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Dresdner Journal : 20.05.1874
- Erscheinungsdatum
- 1874-05-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187405206
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18740520
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18740520
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1874
-
Monat
1874-05
- Tag 1874-05-20
-
Monat
1874-05
-
Jahr
1874
- Titel
- Dresdner Journal : 20.05.1874
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F», At. kr»»?'- turl» >l. :F.i/aeAer'8oksu.F.C.Aerrmllnn'sotlv tiuetik., HauLe-SCo.,- SSrUl«: /nv -O., S»iwov«r: ^ÄiLü^ier,- r»rt,: /kai a», Luttier F Co./ Stattxvt: DauLe ct Co., Lütici. F»no»icen-Li«rea«, Visu: Fi O/rpett/,. Uerausxvderr Iköiüsl. Lxpeüitiou Ues Oresäner Journals, l-rosüen, ^lur^rotkoiPi^-v d<o. 1. Ämtlichcr Theil. Dreöden, 19. Mai. Seine Königliche Hoheit der Erbgroßherzog von Oldenburg ist gestem Abend 10 Uhr 40 Min. nach Leipzig zurückgereist. Dresden, 19. Mai. Leine Majestät der König haben dem hiesigen Bäckermeister Ferdinand Traugott Gärtner (vormals Louis Braune) das Prädicat „Kö niglicher Hofmundbäcker" zu verleihen geruht. Nichtamtlicher Theil. Telegraphische Nachrichten. Berlin, DienStag, 19. Mai, Nachmittags. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Der Reichstagsabgeordnete Most (Chemnitz) ist wegen seiner, während der Reichütagssession in Arbciterversammlungen ge haltenen Reden von der 7. Criminaldeputation auf Grund H 130 deS Strafgesetzbuchs zu einer Gefangnißstrafc von 1'4 Jahren verurtheilt worden. Stuttgart, Montag, 18. Mai, Mittags. (W. T. B.) Der „Schwäbische Mercur" bestätigt auf Grund einer ihm aus Zürich gewordenen Mit- theilung, daß Schloß Arenenberg zur Aufnahme der Kaiserin Eugenie und deS Prinzen Louis Napoleon in Stand gesetzt werde, die sich dem nächst dort dauernd niederzulassen gedächten. Buda-Pest, Moutag, 18. Mai, Nachmittags. (W. T. B ) Die Delegation des Reichsraths hat heute das Ordinarium des Kricgsbudgets erledigt und erheblich höhere Ausgabcbcträge, wie von dem Ausschüsse der Delegation beantragt worden war, in Gemäßheit der von der Regierung gestellten Anforderungen bewilligt, sich dabei jedoch Vorbe halten, diese Mehrbewilligunaen durch Absetzun gen im Ertraordinarium theilwrise wieder auszu gleichen. Paris, Montag, 18. Mai, Nachmittags. (W. T. B.) Goulard hat, einer Mittheilung der „Agence HavaS" zufolge, seine Bemühungen, ein Cabinet zu Stande zu bringen, noch nicht aufgegeben und die Unterstützung der konservativen und des linken Centrums in Anspruch genommen, um mit ihrer Hilfe ein Ministerium zu bilden, welches die Or ganisation des Deptennats in die Hand nehmen solle. Paris, Dienstag, 19. Mai, Mittags. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Der „Agence HavaS" zufolge setzt Goulard die Verhandlungen zur Bildung eines neuen Cabinets fort; eS ist indeß noch nichts entschieden. Der Marschallpräsident Mac Mahon empfing heute Vormittag Goulard und den Piäfi- denten der Nationalversammlung, Buffet. Versailles, Montag, 18. Mai, Abends. (W. T. B.) Die Nationalversammlung hat heute die dritte Berathung des Gesetzentwurfs über die Kinderarbeit in den Fabriken größtentheils er ledigt, ohne daß sich ein erheblicher Zwischenfall ereignet hätte. London, Montag, 18. Mai, Vormittags. (W. T. B.) Dem Kaiser von Rußland wurde heute von den städtischen Behörden in Guildhall ein glänzen des Dejeuner dargebracht, an wclchem der Kaiser, der Herzog und die Herzogin v. Edinburgh und die übrigen Mitglieder der königl. Familie Theil nahmen. Der Lordmayor überreichte dem Kaiser eine Adresse, in welcher er der Hoffnung Ausdruck gab, daß der Be such des Kaisers dazu beitragen werde, die Freundschafts bande zwischen England und Rußland noch fester zu knüpfen. — Der Kaiser Alexander sprach in Er