Suche löschen...
Dresdner Journal : 06.05.1874
- Erscheinungsdatum
- 1874-05-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187405064
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18740506
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18740506
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1874
-
Monat
1874-05
- Tag 1874-05-06
-
Monat
1874-05
-
Jahr
1874
- Titel
- Dresdner Journal : 06.05.1874
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
w 103 lm S«ot»ek«o L»ieL«: äLkrtiot»:. ... 6 71>1r. ^^LbrUol»; l H>D. Ik LioLvIuvHu»mtrur 1 K^r. Ivrr,ll»«o tritt iUlrlied ? l'klr StempvI^ebüdr, »u«»*rk»Id<i«« deutsedeil Kvivt»«, ?o»t- uvd 8tewp«Irll»cl>i»s tua»u, Iu»er»teupre1»«r kür d«o kxum «iuer kvtitreil»; 2 K^r. Hat« „Lil^ssaacit" dis 2«il«: ü üxr. Lriel>«l»«o, Ht-Iisk mit ^aiaatna» der 8oaa- vud ksisrtag«, Adsod» kür dou kolbend«» Mittwoch, den 6. Mai * - .... - - _ , Ares-nerIMmal. Verantwortlicher Redacteur: I. G. Hartmann. 1871 la»»r»t»»»U»»N»« »»»MÜrt«, Lsixst^: ?> Ooraau»«oaLr d«, - Drssdasr louriutt«; ebsods».: LuA«, H».' u. L S»»dLrff->«rw». Vt»u.l.,tpii,-L»,«I-ür«iI»a-rr»aUurt » -S koA/«r, üerUa Vt«u-L»radllr^-kr»^-I,«ip»i^-kr»aK- tart«. H.-HüarL«»: Nud L/o«»e, N«rUa ^1 Net»ne^^, /„vatidendant, N X/Lrrc/>t, Lr«m«a: L Lc^tott«, vr«, l»a: /..ÄunAtn ^ NürL»u; ck-matt»: F>. I cxAi, 7r»o.'' kart »H.: F?. daeAc^äekv uN C //errntann'^tid Nuekd^ Dau-e<0 Co.,- OürUtr: /nv D , Laaaovsr: C ?»O»^ //atu«, /xr/itte, L«tt»er«k Co., »tatt»»rt: /)auLe d' Co.» §üdd. Annonce»-Nürea«, Vl»a: Fl Cxxeiit. llorausxvbvrr Xüni^l. Expedition «les Dresdner dourn»1», Dresdeu, Uxr^retdenMiE Ho. 1. Amtlicher Theil. Dresden, 4. Mai. Der außerordentliche Professor Dr. pbtt. Heinrich Rudolph Hildebrand in Leipzig ist zum ordentlichen Professor der neueren deutschen Literatur und Sprache in der philosophischen Facultäl der Universität Leipzig ernannt worden. Se. Majestät der König haben allergnädigst geruht, den Secretär bei der Krelsdirection zu Zwickau, Dr. Schnorr von Carolsfeld unter Belassung in seinem dermaligen Dienstverhältnisse zum Regierungs-Referendar zu ernennen. Se. Majestät der König haben allergnädigst geruht, dem auf dem Melde'schen Vorwerke zu Bautzen dienen den Boigte Johann Schmidt die silberne Medaille vom Albrechtsorden zu verleihen. Verordnung, die Einlieferungen in die LandeSstrafanstalten betreffend. Auf Grund der weiteren Erfahrungen über das numerische Verhältnis der Zuchthausstrafen und der in Landesanstalten zu verbüßenden Gefängnißstrafen wird mit Allerhöchster Genehmigung an alle mit der Straf- Vollstreckung betraute Gerichte hiermit Folgendes ver ordnet: Es sind einzuliefern und zwar: A) vom Zeitpunkte der Bekanntmachung gegen wärtiger Verordnung an 1) die zu Zuchthausstrafe verurtheilten Personen männlichen Geschlechts ohne Ausnahme in die Strafan stast Waldheim, 2) die zu Gefängnißstrafe von mehr als viermona tiger Dauer verurtheilten Personen männlichen Ge schlechts, welche das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, in die Strafanstalt Sachsenburg, 3) die zu Gefängnißstrafe von mehr als viermonatiger Dauer verurtheilten Personen männlichen Geschlechts, welche das l8. Lebensjahr vollendet haben, wie zeither, in die Strafanstalt Zwickau. st. vom 