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MKkch-MiiW Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend. Amtsblatt für die Königliche YmtsSauptmannschast, das Königliche Umisgerich! md den Ktadtrai M Mppoldiswald« Dienstag, den 26. Juni 1906. Nr. 72. Verantwortlicher Redakteur: Paul IrlM - Druck und Verlag von Carl Jehne in Dippoldiswalde «tt aStlottia- AnterhaltnngrSlait-. Mit land- und han-wirtschaftlicher Monat,-Beilage. Für die Aufnahme eine, Inserat, an bestimmter Stelle und bestimmten Tagen wird keine Garantie übernommen. 72. Jahrgang. Die Mtiberitz-Zeittmgi scheint wöchentlich drei» E: Dienstag, Donners- und Sonnabend und Md an den vorhergehen- ZenAbenden ausgegeoen. ^reis vierteljährlich 1M. Ä Pfg-, zweimonatlich '4 Pfg., einmonatlich 42 Ufa. Einzelne Nummem l H Pfg. - Alle Postan- Kalten, Postboten, sowie -msere Austräger nehmen Bestellungen an. Jnlerate, welch« bet t»« bedeitenden Auslage d«S Blattes 'ine sehr wM» same Verdrehung findet^ werden mit 12 P'g., solch- aus unserer Amtshaiwr- Mannschaft mit 10 Pfg die ^paltzeile oder der«», Raum be-rchnet. — To- bellarische und kompL- riette Inserate mit «M> mrechendem Aufschlag—' Eingesandt, im redartts» nellen Teile, die Spatt«M zeile 20 Psg> In dem Konkurse über das Vermögen des Brauereipächters Ernst Emil Weinrich in Possendorf ist an Stelle des Gemeindekassierers Ernst Robert Richter in Possendorf Herr Rechtsanwalt Lütz in Dippoldi,walde zum Konkursverwalter er nannt worden. Dippoldiswalde, den 22. Juni 1906 K. 9/06. Königliches Amtsgericht. Mittwoch, den 27. Juni d. I., mittags 12 Ahr, sollen in Grotzölfa 8 gi-öken« powbwn knmttwi», als: schles. Kieser, Linde, Rotbuche und amerikanischer Nußbaum öffentlich gegen Barzahlung versteigert werden. Sammelort der Bieter: Lindners Restaurant. Dippoldiswalde, am 25. Juni 1906. H 321/06. Der Gerichtsvollzieher des König!. Amtsgerichts. —„-HI n-—in > -l-,—-i >> > a» Deutschland, Oesterreich und Rußland. Die Greueltaten, welche fortwährend in Rußland ver übt werden, haben den Argwohn erweckt, daß der wilde russische Fanatismus, genährt durch andauernde Notstände in den unteren Volkskreisen, sich demnächst auch einmal gegen alle in Rußland lebenden Fremden und deren Be sitztümer wenden könne, und ein solches anarchistisches Massenattentat gegen die Fremden in Rußland muß zu einem Konflikte zwischen Rußland und Deutschland auf der einen und Österreich-Ungarn und Rußland auf der anderen Seite führen, denn kein Staat kann ruhig zu sehen, wenn seine in Nachbarländern lebenden friedlichen Angehörigen beraubt und ermordet werden, und sind in dieser HinsichtzDeutschland und Österreich-Ungarn Rußland gegenüber bei mehreren Anlässen schon viel zu nachsichtig gewesen, und es wird hohe Zeit, daß dem minderwertigen russischen Staatswesen und seiner erbärmlichen Verwaltung gegenüber von Berlin und Wien aus ein anderer Ton angeschlagen wird. Die Zeiten der russischen Anmaßungen und des Hochmuts sind vorbei, Rußland ist politisch und militärisch zerrüttet und lebt finanziell und wirtschaftlich von der Gnade des Auslandes und steht andauernd vor dem Bankrotte, da die Furcht, daß in Rußland infolge der Schwäche und reaktionären Gelüste der Regierung eine neue und wirkliche große, allgemeine Revolution aus brechen werde, im Wachsen begriffen ist, und