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2. Beilage M WHeritz-Mtimg. Nr. 14. Sonnabend, den 3. Februar 1906. 72. Jahrgang Die Krisis in der Stenerfrage. Die Aussichten der vom Reichsschatzsekretär Freiherrn Stengel dem Reichstage unterbreiteten Steuervorlagen ind einstweilen durchaus keine glänzenden, das ist zweifel- os. Gleich die zwei wichtigsten der Vorlagen, die Brau- teuer- und die Tabaksteuer-Vorlage, hat die Steuerkom- üssion bei der ersten Beratung der Entwürfe derartigen bänderungen unterzogen, daß wenig genug von der legierungsfassung übrig geblieben ist. Was speziell die lrausteuer-Vorlage anbelangt, Ho soll nach den vorläufigen lommissionsbeschlüssen von dem bisherigen Steuersatz von M. für den Doppelzentner Malz in 7 Staffeln mit je 0 Pf. bis zu 8 M. hinaufgegangen werden — die Ne- ierung wollte bis zu 12,50 M. —, so daß die kleinen Zetriebe wenig, die großen dagegen bis zu 70 Prozent Zuschlag zu ihren seitherigen Abgaben zu entrichten hätten, in finanzieller Beziehung bedeuten diese Abänderungen, atz sich aus der Brausteuer künftig eine jährliche Mehr innahme von rund 20 Millionen Mark ergeben würde, »ährend nach der Regierungsvorlage eine solche von 67 Millionen Mark zu erwarten stand; wie diese Differenz on beinahe 50 Millionen einigermaßen ausgeglichen »erden soll, das ist einstweilen noch ein großes Rätsel, luch die Tabaksteuer-Vorlage ist in der Kommission arg ^beschnitten worden; an Stelle der Regierungsvorlage ge nehmigte die Kommission in ihrer Dienstagesitzung Ab änderungsanträge des Zentrums und der Nationalliberalen, die eine erheblich geringere Mehreinnahme auch aus der Tabaksteuer zur Folge haben würden, als die Regierungs vorlage. Hinsichtlich der Stempels Quittungs- und Fahr- 'artensteuer hat schon deren erstmalige Erörterung im Reichstage gezeigt, daß diese Steuerprojekte höchstens in ehr veränderter Gestalt auf die Zustimmung der Volks- »ertretung zu rechnen haben werden; voraussichtlich dürfte chon in der Kommission das eine oder das andere der- elben unter den Tisch fallen. Wie sich nun die ver- »ündeten Regierungen zu Diesen einschneidenden Abände- ungen ihrer Steuervorlagen stellen werden, das muß noch mhingestellt bleiben. Allerdings hat Schatzsekretär von ! Stengel bei der Generaldebatte über die Reichsfinanzreform < erklärt, der Reichstag dürfte an den neuen Steueroorlagen nichts ändern und auch keine von ihnen streichen, denn sie bilden ein zusammenhängendes Ganze, ein Gebäude, aus dem kein einzelner Stein herausgebrochen werden dürfe, wenn man nicht das gesamte Bauwerk gefährden wolle. Aber Herr v. Stengel hat diese seine Erklärung alsbald bedeutend abgeschwächt, und in den bisherigen Verhandlungen der Steuerkommission fand er überhaupt nur'noch elegische Töne, es scheint also, daß man in Re gierungskreisen einen Konflikt mit dem Reichstage in der Steuerfrage nicht ohne zwingende Not heraufbeschwören wolle, was ja auch durchaus verständig wäre. Aber woher sollen denn die 250 Millionen Mark jährlich mehr kommen, die nach den wiederholten Versicherungen Herrn v. Stengels zur praktischen Durchführung der Reichsfinanz reform erforderlich sind, wenn der Reichstag die Steuer vorlagen der Regierung teils ganz verwirft, teils derartig zustutzt, daß sie