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Dresdner Journal : 27.03.1868
- Erscheinungsdatum
- 1868-03-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-186803275
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18680327
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18680327
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1868
-
Monat
1868-03
- Tag 1868-03-27
-
Monat
1868-03
-
Jahr
1868
- Titel
- Dresdner Journal : 27.03.1868
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' MM Abg. Koch legt dar, daß da» vorliraendt Wahlg« setz libtralrr sei, als das Rk, 1 suahlgesetz, da in der Versagung der Diäten eine größere Beschränkung liege, als in dem geringen Census. Nachdem hier der Schluß der Debatte erfolgt, wer den bei der Abstimmung der Eingang des 8 18 ein stimmig, der Punkt » gegen 11 Stimmen, der Punkt k nach dem Vorschläge der Majorität mit 24 Stim men, und der Schlußsatz einstimmig angenommen. Der Minoritätsantrag zu Punkt d (Abg. v. Erle gern), den Census don 2Thlr. festzuhalten, wird ge gen 10 Stimmen abgelehnt. Die ZK 19, 21 bis 29, 31 bis 51 u. 53 wurden ohne Debatte nach dem Vorschläge der Deputation bez. unverändert angenommen. 8 20, welcher für die Wählbarkeit einen Census von 10 Thlr. festsetzt, wurde, nachdem Abg. Stauß sich gegen jeden Census erklärt hatte, gegen 11 Stim men angenommen. Lei K 30, welcher im Entwürfe lautet: »8 30. Die Wahl der Abgeordneten erfolgt nach der ab soluten Mehrheit aller in einem Wahlkreise abgegebenen gil- tigeu Stimmen. Wird solche bei einer Wahl nicht erlangt, so ist zur engern Wahl zwischen denjeniaea zwei Personen zu verschrei- teo, welche bn der ersten Wahl die meisten Stimmen erhal ten haben. Insoweit bei letzterer Stimmengleichheit statt fand, entscheidet das LooS. Ebenso ist in dem Falle, wenn bei der engern Wahl Stimmengleichheit eintreten sollte, durch das Loos zu ent scheiden." ist die Deputation verschiedener Ansicht. Die Mino rität (Abg. Koch) erklärt sich für den Entwurf. Die Majorität dagegen (die Abgg. v. Criegern, Graf zur Lippe, Vr. Krauße, v. Könnrrltz und der Referent) will für die Wahl gleich den ersten Gang als entscheidend ansehen, mithin durch jede Stimmen Mehrheit den Abgeordneten wählen lassen, und schlägt deshalb folgende veränderte Fassung vor: „Gewählt als Abgeordneter ist Derjenige anzusehen, wel cher in einem Wahlkreise die meisten der abgegebenen ailtigen Stimmen erhalten hat. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Loos." Abg. Uhlemann für den Entwurf. Bei andern Wahlen habe er die Erfahrung gemacht, daß die ersten Wahlen mehr Versuchswahlen seien. Abg. Thiele ebenfalls für den Entwurf. Ein ent gegengesetztes Verfahren würde große Unzuträglichkeiten haben. Es gehören z. B. 4 Städte zu einem Wahl kreise, von denen die eine 12,000, die drei andern aber je 6000 Einwohner hätten; stelle jede einen Candida ten auf, so werde nach dem Majoritätsvorschlage der Candidat der größern Stadt sofort gewählt sein, und das Wahlrecht der andern 3 Städte werde illusorisch. Abg. Koch hebt hervor, daß, wenn der Majoritäts antrag angenommen werden sollte, die Wahl weit we niger den wirklichen Willen der Wählerschaft ausdrücken werde, indem er darauf hinweist, wie sich in der Praxis die Sache nicht selten gestalten