dann können Deutschland und Österreich an den Grenzen dem revolu tionären Brande in Rußland gegenüber noch Feuerlösch dienste tun. Jetzt kommt auch noch die Nachricht aus Rußland, daß das Ministerium Goremykin zurücktreten werde. Die russische Regierung ist also wieder schwankend And steuerlos. Andere Quellen wollen zwar wissen, daß Ler Ministerpräsident Goremykin noch das Vertrauen des Zaren besitze und baß die russische Regierung die Ein mischung der Duma in die eigentlichen Regierungsgeschäft; energisch zurückweisen werde. Was soll aber eine solche Nachricht für Vertrauen erwecken, wenn die Regierung und der Zar selbst Schwäche und Wankelmut bekunden und sich zu klaren, festen Reformen nicht emporsch wingen können. Bestände ein festes Reformprogramm der russi schen Regierung, und würde sie es vor der Duma ziel bewußt vertreten, so würden in der Duma auch nicht fort während Anklagen und Übergriffe in Bezug auf die Re gierung stattsinden. Bei den Zuständen in den alters schwachen, verrotteten russischen Staate wird man an die Morte erinnert: Auf dem Dache sitzt ein Greis, der sich nicht zu Helsen weiß. Auch bewiesen die grauenvollen Vorgänge m Bjelostok deutlich die vollständige Ohnmacht Ler Regierung. Auch am Zarenhofe, wo, wie sich leicht Lenken läßt, die Situation große Bestürzung heroorruft, herrscht gegenüber den Ereignissen große Verwirrung, und Kaiser Nikolaus zeigt sich trotz der gefahrvollen Lage des Landes noch immer unentschlossen hinsichtlich der Mittel, welche zur Wiederherstellung geordneter Zustände in An wendung gebracht werden müßten. In diplomatischen Kreisen wird erklärt, daß bei längerer Andauer dieser Verhältnisse das Prestige Rußland bedeutend leiden müsse, da die ausländischen Regierungen sich veranlaßt sehen würden, zu den Vorgängen im russischen Reiche Stellung zu nehmen. Wie man mitteilt, werden auch in den Wiener diplomatischen Kreisen die Vorgänge in Rußland lebhaft besprochen, und es wird allgemein der Befürchtung Ausdruck gegeben, daß noch schlimmere Ereignisse in nicht ferner Zeit eintreten würden. Die in Rußland lebenden Ausländer, welche bisher noch immer auf eine günstige Wendung in den Verhältnissen gehofft hatten, treffen mehr fach Vorbereitungen zur Flucht, da sie sich in keiner Be ziehung sicher fühlen. Vielleicht könnte eine Zusammen- kunst, welche die Kaiser von Deutschland und Oesterreich mit dem Zaren Nikolaus hätten, viel Unheil für Rußland und die Fremden in Rußland verhindern. Sächsisches. Dippoldiswalde, 21. Juni. Unter dem Vorsitze des Herrn Amtshauptmann vr. Mehnert fand heute die 5. diesjährige Bezirksausschußsitzung statt. In derselben wurden genehmigt, das Grundgesetz der Gemeinde Nassau, die Nachträge, sowie der Anhang zu den Satzungen des Gemeindeverbandes für das Gaswerk in Bannewitz, die Konzessionsgesuche Richters in Höckendorf zur Aus übung des Realrechts zum Bier- und Vranntweinschank im Barthmühlengrundstück, Bornemanns in Geising zum Gastwirtschaftsbetriebe im Bahnhotel daselbst, Jungnickels zum Wein- usw. Schank im Grundstücke Kat.-Nr. 38 in Falkenhain, Walthers in Glashütte zum Schankwirtschafts betriebe in der Garküche daselbst, Altweins in Frauenstein zum Bier- und Vranntweinschank im Parkschlößchen- Restaurant daselbst, Stephans in Kreischa zum Kasfeeschank im Grundstücke Kat.