1. Juni dieses Jahres an: 4) die zu Zuchthausstrafe verurtheilten Personen weiblichen Geschlechts in die Strafanstall Hoheneck bei Stollberg, 5) die zu Gefäugnißstrafe von mehr als viermonatiger Dauer verurtheilten Personen weiblichen Geschlechts in die Strafanstalt Voigtsberg bei Oelsnitz. Dresden, den 24. April 1874. Die Ministerien des Innern und der Justiz. von Nostitz Wallwitz. Abeken. Bekanntmachung. In Gemäßheit der Verordnung der Königl. Mini sterim der Finanzen und des Innern, die Staatsprü fungen der Techniker betreffend, vom 24. December 1851 — Gesetz- und Verordnungsblatt vom Jahre 1851 Selle 483 folg. — werden diejenigen, welche sich der gedachten Prüfung für die Periode 1874/75 in einem der nachgenannten Fächer: 1) der Geodäsie; 2) dem Jngenieursache im engem Sinne (Straßen-, Eisen bahn-, Brücken- und Wasserbau); 3) dem Maschinen wesen für den Straßen-, Eisenbahn-, Brücken- und Wasserbau, ingleichen für den Betrieb der Staatseisen bahnen; 4) dem Hoch- und Landbauwesen zu unterziehen beabsichtigen, hierdurch aufgefordert, bis spätestens Ende Juni laufenden Jahres sich mit einem schriftlichen Gesuche um Zulassung zur Staatsprüfung an die unterzeichnete Commission zu wendm. Diesem Gesuche ist beizufügen: l) ein Zeugniß über die nach tz 0 der erwähnten Ministerial-Verordnung er forderlichen technischen und wissenschaftlichen Vorkennt nisse, 2) ein Ausweis darüber, daß der Gesuchsteller mindestens drei Jahre lang denjenigen Zweig der Technik, für welchen er die Prüfung abzulegen beabsichtigt, mit Erfolg praktisch geübt hat. (Vergleicht § 7 der ange- zogenen Verordnung.) Der Ausweis unter 2 hat sich auf eine genaue Dar legung der hauptsächlichen Arbeiten, mit denen und der Art und Weise, in welcher der Prüfunhscandidat dabei beschäftigt gewesen, unter Angabe der einzelnen Zeitab schnitte und unter specieller Bezeichnung der Bauaus führungen, bei welchen er thätig gewesen ist, sowie der von ihm gefertigten Projecte und schriftlichen Arbeiten zu erstrecken. Zugleich wird dem Prüfungscandidaten srrigestellt, etwaige von ihm herrührende und durch den Druck veröffentlichte, in das Gebiet der Technik einschla- gende Arbeiten beizufügen. Im Uebrigen wird auf Grund der Bekanntmachung vom l l. Juli 1857 zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß ausnahmsweise auch außerhalb der vorgeschriebenen Frist Anmeldungen von Prüfungscandidaten zur Able gung der Staatsprüfung angenommen werden. Dresden, am I. Mai 1874. Königliche Commission für die Staatsprüfungen der Techniker. von Thümmel. Heydenreich. Ucbcr sicht. Telegraphische Nachrichten. TageSgeschichte. (Dresden. Berlin. Breslau. Trier. Kassel. Straßburg. Nürnberg. Stuttgart. Wien. Prag. Rom. Madrid. Kopenhagen. Athen.) Dr ödner Nachrichten. Beilage. Telegraphische Witterungsberichte. Bvrsennachrichten. Inserate. Nachrichten. Berlin, Dienstag, 5. Mai, Nachmittags. (Tel. d. Dresdn. Journ.) In der heutigen Sitzung des Abgeordnetenhauses wurde die zweite Be- rathung deS Gesetzes über die Verwaltung er- ledigter katholischer Biüthümer (vgl. unter „Tages geschichte") fortgesetzt. Im Laufe der Debatte erklärte der Cultusminister Dr. Falk, daß zwischen dem Leiter der Politik und ihm, dem Cultusminister, bezüglich der Kirchenpolitik keinerlei