widerung auf die Adresse seinen Dank für den ihm zu Theil gewordenen herzlichen Empfang aus und erklärte, er sei überzeugt, daß die liebevolle Aufnahme, welche seine Tochter in England gefunden habe, nicht ohne Einfluß auf die dauernde Befestigung der freundschaft lichen Beziehungen zwischen Rußland und England blei ben werde. Feuilleton. Redigirt von Otto Banck. Literarische Revue. Es ist begreiflich, warum Schiller so Lobendes über Matthisson als lyrischen Dichter schrieb. Dieser hatte mit Schiller das Pathos der ethischen Tendenzen, wenig stens in der Grundcmpfindung, gemein, gab sich der Reinheit eines classischcn Stiles in seinen Schilderungen hin und lebte einer idealistischen, schwärmerischen Träu merei, die sich über den Realismus des gemeinen Lebens erhob. Es strahlte sich darin eine sehr bald und ohne Kampf von äußerm Lcbcnsglück getragene, freudig und maßvoll genießende Natur aus, die gegen den Usus in telligenter, aber doch bürgerlicher Weltanschauungen weder ein sittliches, noch ein ästhetisches Beto cinzuwendcn hatte und sich für das Schöne in jeder Form anempfindend zu erwärmen verstand. Besonders galt diese Begei sterung den elegischen Reizen der Natur und war keines wegs eine erkünstelte. Sie kam aus dem Innern eines reinen, freundlich gestimmten Herzens, das durch keine Leidenschaften, besonders nicht durch die einer glühenden Stnncnwelt getrübt und aus den regelrechten Lebens bahnen einer tadellosen, allen Mitmenschen wohlgefäl ligen Aufführung gedrängt wurde. Matthisson verstand nicht nur die Kunst, Freunde zu finden und Freundschaft zu gewähren, sondern auch die für viele spröde Geister noch viel schwierigere, die Opfer der Freundschaft auf eine verbindliche Weise zu empfangen und durch ein liebenswürdiges Nehmen ohne Habgier, aber nicht ohne ersichtlichen Hochgenuß zu neuem Geben anzureizen. Das Leben zeigt öfter den Fall, daß nicht vom Schicksal be- St. Petersburg, Montag, 18. Mai, Mit tags. (W. T. B.) Der „Reichsanzeiger" veröffent licht eine amtliche Aufforderung an eine Anzahl Personen, welche Rußland entweder verlassen, oder den ihnen zum Aufenthalt im AuSlande oewillig- ten Termin überschritten haben, bei Vermeidung der gesetzlichen Strafen inS Vaterland zurück zukehren. Unter denselben befinden sich Bakunin, Ogarew und der ehemalige Oberst Lavrow. Dresden, 19. Mai. Der Sturz des Ministeriums Broglie in Frankreich wird allseitig mit dem Gefühle einer ge wissen Befriedigung registrirt. Davon geben ebenso die uns bis jetzt vorliegenden Stimmen der französischen Presse Zeugniß, als eine Reihe von Pariser Correspon- denzen, denen wir in mehrern deutschen Zeitungen be gegnen (vgl. unter „Tagesgeschichte"). Das „Jour, nal des Debüts" nennt das Votum der National versammlung vom vorigen Sonnabend eine „eclatante Berurtheilung" der Politik, welche seit einem Jahre von dem nunmehr zurückgetrctcnen Eabinet befolgt worden ist, die „Revanche des 24. Alai 1873". Wenn die äußerste Rechte und die Bonapartistcn durch ihre Stim men die vereinigte Linke unterstützt haben, so rühre dies daher, daß das Ministerium den Versuch machte, seine bisherigen Complicen zu dupiren. Natürlich werde eine aus solche Weise zu Stande gekommene Majorität nicht von Dauer sein; aber das Scrutinium vom l6. Mai verspreche dennoch ein „glückliches Resultat", da sich nun alle gemäßigten Fractionen der Assemblee vereinigen würden. Die bereits so ost angestrebte, aber immer wieder durch die Jntriguen der Helfershelfer des Her zogs v. Broglie vereitelte Fusion der beiden Centren er weise sich jetzt als „die einzige Zuflucht aller Derjeni gen, welche aufrichtig die Befestigung des Septennats und die Organisation einer dauerhaften Regierung wünschen". — Der gouvernementale „Soir" weist darauf hin, daß das dem Ministerium Broglie nachfolgende Eabinet sich nothwendigerweise