werde. In einem Wahl kreise werde z. B. ein Mann von extremer politischer Richtung, aber von zweifelhaft persönlichem Werthe als Candidat aufgestellt, im ersten LVahlgange erhalte dieser die relativ meisten Stimmen, nächst thm gehe der zweite Candidat, ein Mann von gemäßigter politischer Rich tung und untadelhafter Ehrenhaftigkeit, mit den meisten Stimmen aus der Urne hervor. Komme es nun nach dem Entwürfe zu einer engern Wahl, so würden sich auch die etwas conscrvativern nnd liberalern Wähler vereinigen und dem Candidatcn mit gemäßigter politi scher Richtung ihre Stimmen geben. Der Referent: Die dem Majoritätsvorschlage ent- gcgcngthaltcnen Beispiele beseitigten immer nicht, daß auch" die Wahl im zweiten Wahlgange nicht das treue Abbild des Willens der Wählerschaft sei. Das Bei spiel des Abg. Thiele beweise, daß in den 3 Städten, welche sich geeinigt, kein Candidat die Sympathie der größern Mehrheit habe. Wolle man ein treueres Ab bild für den Willen der Wählerschaft, so müsse man eine nochmalige Neuwahl gestatten. Abg. vr. Hertel findet in Abs. 2 des Entwurfs den letzten Satz nicht verständlich. Der Referent: Diese Worte seien so zu verstehen, daß, wenn bei der ersten Wahl z. B. drei Candidaten gleiche Stimmen erhielten, diese zu loosen hätten, zwi schen den zwei übrig bleibenden finde die engere Wahl statt. Uebrigcns verweise er zur Unterstützung des Majoritätsvorschlags noch darauf, daß unlängst erst bei der Kirchenvorstands- und Synodalordnung der Ab kürzung halber nur ein Wahlgang beschlossen wor den sei. Aba. vr. Hertel hält, wenn die Worte diesen Sinn haben sollten, eine Erläuterung für nothwendig. Abg. Seiler für die Majorität, um das Volk nicht zu ermüden. Es komme ja fast gar nicht von der Wahlurne weg. Abg. v. Nostitz auch für die Majorität. Wir leben in einer Zeit, wo Alles kurz abgemacht werde. Die Abkürzung des Wahlverfahrens empfehle sich um so mehr, als der Census von 1 Thlr. eine Anzahl Stimm berechtigte an die Wahlurne treiben werde, die bester thun, zu Hause zu bleiben und ihr Brod zu verdienen. Abg. Riedel für die Majorität, um die Wähler nicht zu ermüden. Er befürchte von der Abkürzung keine Nachtheile, die verschiedenen Ortschaften würden sich schon über einen Candidaten einigen. Avg. Thiele verwahrt sich dagegen, als ob sein Beispiel die Folge einer Kirchthurmspolitik sei. Auf die Anfrage des Referenten, ob seine Er klärung richtig gewesen sei, bezeichnete Staatsminister v. Nostitz-Wallwitz dieselbe als ganz richtig nnd fügte noch hinzu, daß der Fall auch so liegen könne, daß z. B. ein Candidat 200 und zwei je 150 im ersten Wahlgange erhielten, daun müsse zwischen den beiden letztem geloost werden. Uebrigcns verweise er den Ava. Hertel auf das Reichswahlgesetz, welches dieselbe Bestimmung enthalte, ohne daß diese beanstandet wor- dm wäre. Nach einer kurzen Bemerkung des Abg. vr. Her tel, wurde der Majoritätsantrag gegen 22 Stimmen angenommeu. Zu 8 34, welcher die Bestimmung enthält, daß die Kammer die Wahlen ihrer Mitglieder zu prüfen habe, stellt Abg. v. Schönberg die Anfrage, wer da- erste Mal die Wahlen prüfen solle. Diese Prüfung werde die Sammer lange beschäftigen. Der Referent: Dieses Bedenken könne dem künf tigen Landtage selbst überlasten werden. Wenn eine Deputation die