Zwiespalt bestehe, und fuhr dann fort: „Ich habe Grund zu sagen, daß man feiten der römischen Curie bereit ge wesen wäre, der Schweiz cntgegenzukommen, wenn nur Preußen im Kampfe allein gelassen wäre. Wer bürgt Ihnen dafür, daß außer jenem päpstlichen Briefe vom vorjährigen August an den ersten Fürsten des Reichs nicht auch noch andere Briefe an andere Fürsten ge schrieben wurden?" (Große Sensation.) Wien, Montag, 4. Mai, Nachmittags. (Corr. Bur) In der heutigen Sitzung des Abgeordneten hauses sand die zweite Lesung der Regierungsvor lage, betreffend dir kaiserliche Verordnung vom 21. Juni 1873 über die Auflösung von Aktien gesellschaften, statt. Im Verlaufe der Debatte hierüber erklärte der Finanzminister, er werde nie zugeben, daß der Steuersäckel für die Deckung von Verlusten rmzelner und gewisser Geschäftskreise in Anspruch genommen werde. Auch könne es nicht die Sache des Finanzministers sein, Fusionen und Liquidationen selbst in die Hand zu nehmen, weil dies Privatrechte tangire. (Beifall.) Die kaiser liche Verordnung wurde genehmigt. Auf eine Interpellation deS Abg. Kopp wegen Vorlage einer Strafproceßordnuna für das öster reichische Seer antwortete der Justizminister, daß die Vorarbeiten vorgeschritten find und die Vor lage in nicht allzuferner Zeit erfolgen werde. Madrid, Montag, 4. Mai, Morgens. (W. T. B.) Aus Bilbao vom glstrigen Tage wird ge meldet, daß der Gesundheitszustand der Stadt trotz der überstandenen Belagerung vortrefflich ist. AuS dem Flusse werden die Sperrvorrichtun gen weggeräumt und die Verbindungen mit der Umgegend nach allen Seiten hin wieder hergestellt. (Vgl. unter „Tagesgeschichte") London, Montag, 4. Mai, AbendS (Tel. d. Dresdn. Journ.) In der heutigen Sitzung deS Oberhauses stand auf der Tagesordnung die Be- rathung deS Antrags deS Earl Russell wegen Vor legung der diplomatischen Korrespondenz in Be treff der Verhandlungen mit den Regierungen Deutschlands, Oesterreichs, Rußlands und Frank- reichS über die Aufrechterhaltung deS europäischen Friedens. Der Staatssekretär deS Aeußern, Earl Derby, erklärte, wenn auch derüglich der Aufrecht- erhaltung deS Friedens »n Europa Besonntste vorhanden seien, so sei doch nach den, der Regie rung von allen Seiten zugegangenen Mittheilun- gen eine ernste Kriegsbesorgnlß für die nächste Zu- kunft ungerechtfertigt. Sollte eine Kriegsgefahr entstehen, so werde England für die Aufrechter haltung deS Friedens thun, waS möglich sei, ohne sich jedoch in einen Kampf hineiuziehcn zu lassen, vei dem seine Interessen nicht engagirt seren. Was die letztjährigen, von England abgeschlossenen inter nationalen Verträge angehe, so betrachte England seine Ehre, Treue und Redlichkeit dafür verpfändet. Die Mittheilung der diplomatischen Correspondenz müsse er (Derby) ablehnen. Shanghai, Sonntag, 3.Mai. (W.T.B., Kabcl- telcgramm.) Zn der hiesigen französischen Kolonie haben erhebliche Ruhestörungen stattgefunden. Eine auS Chinesen bestehende Volksmenge drang in daS französische Quartier, plüntzerte dort die Häuser und steckte dieselben in Brand, so daß die Polizei mannschaft sich veranlaßt sah, auf die Menge Feuer zu geben, wobei eine Anzahl Personen ge- tödtrt wurde. Nachdem chinesische Freiwillige unter die Waffen gerufen und Marinemannschaften