auf eine Majorität der Centren werde stützen müssen, „welche sich gleichzeitig freimacht von dem radikalen Elemente, das Herrn Thiers com- promittirt, und von dem legitimistischen Elemente, welches den Herzog v. Broglie ins Verderben gestürzt hat." Die Linke wollte die Republik proclamiren, die Rechte wollte die Monarchie wiederherstellen. Vielleicht würden sich jetzt die Centren dahin verständigen, das Septennat zu organisiren. - — Die „Nöpublique franyaise", das Organ Gam- betta's, erklärt, cer Sturz Broglie's bedeute zugleich den Sturz des Wahlgesetzes, wie die Entsetzung des Dreißiger- ausschusscs, der dieses Gesetz erzeugt hat; das Land werde nicht eher zur Ruhe gelangen, als bis man es zu Worte kommen gelassen und durch neue Wahlen die Möglich keit einer festen Majorität und einer starken Negierung geschaffen habe. — Das weit gemäßigtere „Siöcle" versteigt sich zu folgendem Verdammungsurtheil: „In ihrer Wuth gegen die Volkseinrichtungen und politischen Freiheiten haben Broglie und Consorten das Kaiserthum noch in Schatten gestellt, und daher athmet Alles auf." — Das „Bien Public" fordert in einer Art Ma nifest des Expräsidenten Thiers ebenfalls den Appell an das Land und feiert den „Triumph der Nation über das Ministerium und des Rechtes über die Jntrigue." — Der „ Figaro ", welcher den Muth hat, um Broglie's Ende ein Klagelied anzustimmen, tröstet sich damit, daß Mac Mahon nichts mit dem Falle des Cabinets, das ihn erhoben, zu schaffen habe: „Er ist auf sieben Jahre factisch der Souverän des Landes; Verschiebungen der Majorität gehören zum parlamentarischen Systeme, kön nen seine Machtvollkommenheit aber weder erreichen, noch lähmen." Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" meint, wenn man von der Dynastie Orleans seiner Zeit sagte: „Durch Barricaden gehoben, durch Barricadcn ge fallen"; so müßte die Gradschrift des Cabinets Broglie lauten: „Durch den Orleanismus gehoben, für den günstigte Menschen noch den Drang haben, Andere zu schützen und zu tragen, als jenen, sich schützen und tragen zu lassen ohne dadurch die eigene Würde, oder das Ver gnügen des Protectors zu gefährden. Mit allen diesen Geschicklichkeiten, das Dasein zu führen, aus dem Becher des Genusses nie unerlaubt zu trinken, das Feuer der Leidenschaft zu einer angenehmen behaglichen Flamme zu erziehen, war Matthisson weit glücklicher als Bürger aus gerüstet. Auch muß er einen unvergleichlichen Tact be sessen haben, wie man aus dem harmonischen Verkehr mit seinen schweizer Gastfreunden ersieht, die ihm mit Vergnügen Jahre lang Freistatt gewährten. Mit diesem persönlichen Tact ging sein feiner Geschmack als Dichter Hand in Hand. Es ist bewunderungswürdig, wie weit er hierin die meisten Zeitgenossen hinter sich ließ und ganz besonders auch Bürger überragte, dessen Verletzungen des Geschmacks und des sittlichen Gefühls uns einzig und allein eine noch immer höchst dürftige Motivirung bilden für jene bittere und nach der anerkennenden Seite hin ungerechte Kritik Schiller's über Bürger. Schiller hat offenbar die schöpferische Originalität, das sprachbildnerischc Genie, das beinahe alle Beispiele überragende, realistisch gestaltende Talent Bürger's gar nicht, oder nur in einem Minimum verstanden, wie so oft ein Zeitgenosse den andern nicht versteht. Jene Kritik hat das ihre zum Unglück des großen Balladendichters und Lyrikers beigetragen. Schiller wäre in der Lage ge wesen, sprachlich vielfach von ihm zu lernen. Aber Bür ger's stark und heftig ausgeprägte Individualität — diese Macht, auf die es eigentlich in der Lyrik ankommt — war ihm zuwider; ihm war gerade in seiner momentanen Stimmung die indifferente, geschlechtslose Anmuth Mat- thisson's sympathischer und akademisch gefahrloser für die Entwickelung der Literatur. Sein moralisches Pathos bestimmte ihn, das in Sünde geborene