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Weißeritz-Zeitung Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend 71. Jahrgang. Donnerstag, den 24. August 1905. Nr. 97. Dle ^Welheritz-Zeltung» «scheint wöchentlich drek- »näl: Dienstag, Donners tag und Sonnabend und wird an den vorhergehen- tzenAbenden ausgegeben. Preis viert eljükrlich 1 M. W Pfg., zweimonatlich 14 Psg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern !v Pfg. — Alle Postan- jmlten, Postboten, sowie Mere Austräger nehitten Bestellungen am Amtsblatt für die Königliche Umtshauptmannschust, das Königliche Amtsgericht und dm Stadtrat zu Dippoldiswalde. Veranlworllicher Redsklrur: Paul Jehl«. - Druck und Verlag von Earl Jelgw in Dippoldiswalde, Mit achtssM-w Autecha!Lvttg»SlmL". Mit land- mrS hauswirlschsfiUch« Msvato-Boilag«. Inlerate, welche bei de» bedeutenden Auflage de» Blattes »ine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 12 P^g., solche aus unserer Amtshaupt mannschaft mit 10 Pfg. die Spaltzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und kompli- alerte Inserate mit euch sprechendem Aufschlag. — Eingesandt, im redaktio nellen Teile, die SpaltE zeile 20 Pfg. Folgende im Grundbuche für Hänichen und Welschhufe auf den Namen Ernst Heinrich Moritz Schramm eingetragenen Grundstücke sollen am 11. Oktober 1905, vormittags 10 Ahr, an der Gerichtsstelle im Wege der Zwangsvollstreckung versteigert werden: l ., Blatt 46 des Grundbuchs für Hänichen, nach dem Flurbuche — Hektar I8,i Ar grotz, auf 4700 M. — Pfg- geschätzt und bestehend aus dem Wohnhaus Nr. 3d des Vrandkatasters nebst Feld. 2 ., Blatt 55 des Grundbuchs für Welschhufe (Amtsgerichtsbezirk Dresden), nach dem Flurbuche — Hektar 6,2 Ar groh und auf 300 M. — Pf. geschätzt. Die Einsicht der Mitteilungen des Grundbuchamts sowie der übrigen die Grund stücke betreffenden Nachweisungen, insbesondere der Schätzungen, ist jedem gestattet. Rechte auf Befriedigung aus den Grundstücken sind, soweit sie zurzeit der Eintragung der am 12. Mai und 13. Juli 1d05 verlautbarten Versteigerungsvermerke aus dem Grund- buche nicht ersichtlich waren, spätestens im Versteigerungstermine vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten anzumelden und, wenn der Gläubiger widerspricht, glaubhaft zu machen, widrigenfalls die Rechte bei der Feststellung des geringsten Gebots nicht be rücksichtigt und bei der Verteilung des Versteigerungserlöses dem Ansprüche des Gläu bigers und den übrigen Rechten nachgesetzt werden würden. Diejenigen, die ein der Versteigerung entgegenstehendes Recht Haben, werden auf gefordert, vor der Erteilung des Zuschlags die Aufhebung oder die einstweilige Einstellung des Verfahrens herbeizuführen, widrigenfalls für das Recht der Versteigerungserlös an die Stelle des versteigerten Gegenstandes treten würde. Dippolviswalde, den 21. August 1905. 2a. 13/05 Nr. 4. Königliches Amtsgericht. MDik, M HMW ist »ch Bn i» dir Mk imtW AM. Diesen Anspruch hat der amerikanische Botschafter in London getan! Auf diesen politisch und wirtschaftlich bedeutsamen Vorgang, der in Deutschland keine Beachtung gefunden hat, wird in einem von der „Deutschen Revue" veröffentlichten Artikel über „Deutschland und die aus wärtige Politik" aufmerksam gemacht. Der amerikanische Jndependence-Day, der Nationalfesttag, war diesmal seitens der amerikanischen Kolonie in London wegen des Ablebens des Staatssekretärs