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Dresdner Journal : 26.03.1874
- Erscheinungsdatum
- 1874-03-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187403264
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18740326
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18740326
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1874
-
Monat
1874-03
- Tag 1874-03-26
-
Monat
1874-03
-
Jahr
1874
- Titel
- Dresdner Journal : 26.03.1874
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^70. Donnerstag, den 26. März. 1874 Dres-nerIMmal Verantwortlicher Redakteur: I. G. Hawnann. In. : 1 tritt jtkrlwb fS 4KIr kt«mp»Isk<-l»ukr, ladrliod:. . . - 6 Itilr s ^Mrlicb: I INIr. 1b K^r. l I'o»t unU K>n7.«Illvkiuu>iu<.rv: 1 Kzr. > 8t«mp«l»u»Ltii»ik Uioru, Iu8«-r«teoprel»»r Kür «iso K»um »iosr ^«»»Itvnsv ?stitrsile 2 bt^r. Oulor „Liu^vsLaUt" Ui« b Kzr rr»ekein?»r I^Uod mit /tviimdm» a«r Soov- uv6 koiort»^,, LdövU» kklr Uso koi^vvavv rmn^ mn» > « lu>»«r»te»»i»a»l>m<> »»»PfLrti,, I-ÄpilU! L> LrnncLitrtt«', Onwmi^iooSr cis, I)rv«1nvr 1onrn»I»; «bvntiitti : ?Ärt u L ^rr^rr, L»wknr^.S«rU»- Vt»Q-I^ip,iU-L»«»I-Lr«,I»L-?r»LlrtLrt» //aa>rn«tr»n l? LerUo Vi»o - S»mdiu^ - kurt »M.-dlüocd«»k Kuck. X/<>E, Lsrlio ^1/ktkrnie^r, . // vrsinoa^ ?. 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Wilsdruff.) Gerichtsverhandlungen. (Chemnitz.) Statistik und Volkvwirthschaft. EingesandteS. Feuilleton. Inserate. TageSkalender. Beilage. Deutscher Reichstag (Sitzung vom 24. März). Feuilleton. Listen auSaelooster StaatSpapiere. Telegraphische Witterungsberichte. Börsennachrichten. Inserate. Teloyr.lMlchf Nachrichten. Braunschweig, DirnStag, 24. März, Abends. (W. T. B.) In der LandrSversammlung wurde heute ein Schreiben deSStaatSministeriumS verlesen, worin dasselbe erklärt, daß die Wahlgesetzvorlage und der Gesetzentwurf über die Zusammensetzung des Land tags zurückgezogen werden, da die LandeSversamm lung die Grundprincipien derselben abgelehnt habe. Die Regierung behalte sich indessen vor, später darauf zurückzukommen. Wien, DienStag, 24. März, AbendS. (Corr. Bur.) DaS Abgeordnetenhaus verhandelte beute in 6 stündiger Sitzung über die Bewilliauna der die Innsbrucker Universität betreffenden Position deS Budgets. Der Budgetausschuß beantragt eine Resolutton, welche die Auflassung der theologischen Facultät in Innsbruck mit Ende Juli verlangt. Abg. Or. Eduard Sueß empfiehlt den Ausschußantrag mit Rücksicht auf die Ge ringfügigkeit der jährlichen Promottonen an dieser Fa- cultät. Abg. Or. Beer anerkennt die Verwerflichkeit des Je suitenordens und die unbedingte Nothwendigkeit für je den Staat, ihn aus seinen Grenzen zu bannen, glaubt aber, daß die völlige Aufhebung der Innsbrucker theo logischen Facultät für alle Zukunft nicht gerechtfertigt sei, und beantragt die Kosteneinstellung ins Extraordi- narium und eine Resolutton, wonach die Regierung aufgefordert wird, bis zum nächsten Schuljahr eme den Staatsgrundgesetzen entsprechende Umgestaltung der theo logischen Facultät in Innsbruck vorzunehmen. Für den Ausschußantraa sprachen Giskra, v. Plemr und Herbst. Letzterer weist in einer ausführlichen, mit sehr großem Beifalle aufgenommenen Rede die StaatD- gefährlichkeit des Jesuitenordens nach, findet die Einste! lung der Gehalte der 8 Jesuitrnprofessoren in Innsbruck ins Budget in keinem Gesetze begründet und bezeichnet die eventuelle Zustimmung des Hauses zu den Regie rungspositionen für nicht geeignet, die Autorität und Stärke der Regierung zu erhöhen. Nachdem Schluß der Debatte angenommen, sprach als