der fremden Kriegsschiffe gelandet waren, wurde die Rude wieder hergestellt. Es herrscht indessen die Besorgniß, daß die Unruhen sich wiederholen wer den. — In der englischen Colonie blieb die Ruhe ungestört. Cagesyeschlchle. Dresden, 5. Mai. Die Zweite Kammer beschäf tigte sich gestern in einer Abendsitzung zunächst mit dem Bericht der Finanzdeputation Abth. n über das regel mäßig in Höhe von 140,000 Thlr. im außerordentlichen Budget wiederkehrende Postulat zur planmäßigen Fort setzung der Elbstromcorrectionsbauten (Referent Abg. Philipp). Hierbei rief eine Petition des Vorstands des sächsischen Schiffervcreius, welcher die Bewilligung einer größeren Summe zur rascheren Förderung jener Correc- tionsbauten bezweckt, eine Tiscussion hervor, indem die Abgg. Beck, Walter und Jordan dieselbe befürworteten, während die Deputation sie auf sich beruhen lassen will. Finanzminister Frhr. v. Friesen erinnert an alles Das, was von Sachsen im Laufe der Zeit für die Corrcction der Elbe und die Förderung des Elbschifffahrt gethan worden sei; angesichts der Thatsache, daß Sachsen >2 Jahre früher mit der planmäßigen Corrcction der Elbe begonnen habe, als die übrigen Uferstaaten, und der be harrlichen und opferwilligen Bemühungen der sächsischen Regierung um Befreiung der Elbschifffahrt von den auf ihr bestehenden Hemmnissen, bezeichnete cs dcr Minister mindestens als undankbar, wenn die Petition des Lchif- fervereins die Elbschifffahrt jetzt als eine Art Aschen brödel hinstclle. Die Kämmer beschloß denn auch, die Petition auf sich beruhen zu lassen und die Summe in der postulirten Höhe zu bewilligen. Ohne Debatte nahm alsdann die Kammer den, Pensions- und Wartegelder- erhöhungen betreffenden Gesetzentwurf mit den von der Deputation im Einverständniß mit der Regierung bean- Feuilleton. Redigirt von Otto Banck. K. Hoftheater. - Altstadt. - Am 4. Mai: „Aschenbrödel", Schauspiel in vier Auszügen von Benedix. (Frl. Elise Hofmann vom Wallnertheater als Gast.) Dieses Benedix'sche Stück behandelt einen Stoff, dessen triviale, aber lebensfrappante Ausgiebigkeit sich für Darsteller und Verfasser dankbar genug erweist, weil sie in hundert Einzelheiten an die tägliche Wirklichkeit er innert. Frl. Allram spielt mit ergötzlicher Wahrheit die verschrobene Jnstitutsmutter, und die Gestalt ihres zopfgelehrten unterdrückten Gatten, der bei den alten Griechen seine Entschädigung für das Hauskreuz findet, ist eine fein durchgeführte Leistung des Herrn Jaffe. Das Stück wurde erst kürzlich, begünstigt durch die Zugkraft eines besonder» Interesses, im Gastspielcyklus der Frau Raabe gegeben. Diesmal gastirte in der Rolle des Aschenbrödels Elfriede Frl. Elise Hofmann. Sie steht im Anfang ihrer Theaterlaufbahn, man darf fagen ihres Lebens und ist rin noch sehr junges Mädchen mit viel Wärme in der Auffassung, in der Rede und im Ausdruck des freund lichen Gesichts. Auch ihr ist es auferlegt, sich mit der Kleinheit ihrer Gestalt abzufinden, was ihr indeß bei der frischen Unbefangenheit ihres kindlichen, echt mädchen haften Tons, der noch keine störende Bühncnberechnung hat und sich davor bewahren möge, besser gelang, als manchen ihrer Genossinnen. Ohne stete Reinheit der Aussprache zu erweisen ist doch volle Deutlichkeit der Accentuirung