Hay erst am 8. statt am 4. Juli begangen worden. An dem Festmahl nahmen wie üblich Vertreter der englischen Regierung und Mitglieder der fremden Diplomatie teil. Lord Lansdowne hatte in einem Toast auf den Präsidenten der Vereinigten Staaten der angelsächsischen Gemeinschaft und der engen, auf ge meinsamer Abstammung beruhenden Beziehungen der beiden Nationen mit sehr herzlichen und warmen Worten gedacht. Der amerikanische Botschafter dankte in nicht minder warmer Erwiderung, wies aber dann darauf hin, daß die Bevölkerung, die heute das amerikanische Volt darstelle, keineswegs „nur britischer Abstammung sei". Er sagte unter anderm, er freue sich sehr, an diesem natio nalen Festtag den ossiziellen Vertretern so vieler Länder zu begegnen, zu denen die Beziehungen Amerikas von Jahr zu Jahr enger werden, „nicht nur durch Reise und Handel, sondern durch die aktuelle Ergießung ihres Blutes in die nationalen Adern Amerikas", und erinnerte sodann, daß mit einziger Ausnahme von Berlin New-Pork eine größere deutsche Stadt sei, als irgend eine im Deutschen Reiche. Am Schlüsse der Rede, die in einem Toast auf König Eduard als den großen europäischen Diplomaten und Staatsmann ausklang, wies der Botschafter mit Stolz darauf hin, daß die Einfuhr Amerikas 991 Millionen Dollars, die Ausfuhr 1,460 Milliarden Dollars erreicht habe, betonte das schnelle Sinken der Staatsschuld seit dem Bürgerkriege, und daß, „seitdem die Ozeane die Nationen nicht mehr trennen, sondern verbinden", die Zahl der Nachbarn Amerikas sich enorm vermehrt habe. Der deutsche Botschafter erwiderte, daß, nachdem die Nationen der Alten Welt in der Neuen Welt gemeinsam eine neue große Nation gebildet hätten, sie sich diese zum Beispiel nehmen, alle Differenzen, die etwa zwischen ihnen noch bestehen, begraben und über den Ozean hinüber Amerika eine vereinigte und freundschaftliche Hand dar- bicten sollten. In der deutschen Presse sind diese Reden, die — namentlich die des amerikanischen Botschafters — manche feine und interessante Pointe enthalten, fast un bemerkt geblieben. Früher würde ein amerikanischer Bot schafter schwerlich der englischen Regierung gegenüber New-Pork öffentlich als die „zweitgrößte deutsche Stadt nächst Berlin" bezeichnet haben. Es lag darin ein un ausgesprochenes „Etwas", auf das hier nicht näher einge- gangen zu werden braucht. Lokales unv Gaqsischev. Dippoldiswalde. Am 14. September findet die dies jährige Hauptkonferenz der Ephorie Dippoldiswalde statt. — Herr Bezirksschulinspektor Bang ist vom 22. d. bis 11. n. Monats beurlaubt und wird während dieser Zeit von Herrn Schulrat vr. Prietzel aus Dresden ver- treten. — Theater. Am Montag bot uns die Direktion Zahn wieder einen Kunstgenuß durch Ausführung des „Zapfenstteich". Das waren Charaktere, das war Wirklichkeit. Besonders bewiesen uns hier Herr Zahn und Frl. Werber, die doch schon oft bezüglich des Humors den Vogel abschossen, was sie auch im Drama zu leisten ver wögen; Wachtmeister Volkhardt und sein Klärchen waren einfach tadellos. Ebenso waren die Herren Rauch als Sergeant Helbig, Schröder und Janson als junger leicht sinniger und älterer erfahrener Leutnant, Pröls als Vize wachtmeister und Haak als Gerichtsrat bis ins kleinste gut, nicht minder Josef Dampfhofer als Ulan Michalek. Das ganze Spiel war eine abgerundete, fertige Leistung und das Stück selbst ist in seiner Handlung von oft bitterer