Volltext Seite (XML)
am Strande, ich muß ihn mir hereinhokcn, oenn vie Schmidt, so zuverlässig sie sonst ist, bei einem Gewitter verliere sie den Kopf. Gestatten Sie daher, gnädigste Frau " Er neigte sich über Ihre Hand und suchte dann ihre Augen in heißer, stummer Bitte. Aber ihr warmer Glanz war wirklich erloschen, wie jetzt die eben noch so strahlende Himmelsonne. Nur seine Wolken- schattcn spiegelten sich in ihnen. „Ja, eilen Sie, den Kleinen unter Dach zu bringen. Hoffentlich gelingt's noch," meinte Sie freundlich gelassen. Und mit dieser konventionellen Phrase fand er sich ent lassen, nachdem er sich von Luise, dieser gefährlichen Wolken schieberin, ivie er sie bei sich ingrimmig nannte, mit etwas forcierter Höflichkeit verabschiedet hatte, während sie ihn mit lächelnder Zufriedenheit verschwinden sah. In Westerot hingegen gährte die Gewitterstimmung fort. Ein leidenschaftliches Verlangen nach dein Besitz der schönen Frau brannte in ihm. Er war bereit alle Schmerzen gutzumachen, die sie einst um ihn gelitten, und er glaubte auf ihr weiches versöhnliches Gemüt bauen zu dürfen. Ja, er hätte darauf schwören möge», vor wenigen Minuten noch ein sanftes verzeihendes Hinneigen in ihren schönen Augen gewahrt zu haben. Ohne das Dazwischen- treten ihrer fatale» argusäugigen Gesellschafterin, hätte er sicher das absolvierende Ja von ihren süßen Lippen ge küßt; die herrliche Perle in ihrer kostbaren Fassung wäre jetzt sein eigen. Nnn konnte er von neuem mit Zeit und Mühen aus «ine günstige Gelegenheit der Aussprache lauern, wenn er sie überhaupt wiederfaud, da dies seltsame Fräulein Hagen ihm so geflissentlich jede Annäherung an Marion erschwerte. Viele Tage hatte er so wie so nicht mehr zu vergeuden. Die gute Stadt verdachte ihrem Oberbürger meister bereits die lange Erholungsreise und das um so mehr, als in nicht zu ferner Zeit der Reichstag seine er neute Abwesenheit verlangte. Es lag ihm aber daran mit seinen Bürgern sowohl, als den Behörden in gutem Einvernehmen zu stehen. Deshalb galt es die Sache mit Marion möglichst bald ins klare zu bringen. Die Ent scheidung auf die Berliner Zeit zu verschieben, erschien ihm wenig ratsam. Im Strudel des Wellstadtlebens und dazu von ihren Amerikanerinnen absorbiert, mochte ihm Marion wieder entgleiten. Nein, es galt hier das Eisen zu schmieden, so lauge es, von günstigere» Einflüsse» an- gcsacht, noch glühte. Einen Augenblick dachte er daran, seiner Werbung schriftlichen Ausdruck zu geben, verwarf de» Gedanken icdoch schon im nächsten. Vorwiegend Verstandesmensch hätte er wahrscheinlich nur ein nüchternes Machwerk zu stände gebracht, das Marion skeptisch beurteilt, denn daß sie längst nicht mehr im Bann jener ersten schwärmerischen Mädchenliebe stand, war ihm völlig bewußt. Hingegen durfte er seinem persönlichen Einfluß, wie eben noch, eine gewisse überzeugende Macht zutrauen. Es war nicht anders, er mußte ein neues rste-L-lödo mit ihr hcrbeizuführcn suchen. Und wieder ärgerte er sich rasend, daß das greuliche Frauenzimmer, diese boshafte Schatzhüterin, ihm die Gunst der Stunde gestört. Unter solchen quälenden und grollenden Gedanken durchquerte er die gewitterschwülen Straßen. Unweit seines Hotels kam ihm schon die Schmidt mit dem Knaben entgegen. Der Kleine, welcher noch immer in einem leicht transportablen Wagen gefahren wurde, da dieser ihm zu gleich nach kurzen Gehversuchen eine bequeme Sitzgelegen heit bot, lag auffällig blaß und schlaff in den Kissen des Fahrstuhls. Westerot