Prüfungen vomehmrn solle, dann könne allerdings viel Zen vergehen. Wenn aber die gesammte Kammer -ritte, dann werde schnell voraegan- gen werden können. Schlimm werde e- nicht sein, da bekanntlich in den ersten Tagen, ja Wochen, immer 346 er für die Ansicht de- Abg Kretzschmar stimmen. Er hoffe zwar, daß er dir bedauerlichen Folgen der heutigen Beschlüsse nicht mehr erleben werde, aber bei der raschen Entwickelung der Verhältnisse, wie dieselbe stets statt finde, könne er doch vielleicht noch die traurige Ersah rung machen, daß seine LSarnungen nicht ungegründet gewesen seien. StaatSminister v. Nostitz-Wallwitz erklärt, daß er dem letzten Redner in seinem Pessimismus nicht fol gen könne und wolle, will vielmehr lediglich die Gründe darlegen, auS denen die Regierung an dem in der all- aememen Debatte von ihm ausführlich bezeichneten Standpunkte festhaltc. Er habe zunächst m seiner Rede fpecieu dargelrgt, daß dieser keine Klasse der Bevölkerung, also auch nicht den Arbeiterstand, von dem Stimmrechte ausschließe. Denn, er wiederhole es, auf dem platten Lande werde vielleicht die Hälfte der Stimmberechtigten dem Arbeiterstande »„gehören, und in den städtischen Wahlkreisen eröffne sich mit dem Census von 1 Thlr. auch jedem Arbeiter, der sich durch Geschick, Intelligenz und Fleiß auszeichne, die Möglichkeit, das Wahlrecht zu erlangen. Das Beispiel Englands könne er als zu treffend nicht gelten lasten; auch dort erkläre man sich ganz entschieden gegen das allgemein^ Stimmrecht und mache, so viel er wenigstens wisse, das Haushalter stimmrecht noch außerdem von der Erlegung eines be stimmten Miethzinses abhängig. Die Erfahrungen mit dem Reichswahlgesctze aber seren entschieden zu kurz, als daß man dieselben als maßgebend hinstellen könne. Ferner lägen auf dem Reichstage ganz andere Fragen zur Entschließung vor, als hier, deren Entscheidnng man vielleicht mit größerer Berechtigung einer aus dem allgemeinen directen Wahlrechte hervorgegangenen Ver sammlung überlaste» könne. Auf die Machtvollkommen heit der Executive nach der Bundesverfassung wolle er nur beiläufig Hinweisen. Am allerwenigsten aber könne er die vom Abg. Kretzschmar aus der hohen Präsenz ge zogene Folgerung gelten lassen, denn wir wünschten, daß diese Präsenz keine permanente sein und werden möge. Referent: Was die Deputation im Principe über die Frage denke, sei ausführlich im Berichte gesagt, und nehme er daher hierauf Bezug. Sachlich habe er dem Abg. Kretzschmar einzuhalten, daß das Beispiel Eng lands für dessen Ansicht mit Recht nicht angezvgen wer den könne, indem das dortige Wahlgesetz aucb jetzt nicht so freisinnig sei, als unser bisheriges gewesen. Er mache nur darauf aufmerksam, daß das Wahlrecht auf Burgflecken beschränkt sei, das ganze platte Land aber, die Rittergüter ausgenommen, kein Wahlrecht habe. Ferner gehöre zur Erlanguug der Stimmbcrechtigung Zahlung einer Hausmicthc und ein Wohunngswerth von 7 Pfd. Sterling. — Die Agitation gegen den sog. dunkeln Punkt werde auch nicht aufhörcil mit der An nähme des Kretzschmar'schcn Antrags. Wolle man dies, so müsse man eben das 1848er Wahlgesetz und die 1848er Erste Kammer reviviscircn. Ferner mache er darauf aufmerksam, daß das Reichswahlgcsctz keinen legislato rischen, sondern einen historisch-thatsächlichen