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— Die Stadtverordneten zu Zwickau beschlossen, bei der Reichsregierung um schleunige Linderung der Fleisch not zu bitten. — Der Betrieb der Hänichener und Zauckeroder Kohlengruben muhte leider in letzter Zeit wieder eingeschränkt werden. Es sehlt an abbauwürdiger Kohle. — Die Filz- und Schuhwarenfabrik Jul. Fein Söhne in Hartha hat aus Anlaß der Ablieferung der 100000. Warensendung eine ansehnliche Summe zu einem Unter stützungsfonds für ihre Arbeiter gestiftet. — Die städtischen Kollegien zu Crimmitschau be schlossen, gelegentlich des Königsbesuchs dem Bürgerhospital fonds 10000 M. zu überweisen, da der König bekanntlich die Schmückung der Strotzen rc. aus Gemeindemitteln nicht wünscht. — Im Ölsnitzer Bezirke treten gegenwärtig Schar lach und Diphtheritis auf. — Infolge Genusses von unreifem Obste starben in Bösenbrunn zwei Kinder im Alter von 4 und 5 Zähren. — Bor einigen Monaten verließ der Einwohner Fischer von Cossebaude seine Familie, um angeblich nach Afrika zu gehen. Jetzt kehrte er zurück, da ihm nach seiner Erzählung in Paris das mitgenommene Geld ge stohlen worden sei. Fischer wurde verhaftet. — Der bei der Dampfdreschgenossenschaft I in Langen bernsdorf beschäftigte 29 Jahre alte, verheiratete Ein leger Paul Buschner geriet mit dem linken Arm in das Getriebe, der ihm vollständig zermalmt wurde. Im Krankenstist zu Zwickau mutzte ihm der Arm abgenommen werden. — In Mügeln bei Pirna verunglückte in der früher Holzschen Strohhutfabrik eine Frau, die mit dem Reinigen der Räume beschäftigt war, dadurch, daß sie den Fahr stuhlschacht hinunterstürzte und sich schwere innere Ver letzungen zuzog. — Beim Schaukeln stieß aus Versehen der 13jährige Sohn der Familie Vollstädt in Niederplanitz seine auf dem Fensterbrett sitzende 10jährige Schwester derart mit den Füßen, daß die Kleine das Gleichgewicht verlor und rücklings kopfüber aus der ersten Etage durch das Fenster auf die gepflasterte Straße fiel. Sie erlitt eine schwere Gehirnerschütterung und ist an den Folgen dieses Sturzes verstorben. — Nach dem Genüsse von Pilzen trank die sechs jährige Meta Lippold in Tannenbergstal Wasser. Das Kind erkrankte danach heftig und hat seine Unvorsichtig leit leider mit dem Tode büßen müssen. — Die Stadtgemeinde Roßwein hat das in nächster Nähe zwischen Rochlitz und Gleisberg gelegene Herrschafts gut Wolfstal käuflich erworben, um das reichlich fließende Wasser der dortigen Quellen nach Rotzwein zu leiten. — Auf eine Beschwerde Freiberger Geschäftsleute ist gegen einzelne Postbeamte eine Untersuchung eingeleitet worden, da sie grötzere Posten von Waren von auswärts bezogen und nicht nur unter sich verteilten, sondern auch mit Gewinn an andere Personen abgaben. Die Geschäfts leute fühlen sich in ihrem Erwerb geschädigt. — Seit Ende Mai befindet sich der Fleischer Otto Walter aus Böhlitz-Ehrenberg in Untersuchungshaft als Urheber von Fleischvergiftungen. Der neue Besitzer des Grundstücks fand jetzt unter einem Haufen Säge- fpänen noch zirka 100 Knackwürstchen, welche jedenfalls versteckt worden sind, um sie der Untersuchung zu entziehen. — Der in der Marimilianshütte in Lichtentanne beschäftigte 28jährige Arbeiter Zeidler erschrak über einen in das Werk fahrenden Blitz derartig, datz er rücklings auf einen glühenden Eisenblock fiel, wobei er sich den ganzen Rücken furchtbar verbrannte. — An der Bahre von drei Leichen auf einmal stand ein Einwohner in Niederplanitz. Über den Tod des 1^/2 Jahr alten Kindes erschrak die Mutter, nachdem sie von einem toten Mädchen entbunden worden war, so, datz sie am nächsten Tage starb. Die drei Leichen wurden ge meinsam begraben. — Der Wirtschaftsgehilfe Paul König in Muschel witz kam bei dem Einfahren von Getreide unter den Wagen, sodaß der Wagen mit einer Ladung Weizen über ihn hinwegging. Der junge Mann hat eine schwere Ge hirnerschütterung und Quetschungen des Rückgrates davon getragen. — Die in Loga