Kind trotz aller Orleanismus gefallen". Legitimisten, Republikaner und Bonapartisten haben sich zu einer seltsamen Allianz ge- schaart, um mit dem Träger des Gesetzes über den neuen „ßrunci eonsoil" auch diesen Entwurf zu Falle zu bringen, „der lediglich den Zweck hatte, einen Prinzen von Orleans an die Spitze des neuen französischen Oberhauses und somit für den Fall einer eintretenden oder zu bewirken den Staatskrisis an die Spitze des Staates selbst zu setzen". — Die „National-Zeitung" würde in der Sammlung der beiden Centren um eine neue Regierung nur „eine vorübergehende Combinatton" erblicken und schreibt: „Die gegenwärtigen Parteien der Versailler Ver sammlung sind durch ihre Führer in dem Wechselspiele der Jntriguen der letzten Jahre derart persönlich gegen rinander compromittirt, daß die Versailler Nationalver sammlung in ihrer zeitigen Zusammensetzung unfähig er scheint zu irgend welcher Regierungsorganisation, welche auf Dauer Anspruch zu machen vermöchte. Der gegen wärtige Regierungswechsel wird die Versammlung ohne Zweifel der Auflösung einen Schritt näher treiben. Die Urheber der Jntrigue, wclcbe vor einem Jahre Herrn Thiers stürzte, hat das gerechte Schicksal ereilt. Ihr Erfolg wird nur darin bestanden haben, die monarchische Com bination, zn deren Förderung sie sich verbunden hatten, unmöglicher gemacht zu haben, als sie vorher war. Da Deutschland von Lctztern nichts als vermehrte Feindselig keit zu erwarten hatte, kann es sich der Genugthuung des französischen Volkes über den Sturz des Cabinets Broglie nur anschließen." Tagesgeschichte. Dresden, 19. Mai. Die Zweite Kammer er ledigte in ihrer gestrigen Abenbsitzung nur den ersten Gegenstand ihrer Tagesordnung; sie nahm den gleich- zeittg mit dem Einkommensteuergesetze vorgelegten Ge setzentwurf über weitere Abänderungen bei der Gewcrbe- und Personalsteuer trotz der lebhaften Opposition, die demselben von den Adgg. Walter, Kirbach, Schnoor, Jordan gemacht wurde, in einer theils von der ge- sammten Deputation, theils, was den wichtigsten 8 4 anlangt, von einer aus den Abgg. Jungnickel, Krause und Richter (Tharand) bestehenden Minorität derselben amendirten Fassung mit 47 gegen 22 Stimmen an. In der heutigen Sitzung der Zweiten Kammer bildete der vom Abg. vr. Minckwitz erstattete Bericht über den Etat des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten den > Hauptgegenstand der Berathung. In der allgemeinen Debatte ergriff der Aba. vi. Biedermann die Gelegen- hett, eine Reihe Bemerkungen über die deutsche Politik der Regierung zu machen; er behauptete, daß durch die Haltung der officiösen Presse und durch einzelne Acte der Regierung selbst beklagenswerthe Mißdeutungen über die Stellung der Regierung zum Reiche in Deutschland hervorgerufen worden und in der deutschen Presse zum Ausdruck gekommen seien. Unter Anderm bezog sich vr. Biedermann auf die Haltung der Regierung in der Frage der Erweiterung der Reichscompetenz. Staatsminister Frhr. v. Friesen erwiderte Punkt für Punkt auf die Anschuldigungen des Abgeordneten; zum Beweise, wie die öffentliche Meinung über sächsische Dinge in der deutschen Presse gemacht werde, erinnerte der Minister an den bekannten Artikel der Augsb. „Allgemeinen Ztg.", welcher sich zu der Behauptung verstiegen habe, daß die Regierung in der Frage der Reichscompetenz in der Zweiten Kammer eine eclatante Niederlage erlitten; der Regierung sei damals in beiden Kammern einstimmig beigetreten, in der „Allgemeinen Zeitung" aber die Sache so dargestellt worden, als ob er, der Minister, blos aus Schreck, weil er erfahren, daß der Abg. t >r. Biedermann einen Protest in der Tasche habe, Alles widerrufen habe, was er zuvor gesagt. (Heiterkeit.) Was man in der „Allgemeinen Zeitung", der „Kölnischen Zeitung" und anderen deutschen Blättern lese, sei nicht das Product