vorhanden, und die innere Hingabe an die Illusion war in einigen Scenen allerliebst, sogar von einem natürlichen Spiel begleitet. Der freundliche Beifall von Seiten des Publicums verbürgt dem weiteren Gastspiel der jungen Schauspielerin ermuthigende Theilnahme. O. B. Refidenztheater. Mit der erstmaligen Aufführung des fünsactigen Schauspiels „Dcr verliebte Löwe" von Francois Ponsard, deutsch von August Förster, begann am 4. Mai zugleich ein Gastspiel der Frau He lene v. Racovitza. Es verdient gewiß nur Anerken nung, wenn unsre Bühnen, denen die französische Dra menliteratur nun einmal unentbehrlich zu sein scheint, in ihrem Repertoire den Dolmetschern des gemeinen Materia lismus nicht ausschließlich das Wort vergönnen. Ponsard, welcher mit seiner im Jahre 1843 vom Odeontheater mit glänzendem Erfolge gegebenen Tragödie „Lucrece" zunächst gehen die Romantiker Front machte und von den Bestgestnnten seines Volkes als der Regenerator des elastischen Stils begrüßt wurde, mußte zwar selbst bald die Unfruchtbarkeit seines Versuches erkennen, behaup tete aber auch dann noch, als seine Muse der politischen Comödie sich zuwendete, durch die Unabhängigkeit und den Adel seiner Gesinnung einen hervorragenden Platz gegenüber den, an Esprit und scenischem Geschick ihm freilich weit überlegenen imperialistischen Modedichtern. Von den Lctztern trotz seiner Jsolirung als angeblicher Führer der „eeolo <lu 1>o» sm,»" oft auf das Heftigste angefeindet, richtete sich sein Spott mit Vorliebe gegen die Börsenschwindler des Kaiserreichs (,,l lwnnou, «1 lärß« nt" und „lx dourse"). Dit beiden letzten Werke Ponsard's, der im Sommer des Jahres 1867 starb, waren ein historisches Drama „Io umoureux", in der Zeit der ersten französischen Revolution nach dem Thermidor spielend, und „Galilöe", kaum mehr als eine metrische Vorlesung über Astronomie. Ungeachtet der von ihm mit sprachlicher Sorgfalt gepflegten poetischen Form wirkt der Dichter vorzugsweise doctrinär; aber er macht überall den Eindruck eines ehrlichen Mannes, dessen Sentenzen die Begeisterung für die höchsten Güter der Menschheit und die leidenschaftliche Liebe zum Vater- lande dictirt haben. Hierin unterscheidet er sich vortheil- haft von seinen jüngern Collcgen Dumas Sohn, Feuillet und Sardou und deren seltsamen Blendungen von Mo ral und Frivolität, bei welchen es schwer zu unterscheiden ist, was Mittel und was Zweck. Dagegen fehlen ihm die Gestaltungskraft, die psychologische Feinheit und Kühnheit dieser Autoren; die Phrase dominM, man ver mißt das localtreue Colorit, seinen Figuren mangelt der warme Pulsschlag und darum auch jedes tiefere Inter esse. Ueber rein äußerliche Schablonenhaftigkeit kommen sogar die beiden Hauptrollen im „verliebten Löwen" nicht hinaus: das Conventsmitglied Humbert ist eine leben dige Satire auf sein republikanisches Glaubensbekcnnt- niß oder vielmehr ein politischer Hanswurst, die Mar quise v. Maupas aber schwankt zwischen der coquetten Intrigantin und der sentimentalen Liebhaberin charakter los hin und her. Bevor wir die Leistungen des Gastes in der Partie der Marquise besprechen, können wir einige allgemeine Be merkungen nicht unterdrücken. Wie jeden natürlich em pfindenden Menschen, muß es auch den Künstler, dessen persönliche