Ursprung habe; d. h. dasselbe sei im Jahre >848 nicht zwischen gesetzgebenden Factoren vereinbart, sondern octroyirt worden. Der constituirendc Reichstag aber sei zu des sen Annahme gezwungen gewesen, um die damaligen ungeordneten Verhältnisse, die eine nothwcndigc Folge der Ereignisse des Jahres 1866 gewesen seien, nicht ins Chaos fallen zu lassen. Die Wahlen nach diesem Gesetze hätten übrigens in Preußen ganz eigenthüm- lichc Dinge zur Erscheinung gebracht. Denn wäh rend bei uns, wo doch eine gewisse Bildung allgemein verbreitet sei, die höchste Ziffer der Wahlbetheiligung 14,000 bis 15,000 Stimmen in einem Bezirke betrage, habe sich in den ungebildeten Provinzen des König reichs Preußen, Ost- und Westpreußen, Posen, wo von drei Einwohnern gewiß zwei nicht lesen und schreiben könnte», eine ganz ungeheure Bctheiligung an den Wahle» gezeigt. Es seien dort in einzelnen Bezirken 19,000 bis 20,0)0 Stimmen abgegeben worden. Wie das zugegangrn sein möge, lasse sich wohl herausfüh- lcn, aber nicht aussprechen. Bei uns freilich werde man zu einer solchen Bctheiligung niemals gelangen; es sei dies wohl auch nicht wünschenswerth. Abg. Günther: Er wolle nicht wieder auf das abgeworfene Minoritätsgutachten zurückkommen, könne aber doch nicht umhin, seiner Befriedigung darüber Ausdruck zu geben, daß anerkannt werde, welche Gefahr die Ausschließung einer ganzen Bevölkerungs klasse vom Stimmrechte in ihrem Gefolge haben müsse. Die Minorität habe dieser Ausschließung Vorbeugen wollen, und daber doch ein Mittel an die Hand gege ben, die Gefahr zu vermeiden, den Schwerpunkt in die Massen zu legen. Was nun auch die Folgen des neuen Wahlgesetzes sein möchten, die Minorität könne sagen: „Wir haben keinen Theil daran." Abg. Fahnauer: Er stehe ganz auf dem Stand punkte des Abg. Kretzschmar. Der Vorschlag der Ma jorität habe kein Prmcip, wie dieselbe auch selbst ge fühlt habe. Bei Annahme des Majoritätsvorschlages könne es dahin kommen, daß ein kleiner Häusler auf dem Lande, der noch nicht Thlr. Steuer zahle, ein Stimmrecht habe, der gebildetere Stadtbewohner aber, der noch nicht ganz 1 Thlr. zahle, aber nicht. Referent: Auch die Deputation habe sich vergc- gegenwärtigt, daß es vorkommen könne, daß einem Hausbesitzer, der viel weniger als 1 Thlr. Steuer zahle, das Stimmrecht zustehen werde. Dies werde übrigens nicht blos auf dem Lande, sondern auch in der Stadt Vorkommen, daß es Häuser mit 9, 10 und 11 Einhei ten gebe. Man sei aber von der Ansicht ausgegan gen, daß der Besitz eines Hauses den Eigenthümer schon mehr an die Gemeinde, und dadurch mittelbar an den Staat fessele, als den Besitzlosen. Jede derartige Grenz linie, die von einer Ziffer abhänge, bringe derartige Ungleichheiten mit sich, wie schon im Berichte des Wei tern auseinandergcsctzt worden sei. Aber er verwahre sich nochmals dagegen, daß dies principlos sei. Mit derselben Berechtigung könne man daun dir Festhaltung der 21. oder 25. Lebensjahres als Grenze der Stimm- berechttgung, oder die Ausschließung Her Frauen vom Stimmrechte als principloS bezeichnen. Das seien Ein wände, die nicht zuträfen. Der Census von 1 Thlr. schließe keinen Arbeiterstand aus; Diejenigen, welchc 1, 2 oder auch 3 Thlr. Steuern zahlten, seien alle Arbeiter, nur nicht Arbeiter der niedrigsten