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Sächsisches. — Jetzt treffen die Rekruten in ihren Garnisonen ein. Koffer, Kiste, Bündel begleiten sie, je nach dem einer Habseligkeiten hat. Und da sieht man die verschieden artigsten Gestalten. Der wohlgenährte Bauerssohn wandelt neben einem dürftigen Kerlchen, dem die Schreibstubenlust aus den Augen guckt. Der Handarbeiter freundet sich mit dem Kaufmann oder dem herrschaftlichen Diener an. Alle möglichen Berufe sind vertreten. Die einen lachen, die anderen schwatzen, die dritten singen, und hier und da ist ein ganz Stiller. Vielleicht hats irgendwo gefehlt, daß es mit dem „Einjährigen" nichts wurde. Am Ende hat auch der oder jener eine Art Angstgefühl, oder es sitzt ihm doch wenigstens eine gewisse Beklommenheit im Nacken. Man denkt an Mutterns Fleischtöpfe oder an einen heim lichen herzallerliebsten Schatz. Ja, freilich, jetzt heißt es einmal tüchtig rein in den Ernst des Lebens, und manchem wird es sauer werden, eine behende Gelenkigkeit in die „faulen Knochen" zu bringen und zur rechten Zeit den Mund zu halten. Aber es bleibt doch dabei: Ha, welche Lust, Soldat zu sein! Des Königs Rock wird getragen, dem Vaterlande wird ein Dienst erwiesen, und der ganze Mensch wird zu seinen, eigenen Besten leiblich und seelisch einmal tüchtig umgekrempelt. Und wie werden sie erst zu Hause staunen, wenn der schmucke Kriegsmann das erste Mal auf Urlaub kommt! Denn — ach, die Zeit vergeht ja so rasch! Wie lange wird es dauern, und es erklingt das Lied vom Reservemann! Hainsberg. Für den Zweck der Fortführung der Deubener Straßenbahn bis Gasthof Hainsberg wird die Dresden-Tharandter Straße auf 17 Meter verbreitert. Beiderseitig sind Fußbahnen in 3—21/2 Meter Breite ge plant. Die Regelung der Landabtretungs-Verbindlichkeiten ist erfolgt, und zwar erhalten die Besitzer den Quadrat meter mit 2—b M. vergütet, Obstbäume werden besonders entschädigt. Von den Herren Gebrüder Römer erfolgte die Überlassung des Landes im Betrage von 9000 Mark unentgeltlich. Die Arealserwerbungskosten beziffern sich auf annähernd >7 500 Mark, von denen genannte 9000 Mark abgehen. Die Kosten für Veränderungen von Ein friedigungen, Geländern usw. hat die Gemeinde zu tragen, welcher eine Staatsbeihilse zugesichert wird, falls die Aus gaben 20000 Mark übersteigen. Dresden. Das Hofmarichallamt meldet offiziell, daß der Besuch des deutschen Kaisers am sächsischen Königs hofe am 25. Oktober erfolgen werde. — Das Finanzministerium hat den betreffenden Ge meinden zwischen Dresden -Lotta und Cossebaude mitge teilt, daß mit dem Bau der elektrischen Bahn Dresden- Cossebaude, nachdem die Schwierigkeiten gehoben seien, die ihm bisher entgegenstanden, unverzüglich begonnen werden solle. Meißen. Auf dem Wochenmarkte kaufte eine hiesige Hausfrau ein Gericht Hirschpilze, auch Habichtspilze ge nannt. Einige Zeit nach deren Genüsse stellte sich bei allen Familiengliedern ein heftiges Unwohlsein ein, das auf Pilzvergiftung schließen ließ. Durch m größeren Mengen genossene Milch und einen sofort hinzugezogenen Arzt wurden die Vergiftungserscheinungen glücklich gehoben. Daß unter den gekauften Pilzen ein oder mehrere giftige gewesen sein können, dürfte der Umstand bestätigen, daß ein Knabe der Familie, der nur wenig Pilzsuppe genossen hatte, am leichtesten erkrankte. Dieser Fall weist aber wiederum daraus hin, daß sich auch bei den auf dem Markte getauften Pilzen größte Vorsicht nötig macht. Eine genaue Durchsicht aller Pilze, die genossen werden sollen, ist immer am Platze. Riefa. Starke Niederschläge im ganzen Gebiete der oberen Elbe und ihrer Nebenflüsse hatten ein rasches Steigen des Elbwasserstandes um reichlich einen halben Meter zur Folge. Leipzig, >0. Oktober. Heute früh gegen 1/26 Uhr brach in der