erheblich geringere Mehrerträgnisse liefern würden, als in der Regierungsfassung? Das eben ist des Pudels Kern in der ganzen Steuerfrage, und da man sich auch in Reichstagskreisen darüber einig ist, daß eine Er schließung kräftiger neuer Einnahmequellen für das Reich nicht zu umgehen ist, will man dasselbe finanziell wirklich auf eigene Füße stellen, so muß einfach eine Verständigung zwischen Neichsregierung und Reichstag hierüber platz greifen. Vor allem liegt es an der Regierung, durch ihre Vertreter in der Kommission endlich klar zu erkennen zu geben, wie weit sie der Volksvertretung in der brennenden Angelegenheit der neuen Steuervorlagen entgegenkommen will, dann wird gewiß auch der Reichstag mit sich reden lassen und es stünde nachher ein ersprießlicher Ausgang der steuerpolitischen Aktion zu erwarten. Sächsisches. Borna b. Leipzig. Die beiden auf dem Kohlenwerke „Glückauf" in Vlumenroda bei Borna verschütteten Bergleute sind als Leichen ans Tageslicht gefördert worden. Leipzig. Nach Verlauf von 8 Tagen sind die letzten der im Modenhause Pölich erkrankten Angestellten aus dem Hospital entlassen worden. Schwarzenberg. Tötlich verunglückt ist der Totenbett- l meister aus Oberrittersgrün auf dem Heimwege von Unter» ! rittersgrün. Er war auf den Bahnkörper geraten, wo er von der 3 Meter hohen Futtermauer in die Pöhle stürzte. Die Leiche wurde vom Bahnwärter gefunden. — Dem Alkohol zum Opfer gefallen ist der 46jährige Handarbeiter Kern aus Schlettau. Nachdem er sich total betrunken hatte, legte er sich auf freiem Felde nieder um seinen Rausch auszuschlafen. Er wurde bald darauf erfroren aufgefunden. Reichenbach i. V., 30. Januar. Heute vormittag wurde auf dem Wege von Lengenfeld nach Reichenbach, ungefähr auf der Schönbrunner Höhe eine Handelsfrau aus Rodewisch von einem Wegelagerer überfallen und ihrer Barschaft von 259 Mark, die sie zum Einkauf von Kleiderstoffen bei sich geführt, beraubt. Als Täter kommt ein etwa 35 Jahre alter Mensch von kräftiger Statur, über mittelgroß in Betracht. Er hat braunen Schnurrbart und war u. a. bekleidet mit dunklem Überzieher und schwarzem, steifen Filzhut. Der räuberische Geselle ist nach vollbrachter Tat seitwärts in den Büschen verschwunden. Plauen i. V. Aus der „Kommission für den Wett bewerb zur Ausschmückung der Häuser und Vorgärten", der im vorigen Jahre hier gegründet worden ist, hat sich ein „Verkehrsverein" gebildet, dessen Ehrenvorsitz Oberbürgermeister vr. Schmid übernommen hat. Johanngeorgenstadt. Bei der hiesigen Bürgerschule besteht seit einigen Jahren eine Schulsparkasse, die sich recht gut eingeführt hat und gut benutzt wird. Ende l 905 betrugen die Einlagen von 760 Kindern 23 021 M. Die Gelder sind in der hiesigen städtischen Sparkasse angelegt. Letzte Ostern wurden an 102 Konfirmanden 4935 M. zurückgezahlt. Oberfrohna. Recht fühlbar macht sich hier schon seit langer Zeit der Mangel an geeigneten Arbeiter Woh nungen geltend. Um diesem Übelstande zu begegnen, wurde eine Baugenossenschaft gegründet. Hörnitz. Das Projekt zur Weiterführung der Zittauer elektrischen Straßenbahn von der Endstation an der „Freudenhöhe" nach den Ortschaften Hörnitz und Pethau wird jetzt von den Gemeindeämtern Pethau, Alt- und Neuhörnitz, sowie Bertsdorf energisch weiterverfolgt.