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-ellM W Wcherltz-Mmz. M. 31 Donnerstag, den 14 März 1907.73. Jahrgang. Auszug aus dem Protokoll der Hirchenvorftandsfitzung am 4. März 1907. Anwesend: 15 Mitglieder, Vorsitz: Herr Superintendent Hempel. - Zunächst nahm der Kirchenoorstand zustimmend Kennt nis von der Vorlage über Einteilung der Kirchgemeinde in Seelsorge-Bezirke und davon, welche derselben die ein zelnen Mitglieder zu übernehmen haben. Die Aufgabe der Bezirksvorsteher ist die kirchliche Seelsorge und Armen pflege. Bei diesem Punkte wurde die Aufstellung einer Geschäftsordnung für die Geschäftsführung des Kirchen- vorstandes und die Einrichtung von Kommunikanten- Registern angeregt. Die Aufstellung eines Geschäftsord- nungsentwurfs übernahm Herr Bürgermeister a. D. Voigt, wegen der anderen Anregung soll zunächst Fühlung mit den Kirchgemeindemitgliedern genommen werden. Den nunmehr schriftlich vorliegenden Vorschlag des vereinigten Finanz- und Gottesacker-Ausschusses, nach welchem für die Begräbnisse der im hiesigen Bezirkssiechen- haus Verstorbenen auf dem Dippoldiswalder Friedhof künftig außer der gewöhnlichen Klassengebühr noch eine Sondergebühr von 40 M. zur Kirchenkasse zu entrichten ist, erhob der Kirchenoorstand zum Beschluß und beschloß, denselben der König!. Kircheninspektion zur Genehmigung vorzulegen. Von der König!. Kommission zur Erhaltung der Kunstdenkmäler im Königreiche Sachsen ist infolge des eingereichten Gesuchs um Wiederherstellung der Nicolai- kirche die Einreichung eines Kostenanschlags verlangt worden. Die Herren Baumeister Klotz und Schmidt sollen um unentgeltliche Aufstellung eines solchen ersucht werden. Weiter gelangte zum Vortrag ein Schreiben des Versiche rungsvereins zu Stuttgart, Haftpflicht bezüglich der Fuß wege an den Gebäuden der Geistlichen betr. - Herr Pastor Sieber bat hierbei, die Stadtgemeinde auch um Übernahme der Unterhaltung und Reinigung des neuhergestellten Trottoirs am Diakonat anzugehen. Hiernach referierte Herr Sup. Hempel über die gesetz lichen Bestimmungen, die inbezug auf Betstübchen und Kirchenstühle ergangen sind. Nach denselben haben Erben von Betstuhl-Jnhabern ein gewisse« Vorrecht auf die Ver leihung und müssen deshalb vor ander weiter Vergebung gehört werden. Andererseits haben aber Inhaber von Beistübchen und Kirchenstühlen nicht das Recht, über die selben ganz oder teilweise weiter zu verfügen. Man be schloß hierbei gleichzeitig, einen besonderen Ausschuß für Betstübchen-Angelegenheiten zu bilden und den Vorsitz in demselben Herrn Kirchenvorsteher Amtsgerichts-Sekretär Schiffner zu übertragen. Desgleichen wurde, gegenüber den vorgebrachten vielen Wünschen beschlossen, die Kirchen plätze nicht aufzuheben, dafür aber diejenigen, die nicht vergeben sind, als freie Plätze besonders zu verzeichnen. Am 10. März soll zum Besten eines Paul Gerhardt- Stiftes in Gräfenhainichen eine Kollekte veranstaltet werden, wie auch 20 M. zur Anschaffung von Paul Gerhardt-Büchlein zwecks Verteilung derselben im Kinder- Gottesdienst am vorgedachten Sonntag verwilligt wurden. Nach Erledigung der Tagesordnung fanden noch einige Besprechungen infolge von Anfragen usw., insbe sondere inbezug auf die Kirchenvorstandswahl statt und zuletzt nahm der Kirchenvorstand noch von der Rechnung des Vereins für Gemeindediakonie pro 1906, nachdem die selbe durch Herrn Kirchenoorstand Schiffner geprüft und richtig befunden worden ist, Kenntnis. Sächsisches. Dresden. Die Zwischendeputation der Zweiten Kammer zur Vorberatung des Wassergesetzentwurfs hat in letzter Woche den Gesetzentwurf unter Mitwirkung der Staatsregieiung in erster Lesung in etwa vierzig Sitzungen durchberatcn und sich bis zum 18. d. M. ver tagt, an welch letzterem Tage sie zur Weiterberatung des ! Entwurfs in zweiter Lesung, die man bis Ende dieses Monats zu erledigen hofst, wieder zusammentreten wird. Gegenüber einer Notiz im „Dresdner Anzeiger", daß die Aussichten auf das Zustandekommen des Gesetzes nicht günstig seien, ist nach amtlichen Informationen festzustellen, daß das nicht der Fall ist, daß vielmehr nach dem Er gebnisse der ersten Beratung im Einvernehmen mit der Regierung eine den Interessen der Beteiligten sowohl wie den Absichten der Regierung Rechnung tragende Grund- ! läge gewonnen worden ist und danach auf ein Zustande- ! kommen des schwierigen gesetzgeberischen Werkes, voraus gesetzt, daß auch die Beratungen in der Zwischendeputa- tion der Ersten Kammer günstig verlaufen werden, wohl gehofft werden kann. — Eine schreckliche Familientragödie hat sich (wie wir unter telephonischen Nachrichten im größeren Teile unserer letzten Nummer mitteilten) in der Zeit zwischen Freitag und Montag in dem Hause Gutzkowstraße 3l ab gespielt. Dort wohnte der Königliche Oberförster a. D. Edmund Wilsdorf mit seiner Frau, drei Söhnen und drei Töchtern. Wilsdorf hat infolge einer Duellaffäre, die er in Jöhstadt i. E. mit seinem Vorgesetzten hatte, als ver hältnismäßig junger Mann den Dienst quittieren müssen und seine Pension langte nicht zur Erhaltung der starken Familie. Die Geldsorgen häuften sich immer mehr, Schulden aus Schulden kamen und unter dem äußeren Druck der Verhältnisse scheint auch das Familienleben ge litten zu haben. Der eigentliche Anlaß zur Tat soll jedoch in einer gegen den früheren Oberförster gerichteten Anklage wegen Unterschlagung liegen, die aus seinem früheren dienstlichen Verhältnis herstammt. Bereits in der vorigen Woche war Wilsdorf vor den Staatsanwalt ge laden, und wie mitgeteilt wird, stand seine Verhaftung bevor. Er wollte sich und seiner Familie die Schande einer eventuellen Verurteilung ersparen, und kam so auf den Gedanken, durch einen Gewaltakt der ganzen Misere ein Ende zu machen. Seit Freitag haben die Hausbe wohner von der Familie nichts mehr gehört, aber niemand kümmerte sich darum, da man offenbar nichts besonderes darin fand und jedenfalls eine solche furchtba^ Katastrophe nicht ahnen konnte. Erst als am Montag früh der Hausmann das Milchkännchen vom Sonntag noch immer unberührt vor der Korridortür stehen sah, schöpfte er Ver dacht und benachrichtigte einen Beamten des Hausbesitzers. Als man daraufhin durch die herabgelassenen Jalousien in das Arbeitszimmer des Oberförsters blickte, sah man ihn leblos auf seiner Chaiselongue sitzen mit dem Revolver auf den Knien. Die herbeigerusenen Polizeibeamten öffneten nunmehr die Wohnung, in der sich ein schreck-