Generalredner gegen die vom Ausschüsse beantragte Resolution Abg. Apfaltern, für dieselbe Or. Kopp. Abg. vr. Kopp beantragt, für die Innsbrucker Universität 1Ü8,llX- Fl. ins Ordinarium und 4900 Fl. ins Extra- ordinarium einzustelleu. Minister v. Stremayr sagt: Es handle sich nicht um eine Principienfrage, sondern lediglich um die Frage, ob die katholisch-theologische Facultät in Innsbruck noch ferner aufrecht erhalten werden solle, oder nicht. Die Regierung fühle sich verpflichtet, die Frage zu bejahen. Di« Erhaltung der Facultät in ihrer Vollständigkeit sei versprochen worden, und als die Frage betreffs Auf hebung der Jesuitenfacultät angeregt worden sei, habe der Landesausschuß von Tirol entschieden dagegen Ein sprache erhoben. Zum Schluffe weist Redner den Vor wurf der Gesetzesverletzung zurück und appellirt an das Vertrauen des Hauses. Minister Unger erklärt, daß wenn die Regierung für die Aufrechthaltung der Innsbrucker theologischen Facultät sei, dies nicht geschehe, um den Jesuiten einen Dienst zu erweisen. Die Regierung sei vielmehr inimer nach dem Gesetze vorgegangen und habe es bei der Innsbrucker Facultät durchgesetzt, daß aucb andere Geist liche als Jesuiten zu Professoren ernannt werden können. 'Nachdem Generalderichterstatter Brest! nochmals den Antrag des Budaetausschusses befürwortet, werden die Anträge Beer's, Kopp's und der Antrag des Ausschusses bei namentlicher Abstimmung verworfen und der Antrag der Regierung auf Einstellung von 176,000 Fl. (der Ausschuß hatte 173,(XX) beantragt) für die Innsbrucker Universität angenommen. Die Resolution Beer's wurde verworfen. Wien, Mittwoch, 25. März. (Corr.-Bur.) Die amtliche „Wiener Ztg." veröffentlicht ein kai serliches Handschreiben vom 10. d. M. an Graf Andrassy, Fürst AuerSperg und v. Szlavy, durch welches die Delegationen auf den 2V. April nach Pest einberufen werden. Pest, DienStag, 24. März, Abends. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung deü Unterhauses ent wickelte der Finanzminister Ghyczy sein Finanz- Programm und erklärte die Reduktion der Aus gaben für die nächste Aufgabe zur Besserung der Zustände; vor weiteren Reformen werde er auf Herstellung des Gleichgewichts im Budget hin- wirken. Zn den Beziehungen zur jenseitigen ReichSbälfte erstrebe er das möglichste, durch die gemeinsame staatsrechtliche Basis gebotene Ein verständniß. Zm weiteren Verlaufe der Sitzung wurde der bisherige Licepräfident Bela Perczel zum Präsi denten des Unterhauses gewählt. In der Donners- tagsfitzung beider Häuser deS Reichstags werden dir Delegationswahlen vorgenommen werden. Der neue Botschafter bei der Pforte, Graf Kranz Zichn, wird am 15. April nach .Konstanti nopel abreisen. Versailles, DienStag, 24. März, Abends. (W. T. B.) Die Nationalversammlung, welche in ihrer heutigen Sitzung beschloß, sich vom 28. d. MtS. bis zum 12. Mai zu vertagen, wird morgen den Gesetzentwurf über die Verlängerung der AmtSdauer der Municipalräthe, wobei eine sehr lebhafte Debatte zu erwarten steht, und übermorgen die Vorlage, betreffend die neuen Befestigungen von Paris, diScutiren. Madrid, Montag, 23. März. (W. T. ".) Vom Marschall Serrano find Nachrichten ein getroffen, wonach derselbe den Eintritt günstigerer Witterung abwartet, um in Gemeinschaft mit der Flotte die Operationen gegen die Carlisten zu be ginnen. AuS Durango wird dem Reuter'schen Bureau . in London gemeldet, daß die Carlisten am 20. März dir Beschießung Bilbao'S mit Brandbomben begonnen haben; mehrere Straßen stehen in Klam men. Die Carlisten haben die Vorstadt Albia nach lebhaftem Kampfe besetzt. London, DienStag, 24. März, AbendS. (W. T. B.) DaS Budget des LandheereS weist gegen daS Vorjahr eine Vermehrung von 60,200 und daS Budget der Marine gegen das letztjährige einen Mehrbetrag von 279,760 Pfd. Sterl, auf. Cftgtügtschichtc. 