Stufe. Die Majorität beanspruche, daß ihr Antraa ebensoviel Prtn- cip enthalte, wie jeder andere der gestellten Anträge. Abg. Kretzschmar will über die Principfrage schweigen; eS habe lediglich in seiner Abjicht gelegen, seine Stellung zur vorliegenden^rage zu fixiren. Gott möge geben, daß der Beschluß der Sammer zum Heile des Vaterlandes gereiche. I 17. I« gleicher Weise werdt» au» sitmmtlichen Grund' stücken des flache» Landes 4S Wahlkreise gebichet, in deren je- dem ei» «bgeardneter z» wühle» ist. 8 18 lautet im Entwürfe: « I». Da« Stimmrecht steht alle» »ach 8» l und 2 dazu , hestltzmie» OrUemwohnern zu, welche entweder .) da« El-rnthum an emem mit Wohnsitz versehene» Grund stücke im Orte besitzen, d) an Grundsteuern vo» ihnen rigeuthümlichen Grundstücken oder au direkte« PersonaNand -Abgaben oder an bndcn zusammen Mindestens ...... ^... , . »Wei Thaler Ehrlich entrichten (vergl. übrigen« , L). Niemand kann daS Stimmrecht an mehr als einem Orte ausüben. Hier ist noch Folgendes cinzuschalten: Dit Majo rität (Abgg. Graf Lippe, vr. Krauße, Koch und Referent) beantragt, den Abgabrbetrag im Satze »ud k auf 1 Thlr. hrrabzusetzen, den Satz » aber aus re daktionellen Gründen folgendermaßen zu fassen: „welche entweder: ' , ») Eigenthümer an einem mit Wohnsitz versehenen Grund stücke 1« Orte find." , Abg. v. Criegern erklärt hier unter Bezugnahme auf die früher erfolgte Begründung seiner Ansicht, daß er in Bezug auf Punkt b der Majorität nicht beistimme, und gegen die Herabsetzung des Census auf 1 Thlr. sei, vielmehr nunmehr, nachdem der frühere Minori tätsantrag gefallen, am Entwürfe fcstzuhalten geson nen sei. Abg. Kretzschmar: Er sei jetzt im Begriff, aus der hellte früh gehörten Rede des Abg. v. Nostitz, welcher gesagt habe, daß nur zwei Vorschläge rin Princip festhielten, nämlich sein in Gemeinschaft mit vr. Bauman» gestellter Antrag und der Antrag auf Einräumung des allgemeinen Stimm- und Wahlrechts, seine Conscquenzcn zu ziehen. Der Schwierigkeiten, welche seinem Anträge cntgegenständen, sei er sich wohl bewußt. Es handle sich aber nach seiner Ucbcrzeu- gung jetzt nicht darum, ob das allgemeine Wahlrecht gut oder schlimm, vernünftig oder unvernünftig sei, sondern nur noch um die Frage, ob cs nothwendig und räthlich, einen großen Theil der sächsischen Bevöl kerung, welcher durch das Reichswahlgcsctz mündig ge sprochen worden sei, auszuschlicßen von dem Stimm rechte für die innere Landesvertretung; oder, wie die Minorität in der allgemeinen Debatte die Frage zugr- spitzt habe: ob der Arbeiterstand von der Vertretung des sächsischen Volks ausgeschlossen werden solle. Sei das nothwcndig? Früher sei die Frage fast durch gehends bejaht worden, weil inan sich damals vor dem rothen Gespenst gefürchtet. Seitdem habe man zwei mal diesem rothen Gespenste ins Angesicht gesehen, einmal bei den Wahlen zum constituirenden, dann bei denen zum ersten ordentlichen Reichstage. Seien denn hierbei viele Unvcrstandswahlcn cingetreten? Hätten denn die Vertreter des Arbciterstandcs auf dem Reichs tage einen überwiegenden Einfluß ansgcnbt? Entweder seien die von den Arbeitern Gewählten tüchtige Män ner, dann gehörten sic als solche in die Kammer, oder sie seien Thoren und Schwätzer, dann sei die Kammer die geeignetste Arena, um