicher Weg gegangen worden ist, um sür eine Reform des preußischen Wahlrechtes zu kämpfen. Das preußische Wahlrecht, welches ja schon der Altreichskanzler Fürst Bismarck als das schlechteste aller Wahlsysteme bezeichnet hat, mag noch so viele Fehler und Mängel haben, aber die Frage der Reformbedürftigkeit gehört verfassungsmäßig nicht vor den Reichstag, sondern vor den preußischen Landtag. Die durch freie Entschließung der deutschen Bundessürsten und Bundesregierungen geschaffene Reichs- verfassung hat die Souveränität der deutschen Bundes staaten in ihren eigenen inneren Angelegenheiten in keiner Weise berührt, und es wäre ein großes nationales Unheil, wenn auf einmal der Reichstag oder auch nur eine An zahl Parteien des Reichstages im Reichstage selbst Rechts fragen der Bundesstaaten zur Erörterung und zur. Ent scheidung bringen wollten. Durch diesen Uebergrisf würde geradezu eine parlamentarische Rechtsverwirkung geschaffen und die Grundlage des deutschen Reichs erschüttert. Der Reichskanzler Fürst Bülow und die anwesenden Bundes- ratsmitgliedcr haben daher durchaus korrekt gehandelt, daß sie die Beantwortung der Interpellation der Sozial demokraten betreffend die Ausdehnung des Reichstags wahlrechtes auf den preußischen Landtag abgelehnt haben, denn der Reichskanzler und die Bevollmächtigten zum Bundesrate können nie und nimmer reine Bundesslaaten- angelegenheiten im Reichstage zur Erörterung zulassen. Diese Art von Interpellationen sind auch seitens der Sozialdemokratie keine einfachen Rcchtsverirrungen mehr, denn dazu sind die sozialdemokratischen Führer viel zu klug, um nicht zu wissen, daß preußische Angelegenheiten nicht in den Reichstag gehören, diese Art parlamentarische Anträge und Interpellationen sind vielmehr politische Quertreibereien und Anmaßungen der Sozialdemokratie mit der Absicht, im deutschen Volke großen Eindruck zu machen und die Sozialdemokratie als die wahre Vor kämpferin für die politische Freiheit hinzustellen. Das preußische Wahlrecht mag noch so reformbedürftig sein, und es mag auch in einem Staate, der die allgemeine Wehrpflicht geschaffen hat, auf die Dauer unhaltbar sein, den Bürgern das allgemeine Wahlrecht auf einer gleich artigen Grundlage vorzuenthalten, aber der Kampf um diese Reform gehört nur in die preußischen Wahlkämpfe und in den preußischen Landtag und nicht in den deutschen Reichstag. Die Hinweise darauf, wie es einzelne sozial demokratische Redner getan haben, daß dem Volke keine anderen Mittel übrig blieben, als im Reichstage zu inter pellieren und auf den Straßen zu demonstrieren, sind politisch verfehlt, denn noch niemals haben die Mittel der Gesetzlosigkeit und der Unordnung zu rechten politischen Erfolgen geführt. Die Besonnenheit und die loyalen parlamentarischen Kämpfe können allein notwendige Reformen durchführen helfen, und die jüngsten Interpella tionen im deutschen Reichstage und die wiederholten Demonstrationen in den Straßen Berlins wegen der rück ständigen Reform des preußischen Wahlrechtes können nur als Verirrungen bezeichnet werden. Sächsisches." — Die Landwirtschaftliche Feuer-Versicherungs-Genossen' schäft in Sachsen zu Dresden hat mit 1907 das 34. Jahr ihrer gemeinnützigen Wirksamkeit abgeschlossen und wiederum befriedigende Ergebnisse erzielt. Die Versicherungssumme für 19091 neue Polizen betrug 143318337 Mark (gegen 129040780 Mark im Vorjahr) und der reine Bestand nach Abzug der erloschenen Versicherungen 902 274112 Mark (gegen 846675285 Mark im Vorjahre). An Prämie und Gebühren wurden 1489 772,45 Mk. (gegen I 412 299,14 Mk. im Voijahre) vereinnahmt, dagegen für Schäden 841240,24 Mark (gegen 656112,49 Mark im Vorjahre) verausgabt. — Die sogenannte Rauchschädenfrage, welci e mit dem Wachsen der industriellen Anlagen im Königreich Sachsen seit einigen Jahren von der Wissenschaft und auch von Praktikern immer lebhafter diskutiert wird, soll, nachdem der schädliche Einfluß der Rauchgase auf die Vegetation in weitem Umfange nachgewiesen wird, und zwar ganz be sonders durch hervorragende wissenschaftliche Arbeiten des Professors Wislicenus von der Forstakademie Tharandt, nunmehr einer praktischen Lösung zugesührt werden. Aller dings sind hierbei noch größere Schwierigkeiten zu über winden. Vor allen Dingen muß berücksichtigt werden, daß d>e Jndustr e durch die zu fordernden technischen Anlagen zur Kondensierung der giftigen Gase nicht zu stark belastet wird. Besonders gefährdet sind durch Rauchgase nament- lich die wertvollen Nadelhölzer der Slaatssors en und zahl reiche Gemeinde- und Prioatforsten. Die Beamten