Realistik und hinterläßt einen tiefen Eindruck. Um so eigentümlicher (um einen stärkeren Ausdruck nicht zu ge brauchen) mußte es berühren und was würde wohl Beyerlein gesagt haben, hätte er es gehört und gesehen, daß man hier und da im Zuschauerraum sogar in den ernstesten Szenen Veranlassung zu lautem Lachen fand. Nun, es ist das schließlich Geschmackssache, und über den Geschmack läßt sich bekanntlich nicht streiten. Der Direk tion möchten wir die Frage vorlegen: Würde eine Lvieder- holung angebracht sein? Das Drama selbst, wie seine Aufführung verdienen sicher eine solche. — Von den ersten Lustspiel-Novitäten, welche im Laufe des Winters in Dresden gegeben wurden, hat die Direktion Zahn die besten herausgesucht. Zu diesen vorzüglichen Novitäten gehört „In unseren Kreisen" von Hrn. A. Paul, früheres Mitglied des Dresdner Hoftheaters. Das schöne Lustspiel, das heute Mittwoch abend zur Ausführung gelangt, wird dem guten Geschmacke des hiesigen Publikums entsprechen. Am Freitag kommt das hervorragende Wildenbruchsche Schauspiel „Die Haubenlerche" zur Aufführung. — In Schmiedeberg wird Donnerstag „Der Trompeter von Säkkingen" gegeben. — Dem Jahresberichte des Pädagogischen Vereins Dippoldiswalde entnehmen wir folgendes: Im verflossenen Vereinsjahce wurden an Vorträgen geboten: I. a) Ernst Rietschel, b) Moderner Zeichenunterricht (Lehrer Forkhardt- Schmiedeberg. 2. Referat über Kälkers Religionsunter richt (Lehrer Unger-Dippoldiswalde). 3. Tragische Charaktere (Lehrer Schmidt-Dippoldiswalde). 4. Die Be deutung des Fachzeichnens in der Fortbildungsschule (Lehrer Forkhardt-Schmiedeberg). In den beiden Ver sammlungen des gesamten Bezirkslehrervereins sprach Herr Lehrer Schmidt-Dippoldiswalde über die geologischen Ver hältnisse Europas, und Herr Lehrer Nomershaujen-Uhr- macherschule Glashütte hielt einen höchst interessanten Erperimentaloortrag. Ferner wurden folgende Beschlüsse gefaßt: 1. Der Pflichtbezug der Sächs. Schulzeitung wird für alle Mitglieder gewünscht. 2. Jedes Mitglied des Pädagogischen Vereins muß Mitglied des Pestalozzi- Vereins sein. — Der Verband thüringer und sächsischer Lederfabri kanten und die Freie Vereinigung von Lederfabrikanten Mitteldeutschlands beschlossen eine Preiserhöhung. — Es sind Goldstücke im Verkehr, die um den Rand herum beschnitten sind. — Es sei darauf hingewiesen, daß bei eintretender Dunkelheit Hauslampen brennen müssen, solange die Haustüren nicht geschlossen sind. — Wetterkundige prophezeien für diesen Winter viel Schnee, weil es sehr viel Pilze gibt. — Was ist Diensteinkommen? Unter Bezug nahme auf § 30 der Rev. Städteordnung und H 23 der Rev. Landgemeindeordnung, wonach festes Diensteinkommen nur nach Höhe von vier Fünftel zu Gemeindeanlagen heranzuziehen ist, bestimmt das sächsische Oberverwaltungs gericht folgendes: Diensteinkommen sei im Gegensätze zu demjenigen aus den Arbeitsverhältnissen bloßer Lohn arbeiter nnd Dienstboten das Hinkommen aus jedem be amtenartigen Verhältnisse, gleichviel, ob es sich dabei um öffentliche oder Privatbeamte, kaufmännisches oder techni sches Personal, kündbare oder unkündbare Dienststellen, endgültige Anstellung oder bloßen Vorbereitungsdienst handele. Beim Vorliegen beamtenartiger Verhältnisse sei es für die Beantwortung der Frage, ob das Dienstei kommen als festes zu gelten habe, unerheblich, daß der Gehalt nicht in gleichem Grade wie bei den Staatsdienern