verderbliche Theorien, die nur gefährlich srieu, so lange sic im Finstern schliche», mit Gründen der Vernunft zu bekämpfen und zu zer malmen. Furcht brauche man in keinem Falle zu hegen. Wenn der Herr Minister gesagt habe, daß in Zukunft in diesem Saale die Wogen wahrscheinlich höher gehen würden, so halte er dem ein, daß das Schiff nicht auf hoher Ser strande, sondern in der Brandung des flachen Ufers. Der Zweiten Kammer stehe ja außerdem die Erste Kammer, die Bundesge walt und eine Präsenz von 300,000 Soldaten gegen über, und dadurch sei schon dafür gesorgt, daß die Bäume nicht in den Himmel wachsen könnten. Er frage ferner, ob cs räthlich sei? In dem jetzigen Verfassungsleben sei ein dunkler Punkt, an dem man jedesmal erinnert worden sei, wenn rin neues Mit glied unter Protest in die Kammer eingetretcn, wenn von außen her betreffende Zustimmungserklärungen eingegangen seien. Er selbst sei unter Protest in die Kammer eingetreten, er habe also ein Recht zu sagen: Jener schwarze Punkt muß schwinden; er ist auf die Dauer unleidlich. Viele hätten dies von der jetzigen Vorlage erwartet und ersehnt. Auch er wünscht, daß dieser Wunsch in Erfüllung gehen möchte. So lange aber ein so großer Theil des Volks vom Wahlrechte ausgeschlossen bleibe, fürchte er, daß sich diese Hoff nung nicht erfüllen könne. Er glaube, daß sofort mit der Emanirung des neuen Gesetzes der Kampf der Ausgeschlossenen gegen dasselbe beginnen werde; er sei der Ueberzeungung, daß mit diesem Gesetze die Re formbewegung nicht geschlossen, sondern provocirt werde. Er aber wolle den dunkeln Punkt beseitigt sehen. — Für nicht ganz richtig halte er es, daß man immer nur mit dem Reichswahlgesetze Vergleichungen anstelle. Man müsse noch weiter blicken, und z. B. auch die Reformbewegnng in England in's Auge fassen. Durch dir neue Reformbill sei der Census vollständig beseitigt und an dessen Stelle das Haus halterstimmrecht gesetzt worden. Würde die Deputa tion etwas AebnlicheS vvrgeschlagen haben, so würde er für seine Person gegen einen solchen Vorschlag nichts einzuwenden gehabt haben, obgleich es zum großen Theile Dem, was er wolle, dem allgemei nen Stimmrechte, nicht entsprochen haben würde. Aber es würde doch ein Princip darin gewesen sein, während die Deputation mit ihrem Cen sus völlig principlos sei. Um nun diesen seinen An schauungen Ausdruck zu geben, bitte er den Herrn Präsidenten, auf die Worte „welche entweder" bis „jährlich entrichten," eine besondere Frage zu richten, da er gegen dieselben stimmen werde. Der 8 >8 würde dann lauten: das Stimmrecht steht allen nach 88 1 und 2 dazu befähigten OrtSeinwohncrn zu. Niemand kann das Stimmrecht an mehr als einem Orte ausüben. Abg. v. Nostitz erkennt zunächst an, daß in dein Anträge deS Vorredners ein Princip enthalten sei, und dankt demselben für die ausgesprochene Anerkennung, daß auch in seinem mit dem Abg. vr. Baumann ge stellten Anträge ein Princip vertreten gewesen. Nach dem Redner dm Inhalt deS Antrags selbst in den Srets seiner Betrachtung gezogen, erklärt er, daß Das, was Abg. Kretzschmar über die Rechtsbeständigkcit der Sam mer und das 1848er Wahlgesetz gesagt habe, insofern in voller Richtigkeit berube, alS man mit dem neuen Gesetze in keine ruhigere Bahn eintreten werde. Dieser Sampf werde