wohnende, 52 Jahre alte Aus züglerin Pötschke ist dadurch schwer zu Schaden gekommen, daß sie beim Melken einer Kuh von dieser umgerissen und von dem Tiere mehrere Male geschlagen worden ist. — Eine seltene Jagdbeute machte dieser Tage der Kunstfahrer Gustav Marschner auf Daranitzer Revier bei Bautzen. Er erlegte einen großen Edelsalken nebst zwei Jungen. Die ausgespanr^ten Flügel des Falken messen 130 Zentimeter. Im Neste, das sich auf einer alten, hohen Tanne befand, lagen die Überreste von Hasen, Hühnern und von einer Katze, sowie viele Waben Honig. Oschatz. Als der Ehemann Rauschenbach am Sonn abend nach Hause kam, mußte er die Wohnungslür mit Gewalt öffnen und sand scineFrau und derenGeliebten, einen Kellner, erhängt vor. Vorher hatten die Selbstmörder noch zwei Kinder getötet und ein drittes lebensgefährlich verletzt. Grimma. Ein Naturereignis, wie es seit 33 Jahren hier nichl vorgekommen ist, vollzog sich in dem hier beob achteten Erdbeben. Es war noch finster, und die Uhr zeigte auf 4 Uhr 21 Minuten, als ein Erdstoß erfolgte, der von unten nach oben zu gehen schien. Ein unter irdisches Rollen folgte ihm. Die Häuser erbebten, die Fenster zitterten, die Lampen klirrten und mancher Schläfer fuhr ans dem Schlafe auf. Wer wach im Bette liegend das Erdbeben wahrnahm, dem schien es, als falle im Keller oder im Erdgeschoß ein schwerer Gegenstand zu Boden oder erfolge in der Tiefe eine Erplosion, stark genug, Haus und Bett etwas in die Höhe zu heben. Auch eine wellenförmige, dem Stoße folgende Bewegung, die von West nach Ost gerichtet gewesen sein soll, will man wahrgcnommen haben. Die Dauer des Rollens wird auf I>/2 bis 4 Sekunden geschätzt, die Stärke des Schalles war ziemlich naher Donner. Hoffentlich bewendet es sich bei diesem einen Erdstotz. Leipzig. Der Ingenieur X. war technischer Ober leiter bei der Feldbahnfirma B. zu Magdeburg. Mit dem Geschäftsinhaber B. hatte L. einen Vertrag abge schlossen dahin, daß er vor Ablauf eines Jahres nach er folgtem Austritt aus dessen Geschäft bei 5000 M. Kon ventionalstrafe innerhalb Deutschlands weder ein gleich artiges Geschäft errichten, noch sich an einem solchen be teiligen dürfte. X. ist später bei B. ausgetreten und hat sich in Magdeburg als Ingenieur niedergelassen. Neben Feldbahnen bildete sein Geschäft besonders Herstellung von Transportbahnen. B. klagte jetzt gegen X. und erhielt die Konventionalstrafe wegen nicht eingehaltener Kon kurrenzklausel zugesprochen. Gegen dieses Urteil des Landgerichts hatte Beklagter beim Oberlandesgericht Be rufung eingelegt mit dem Bemerken, daß der Schwer punkt seines Geschäftes auf Transportbahnen gerichtet sei und durch diese Konkurrenzklausel seine Eristenzfähigkeit bedroht würde. Das Oberlandesgericht wies die Be rufung zurück, da sich einem Techniker ohne besonderes Hindernis auch im Auslande Gelegenheit zur Ausübung seiner Kenntnisse biete. Die von B. gegen das Berufungs urteil eingelegte Revision beim Reichsgericht wurde eben falls zurückgewiesen. — In Volkmarsdorf wurde ein 5 Jahre alter Knabe von einem Straßenbahnwagen überfahren. Der Knabe ging hinter einem beladenen Heuwagen her, lief links hinüber auf das Gleis der Straßenbahn und wurde hier von einem Motorwagen erfaßt und sofort getötet. — In der Bogislawstraße in Leipzig-Volkmars- dorf wurden einem Handwerker, der eine Bierreise unter nommen, eine silberne Taschenuhr, ein Portemonnaie mit der Barschast und die Stiefeletten (!) von den Füßen gestohlen. Chemnitz. Kürzlich abends prallte auf der Fürsten- stratze ein hiesiger Kohlenhändler, als er mit seinem ein spännigen Kutschgeschirr, das er selbst leitete, zwischen zwei dort haltenden Lastwagen durchfahren wollte, derartig gegen einen solchen, datz er vom Kutscherbock herunter auf die Straße geschleudert wurde und bewußtlos liegen blieb. Der Verunglückte hatte eine Eegirnerschütterung erlitten. Hohenstein-Ernstthal. Der 63jährige Strumpffaktor Scherf fuhr in der Dämmerung mit seinem