gesichert sei, daß er nur nach Wochen berechnet und in Krankheitsfällen nicht über eine Woche hinaus gewährt werde. Auch der Umstand, daß Überstunden vergütet würden, sei für die rechtliche Beurteilung des übrigen Ein kommens ohne Einfluß. — Auf die Klagen über Mangel an Güterwagen bei den sächsischen Staatsbahnen wird jetzt erwidert, daß höchstens bei Spezialwagen (besondere Größe usw.) eine Verzögerung eintreten könne; die Klagen seien völlig un begründet. — Der Rat zu Dresden hat beschlossen, für das Rittergut Klingenberg mit 47 Veitragseinheiten der Tal- sperrengenossenschaft freiwillig beizutreten, wenn die Be nutzung der Weißeritz und ihrer Zuflüsse als Vorslut für alle künftig auf der Rittergutsflur zu erbauenden Anlagen gewährleistet wird. Dresden. Eine vollständig verwilderte Frauensperson entführte dieser Tage einen sechsjährigen Knaben, indem sie den letzteren auf der Straße an sich lockte und in ihre Wohnung nahm, um an dem Kinde unzüchtige Hand lungen vorzunehmen. Auch einige andere Kinder gerieten in die Krallen dieses Ungeheuers, die in den Wald gelockt wurden, aber bald entfliehen konnten. Der oben erwähnte Knabe aber befand sich volle zwei Nächte in der Gewalt dieses Frauenzimmers. Die Polizei, welche sofort von den Kinder Entführungen in Kenntnis gesetzt wurde, setzte alle Hebel in Bewegung, des Ungeheuers habhaft zu werden. Nach mehrtägigem Suchen gelang es einem Gen darm des 13. Stadtbezirks die Frauensperson festzunehmen. — Infolge eigner Unvorsichtigkeit wurde in Dresden ein Geschäftsmann von einer Droschke überfahren und schwer verletzt. Ebenfalls schwer verletzt wurde ein Kutscher, der beim Anschleifen unter sein eigenes Geschirr geriet. — Kommerzienrat Rüger, der Begründer der großen Schokoladenfabrik im Lockwitzgrunde, ist gestorben. Dresden. Ms Graf Luckner mit seinem vom Chauffeur geführten Automobil durch die Kesselsdorfer Straße fuhr, lief ihm von seitwärts ein Ziegelkutschcr in das Fahrzeug und wurde so schwer verletzt, daß er nach einer halben Stunde starb. Der Getötete, der Familienvater ist, soll selbst die Schuld an seinem Unglück tragen. — Ein Brand, der eine Anzahl Menschenleben in große Gefahr brachte, entstand in der Nacht zum Sonn abend in Dresden. Auf dem Grunaer Weg stand ein ein Stockwerk hohes Fachwerkgebäude, das Lager und Arbeitsräume mit getrockneten Holzvorräten enthielt. Dort ist das Feuer ausgebrochen. In den seitlichen Anbauten befanden sich Wohnungen. Im tiefsten Schlafe liegend wurden die Bewohner plötzlich durch ein Knistern und Rauschen geweckt und sahen zu ihrem Entsetzen die Glut zu den Fenstern hereinleuchten. Der im linken Anbau im 1. Stock wohnende Platzmeister fand den Weg über die Treppe bereits von den Flammen versperrt und konnte sich, nur mit dem Nötigsten bekleidet, aus dem Fenster an einem Spalier herabkletternd retten; seine gesamte, zudem unversicherte Habe war binnen wenigen Minuten von dem Feuer ergriffen. Im rechten Anbau wohnte eine Familie mit 6 Kindern. Dort waren zum Glück vor den Fenstern starke hölzerne Laden, die das gar zu rasche Ein dringen der vom Wind direkt vorttbergewehten Glut so lange verhinderten, daß die Leute mit großer Hast fast ihre ganzen Habseligkeiten zu retten vermochten. Die Feuerwehr hatte nach den, abgelegenen Orte eine lange Fahrt, die mindestens 20 Minuten beanspruchte. So kam es, daß die ganze Anlage bald völlig in Flammen stand.