sein Ende nicht eher finden, als bis man entweder ganz zum Alten zurückkehre oder bis Die jenigen, welche die RechtSbeständigkeit längneten und da» 1848er Wahlgesetz anstrebten, ihren Willen durch- )a man sich nun einmal auf dieser ab- befindc, so sei es recht gut, so rasch ) Ziele zu gelangen. Deshalb werde Mangel anüArbeit sei. Auf dem Reichstage habe die Wahftwüfung nur 9 bis 10 Tage beansprucht. Abg. ». Schönberg findet hierdurch sein Bedenken noch nicht beseitigt und bemerkt hierauf Referent, daß die aesammten Mitglieder der neuen Kammern, wenn auch ihre Wahl noch nicht geprüft sei, zu gegen seitiger Prüfung competent. seien. Bei 8 52, welcher im Entwürfe lautet: .1 52. Jede Wahl soll ledialich au« der freien Uederzeu- aung der Wühlenden hervmqel>e«. Wer auf solche durch Trobunqim, falsche Vorspiegelungen, Geschenke oder Ber sprechunaen einzuwirken suchen sollte, verliert für immer das Recht, zu wählen oder gewühlt zu werden. Gegen die Entscheidung der betreffenden Regierungsbehörde steht eiue Berufung an die betreffende Kammer zu. Oeffentliche Be amte, welche sich solche« zu Schulden kommen lassen, haben überdies Dieostentsetzuug zu erwarten." ist es der Deputation von Wichtigkeit erschienen, dm Begriff der Versprechungen bestimmter zu begrenzen, da nicht jede Art von Versprechungen als unerlaubt sich darstelle. - Sie schlägt deshalb vor, zu sagen: „oder auf persönliche Vortheile gerichtete Ber- sprechungen." Aba. v. Nostitz für die Regierungsvorlage. Wenn man Ausnahmen mache, wisse man nicht, wohin man komme. Der Referent: Die Deputation habe mit der vorgeschlagenen Umschreibung bei der Kammer oder dem Richter etwa vorkommende Mißverständnisse und Zweifel beseitigen wollen. Hierauf wurde 8 52 nach dem Drputationsvor- schlagc gegen 5 Stimmen angenommen. Bei der so dann unter Vorbehalt der Beschlußfassung auf die Belleville'schen Anträge vorgenommenen namentlichen Abstimmung wurde die Regierungsvorlage mit 64 gegen 10 Stimmen (die Abg. v. Criegern, v. Schön berg, Steiger, Ploß, Golle, Günther, Stauß, v. Car lowitz-Falkenstein, Baumann und v. Nostitz) angenom men und endlich einstimmig beschlossen, die cingegan- gencn Petitionen, soweit sie sich nicht durch die ge faßten Beschlüsse erledigt haben, auf sich beruhen zu lassen, dieselben aber noch an die Erste Kammer ab zugeben. (Schluß der Sitzung Abends H8 Uhr.) Eingesandtes. Zur Frage wegen Beibehaltung der bei den k. Gerichten des Landes versuchsweise ein- geführten ununterbrochenen Expeditionszeit. Bei den sich noch vielfach widerstreitenden Ansichten über diese Frage wird es, da auf deren Lösung doch zunächst und am allermeisten die örtlich gebotene Le bensweise von entscheidendem Einflüsse ist, vielleicht zur Klärung beitragen, wenn man die Verschiedenartig keit der letzteren in größeren und kleineren Städten mit in^Bctracht zieht und von diesen gegebenen Stand punkten aus die Frage erörtert. In Nachfolgendem sei es gestattet, dieselbe unter alleiniger Rücksichtnahme auf Dresdner Verhältnisse zu besprechen. Als schärfster, bis jetzt öffentlich ausgetretener Geg ner der neuen Einrichtung erscheint Herr Abg. Sachße aus Freiberg, welcher in der U. Kammer behauptet hat, daß dieselbe ») das Familienleben des Beamten störe, d) die Arbeitsfähigkeit aller Beamten