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Die .Weiheritz-Zeltung* erscheint wöchentlich drei mal : Dienstag, Donners tag und Sonnabend und wird andcn vorhergehen- denAbendenausgegcben. Preis vierteljährlich 1M. 25 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. - Alle Postan stalten, Postboten, sowie unsereAusträger nehmen Bestellungen an. Wcheritz-Mimg. Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend. Inserate werden mit 15 Pfg., solche aus unserer Amtshauptmannschaft mit 12 Pfg. die Spaltzeile oder deren Raum berech net. Bekanntmachungen auf der ersten Seite (nur von Behörden) die zwei gespaltene Zeile 35 bez. Z0 Pfg. - Tabellarische und komplizierte Inserate mit entsprechendem Auf schlag. - Eingesandt, iin redaktionellen Teile, die Spaltenzeile 30 Pfg. Amtsvlatt für die Migliche AmlshauBnannschast, das Königliche Amtsgericht und den Stadtrat zu Dippoldiswalde. Mit achtseitigem „Illustrierten Anterhaltungsblatt". Mit land- und hauswirtschaftlicher Monats-Beilage. Für die Aufnahme eines Inserats an bestimmter Stelle und an bestimmten Tagen wird keine Garantie übernommen. Veranknwrklicher Medailleur: Paul Jehne. - Druck und Verlag von Carl Johne in Dippoldiswalde. NE Sonnabend, den 24. August 1907. 73. Jahrgang. - ' > ' - ° " " Flurschäden durch Truppenübungen betr. Unter Hinweis auf die Bekanntmachung der hiesigen Königlichen Amtshauptmann- schast vom 9. d. M., in Nr. 95 der „Weißeritz-Zeitung", Truppenübungen betr., fordern wir die Besitzer und Pächter der in der Flur Dippoldiswalde gelegenen Grundstücke hierdurch auf, die Bestimmungen dieser Bekanntmachung genau zu beachten und ins. besondere die durch die Truppen entstehenden Flurschäden sofort nach Beendigung der Urbung bei dem unterzeichneten Stadtrate anzumelden. Namentlich haben die Beschädigten auch unmittelbar nach eingetretener Beschädigung die Entscheidung des Stadtrats darüber anzurufen, ob und inwieweit die Aberntung der beschädigten Felder einzutreten hat. Beschädigungen, welche nicht durch die Truppenübungen selbst, sondern auf andere Weise, insbesondere dadurch entstanden find, daß die Beteiligten das rechtzeitige Abernten unterlassen haben, begründen ebensowenig einen Anspruch auf Vergütung, als die Arbeiten und Aufwendungen, von welchen die Interessenten gewußt haben, daß sie durch die Truppenübungen der nächsten Tage zerstört werden mutzten. Die von den Zuschauern veranlaßten Flurschäden werden vom Militärsiskus nicht vergütet. Beschädigungen der militärischerseits hergestellten Feldtelegraphenleitungen werden nach 88 317 und 318 des Reichsstrafgesetzbuches mit Geldstrafe bis zu Svv Mark oder mit Gefängnis bis zu 3 Jahren geahndet werden. Stadttat Dippoldiswalde, am 22. August 1907. Hufer, Seu, RoMlaGroh, Kartoffeln re. werden von Produzenten gekauft. Angebote mit Preisforderung bei Lieferung vor's Magazin vor dem 30. d. M. an Proviantamt Großenhain, später an Manöver-Proviantamt Dippoldiswalde. Die Schwierigkeit -er Lage in Marokko. Es kann jetzt keinem Zweifel mehr unterliegen, daß die Lösung der marokkanischen Frage, welche durch die Unruhen in Casablanca und in anderen marokkanischen Küstenplätzen in ein ganz neues und schwieriges Stadium getreten ist, den Großmächten viel Mühe bereiten wird und auch nicht ohne Gefahr für die europäische Lage ist. Die Angriffe der Aufständischen in Marokko gegen die Europäer und ganz besonders gegen die Franzosen dauern nach den neuesten