Angelegenheiten gewisse Organe der Presse leider so schon mit einer ganz besonderen Vorliebe öffent lich discutiren, überaus schmerzlich, ja geradezu peinlich berühren, wenn ihn betroffene, thcilweise vielleicht völlig unverschuldete Heimsuchungen des Schicksals immer aufs Neue den indiskreten Blicken eines theilnahmlosen, blos klatschsüchtigen Publicums preisgegeben werden. Denn nur Wenige bedenken, daß manche hehre künstlerische Schöpfung allein durch den selbst erlebten Herzensjammer des Darstellers erkauft worden ist. Sollen den Letzteren aber derartige Vorkommnisse bei der großen Menge erst „in teressant" machen, dann berechtigt das frivole Coquettiren mit einer am besten durch Stillschweigen zu bedeckenden Vergangenheit zu der Annahme, daß außer der Liebe zur Kunst auch die Lust am Skandal bei der Bühnen- carriäre ihre Rechnung findet. Wir verwundern uns, daß sich Frau v. Racovitza so tolerant eine doch hoffentlich ungerusene Protection gefallen läßt, und be greifen ebenso wenig die Logik eines Publicums, welches eine nach Form und Inhalt eher an die Conception eines Steckbriefes gemahnende Reclame im Sinne eines Em pfehlungsschreibens zu deuten vermag. Der Gast gleicht in seiner äußeren Erscheinung dem Croquis eines der zahlreichen Typen des Pariser Lebens, deren Tendenz auf die objective Entfaltung körperlicher Reize hinauslaufen dürfte, und erzielt, unterstützt durch geschmackvolle Ausbeu tung der Toilettenkünste, ohne Zweifel eine das Auge ange nehm berührende malerische Wirkung. Die individualisiren- den geistigen Züge des Gemäldes bleibt Frau v. Racovitza uns freilich schuldig. Zwar dürste ihr hierzu weder die intellektuelle Begabung, noch die Wärme der Empfindung fehlen; aber sie steckt noch zu tief in den Kinderschuhen des schauspielerischen Könnens, als daß eine vielleicht vorhandene selbstschöpferische Begabung sich Geltung zu verschaffen vermöchte. Außerdem werden ihre Intentionen durch ein ziemlich sprödes, ungeschultes und nur in ruhi gen Momenten genügend ausgiebiaes Organ wenig ge fördert. Einer so technisch unvollkommenen, völlig stu- losen Leistung gegenüber bot die Titelrolle doppelte Schwierigkeiten. Herr D>. Müller überwand auch diese mit glänzendem Geschick, obgleich die Partie des Humbert mit ihrem heldenhaften Zuschnitte seiner Indi vidualität eigentlich fern liegt. Die Versatilität seines Talents ist eben etwas Anderes, als das blose Product der Routine; die überzeugende Wahrheft des Ausdrucks tragten Zusätzen an, wonach den Hinterlassenen der vor dem l. Januar 1874 verstorbenen ^taatsdiener die gesetz lichen Pensionen vom I. Januar l874 ad mit einem, nach der Höhe der Pension abgestusten Zuschläge von 20 bis 10 Procent gewährt werden sollen. Im Anschluß daran wurde der Pensionsetat ohne Debatte bewilligt. In ihrer heutigen Sitzung beschloß die Kammer auf Antrag derselben Deputationsabtheilung (Referent: Abg. Stauß), die Regierung zu ermächtigen, der Leipziger Handelskammer zu den Kosten der Vorarbeiten für eine Canalverbindung der Stadt Leipzig mit der Elbe einen Beitrag von 3000 Thlr., dem Elster-Saalecanalverein zu Leipzig zu den von ihm vorzunehmenden Vorarbeiten eventuell einen solchen von 1000 Thlr. zu gewähren. Die vom Abg. Oehmichen bekämpfte Bewilligung wurde