der Eindrücke und Auffassungen, die man dort über die Vorgänge in Sachsen habe; die Hal tung jener Blätter erkläre sich ganz einfach dadurch, Reize diesmal mit dem Bade auszuschütten. Schiller hätte hier Gelegenheit gehabt, zu zeigen, was Bürger der deutschen Nationalliteratur war und was er ihr noch : werden konnte. : Zu solchen und ähnlichen Betrachtungen werden wir wieder angeregt durch die „Gedichte von Friedrich i Matthisson ", welche in der Brockhaus'schen Bibliothek der deutschen Nationalliteratur mit einer fleißig und liebevoll geschriebenen Einleitung von Ernst Kelchner herausgegeben sind. Diese Lieder eines edel und rein, i man möchte sagen mehr pflanzlich und blumenhast, als > sinnlich und animal gestimmten Menschen sind von der gegenwärtigen Generation nur noch wenig gekannt und t werden dem Unbefangenen in der schönen Hülle und oft im > Inhalt einen sehr wenig veralteten, ja ost völlig mo- l dernen Eindruck machen. Wenn ich sagte, Schiller hätte ; gar Manches an Bürger's Strophen sprachlich studircn ; können, so läßt sich entschieden auch von Matthisson's e Versen behaupten, daß sie neuesten Dichtern manches gute Beispiel geben könnten. Sie sind entzückend durch- , gefeilt. O. B. t Pariser Briefe. ö Pari«, 1«. Mai 1874. - Die alljährliche große Kunst- und Gemäldeausstel- e lung, die regelmäßig mit den Maikäfern zurückkehrt und - die von den Parisern kurzweg „Der Salon" benannt n wird, ist dieses Jahr besonders zahlreich beschickt worden. - Die Künstler, die bis jetzt auf die Einsendung von zwei e Kunstwerken beschränkt waren, sind dieses Jahr zur Aus- s stellung von je drei Kunstproducten ermächtigt worden, r Von 0857 eingesandten Kunstwerken sind 3632 ange- daß Diejenigen, die an der Spitze eines Theiles der säch sischen Presse ständen, lebhafte Verbindung mit der au- ßersächsischen Presse unterhielten, es handle sich um Cor- respondenzen, die von Sachsen aus dorthin geschickt wür den zu dem ganz bestimmten Zwecke, Sachsen in ganz Deutschland als ein Nest particularistischer reichsfeind licher Tendenzen zu denunciren und die sächsische Regie rung nach Möglichkeit zu discreditiren — das sei seine Ansicht von der Sache. Dieser Schluß der Rede des Ministers wurde mit lebhaftem Beifalle ausgenommen. Auf eine Replik des Abg. Vr. Biedermann antwortete der Minister nochmals in längerer Rede. Auf eine Ver wahrung vr. Biedermann's gegen den Verdacht, als ob er etwa gar jenen Artikel in der „Allgemeinen Zeitung" verfaßt habe, erklärte der Minister, daß er doch zu vrel Achtung vor Vr. Biedermann habe, um ihm ein solches Machwerk zuzutrauen. Bei der Specialberathung erhob sich über die Gesandtschaften eine längere und zum Theil heftige Discussion. Eine Minorität der Deputation will die Gesandtschaften in Wien und München, eine andre — der Äbg. Beck — keine von beiden, die Majorität nur die letztere bewilligen; schließlich wurden beide Ge sandtschaften — sowie diejenige in Berlin — mit 34 gegen ^3 Stimmen bewilligt; die ersjxre jedoch, wie schon am vorigen Landtage, blos transitorisch. Im Uebrigen wurde der Etat ohne Debatte bewilligt. Außerdem er ledigte die Kammer die übrigen Gegenstände der auf die Tagesordnung der gestrigen Sitzung gebrachten Gegen stände und den Rechenschaftsbericht auf die Jahre >870 und 1871, über welchen von der Finanzdeputation Abth. durch Abg. v. Oehlschlägel ein umfassender Bericht erstattet worden ist. Die nächste Sitzung, in welcher nach der Ansicht des Präsidenten der gesammte augenblicklich noch vorliegende Berathungsstoff wird er ledigt werden können, wurde nach längerer Discussion aus morgen anberaumt. * Berlin, 18. Mai. Wie die „Sp. Ztg." meldet, war die Abreise des Fürsten Bismarck nach Varzin, wo er nur einen kurzen Aufenthalt zu nehmen gedenkt, auf heute angesetzt; doch soll sich sein Befinden wieder so verschlechtert