Nachrichten aus Casablanca fort, und es muß befürchtet werden, daß bei dem unruhigen, fana tischen und räuberischen Charakter der marokkanischen Volksstämme sich der Aufstand noch über das ganze Land verbreiten wird. In dieser Sorge und Angst hat der Sultan von Marokko in seiner Hauptstadt Fez auch plötz lich alle Notabein, die Ulemas, Scherifs und andere an gesehene Männer zusammenberufen und ihnen gegenüber die Not des Landes geklagt, auch hat der Sultan sofort durch die Notabeln des Landes eine Beschwerde bei den Großmächten über das Vorgehen Frankreichs in Marokko einreichen lassen, und diese Vertreter des Sultans und Marokkos sind bereits in Tanger eingetroffen, um die er wähnte Beschwerde den Vertretern der Großmächte zu übermitteln. Diese Beschwerdeführung ist aber weiter nichrs als ein Verlegenheitslunststück des Sultans von Marokko und seiner Berater. Der Sultan und seine Minister wollen dadurch den Glauben erwecken, als wenn durch das Ein schreiten der französischen Truppen in Casablanca erst das ganze Land in Aufruhr versetzt worden und somit Frank reich an der ganzen jetzigen schlimmen Lage in Marokko schuld wäre. In Wirklichkeit ist die kritische Lage in Marokko aber dadurch entstanden, weil der Sultan in Marokko gar nicht der Herr des Landes ist und keine Autorität geltend zu machen weiß. Die Macht wird in Marokko von den Häuptlingen der zahlreichen Kabylen- stämme und der übrigen maurischen Volksstämme ausge- übt, und die Führer dieser Stämme sind sogar so frech, daß sie die Abgesandten des Sultans sehr oft ohne weiteres gefangen nehmen und die Anordnungen und Wünsche des Sultans verspotten. Marokko ist ein Land ohne Regie- rung und befindet sich in vollständiger Anarchie. Den besten Beweis dafür hat ja in neuester Zeit auch wiederum das Auftreten Raisulis, des Scheils eines der mächtigsten Kabylenstämme, gegeben, der sich offen allen Befehlen und Gesetzen des Sultans widersetzt und sogar mit den Truppen des Sultans erfolgreich Krieg führt. Die Truppen des Sultans sind in keiner Weise imstande, seiner Autorität im Lande Geltung zu verschaffen, und in der Furcht vor einem allgemeinen Ausstande in Marokko will der Sultan die Schuld an der Revolution dem Vorgehen Frankreichs in die Schuhe schieben. Im übrigen darf ja nicht abge leugnet' werden, datz die Einmischung der Großmächte in die marokkanischen Zustände eine Erbitterung bei den räuberischen und halbkultuvierten Volksstämmen Marokkos hervorgerufen hat. Aber in Hinblick auf den Handel und Verkehr mit Marokko können die Großmächte nicht dulden, daß dort Räuber die Herrschaft ausüben und jeden Augen- blick über die europäischen Kaufleute herfallen. Auch hat die Konferenz der Großmächte von Algesiras sehr richtig bestimmt, daß diejenigen Großmächte, welche am meisten in Marokko interessiert sind, nämlich Frankreich und Spanien, auch das europäische Mandat erhalten haben, die Polizei in Marokko zu organisieren und für die Ruhe dort zu sorgen. Es ist auch anzunehmen, daß bei der loyalen Haltung aller Großmächte, die Beschwerde des Sultans von Marokko einfach unter den Tisch fallen wird, und es dabei bleibt, daß Frankreich und Spanien mit Waffengewalt die Ruhe in Marokko wiederherstelkn. Die von einigen sich für sehr klug haltenden deutschen Poli tikern hcrausgesteckte Meinung, daß Deutschland noch vor Frankreich und Spanien jetzt mit einer großen Flotte und einem Landungskorps in Marokko hätte erscheinen und dort die