sah ihn prüfend an. „M»s hast Du — geht's Dir nicht gut, Eberhard?" Das Kind verneinte niatt. „Ich hab' so lange auf Tante Geheimrat gewartet — weshalb kam sie denn nicht? Nun tut mir der Kopf so weh," klagte cs weinerlich. „Ach, das ist man das Gewitter," meinte die Schmidt. Ich spür's auch immer in allen Gliedern. Man kann ja kaum vorwärts, die Luft ist wie heißes Blei." „Trotzdem eilen Sie ein bischen, es bricht gleich los," trieb er sie ungeduldig an und schob dann selber den Wagen schleunig dem Hause zu. Plötzlich beugte er sich Eber den Knaben. „Sehntest Du Dich so nach Marion, mein Junge?" fragte er leise und seltsam weich. „Ach, so sehr. Könnte sie doch immer bei mir sein, Papa." „Das möchte ich auch, Jungchen, — nun, vielleicht." Als sie das Hotel erreichten, zuckte ein greller Bliß durch die Lust, dem ein krachender Donnerschlag folgte. Trotzdem stand das Gewitter noch nicht über der Stadt, und es folgte einstweilen auch keine weitere Entladung. „Komisch!" meinte Frau Schmidt. „Selbst so'u Ge witter ist anders hier zu Lande. Nicht mal 'n Tropfen Regen, und man ist wie ansgedörrt. Wir sollten Heim reisen, Herr Oberbürgermeister. Bisher hat Eberhard sich ja schön erholt, aber diese Hitze bekommt ihm nicht." „Wollen's noch mal abwarten, Fran Schmidt. Es kühlt sich wohl wieder ab, denn dauernde Wärme wird doch erst in einigen Wochen kommen und dann freilich für uns Nordländer unerträglich werden." Dennoch fühlte er selber plötzlich eine schwindelnde Benommenheit. Er taumelte förmlich in sein Zimmer und siel hier schwer atmend auf ein Sofa. Tann wieder jagte ihn eine fiebernde Unrast auf. Er beorderte eisgekühlten Sekt, stürzte ein paar Gläser hinunter, ohne daß ihm freier zu Mute wurde. „Das ist ja zum Tollwerden," sprach er laut vor sich hin. Was ist das mit mir. So verliebt war ich im ganzen Leben nicht. Diese Tropenlust scheint selbst die Gefühle bis ins maßlose zu steigern. Es ist nicht aus- znhalten. Ich muß mich irgendwie auf andere Gedanken bringen, Bewegung haben. Das Stillsitzcn in diesem Nest ertrage ich heute nicht. Er steckte einige Banknoten in seine Brieftasche, trank den Rest des Champagners und begab sich alsdann zum Bahnhof. Hier erreichte er zufällig einen nach Monaco laufen den Zug. Die Zerstreuung des Spiels, das war just was er brauchte in seiner gegenwärtigen Verfassung. Er kannte sich selbst nicht mehr, denn bis dahin hatte er als be sonnener Vernnnftsmensch sich niemals derartigen Nerven reizen hingegeben und die Spielsäle lediglich als unbetei ligter Zuschauer betreten. Jetzt stürzte er sich wie ein Totter in die Aufregungen des Spiels. Das hieß aber nur, den Teufel durch Beelzebub vertreiben. Völlig plan los zu Werke gehend, war er meistens im Verlust, der ihn aber nicht sonderlich kümmerte, da es sich um verhältnis mäßig geringe Summen handelte. Ein paarmal vergaß er einen kleinen Gewinn einznziehen, sodaß sich der Einsatz infolge fernerer glücklicher Chancen unversehens verviel fachte. Und nun packte ihn ein abergläubisches Gelüst. „Gold und Liebe, beides soll mir zufallen," zuckle es ihm durch den erhitzten, fiebernden Kopf. „Gewinne ich hier, erringe ich mir auch Marion." Mit den funkelnden Blicken eines Fanatikers folgte er dem rollenden Golde. Die Doppelkronen tanzten vor seinen flimmernden Augen in Scharen hin und her — her und hin. Wechselnd gewinnend, verlierend, nochmals verlierend, dann wieder und immer wieder verlierend, hielt er, wie ein Besessener spielend, am Roulette