0. Berlin, 24. März. Ihre Majestäten der König und die Königin von Sachsen haben Sich heute Vormittag bei den kaiserlichen Majestäten und den höchsten Herrschaften verabschiedet und sind um 12 Uhr nach Dresden zurückgereist. Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin, Ihre kaiserl. und königl. Hoheiten der Kron prinz und die Kronprinzessin, sowie Ihre königl. Hoheiten die Prinzen Karl, Friedrich Karl, Albrecht, Alexander und Georg gaben den scheidenden Gästen bis zum an- halttschen Bahnhöfe das Geleit und verabschiedeten Sich daselbst von den sächsischen Majestäten nochmals in der herzlichsten Weise. — Gestern fand im weißen Saale des königl. Schlosses für Ihre Majestäten den König und die Königin von Sachsen, sowie für die anwesenden hohen Gäste ein Galadiner statt. Nach dem „D. R.- A." brachte hierbei Se. Majestät der Kaiser einen Trink spruch aus, in dem AUerhöchstderselbe, zu Ihrer Majestät der Königin von Sachsen gewendet, daran anknüpste, daß Se. Majestät zum ersten Male so glücklich sei, Ihre Majestät die Königin von Sachsen hier zu sehen. Se. Majestät sprachen dafür Ihren Dank aus, indem Sie auf das Wohl Ihrer Majestäten des Königs und der Königin von Sachsen und zugleich auch aus das der übrigen anwesenden hohen Gäste tranken. Se. Majestät Ler König von Sachsen erwiderte diesen Toast durch den Ausdruck Seines Dankes, indem AUerhöchstderselbe auf das Wohl Sr. Majestät des Deutschen Kaisers trank. — Im Reichstage wurden heute durch den Präsidenten des Reichskanzleramts zunächst zwei Interpellationen dahin beantwortet, daß dem Hause in seiner Herbstsession ein Gesetzentwurf über die Pensionsverhältnisse der Hinter bliebenen von Reichsbeamten werde vorgeleot werden und daß bezüglich der österreichischen Vereinsthaler dem Hause hoffentlich morgen schon eine Vorlage zuachen werde, durch welche diese Angelegenheit auf dem Wege des Gesetzes geordnet werden solle. Hierauf wurden die noch ausstehenden tztz 35) und 17 des Prcßgcsetzent- wurfs nach den Anträgen der Commission bez. nach der Vorlage der Negierungen angenommen und sodann in die erste Lesung des von den Abgg. Or. Hinschius und vr. Völk eingebrachten Gesetzentwurfs, Civilehe und Eivil- standsregister betreffend, eingetreten. Für den Entwurf sprachen außer den Antragstellern die Abgg. Or. v. Schulte und Baumgarten, dagegen Or. Westermayer und Frhr. v. Maltzahn-Gültz (vgl. den Sitzungsbericht in der Beilage). — Der „St.-A." bringt an der Spitze seines heutigen Blattes folgende, an den Reichskanzler ergangene kaiser liche Danksagung: .Bei der diesjährigen Wiederkehr Meines Geburtstages sind Mir, wie in früheren Jahren, von Städten und Landge meinden, Vereinen und Corporationen, Festgcnossenschaften und einzelnen Personen innerhalb wie autzerhalb des deutschen Reichs wiederum zahlreiche Glückwünsche in den mannichfachstcn Formen und zum Theil in fremden Sprachen übermittelt worden. Je freudiger Mich dieses Zuströmen liebenswürdiger, vom Herzen zum Herzen dringender Beweise froher Theilnahme überrascht hat und je mehr Ich Mich in dem frohen Hinblick aus so viele Liebe und Verehrung gehoben fühle, desto lebhafter ist es Mein Wunsch, Allen, die Meiner in solch sympathischer Weife gedacht haben, Meinen warm empfundenen Dank zu erkennen zu geben. In diesem Wunsche veranlasst Ich