Verhältnisse in die Hand nehmen müssen, muß als durchaus verwerslich bezeichnet werden, denn das Mandat der Großmächte ist in der marokkanischen Frage eben Frankreich und Spanien übertragen, und Deutschland würde sich in den Verdacht einer auf Eroberungen aus gehenden Weltmacht bringen, wenn es in der Weise, wie es die superklugen Politiker wünschen, sich in die marokka nische Frage einmischen wollte. Dann eben würde Marokko zu einer europäischen Gefahr werden und einen Weltkrieg entzünden können. Diese Gefahr wird aber iw folge der loyalen Haltung aller Großmächte wohl nicht eintreten. Lokales und Sächsisches. — In der jetzigen Erntezeit ist es wohl wieder an gebracht, die Landwirt', zu ermahnen: „Versichert die Ernte, ehe es zu spät ist." Wie bald können Brände aus Un achtsamkeit oder Rachsucht, sowie durch Blitzschlag Hab und Gut in kurzer Zeit vernichten und den Besitzer in Armut bringen. Die kleine Versicherungssumme kann da gegen vor großem Schaden bewahren. — Mittlere Niederschlagsmengen (mm oder I auf den qm) und deren Abweichungen von den Normalwerten in den uns benachbarten Flußgebieten, 2. Dekade, August 1907: vereinigte Weißeritz: beob. 28, norm. 22, Abwchg. -s-6; wilde Weißeritz: beob. 30, norm. 26, Abwchg. -j-4; rote Weißeritz: beob. 29, norm. 26, Abwchg. -s-3; Müglitz: beob. 26, norm. 25, Abwchg. -^l. — Theater. Eine Novität brachte uns der Theater abend am Donnerstag in Anton Ohorns Schauspiel „Un lösbar". Wie in seinen anderen Stücken hat der Verfasser auch hier den Stoff der Kirchen- und Klostergeschichte des Mittelalters entnommen und führt uns in die Zeit der Einführung des Zölibats. Glück, Frohsinn und Zufrieden heit herrschen in der Familie des Pfarrers Frohwald, ewiger Zank und Streit in der des Freibauers Helmbrecht, dessen Weib die ganze Schuld daran trägt; sein Sohn, das Ebenbild des Vaters, ist mit Frohwalds Tochter ver sprochen. Helmbrecht sowohl, wie auch sein Weib bitten inständig, die Ehe zu scheiden, dem aber steht das Kirchen gesetz entgegen, denn „was der Herr zusammensügt, das soll der Mensch nicht scheiden." Auf Befehl des Papstes aber wird die vorbildliche Ehe Frohwalds für null und nichtig erklärt, denn der Priester soll fürder unbeweibt sein, und da sich Frohwald nicht fügt, kommt er ins Kloster, seine Frau als Magd in eine Waldherberge. Hier findet sie der dem Kloster entsprungene Priester wieder. Glaubens stark und voll Liebe zu einander im Herzen trotzen beide den Fuldischen Reitern, die Helmbrechts Weib zu ihrem Verderben herbeigesührt. Diese aber lassen sie ziehen, hessische Fuhrleute bringen sie in ihre Heimat, auf Helm brechts Hof. Und wieder tritt ihnen dessen wildes Weib entgegen, sie hetzt die Dorfbewohner auf zum Meuchel mord. Doch es gelingt ihr nicht. Frohwalds Worte und die seines Nachfolgers, den der Flüchtling durch über zeugende Rede für sich gewonnen, besänftigen die Menge. Und jetzt scheidet Gott Helmbrechts Ehe, denn als der Frei bauer die Art gegen sein Weib erhebt, wird sie von einem Blitzstrahl erschlagen. Es konnte der Papst des Priesters Ehe nicht trennen, aber Gott trennte die Ehe, die zu trennen das Kirchengesetz nicht zuließ. „Unlösbar" ist von packen der und fesselnder Wirkung, voller Spannung war alles bis zum Ende. Hervorragend, wie das Stück selbst, waren I aber auch die Leistungen der Darsteller, die alle ohne Ausnahme den gezollten Beifall beanspruchen dürfen. — I Hinweisen wollen wir auch hier auf die