Rade an ein beladenes Geschirr, wurde unter dasselbe geschleudert, über fahren und so schwer verletzt, daß er nach einer halben Stunde starb. Hohenstein-Ernstthal. Unter furchtbarem Krach barst Donnerstag nachmittag in der Dampfziegelei von Gebr. Richter das große Schwungrad der Dampfmaschine und flog durch das Dach des Kesselhauses. Der Material schaden ist bedeutend. Menschen sind dabei nicht zu schaden gekommen. Zwickau. Aus Anlaß des Besuches des Königs findet am 23. August hier eine Armenspeisung statt. Oelsnitz i. V. Nach dem Genüsse von Gurkensalat und neuen Kartoffeln erkrankte die in ihrer Vaterstadt zu Besuch weilende Fleischers-Ehefrau Gräf aus Mida plötz lich an Brechdurchfall und erlag diesem Anfälle nach heftigen Schmerzen. Die erst 35 Jahre alte, blühende Frau hinterläßt einen trostlosen Gatten und mehrere kleine Kinder. Meerane. Im historischen Gasthofe (1312/13) zum Wachtmeister zu Rüben hat ein Schwalbenpaar seit drei Jahren in der Gaststube sein Nest aufgebaut. Dieses Jahr befindet sich das Nest über dem Bilde des ehe maligen alten Gasthofes. Das Schwalbenpaar hat bereits zum zweiten Mal Junge. Weder Geräusch noch Tabaks qualm stören die Alten in ihrer Tätigkeit. Das alte Schwalbenpaar hat sich zum nächtlichen Ruheplatz den Spiegel auserkoren. Werdau, 17. August. Sehr schwere Gewitter gingen gestern nachmittag hier und in den umliegenden Ortschaften nieder, große Verwüstungen und Schäden anrichtend. Hier standen die Häuser und einzelne Fabriken unter Wasser, mehrmals schlug der Blitz ein, ohne zu zünden, ver schiedene Mauern stürzten ein usw. Wege und Stege waren vielfach nicht passierbar. Die Pleiße brachte ge waltige Wassermassen und allerlei weggerissene Gegen stände, wie Stege usw., mit sich. Kirchberg. Zwei große Stiftungen sind dem hiesigen Realschulbaufonds zugeflossen, nämlich 10000 Mark vom Kommerzienrat Wolf und 5000 Mark vom Wollhändler Richard Ludwig hier. Letzterer stiftete weitere 5000 Mark für den Waisenhausfonds. Plauen i. V. Ein Unfall ereignete sich auf einem Neubau. Ein 22 jähriger italienischer Handarbeiter brach mit einer mit Putzkalk gefüllten Bütte auf den Rücken auf einer Pfoste durch und stürzte etwa N/2 Meter tief hin unter aus den Vorplatz der Treppe. Er kam auf die Füße zu stehen und hat eine Rückgratsverstauchung er litten. Die Schuld an dem Unfall trifft ihn selbst, indem er, entgegen der Anordnung der Bauführung, die schad hafte Pfoste, auf der er durchgebrochen ist, nicht durch eine neue ersetzt hat. Tagesgeschichte. Berlin. Der Kaiser bittet, anläßlich der im Winter bevorstehenden Feier der silbernen »Hochzeit des Kaiser paares von Darbietung irgend welcher Geschenke freund lich abzusehen. Dagegen werden es die Majestäten mit Freude und Genugtuung begrüßen, wenn Private, Vereine und sonstige Körperschaften anläßlich des Familienfestes im Kaiserhause Zuwendungen und Stiftungen zu natio nalen, wohltätigen und sonstigen gemeinnützigen Zwecken machten. — Nach neueren Blättermeldungen herrscht zwischen dem Berliner und dem Londoner Hofe eine starke Ver stimmung. — Jetzt werden allwöchentlich 1360 Schweine aus Rußland nach Oberschlesien eingeführt. Wegen der herrschen den Fleischnot wurde die Regierung ersucht, diese Zahl auf 2500 zu erhöhen, was jedoch rund abgeschlagen wurde. Der konservative „Reichsbote" schreibt nun, daß die Regierung hierniit gewissermaßen einen Fehler gemacht habe. Da die 2500 Schweine doch unter denselben Vor sichtsmaßregeln eingeführt werden sollen, wie bisher die 1360, wäre die Seuchengefahr beseitigt, und ab 1. März 1906 sei durch die Handelsverträge ohnehin diese Zahl festgesetzt. — Die thüringischen Stadtgemeinden erhoben bei den Bundesregierungen und dem Reichskanzler tele graphisch Beschwerde wegen der zunehmenden Fleischteue rung in den Städten. — Der Kaiser spendete aus seiner Schatulle für die armen Bewohner des Amtsgerichtsbezirks Bischhausen, die von schwerem Wasserschaden betroffen worden sind, die