Sie, dies zur öffentlichen Kenntnis zu bringen Berlin, den 24. März 1874. Wilhelm- — Wie die heute Abend erschienene „N. A. Z." meldet, ist in dem Befinden des Fürsten Bismarck feit gestern eine Veränderung nicht emgetreten. BreSlau, 24. März. (Tel.) Vor dem Stadtgerichte wurde heute gegen den Fürstbischof P. Förster wegen ungesetzlicher Anstellung des Kaplans Reschka in Pol- nisch-Rasselwitz als Vertreter des verhafteten Pfarrers verhandelt. Der Angeklagte wurde von der Anklage frei - gesprochen, da nachgewiesen wurde, daß der Fürst bischof den Kaplan nicht angestellt, das Vicariat vielmehr ausdrücklich erklärt habe, es sei nicht in der 2age, einen Vertreter für den Pfarrer zu bestellen, und der Kaplan Reschka sodann privatim die Vertretung des Pfarrers übernommen habe. Die „BreSl. Ztg." bemerkt hierzu, es sei hieraus ersichtlich, daß der Fürstbischof' vermeide, mit den Gesetzen in Conflict zu kommen. Köln, 23. März. (Fr. I.) In den rheinisch-west fälischen Diöcesen Köln, Paderborn und Münster ist das weitere Agitationsmittel in dem Eonflicte zwischen Staat und Kirche in Scene gesetzt worden, Mas send eputa- tionen nach den Bischofssitzen zu dirigiren, die iu ein zelnen Fällen 200 bis 800 Personen betragen. Die Kölner Deputation umfaßte mehrere Tausend und die Aachener über 2lX) Personen. Außerdem waren schon Vertreter des Adels, die Geistlichkeit von Aachen, Bonn und Crefeld und etwa 1o Laiendeputattonen in Köln, und etwa 26 erwartet man noch. Die Deputationen dürfen übrigens nicht mehr in dem erzbischöflichen Gar ten empfangen werden, weil das als Versammlung, unter freiem Himmel aufgesaßt worden ist. — Als der Erzbischof' gestern nach beendigter kirchlicher Feier des kaiserlichen Geburtstages, wobei er selbst das Hochamt celebrirte und das Tedeum anstimmtc, vor den Dom trat, erwartete ihn eine aus vielen Tausend Menschen zusammengesetzte Volksmenge, die ihn mit einem gewal ttgen Hoch empfing. Am 'Nachmittag gestaltete sich die Ovation noch demonstrativer. Als der Erzbischof in dem dichtgefüllten Dom gegen 5 Uhr seine Predigt ge endet hatte und zum Portal trat, war der ganze Platz bis au die Trankgaffe, bis Fettenbenne und viS zum Wallrafsplatz dicht mit Menschen besetzt, welche denselben mit stürmischen Hochrufen begrüßten. Der Erzbischof konnte wegen des Gedränges nicht an seinen Wagen gelangen; er ging zu Fuß, von einem Strom von Vien schen begleitet. Das Gedränge vor dem Portal seines Palastes gestaltete sich zum Erdrücken, man sang Kirchen lieder rc. rc. Dann folgten wieder außergewöhnlich viele Hochrufe, während mehrere Deputationen Audienz hatten. Erst nach einigen Stunden verlor sich die Volksmasse. München, 23. März. ('N. E.) Im Laufe der letzten Tage wurden 2 der sogen. Lese hall encon- ventikcl (es sind deren bereits 14 organisirt), welche neuestens von der socialistischcn Agitation in verschiede nen Wirthshäusern eingerichtet würden, aufgelöst, weil mit diesen Zusammenkünften Umgehung der Bestimmun gen des Gesetzes über Vereine und Versammlungen re alisirt werden sollten; auch eine anderweitige socialdemo kratische Versammlung, welche gestern Abend im Kreuzbrauhausc tagte, wurde wegen Zuwiderhandlung gegen die Bestimmungen desselben Gesetzes polizeilich aufgelöst. ' ' Wien, 24. März. Im Abgeordnetenhaus«: ist gestern die Specialdcbatte über das Budget über die Votirung eines einzigen Ausgabepostens, nämlich des Erfordernisses für tue Wiener Universität, nicht hinaus gekommen. Der Budgetausschuß brachte drei Resolu tionen in Antrag. Die erste fordert die Verminderung der Bisthümer