aus, bis er eben nichts weiter zu verlieren hatte. In dumpfer Betäubung wankte er hinaus. Die ab- gckühtte Luft — es war inzwischen ein starkes Gewitter niedergegangen — klärte ihm ein wenig das verwirrte Hirn. Aber nun lachte es in ihm: „Scheußliches Pech, um so größer muß mein Liebes glück sein. Was ich da drinnen phantasierte, ist ja Un sinn. Jetzt werd' ich's mir erst recht erobern." Inzwischen ernüchterte ihn die Abendkühle vollends. Er fand, daß er nicht einmal mehr soviel Geld bei sich hatte, um ein Bittel nach San Remo lösen zu können, denn bei seiner eiligen verwirrten Abfahrt halte er es ver säumt, eine Rückfahrkarte zu nehmen. So war er ge zwungen, in Monaco zu übernachten, mußte sich mit seinem Bankier in eine ihm keineswegs erfreuliche telegraphische Verbindung setzen und kehrte dann in ziemlich deprimierter Stimmung nach San Remo zurück. Auf dem Wege zu seinem Hotel stieß er auf Fräulein Hagen. Diese Begegnung verstärkte sein Unbehagen. Er nahm sie unwillkürlich als böses Omen, abergläubisch, wie er seit gestern war. Bin auf der Jagd zum Glück und wieder läuft mir dies alte Frauenzimmer in den Weg, -- alle Heiligen helfen mir, mußte er denken. Nnn sprach sie ihn gar an. „Ein gelegenes Zuiammentrcffcn, Herr Oberbürger meister. Begleiten Sie mich ein Stückchen Weges, ich möchte wohl ein paar ungestörte Worte mit Ihnen reden." Er verbeugte sich niit übertriebener Höflichkeit. „Große Ehre, gnädiges Fräulein, stehe natürlich zu Diensten." Aber sie nahm gleichmütig den mokanten Ton hin und lenkte gelassen dem nahen Giardino publico zu, der, wie sie wußte, um diese Stunde wenig besucht wurde. Hier, in eine dicht belaubte Allee eiubicgeud, hob sic an: „Sie werden vermnteu, daß nur Frau Geheimrat Breiten born der Gegenstand unserer Unterredung sein kann." Er neigte zustimmend den Kopf und sagte nicht nur um vieles verbindlicher, sondern auch in sichtlicher Spannung: „Bitte, gnädiges Fräulein, ich bin ganz Ohr." „Ohne Umschweife denn, Herr Oberbürgermeister," begann sie in ihrer geraden unverblümten Art, „ich glaube nicht zu irren in der Annahme, daß Ihre An näherung an meine junge Freundin ein Werben um sie bedeutet." „Ganz recht," gestand er offen, „eine alte Neigung für Biari an, damals leider durch widrige Schicksale zurückgedrängt ist hier von neuem in mir aufgeiebt. Möge es mir jetzt vergönnt sein, die geliebte Frau zu erringen " Ein sarkastisches Lächeln zog um Luisens Mund. „Es ist mehr als wahrscheinlich, daß sich dieser Herzen» wünsch auch jetzt wieder in besonnenem Verzicht verlieren wird." (Fortsetzung folgt.) Wochenplatt der königlichen Hostheater zu Dresden. Opernhaus: Dienstag: Zar und Zinw ermann. Anfang V28 Uhr. - Mittwoch: Acte. Anfang V28 Uhr. — Donners tag: Joseph In Aegypten Anfang V28 Uhr. — Meltag: 4. Sin foniekonzert Serie X. Anfang 7 Uhr. — Sonnabend: Actö. Anfang >/-8 Uhr. - Sonntag: Hoffmanns Erzählungen. An fang V28 Uhr. — Montag: Acte Anfang V28 Uhr. Schauspielhaus: Dienstag: Weh dem, der lügt. Fräulein Valery cls Gast. Anfang V28 Uhr — Mittwoch: Johannis feuer. Fräulein Valery als Gast. Anfang V28 Uhr. — Donners tag: Zweimal zwei ist fünf. Anfang V28 Uhr. — Freitag: Zweimal zwei ist fünf Anfang V28 Uhr — Sonnabend: Die Rabenstelnerin. Anfang 1/28 Uhr. — Sonntag: Aschenbrödel. Anlang V23 Uhr. Zweimal zwei ist fünf. Anfang >/?8 Uhr. - Montag: Richard III. Anfang 7 Uhr. Sparkasse zu Dippoldiswalde. (Im Rathaus, Parterre.) Erpeditlons-Stunden: Sonntags: nur am letzten Sonntag im Monat von 