Summe von 1000 M. — Der deutsche Reichstag soll, wie jetzt versichert wird, nicht vor Mitte Oktober zusammentreten. — Der Magistrat von Swine münde hat es abge lehnt, zu Ehren des demnächst die Ostsee besuchenden eng lischen Geschwaders Festlichkeiten zu veranstalten. — Wie verlautet, wird Prinz Heinrich von Preußen nach den Herbstmanövern abermals nach Amerika reisen. — In Deutsch-Ostafrika, wo man alles wieder in schönster Ordnung wähnte, sind neue Unruhen ausge brochen. Oesterreich-Ungarn. Kaiser Franz Joseph vollendete am Freitag sein 75. Lebens- und 57. Regierungsjahr. Rußland. Der Zar hat einen Erlaß über die Ein berufung einer Volksvertretung veröffentlicht,- es ist dies doch wieder ein Schritt, um die Verwaltung Rußlands etwas zu modernisieren. Rußland. Wie verlautet, gibt Rußland bei den Friedensoerhandlungen jede Anwartschaft aus die Man dschurei auf. Seine einzige Hoffnung, einen Teil seiner ungemein großen Ausgaben für die Eisenbahn vergütet zu erhalten, wäre ein Abkommen mit China. Japan soll sich mit seinen Ansprüchen für die nach dem Durchmarsch der russischen Armee notwendig gewordene Wiederher stellung der Eisenbahn an die chinesische Regierung wenden. Petersburg. Hier sind Depeschen aus Kertsch einge- gangrn, wonach dort große Judenhetzen bevorstehen sollen. Es herrsche allgemeine Panik. Die jüdischen Familien verlassen fluchtartig die Stadt. Spanien. Über die Hungersnot werden jetzt genaue Einzelheiten berichtet. In der ganzen fruchtbaren Provinz Andalusien herrschen allgemein Hunger und Elend. Zu Hungerrevolten ist es besonders in Osuna gekommen; viele Landhäuser sind geplündert worden. Mit jedem Tag wird die Lage bedrohlicher, und auch die Notstandsarbeiten der Regierung haben nur wenig Linderung gebracht. Die Arbeiter werden täglich elender und schwächer, und bei dem Tagelohn von 75 Pfennig, für den sie viele Stunden täglich bei glühender Sonne Wegearbeiten aus führen müssen, werden sie völlig verzweifelt. Diebstahl und Plünderung werden ganz allgemein, alles Zeichen für eine drohende, nahe bevorstehende Revolte. Die Kinder leben von Tannenzapfen und den Früchten wilder Kakteen,- ihre Eltern erwarten den Tod in ihren elenden Hütten, in denen sich kein Krümchen Nahrung findet und in denen seit Wochen kein Herdfeuer gebrannt hat. Als der Acker bauminister vor kurzem in Moron die Arbeiter empfing, entschuldigte sich ihr Führer wegen der kleinen Zahl der Gekommenen, da die anderen infolge mangelnder Ernäh rung vor Schwäche das Bett hüten müßten. Die Hungers not begann schon im März, Anfang Mai wurde es schlimmer. Seitdem ist kein Regen gefallen, sodaß die Not immer höher stieg. Die Sommer- und Herbsternten sind ganz zugrunde gegangen. Jetzt wird die Bauernschaft rebellisch. Jede Stadt und jedes Dorf hat um Verstärkung der Bürgergarde nachgesucht, aber wenn das Land nicht bald ausgiebige Regenfälle bekommt, weiß man nicht, wie lange die Ordnung noch aufrecht erhalten werden kann. Nordamerika. Der Ton in den Friedensoerhand lungen scheint neuerdings etwas stärker geworden zu sein. Hoffentlich wird der Zweck der Zusammenkunft nicht doch noch vereitelt. Südwest-Afrika. Eine lebendige Schilderung von dem Gelände, in welchem Cornelius von Bethanien be kämpft werden mußte, gibt ein Bericht des Kommandos. An der Mündung des Auchab in den Fischfluß übertreffen die Schwierigkeiten jede Vorstellung. Beide Ufer des Fischflusses entlang ziehen sich Tagemärsche weit zerklüftete Felsgebirge hin, die ein Erreichen des teils mit Wasser gefüllten, teils von mächtigen Steinklippen durchsetzten Reviers nur an wenigen Stellen und nur für einzelne Fußgänger ermöglichen. Das Flußbett läuft zwischen senk rechten, fast unerreichbaren Felswänden. Die einzig mög liche Anmarschstraße von Kanibes nach Kochas bildet ein Saumpfad, der kilometerweit durch eine schmale Schlucht mit unersteigbaren Rändern führt. Hierhin hatte Cornelius einen Teil seiner Kriegsleute vorgeschoben und weiter rück-