haben, daß die Reise, wozu Alles in Be reitschaft war wieder aufgeschoben werden mußte. In ihrer neuesten Nummer meldet sodann die „Sp. Ztg." noch: Dir Abreise des Fürsten Bismarck nach Varzin ist jetzt auf Donnerstag angcsetzt. Anfang Juni gedenkt er, wie cs heißt, in ein süddeutsches Bad zu gehen. Der König von Bayern soll ihn nach Kissingen eingeladcn haben. — Nach einer Mittheilung der heutigen „N. A. Z." ist der bisherige Botschafter in Paris, Graf Arnim, durch allerhöchste Ordre vom lö. d. M. in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden. — Die diesjährigen großen Paraden bei Berlin und in Potsdam, welche nach der ursprünglichen Zeiteintheilung für die Frühjahrsbesich- tigungen des Gardecorps am 22. und 23. d. M. statt finden sollten, werden auf allerhöchsten Befehl und zwar die große Parade bei Berlin am 29. und die in Pots dam am 30. d. M. stattfinden. — Wie die „N.-Z." meldet, ist der bisherige Prä sident des Reichseisenbahnamtes, Scheele, definitiv von seinem Posten zurückgetretcn. Ueber seinen Nachfolger ist noch nichts bestimmt. — Im Herrenhause bildete heute den ersten Gegen stand der Tagesordnung die erste Beratbung über den Gesetzentwurf, betreffend das Höferccht in der Provinz Hannover. An der Generaldiscussion bctheiligten sich die Herren Graf Udo zu Stolberg-Wernigerode, Rasch, v. Bernuth, Graf zur Lippe, sowie der Justiz minister vr. Leonhardt. In der Spccialdiscnssion wurden die 88 1—5 nach der Regierungsvorlage angenommen. Zu 8 6 beantragte Graf Udo zu Stolberg eine andere Fassung; dieselbe wurde jedoch abgelchnt und die Fassung der Vorlage nach den Beschlüssen des Abgeordnetenhau ses angenommen. Ebenso wurden bei nur unerheblicher Discussion die übrigen Paragraphen des Gesetzes in der von dem Abgeordnetenhaus» beschlossenen Fassung ge nehmigt. Es folgte sodann der Commissionsbcricht über das Expropriationsgesctz. Dasselbe wurde in der Haupt- nommcn worden; der vorjährige Katalog enthielt nur 2142 Nummern. Einer so kolossalen Entfaltung künst lerischer Thätigkeit gegenüber ermattet selbst die uner sättlichste Neugierde; man bedarf einer gewissen Zeit, ehe man sich über alle diese Kunstleistungen Rechenschaft geben und ein Urtheil bilden kann. Die diesjährige Kunstausstellung ist übrigens die letzte, die unter der hohen Leitung des Ministeriums der schönen Künste stattfindet; vom nächsten Jahre an werden die Künstler berechtigt sein, ihre Interessen selbst in die Hand zn nehmen; es wird keine Jury mehr existiren, die wie bis her über die Zulässigkeit der eingesandten Kunstwerke entschied; das «uüruge universel dringt somit auch in das Gebiet der Künste, das Ausstellungsrccht soll unbe grenzt sein; es läßt sich vorausschen, daß unter diesen Umständen die sämmtlichen Säle des Jndustriepalastcs künftig kaum mehr genügen werden, um die zahlreichen Kunsterzeugnisse aufzunehmen, die keiner Censur mehr unterworfen werden sollen. Hierdurch wird eine bereits oft ausgesprochene Idee neu angeregt: man geht mit der Absicht um, neben dem alljährlich zu eröffnenden „Sa lon" noch einen „officiellen Salon" zu gründen, der unter dem speciellcn Schutze des Staates nur geprüften Meisterwerken zugänglich sein und auf diese Weise die schönste Blüthe der neu geschaffenen Kunstwerke in sich fassen würde. Der andere — um r'cht zu sagen, der gewöhnliche — Salon würde der unbeschränkten Ini tiative der Künstler überlassen, allen Kunstwerken geöff net sein und keine ander Eontrolc anzucrkennen haben, als den Beifall oder den Tadel der Menge. Diese Idee, die dem Geiste des modernen Frankreich sehr entspricht, würde vielleicht das beste Mittel bieten, um allen In teressen gerecht zu werden. Unter den m diesem Jahre ausgestellten Gemälden findet sich abermals viel Talentvolles, Anmuthiges, aber
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