1/22 bis >/24 Uhr, a> allen Wochentagen von 9 bis 12 Uhr und 2 bis 4 Uhr, Sonnabends ununterbrochen von 9 bis 2 Uhr. Sparkasse zu Höckendorf. Erpedltionstage: Täglich vorm. von 9-12 Uhr und nach«, von 2—6 Uhr imit Ausnahme von Sonntags vorm.) bi» Son»- abe .d, den I. Fetruar. Sparkasse zu Reinhardtsgrimma. Nächster Trpedltionstag: Mittwoch, den 29. Januar, nachmittag» von 2-5 Uhr. Ferkelmarkt zu Dippoldiswalde vom 25 Januar. Don 72 aufgctriebenen Ferkeln wurden verkauft 36 im Preis« von >2 33 M. pro Paar. Ein Paar Läuferschweine s nd mit 38 M. verkauft worden. Letzte Nachrichten. Berlin, 27. Januar. Aus Anlab des Geburtstage» des Kaisers tragen alle össenllichen und viele private Gebäude Flaggen schmuck. Viele Schaufenster zeigen patrio tische Embleme. Noch dem groben Wecken, an dem viele Schaulustige teilnahmen und deren Ausmarsch vom große» Stern stattfand, nahm der Kaiser um 9 Uhr die Glück wünsche der kaiserlichen Familie und sodann die der Damen und Herren des Hvsslaates entgegen. Solingen. Gestern fanden hier sozialdemokratische Versammlungen sür das allgemeine Wahlrecht statt. Nach einer Versammlung im St. Sebastian-Schützenhaus durch zogen die Teilnehmer in Trupps unler Hochrusen auf da» allgemeine Wahlrecht die Siadt. Die Polizei und Gen darmerie, die blank ziehen mutzte, um Gewalt über di« Menge zu haben, stellte dann die Ruhe auf den Stratze« wieder vollständig her und verhinderte, datz sie nach dem Rathaus und der Schützenburg zog, wo eine gemein schaftliche Kaiserseier der Kriegervereine und patriotische» Vereine der Stadt stattfand. London, 27. Januar. Wie der „Morningpost" au» Schanghai gemeldet wird, waren die Piraten, die vor gestern in Kaschina drei nach Schanghai bestimmte Bar* lassen angrisfen, ungefähr 300 Mann stark. Auch be fanden sich 6 Soidaten an Bord. Eines der geraubte» Schiffe gehörte Japanern. Der hiesige Geiandte hatte des halb schon eine längere Unterredung mit dem Tao Tai. arnung! Hiermit warnen wir jedermann, die un wahren Reden betreffs der Sache, die sich im Gasthof Berreuth zugetragen haben soll, weiter zu verbreiten, andernfalls wir ge richtlich vorgehen. und die zur Zeit anwesenden Lswitv. Für ein junges Mädchen von 15 Jahren aus guter Familie wird für den 15. April oder l. Mai 1908 eine Wohnung, evtl, auch mit gleichalterigem Mädchen zu sammen, mit Aamilienanschlutz gesucht. Offerten unter L IM in die Expedition dieser Zeitung erbeten. WM Semn-FchlHküt sofort zu vermieten bei Töpfermstr Heine. Junge Schweine hat abzugeben Lckmauck Roiollurckt. vuu- uanckorl bei Schlottwitz. Buchdruckerei von Carl Jehne Tclephon-Nr. 3 Dippoldiswalde, Schuhgasse Telephon-Nr. 3 Anfertigung von Drucksachen für Gesellschasts- und Geschäfts-Bedarf in guter Ausführung zu reellen Preisen. W Amkchliltr Milber Sedöpseuklelsod sind abzugeben Rittergut Naundorf, empfiehlt Richard Legler. Wcr-8chrIi!ig§M. Suche für Ostern unter günstigen Be dingungen einen Lehrling. Paul Lindner, Bäckermeister. Einen älteren, tüchtigen Fleischergeselle« sucht Hugmw* kksin^ivt». WmIcWWiM zu kaufen gesucht. v kruull», vuuuuruckork b. Schlottwitz. Kleine fatsche Vorspiegelung, die Fisch- All preise sind bis jetzt noch nicht gestiegen. Ich empfehle heute frisch eintresfende Schell fische, Seeal, Seelachs und Kabliau, Pfund 25 Pfg. Iltis« tzllokk. Mein Lieferant garantiert für frischeste Ware. Eine Kuh, worunter das Kalb steht, ist zu verkaufen in Hermsdorf Nr. 12 b Dippoldlswalde. Gutgehalt. Makulatur in der Buchdruckerei von llurl