-Nr. 30 8 daselbst. Soweit sich dar letztere Gesuch aus den Ausschank alkoholfreier Getränke bezog, wurde es abgelehnt. Ferner wurden genehmigt die von den Gemeinden Bärenburg und Kipsdorf mit dem Forstfiskus abgeschlossenen Verträge über Erbauung einer Wasserleitung. Mit dem Erlaß von Vorschriften über die Impfung ausländischer Arbeiter erklärte sich der Bezirksausschuß einverstanden, ebenso soll das Biersteuer- regulatio für Großölsa der Oberbehörde befürwortend ein berichtet werden. Mangels Bedürfnisses wurden abgelehnt die Gesuche Preuskers in Kreischa um Konzession zum Bier- und Vranntweinschank in Kat.-Nr. 76 daselbst, Züchners in Lungkwitz um Genehmigung zum Verkauf von Schnaps und Likör in geschlossenen Flaschen, Schwenkes in Breitenau um Genehmigung zum Schank betriebe in Kat.-Nr. 17 daselbst, Holferts und Roschers in Kipsdorf um Genehmigung zum Verkauf von Ansichts postkarten und Reiseandenken an Sonn- und Festtagen, ebenso das Gesuch Menschs in Wilmsdorf um Verwendung seines 15jährigen Sohnes zum Bierausgeben auf dem Saale. Sodann sprach sich der Bezirksausschuß für Ab änderung der Verordnung, die Stiftung eines tragbaren Ehrenzeichens für Arbeiter und Dienstboten betreffend, sowie für die Einführung der Wanderkochkurje aus. Die für das Jahr 1906 bewilligten Wegebaubeihilfen wurden nach Maßgabe der Vorschläge der Königlichen Amtshaupt mannschaft verteilt. Hinsichtlich der Errichtung eines Gas werkes in Glashütte sollen zunächst Erörterungen ange stellt werden. Nachdem sich weiter der Bezirksausschuß gegen die Bestätigung der Gemeindeoorstandswahl in Dittersdorf ausgesprochen hatte, nahm derselbe Kenntnis von einer Verordnung des Königlichen Ministerium des Innern über die Einsührung eines einheitlich eingerichteten öffentlichen Wetternachrichtendienstes für das Reich und beschloß endlich die Bezirkskassen- und Stiftungsrechnungen auf 1905 dem Bezirkstage zur Genehmigung vorzulegen. Schluß der Sitzung nachmittags 2/42 Uhr. — Wir wollen nicht verfehlen auch hier noch daraus hinzuweisen, daß die Entnahme von Tafelkarten zum Fest essen am 29. d. M. bis zum 26. Juni zu ersolgen hat. Wie wir erfahren, ist die Teilnehmerzahl bis jetzt eine sehr geringe und ist vor allem auch eine Beteiligung der Damen sehr erwünscht. (Alles Nähere siehe Inserat in heutiger Nr. und Nr. 68.) — Begünstigt durch schönes Wetter konnte der Turn verein „Jahn" am Sonntag sein erstes Anturnen ab hallen, wozu sich die Bruderoereine von Schmiedeberg, Öbercarsdorf und Reinholdshain eingefunden hatten. Der turnerischen Arbeit schloß sich ein flotter Ball Ln, in dessen Verlaufe die Damen den bestehenden Fahnenfond aus die Höhe von 63.60 M. brachten. — Am Sonntage, den 24. Juni, abends in der 8. Stunde passierten Zigeuner, in Stärke von drei Wagen, unsere Stadt. Dieselben kamen von Reichstädt her und fuhren nach Ulberndorf zu. — Am Sonnabend, den 23. Juni, sind zwei Dienst knechte, welche bei dem Vorwerksbesitzer Flemming im Dienste waren, wegen einem Verbrechen (Notzucht), be gangen an einer galizischen Arbeiterin, verhaftet und dem Kgl. Amtsgericht zugeführt worden. — Wie im Vorjahre so werden auch in diesem Sommer im Bereiche der Sächsischen Staatseisenbahnen sogenannte Ferien-Monatskarten und -Nebenkarten für die 1.