schwäche, c) die Gesundheit der älteren Beamten beeinträchtige, ü) bei derselben weniger Arbeit gemacht werde, als bn der früheren, und «) dieselbe die Gcrichtsbefohlenen be schwere. Nach diesen Behauptungen, welche die wesentlichsten bis jetzt gehörten Vorwürfe enthalten, sollte man glau ben, daß die neüc Einrichtung sich nicht bewährt habe, die Rückkehr zur alten Ordnung allüberall ersehnt werde und auch im Interesse des Staats geboten sei. Und doch ist dem nicht so. Im Gegentheil würde z. B. nach den in Dresden gemachten Erfahrungen ein Zurückgreifen auf die alte Expeditionszeit nicht allein unter dem bei weitem größten Theil des hiesigen Ge richtspersonals den trübsten Eindruck Hervorrufen, son dern auch die Hoffnungen der in anderen Departements arbeitenden Beamten auf Einführung gleicher geschlos sener Expeditionszeit für längere Zeit vernichten. Wie berechtigt aber diese Wünsche bei den hiesigen örtlichen Verhältnissen sind, wird sich durch eine kurze Widerlegung der Sachße'schen Behauptungen leicht er geben. Zu ». Wenn man der neuen Expeditionszeit den Vorwurf macht, daß sie das Familienleben störe, so kann mit demselben nur der Wegfall des mittäglichen Aufenthalts des Beamten in der Familie und des g e - meinschaftlichen Mittagsmahls gemeint sein. Das letztere kann aber der Dresdner Beamte, wenn er schulpflichtige Kinder hat, auch bei der früheren Ex pedittonszeit nicht mit der Familie einnehmen. Denn da er um 1 Uhr schließt und bei nur einiger Ent fernung vor H2 Uhr nicht in seiner Behausung an langt, die Schulen aber zwischen 12 und 2 Uhr pau- siren, so wird er seine gesammte Familie bereits ab gespeist vorfinden und sein Mittagsmahl allein ein nehmen müssen, ja seine bereits auf dem Schulwege befindlichen Kinder in den meisten Fällen gar nicht zu Gesicht bekommen. Es ist dies eine der Schattenseiten des Lebens in einer größeren Stadt, wie sic der Arbeiter, der seinem Verdienst nachgeht, der Geschäftsmann, welcher sein von der Wohnung entferntes offenes Geschäft in den Mittagsstunden nicht verlassen kann, und viele Andere ebenso gut empfinden und aushalten müssen und in welche sich alle Dresdner Beamte während der Schul- pflichtigkeit ihrer Sinder längst haben finden müssen. Mit ungleich mehr Berechtigung muß man vielmehr der früheren Erpeditionszeit den Vorwurf machen, daß sie das Familienleben störe. Denn die auf die Nachmittags- und Abendstunden ausgedehnte Arbeitszeit gestattet dem Beamten nicht, bei nur einiger Entfernung der Wohnung vor der 8. Abendstunde heimzukehrcn. Das ist aber selbst im Hochsommer schon viel zu spät, um im Hause den Feier abend traulich und beschaulich genießen oder noch mit Familie einen kleinen Ausflug machen zn können. Selbst abgespannt, findet der Beamte die Seinigen tagcsmüde, di« Sinder, denen er den ganzen Tag entzogen ge wesen, ost schon zur Ruhe gebracht, vor und ist, wenn er sich von des Tages Mühen noch erholen will, in der Regel aenöthtgt, allein auSzugehen. Wahrlich, eine unpassendere, nur durch die leidige Gewohnheit gerechtfertigte Eintheilung der Arbeitszeit, als die vielgelobte frühere Expedittonszett, kann es im Interesse de- Familienlebens nicht geben. Me ganz anders gestattet sich dagegen das Fa-
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