Ratsmühle zu Gundorf Feuer aus, durch welches das Mahlwerk bis auf die Umfassungsmauern zerstört wurde. In der Mühle, die dem Rat der Stadt Leipzig gehört, wurden hauptsächlich Farbhölzer und Materialien für die Drogenfabrikation gemahlen. Da das Feuer sehr schnell um sich griff und durch die leicht brenn baren Stoffe reiche Nahrung erhielt, war große Gefahr für die anliegenden Gebäude vorhanden. Es gelang aber den herbeigeeilten Wehren den Brand zu lokalisieren, so daß ein Umsichgreifen des Feuers verhindert wurde. Bei dem Brande sind wertvolle Farbhölzer und Drogenstoffe teils verbrannt, teils durch Wasser zerstört worden, sodaß der entstandene Schaden nicht unbedeutend sein dürste. Die Entstehungsursache des Brandes ist noch nicht bekannt, doch wird angenommen, daß das Feuer durch Selbstent zündung der in der Mühle lagernden Stoffe entstanden ist. Leipzig. Da die Einladung des Königs der Rat hausweihe angeblich ein „byzantinisches Gepräge" ver liehen hatte, blieben die sozialdemokratischen Stadtverordneten der Feier fern, und man mußte sich ohne diese behelfen so gut es eben ging. Adorf i. V. Kurz nach der Entlassung aus dem hiesigen Amtsgerichtsgesängnisse, woselbst der im 35. Lebens jahre stehende Weber Albin Illing wegen Baumfrevels eine slängere Freiheitsstrafe verbüßt hatte, verübte der arbeitsscheue Bursche am Sonntag abend eine ähnliche Freoeltat. Er brach sechs an der von Adorf nach Oelsnitz führenden Straße stehende kräftige Obstbäume um oder beschädigte sie durch Anschneiden. Illing stellte sich selbst der Polizei mit der Angabe, das jetzige Wetter sei zum ständigen Aufenthalte im Freien zu schlecht, er sehne sich nach dem Zuchthause und bitte um eine möglichst lange Strafe. Einstweilen wurde der freche Bursche in dar Ölsnitzer Amtsgerichtsgefängnis eingeliefert. Crimmitschau. Dem städtischen Museum schenkte Ritt meister Kirsten Hendrik Witbois Spiegel und silberne Taschenuhr. Plauen i. V., 1 l. Oktober. In Gefell (Thüringen) hat während der letzten Nacht ein Großfeuer gewütet. Wie der „Vogtl. Anz." berichtet, sind das Hotel zum Schwan, früher Posthalterei, die Wirtschaftsgebäude vom Gasthaus zum grünen Baum, sowie die jetzige Posthalterei und weitere zwei Bauerngehöfte völlig niedergebrannt. Markneukirchen. Am 3l. Oktober hält die „Freie Vereinigung oogtländischer und erzgebirgischer Ortskranken kassen" hier ihre diesjährige Herbstversammlung ab. Es erfolgt unter anderem auch eine Aussprache über die Wirkung der Reichsarzneitare. Auch soll das Genesungs- heim der Plauener Ortskrankenkasse in Mühlhausen bei Bad-Elster besichtigt werden. Klingenthal. Segensreiche Einrichtungen für ihre Arbeiter hat die Gewerkschaft Klingenthal-Graslitzer Kupfer - bergbau getroffen, indem sie Kohlen für den Winter bedarf senden läßt und diese zum Selbstkostenpreis an die Arbeiter gegen geringe monatliche Ratenzahlungen abgibt, ferner auch Kartoffeln und Fische auf dieselbe Weise be schafft. Auch ist zum Vorteile der Arbeiter eine eigene Bäckerei eingerichtet worden. Seifhennersdorf. Gerüchte, daß ein anderer der Mörder des Dienstmädchens Ginskey sei, liefen dieser Tage wieder einmal hier und in der Umgebung um. Sie sind darauf zurückzuführen, daß ein dem Trünke ergebener Holzarbeiter und ehemaliger Fleischergeselle, bei dem plötz lich Verfolgungswahn ausbrach, sich selbst der Tat be zichtigt hatte, doch sind keinerlei Anhaltspunkte für die Wahrheit solcher Selbstbezichtigung vorhanden. Im Deliri um war der Mensch in den Gründelteich gelaufen, wurde aber herousgezogen und ins Krankenhaus gebracht, wo man ihn in der Tobsuchtszelle unterbringen mußte. Bischofswerda. In den letzten Tagen hat es bei der niedrigen Temperatur wiederholt geschneit. Die Land wirte sind mit der Kartoffelernte noch sehr im Rückstände.