—3. Klasse ausgegeben. Es sind dies gewöhnliche Monatskarten und Monatsnebenkarten, die aber statt für die Dauer eines Kalendermonats auf die Zeit vom 20. Juli — Beginn der großen Sommerschulferien — bis zum 19. August d. I. Mitternacht gelten. Kipsdorf. Die am 22. erschienene Nr. 2 der Fremden- und Kurliste für die Sommerfrischen und Luftkurorte Kipsdorf, Bärenfels und Bärenburg weist an angekommenen Kurgästen auf die Zeit vom 7. Juni bis 20. Juni nach 217 Parteien mit 380 Personen, außerdem 226 Passanten. Die Gesamtfrequenz betrug bis zum 20. Juni 602 Parteien mit 1084 Personen, sowie 647 Passanten. Kreischa. Auf der Fahrt nach Dippoldiswalde Mitte Juli wird Se. Maj. der König auch unserem Orte einen Besuch abstatten. Lauenstein. Bei seinem Besuche Mitte Juli wird König Friedrich August auch die hiesige berühmte Kirche mit ihrem kunstvollen Bünauschen Grabdenkmal, sowie das Schloß besuchen. Colmnitz, 23. Juni. In vergangener Nacht brannte das Gutsbesitzer Müller gehörige Gehöft im Niederdorfe völlig nieder. Brandstiftung wird angenommen. Rabenau, 23. Juni. Der Ausstand der sächsischen Stahlindustrie ist beendet. 1700 Ausständige haben be dingungslos die Arbeit wieder ausgenommen. Der Aus stand kostete dem Deutschen Holzarbeiteroerband etwa 250000 M. Dresden, 21. Juni. Ein für Steuerzahler interessanter Steuerhinterziehungsprozeß gelangte heute vor dem Straf senat des Königlichen Oberlandesgerichts zu Dresden zum Abschluß. Der Erbgerichtsbesitzer B. in einem Orte bei Dippoldiswalde hatte in den Jahren 1903, 1904 und 1905 sein Einkommen an Kapitalzinsen auf 1750 M., 1800 M. und 1850 M. deklariert, gegen eine Einschätzung auf 5000 M. jährliche Kapitalzinsen jedoch Widerspruch erhoben. In seiner Reklamation berichtigte er seine früheren Angaben bezüglich der Höhe der Kapitalzinsen in der Weise, daß er zugab, über jährlich rund 3500 M. Zinsen zu verfügen. Die Vezilkssteuereinnahme zu Dip poldiswalde stellte aber ein jährliches Zinseneinkommen von 5000 M, fest und leitete auf Grund dieses Ergeb nisses gegen den genannten Steuerzahler das Strafver fahren ein, das mit dessen Verurteilung zu einer Geld- straf von 2597 M, dem siebenfachen Betrage des hinter zogenen Steuerbetrages, endete. Gegen diese Verurteilung legte B. beim Landgericht Freiberg Berufung ein und machte geltend, daß er wesentlich niedriger bestraft werden müsse, weil er in seiner Reklamation über 3500 M. steuer pflichtiges Einkommen seine früheren Angaben teilweise be richtigt habe. Wissentlich habe er keine falschen Angaben gemacht. Die Berufung wurde kostenpslichtig verworfen und der Einwand, daß das Landesrecht verletzt worden sei, nicht für stichhaltig angesehen. Die gegen das Urteil des Freiberger Landgerichts eingelegte Revision wurde vom Königlichen Oberlandesgericht ebenfalls verworfen und dem Steuerzahler sämtliche Kosten, auch die der Nebenklägerin, der Königlichen Bezirkssteuereinnahme zu Dippoldiswalde, erwachsenen Auslagen auferlegt. Der höchste sächsische Gerichtshof führte aus, daß es sich ledig lich um die Frage handle: „Liegt eine Berichtigung vor?" Diese Frage müsse verneint werden. Die ursprünglich falschen Angaben seien nicht richtiggestellt. Der Steuer zahler habe nur in einigen Punkten eine Konzession gegen die Steuerbehörde gemacht. Das bedeute eine „teil weise" Berichtigung. Eine solche kenne aber das Ge richt nicht.