in Dalmatien, und sic wurde trotz der Entspräche des Abg. Paulinovic angenommen. Die zweite Resolution drückt den Wunsch aus, daß jene Re- FtUitttlon, (Redigirt von Otto Oamk.) K. Hoftheater. — Neustadt. — Am 24. März: „Die Aussteuer", Schauspiel von Iffland, bearbeitet von Ferdinand Dessoir, hierauf „Die Hochzeits reise" von Benedix. Das Jffland'sche Drama hat im Original fünf Acte und wurde schon ftmher in anderer Bearbeitung gegeben. Herr Dessoir hat es zu drei Acten durchgestaltet, und es war hauptsächlich das Werkzeug der Zusammenziehung, Kürzung und Streichung verschiedener unverständlich ge wordener Einzelheiten, mit welchem hier die Bearbeitung vollzogen werden konnte. Eine theilweise innere Um wandlung würde völlig unmöglich gerade bei diesem Stück gewesen sein, das mehr als manch: andere die Jffland'sche Unzulänglichkeit für die Aufgabe der wahren Dramatik, des gesunden Geschmackes bloßstellt und durch das Recept gequälter Charaktrrzeichung, durch den handwerksmäßigen Schematismus im spießbürgerlichen Scherz, im Rühren und Moralisiren uns zu einem überwundenen Stand punkt in der Geschichte der Theaterliteratur zurücksührt. Nachdem wir uns mit der Unwahrscheinlichkeit des Ganzen, mit der erfahrungswidrigen Besserung eines herzlosen, araugewordenen Sünders wehmüthig abgesunden haben, bleibt manche Einzrlcopie aus dem damaligen Leben übrig, dir im Kleinen von drastischer Wirkung und für den Schauspieler scenisch dankbar ist. Wie ein gründ licher Kenner des alten Wiener Theaters (I>r. Lederer) versjchert, war der Amtmann Riemer eine Glanzrolle von La Roche; ich habe ihn darin nie gesehen, sehr aber in Hrn. Kram er's fleißiger, doch effectstarker Dar stellung, daß sich in der Partie viele Zeitnüancen und psychologisch« Momente vorfinden, die durch feine lebens ¬ wahre Ausführung dem Stücke besser zur Wirkung ver helfen, als die Rolle des Doctor Wallmann. Hr. Dessoir führte dieselbe mit seiner bekannten virtuosen Bravour in Sprache und Mimik aus und ver mied mehr als gewöhnlich theatralische Uebertreibungen. Hr. Jas sä spielte den Rath Wallmann recht natürlich, Frau Beyer dessen unbeglückte Gattin mit gewohnter Feinheit. Im Uebrigen waren sür das Stück noch die Frl. Allram, Masson und die Herren Porth und Kober stein in kleinen genrebildlichen Rollen thätig. Das gefällig dargestellte Bencdix'sche Lustspiel machte den nach der heiteren Seite ausgleichenden Beschluß des Abends. . O. B. Refidenztheater. Das Benefiz des Frl. A. Krause brachte am24.d.abermals eine Novität: „Die Galoschen des Glücks," Zauberposse in 3 Acten und 7 Bildern von E. Jacobson und O. Girndt, Musik von G. Lehn hardt. Obgleich die Autoren dem Titel die Bemerkung beifügen: „die Grundidee ist dem gleichnamigen Ander- sen'schen Märchen entnommen," so wolle man doch die geistige Mitarbeiterschaft des phantasicvollen dänischen Dichters nicht überschätzen. Im Grgentheile haben wir eine Berliner Posse vor uns, deren Composition nach keiner Richtung hin von dem alten Recepte abweicht. Das Stück entzieht sich somit von vornherein der literarischen Beurtheilung. Andersen läßt uns im Anfänge seiner Erzählung, indem er den Leser in rin Vorzimmer führt, wo die Mäntel, Stöcke und Galoschen der im Salon versammelten Gesellschaft Platz gefunden haben, das Zwiegespräch zweier Mädchen belauschen, die durch den Adel der Formen, die Feinheit der Haut und den küh nen Schnitt der Kleider bekunden, daß sie zwei Feen und „keine gewöhnlichen Dienstboten" sind. Die mora lischen Betrachtungen und poetischen Ergüsse, welche die Herren Jacobson und Girndt den allegorischen Figuren des Glücks und der Sorge in den Mund legen, würden diesen zarten Unterschied schwerlich zur Geltung kommen lassen; die genannten Dramensabrikanten übertrugen vielmehr das Geschäft, uns über die ätherische Abkunst der beiden Wesen zu belehren, ausschließlich den Dar stellerinnen und dem Tbeaterschneider. Dagegen fühlt man sich ans dem Berliner Boden, welchem die vorzugsweise passiven Helden des Märchens entsprossen sind, desto heimischer. Allerdings schwellt die komische Muse im Hohlspiegel ihrer Phantasie die Hauptpersonen und deren Thorheiten ins Ungeheuerliche auf; aber einige Figuren gleichen, trotz mangelnder Originalität, denjenigen unserer Witzblätter, die, mit ihren monströsen Köpfen, doch fest auf den kurzen Beinen stehen. Die nun einmal in der deutschen Posse unvermeidlichen Predigtergüsse haben glücklicherweise die Feen übernommen, so daß die Action, nach Absenttrung der allegorischen Gestalten des Glücks und der Sorge, ohne lange moralische und unschmack haste ernste Reden verläuft. Die Musik von G. Lehn hardt, obgleich sie der Originalität und besonderer Frische entbehrt, schmiegt sich der Handlung vortheilhast an und erweist sich von guter Wirkung. Hatte die Direktion durch kostspieligen Aufwand aus prächtige Dekorationen (Feen- tempcl und Palast sind neu aus dem Atelier des Hrn. Lütkemeyer in Koburg hervorgegangrn), Maschinen, Costume u. s. w. das Möglichste für eine glänzende Jnscenirung des Zauberstücks gethan, so carinrte, tra- vesttrte und parodirte auch das mitwirkende Personal, daß es „eine Lust war." Die beiden symbolischen Figuren waren durch Frau Clara Müller und Frl. Eppner günstig vertreten. Frl. A. Krause (Lotte) erfreute durch ihr maßvolles, selbst in den tollsten Scenen den auten Geschmack nie verletzendes Spiel und ihren Ge sang. In den Rollen des Klempners Küllxich und des pensionirtcn Tänzers Muggelberg boten die Herren Alexander und Karl zwei höchst ergötzliche Leistungen. Wenn durch eme oder zwei Wiederholungen das Ensemble die gewohnte Abrundung erfahren hat, dürfte sich die Posse für längere Zeit zugkräftig erweisen, denn schon bei dieser ersten Aufführung war die Stimmung des gut besetzten Hauses eine sehr animirte. Leider scheint im Residenztheater bei unserm, sonst durch seine Pünkt lichreit sich vortheilhaft auszeichnenden Publicum die Unsitte des Zuspätkommens nach und nach einzureißen, was um so mehr zu bedauern ist, da dieselbe unserS BedünkenS durch die häufige Verzögerung des Beginns der Vorstellung nicht unwesentlich gefördert, ja wohl gar entschuldigt wird. Während wir gern zugebcn wollen, daß die Abkürzung der Zwischenacte sich bis weilen beim besten Willen nicht ermöglichen läßt, können dem rechtzeitigen Anfänge doch schwerlich unüberwindliche Hindernisse entgegenstehen. R. Gthr. Ellen. iFortsetzung auS Nr. KS.) „Weil die Dinge nicht klein sind, von denen Wohl und Wehe der Lebenden abhängt!" ries der junge Eth- nolog, seine ernste Zurückhaltung vergessend. „Meine Studien lehren mich, daß all' die Geschlechter, die tn vielen Jahrtausenden unsre Welt bewohnt haben, auf ihre Weise zu leben und ein volles Dasein zu gewinnen suchten. In kalter, blasirter Gleichgiltigkeit ist keines über die Erde gegangen!" Linden's dunkles Auge ruhte dabei fest aus dem sinnenden Mädchen, um seine prächtigen Lippen spielte ein so wehmüthiger Zug, als gälten seine letzten Worte besonders Ntiß Ellen. Diese schien es auch so zu enl- pfinden, Tie spöttischen Mienen, mit welchen Baron
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