vom Abg. Schnoor und dem Minister des Innern empfohlen. Letzterer hob hervor, daß die Entwicklung des Canalsystems in Deutschland während der letzten hundert Jahre mehr, als mit den Interessen des Ver kehrs verträglich, wie sich nunmehr herausgestellt habe, vernächlässigt worden sei; die neuerdings hervortreten den Bestrebungen, das in dieser Hinsicht Versäumte nachzuholen, verdienten daher jede Förderung; haupt sächlich in dem Sinne, das Interesse in dieser Richtung anzuregen, bitte er die Bewilligung auszusprechen. .Als dann beschäftigte sich die Kämmer mit einer längeren Reihe von Petitionen um Errichtung von Güterstationen, Anlage von Haltestellen rc., über welche Abth. II der Finanzdeputation durch Abg. Starke (Schmölen) Bericht erstattet hat. Es fand darüber eine mehr als zweistün dige Discussion statt, da fast alle diese Wünsche ihre ein gehende Befürwortung in der Kämmer fanden. Außer dem wurden noch zwei Berichte der vierten Deputation erledigt. * Berlin, 4. Mai. Se. Majestät der Kaiser von Rußland machte gestern Nachmittag, bald nach der Ankunft im russischen Botschaftshotel, zunächst Ihren kaiserl. und königl. Hoheiten dem Kronprinzen und der Kronprinzessin, sodann den Prinzen und den Prinzessin nen des königl. Hauses und darauf den Generalfeld- marschällen Grafen v. Wrangel, Grafen v. Molkte, Frhrn. v. Manteuffel seinen Besuch. Um 5 Uhr fand im Balconsaale des königl. PalaiS Familientafel zu 27 Gedecken statt. An derselben nahmen Se. Majestät der Kaiser Alexander mit den Großfürsten Alexis und Kon stantin, sowie dem, im Laufe des 'Nachmittags aus Schwe rin ein getroffenen Großfürsten Wladimir Theil, ebenso auch Ihre königl. Hoheiten der Großherzog, die Groß herzogin, die Großherzogin-Mutter, der Erbgroßherzog und Ihre Hoheiten die Herzogin Marie und der Herzog Paul von Mecklenburg-Schwerin. Se. Majestät der Kaiser von Rußland trug die Unifonn des Kaiser- Alexander-Grenadicrregiments, ebenso die Großfürsten die Unifonn ihrer preußischen Regimenter mit Ausnahme des Großfürsten Wladimir, der, zum ersten 'Male Se. Majestät den Kaiser und König begrüßend, die preußische Generalsuniform angelegt hatte. Se. Majestät der Kai ser und König, der Kronprinz, der Großherzog von Mecklenburg-Schwerin und die Prinzen des königl. Hau ses, mit Ausnahme des Prinzen Alexander, erschienen in der Unifonn Ihrer russischen Regimenter. Abends besuchten die kaiserl. 'Majestäten mit Ihren hohen Gä sten die Vorstellung im königl. Opernhause. — Heute Vormittag um 11 Uhr fand zu Ehren Sr. Majestät des Kaisers von Rußland aus dem Tempelhofer Felde ein Exerciren einer combinirten Brigade im Feuer statt. Die Brigade wurde commandirt von dem Generalmajor und Commandeur der 4. Gardeinfanteriebrigade v. Dan nenberg und war zusammengesetzt aus dem Kasier- Alexander-Gardegrcnadierrcgunent Nr. > (Commanoeur Oberst v. Wussow), dem Kaiser-Franz-Garoegrenaoler- regimcnt Nr. 2 (Commandeur Oberst Bogun v. Wan genheim), dem GardesüsiUcrregimcnt (Oberst v. Pap- stein), dem 2. Gardedragoncrregiment (Oberst Frhr. zu Zedlitz-Lcipc) und 2 Batterien der Gardefeldarttllerie- brigade. Die Aufstellung der Truppen erfolgte am Auf gangsterrain westlich des Kreuzbergmonuments. Die
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite