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Beilage M Wkißeritz Ikitmz. M. 55^ Dienstag, den 16. Mai 1905. 71. Jahrgang. Sächsisches. — Auf eine vor mehreren Wochen vom landwirt schaftlichen Verein zu Großbardau bei Grimma in der Frage des Truppen-Übungsplatzes für das 19. Armeekorps an das Kriegsministerium eingereichte Peti tion ging folgende Antwort ein: „Auf Ihre Eingabe vom I. März erwidert Ihnen das Kriegsministerium mit dem Ersuchen, den Unterzeichnern hiervon Kenntnis geben zu wollen, das Nachstehende: Wie Sie zutreffend annehmen, hat die Militärverwaltung neben anderen Projekten auch den Gedanken erwogen, einen Truppenübungsplatz für das 19. Armeekorps in der Nähe von Grimma anzulegen. Um die Bevölkerung nicht unnötig zu beunruhigen, ist es seinerzeit vermieden worden, mit den Interessenten in un mittelbare Verbindung zu treten, und wurde vorgezogen, die Vorerörterungen über das Projekt unter der Hand durch sachverständige Vertrauensmänner anstellen zu lassen. Hierbei ist der landwirtschaftliche und forstwirtschaftliche Grundbesitz, der bei Durchführung des Projekts hätte er worben werden müssen, durch höhere Beamte seinem Werte nach abgeschätzt worden. Die von den Herren auf Grund einwandfreier Unterlagen durch sorgsame Er wägungen gewonnenen Werte gingen so bedeutend über die Grenzen hinaus, innerhalb deren sich die an anderen Stellen des Reichs für derartige Übungsplätze gezahlten Preise bewegen, daß es zwecklos erschien, das Projekt weiter zu verfolgen. Ganz wesentlich mitbestimmend für den Entschluß des Kriegsministeriums, das Projekt aufzu geben, war auch die auf Grund der Vorerörterung ge wonnene Einsicht, daß ein großer Teil der von den even tuellen Ankäufen betroffenen Grundstücksbesitzer alle oder fast sämtliche Fluren verloren hätte. Die Militärverwal tung hätte bei dieser Sachlage auch für den Übungsplan nicht verwendbare Restteile der Güter und die Baulich keiten mit ankaufen müssen, wodurch ganz erhebliche Kosten erwachsen wären, woran das ganze Projekt scheitern mußte. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß bei dem Projekt die Fluren von etwa 15 Gemeinden betroffen wurden; von Groß- und Kleinbardau und Bernbruch allein hätten rund 2000 ks angekauft werden müssen. Aus vorstehen- s den Gründen konnte sich das Kriegsministerium zur weiteren Verfolgung des Projekts nicht entschließen, ver mag auch angesichts dieser Sachlage von seinem damaligen Beschluß zurzeit nicht abzugehen und bedauert deshalb, Ihrer Petition eine weitere Folge nicht geben zu können." — Sächsisches Bahnwesen. Nach der neuen Be zeichnung der Eisenbahndienststellen im Anitsblatt sind in Sachsen nunmehr vorhanden: 650 Bahnhöfe, 192 Halte punkte, 22 Ladestellen, 6 Blockstellen, 2 Nangierstellen, 2 Sammelstellen, 1 Wechsel, 1 Anschluß und 1 Zweigstelle. — Nach der bisher gültig gewesenen Betriebsordnung für die Eisenbahnen Deutschlands mußte der Lokomotiv führer, wenn ihm vom Zugführer das Signal zur Abfahrt gegeben war, bevor er seine Lokomotive in Bewegung setzte, ein Achtungssignal mit der Dampf- pfeise seiner Lokomotive geben. Letzteres Signal ist nun nach der vom 1. Mai gültigen neuen Eisenbahn bau- und Betriebsordnung in Fortfall gekommen. Der Lokomotivführer setzt jetzt den Zug nach erhaltenem Auf trag, also ohne Signal, in Bewegung. — Die Zahl der Ärzte im Königreich Sachsen hat sich im Laufe des Jahres I90Z nach dem Bericht des Landes-Medizinalkollegiums von 1994 auf 2031, dem nach um 37 erhöht; die Zahl der Zahnärzte ist von 133 auf 134 gestiegen. Von Wundärzten gibt es nur noch einen (Medizinalbezirk Freiberg). — Aus der König Albert-Feuermehrstiftung des Landes verbandes sächsischer Feuerwehren, welche gelegentlich des 70. Geburtstages und des 25 jährigen Regierungsjubi läums Sr. Majestät des Königs Albert aus Beiträgen der Feuerwehrleute Sachsens in das Leben gerufen worden ist und wohltätigen Zwecken dient, konnten dieses Jahr neun in Not und Bedrängnis geratene Feuerwehrmänner mit Beträgen von 50, 40 und 30 Mk. unterstützt werden. Die Unterstützungen im Gesamtbeträge von 400 Mk. wurden am Geburtstage des Königs Albert verteilt. Das Kapital der Stiftung beträgt gegenwärtig über 16000 Mk. — Zur Niederlegung eines der drei hohen Fabrik schornsteine der Papierfabrik zu Nossen traf Donnerstag vormittag 9 Uhr mit der Bahn aus Dresden unter Füh l rung des Hauptmanns Reichardt ein Kommando Pioniere ! von der 4. Kompanie des 1. Pionierbataillons Nr. 12,' bestehend aus einem Leutnant, einem Unteroffizier und 6 Mann, dort ein. Im Lause des Vormittags noch wurden an drei Seiten des Sockels je zwei ca. 60 cm tiefe Spreng löcher gebohrt. Nach der Ladung derselben mit dem er forderlichen Sprengstoff erfolgte nach dem Bericht des „Nossener Anzeiger" nachmittags >/24 Uhr unter den nötigen Vorsichtsmaßregeln die Entzündung der Spreng ladungen und die Niederlegung des 34 m hohen Schorn steines. Unter einer starken Detonation legte sich die hohe Esse langsam und majestätisch um, genau nach der von der Sprengleitung gewollten Richtung hin. Alles ging glücklich von stritten. Eine dichte Staubwolke stieg beim Niederfallen des Steinkolosses auf. — Die Einverleibung Richzenhains nach Waldheim erfolgt am 1. Juni. — Ratsassessor Or. Lohse in Chemnitz ist zum Bürger meister von Thum gewählt worden. — Auf Leubnitzer Nitlergutsslur wurde beim Be stellen eines Ackers ein ziemlich verwestes Portemonnaie mit mehreren Hundertmarkscheinen gefunden. Es wird ver mutet, daß es bei einem Manöver verloren worden ist. Meißen. Eine schwere Havarie ereignete sich Frei tag vormittag an der hiesigen Elbbrücke. Der mit 10000 Zentnern Braunkohle beladene Kahn des Schiffseigners Kaufmann aus Aalen war durch ein Floß, wegen dessen er stellen mußte, außer Fahrt gekommen. Er stieß mit der Spitze an einen Brückenpfeiler an und brach in zwei Teile auseinander. Die Mannschaft konnte sich reiten. Das Taljoch der Brücke ist gesperrt. Döbeln. In gemeinschaftlicher Sitzung der beiden städtischen Kollegien wurde nach nochmaliger 2inständiger und meist sehr lebhafter Debatte endgültig entschieden, die hiesige Bauschule nicht mehr zu unterstützen. Die Stadt verordneten stimmten zwar mit 11 gegen 8 Stimmen für die weitere Unterstützung, der Rat blieb jedoch mit 7 gegen 1 Stimme auf seinem ablehnenden Standpunkt stehen, weil er in Hinsicht darauf, daß die Prioatbauschulen nicht mit den königlichen Baugewerkenschulen konkurrieren können