im Staatsforstwesen und auch der sächsische Forstoerein haben sich infolgedessen fortgesetzt mit der Angelegenheit befaßt Neuerdings ist bei der Königlichen Staatsregierung eine Petition von einer Anzahl Gemeinden und Privatwald besitzern erngegongen, welche die Hilfe des'Staates gegen die Rauchschäden erbittet und sich namentlich dafür ver wendet, daß staatliche Prämien für technische Erfindungen ausgesetzt werden, durch die es möglich wird, die oege- tationsschädigenden Einslüsse de» Rauches und die industri ellen Abgangsgase zu beseitigen oder doch herabzumindern. Die Regierung beabsichtigt, dieser Petition Rechnung zu tragen, und zwar derart, daß zur Erlangung solcher Er findungen, weiter aber auch zur literarischen Bearbeitung der Rauchschädenfrage öffentliche Wettbewerbe ausge- schrieben werden. Daneben sollen an die wissenschaftlichen Institute der sächsischen Hochschulen aus der Versügungs- summe zum Studium der Rauchschädenfrage und nötigen falls zur Prüfung der eingehenden Bewerbungen Beihilfen gewährt werden. Zur Erreichung des Erfolges der ge planten Maßnahmen hat das Finanzministerium zunächst 30000 Mark ausgeworfen. Die ganze Sache wird auch noch im Landtage zur Sprache kommen, was auch früher schon wiederholt geschehen ich Der Landeskulturrat hat sich bereits im vorigen Jahre im Sinne der Regierungspläne gutachtlich über die Bekämpfung der Rauchschäden ge äußert. f — Der seit kurzem eingetretene Umschwung in den Witterungsverhältnissen übt auch einen günstigen Einfluß auf den Fortgang der Arbeiten an dem Ersatzbau der Augustusbrücke aus. Auf dem durch den Abbruch de» alten Bauwerks freigelegten Terrain ist man jetzt eifrig mit den Vorbereitungen für die Gründung des sechsten Pfeilers beschäftigt. Die Arbeiten sollen nach Möglichkeit beschleunigt werden. Man hofft, die Gründung und den Aufbau des Pfeilers noch vor Eintritt der Frühlings-Hoch- wassersluten beendigen zu können. Nach Abbruch des siebenten der alten Pfeiler, der jetzt noch zum Teil die be treffende Stelle besetzt hält, wird dann auch der Raum für den fünften Stützpunkt gewonnen sein. Die Schwierig keiten bezüglich der Gründung dürsten sich hier bedeutend vergrößern, da bei diesem im eigentlichen Strombett stehenden Pfeiler erstmalig Caissons zur Verwendung ge langen müssen. Am gestrigen Tage ist übrigens von selten der Firma Dycker hoff L Widmann die Ausschalung des ersten an das Neustädter Widerlager anschließenden Bogens vorgenommen worden. Die in Beton ausgesührte Wölbung dieses Bauteils wurde am 9. November v. I. geschlossen. Es bleibt nun abzuwarten, in welchem Maße sich an dem Gewölbe nach Entfernung des zum Bau be nötigten starken Holzgerüstes etwaige Senkungen bemerk bar machen werden. Die bisherigen Ergebnisse angestellter Nivellierungen waren äußerst günstig. , — In der letzten Stadloerordneten-Sitzung zu Sayda gelangte ein vom Rat genehmigter Antrag des Bürger meisters Uhlich, noch im Jahre 1908 ein Beamtenwohn haus mit vier Wohnungen aus städtischen Mitteln zu er bauen und die Kosten hierfür zu bewilligen, einstimmig zur Annahme. — Die des Mordes ihres Bräutigams und anderer Verbrechen angeschuldigte Grete Beier ist endlich nach der Irrenanstalt des Zuchthauses Waldheim überführt worden, nachdem das Königliche Justizministerium sichffür otese Anstalt entschieden hat. Die Beier wird in Wald heim voraussichtlich 6 Wochen lang verbleiben, während welcher Zeit sie auf ihren Geisteszustand untersucht wird. — Auf dem Waldwege zwischen Wildenfels und Hartenstein stürzte der Schutzmann Hilbert infolge des Glatteises. Er verletzte sich derart, daß er am folgenden Tage starb. — Seitens der Bäckerzwangsinnung in Sebnitz ist der Preis für ein Kilo Brot auf 27 Pf. erhöht worden, sodaß nunmehr ein Brot von 6 Pfund den hohen Preis von 81 Pf. kostet. — Die Frau eines Einwohners in Brockau bei Netzschkau war gegen Abend allein zu Hause, als sie im Hofe eine Gestalt bemerkte. Als sie sich bemerkbar machte, suchte der Unbekannte das Weite, schien aber den Ausgang M. 143,318,337 — »» Linen Schmiedelehlting StuhUmucrlehrling 314,32851 289,729.16 628,020.39 1,820,328.92 2,738,078.47 12,534,997.76 902.274,112.— 1,489,772.45 Wge Lausend alte IchiWl sucht zu kaufen VRto Rivkten, Ofen setzer, Dippoldiswalde. Schwedler-Dippoldiswalde, Spindler-Dippoldiswalde, Kohl-Borla?, Friebel-Beerwalde, Schwartze-Kreischa, Rüdiger Obercarsdorf, Heber-Obercunnersdorf, Rögner Cunnersdorf, Enderletn-Seifersdorf, Enderlein-Reichstädt, Lindner-Großölsa, Ltegrl-Schmiedeberg. 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