Aufführung am Sonntag „Käthchen von Heilbronn" und auf „Husaren fieber" am Montag, das auf vielseitigen Wunsch zum zweiten Male gegeben wird. Wer die erste Vorstellung nicht besuchte, sollte nicht versäumen, sich dies humorvolle Stück am Montag anzusehen. — Die Proteste gegen die „Segnungen" der Schecks wachsen in der deutschen Geschäftswelt von Tag zu Tag. So schreibt man unter anderem den „Leipz. Reuest. Nachr.": „Mein Geschäftsfreund X. P. in Z. schuldet mir für ge lieferte Ware 1000 Mark, Erfüllungsort: Leipzig, nach der Ueblichkeit! Das heißt also: am Verfalltage hat er nur in Leipzig 1000 Mark zu zahlen. Was tut nun aber mein Freund P., wenn der Posten fällig ist? Er schickt mir einen Scheck auf seinen Bankier in Z. Das heißt mit anderen Worten: „Mein lieber Freund, sei so gut, hole Dir Dein Geld hier in Z. ab." Meine anderen Ge schäftsfreunde tun dergleichen. Und der Effekt dieses famosen Zahlungsmittels ist der: Ende der Woche habe ich zwar eine leere Kasse, aber eine Handvoll dieser Zettelchen, durch die ich mir das Geld, das ich meinen Gläubigern schulde und mit dem ich meine Leute bezahlen soll, portionsweise aus allen Ecken und Winkeln des Deutschen Reiches zusammenholen muß!" Das klingt drastisch, aber so unrecht hat der Mann nicht. Schmiedeberg. Ein entsetzlicher Unglücksfall ereignete sich am Mittwoch vormittag im hiesigen Eisenwerke. Der Maurer und Hausbesitzer Clem. Vogler von hier führte, trotz vorausgegangener Warnung, in der Nähe einer frei liegenden gehenden Transmission eine Reparatur aus und kam dabei dieser unglücklicherweise so nahe, datz die Welle seine Kleider erfaßte, ihm diese vollständig vom Leibe riß, dem Bedauernswerten durch mehrmaliges Herumschleudern den Schädel zertrümmerte und ihm einen Arm abriß. Der Tot trat auf der Stelle ein. Die verstümmelten Leichen teile überführte man sofort nach der Totenhalle. Der Verunglückte war ein sehr fleißiger, ordentlicher Mann und hinterläßt eine Witwe mit zwei unmündigen Kindern. Kipsdorf. Von der Fremdenliste für die Höhen luftkurorte Kipsdorf, Bärensels und Värenburg ist die Nummer 7 erschienen und weist dieselbe auf die Zeit vom 7. bis 20. August 1907 an angekommenen Sommergästen 281 Parteien mit 514 Personen und 200 Passanten nach. Die Gesamtfrequenz beträgt bis zum 20. August (einschl. der Wintergäste) 2054 Parteien mit 3837 Gästen und 1530 Passanten. Börnersdorf. Nachdem sich die im Frühjahr dieses Jahres neugebaute Kirchstraße genügend gesetzt hat, be- schlog man in der letzten Kirchenvorftandssitzung, dieselbe ihrer steilen Böschung halber mit einem eisernen Geländer einfassen zu lassen. Vis zuni kommenden Erntefeste sollen die Arbeiten beendet sein. Für einen Tag des diesjähr. Kirchweihfestes wir) vom Ortspfarrer die Abhaltung etnes Kirchenkonzertes geplant. Da ein solches hier noch nie stattgefunden hat, verspricht man sich gerade an diesem Tage einen reichen Besuch. Der etwaige Reingewinn soll zur Bildung eines Fonds verwendet werden, aus dessen Mitteln eine geeignete Person aus dem Orte einen Kursus praktischer Krankenpllege absolvieren soll, um dann zur Kranlenpslcge jederzeit zur Hand zu sein und bei Unglücks fällen mit Rat beizustehen, denn die Errichtung einer selbst ständigen Diakonissenstation dürfte für unsern Ort zu kost spielig sein. — In der nächsten Gemeinderatssitzung findet die Neuwahl des Gemeindevorstandes statt. Hoffentlich übernimmt Herr Lehmann, der das Amt bereits 30 Jahre