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Kriegskosten und Friedensansstchten. Die Friedensgerüchte, die vor einigen Tagen in Bezug auf die erwünschte Beendigung des Krieges zwischen Ruß land und Japan von Paris und London aus in die Welt gesetzt wurden, haben sich rasch als Seifenblasen ge zeigt und sind als bunt schillerndes Nichts verpufft. Ruß land, das sich so lange als Großmacht ersten Ranges ge fühlt hat, will sich durchaus nicht vor Japan demütigen und um Frieden bitten. Tatsächlich spielt auch Rußland in diesem Kriege um sein ganzes Ansehen als Großmacht und kein Staat braucht sich mehr vor Rußland zu fürchten, wenn es so weiter wie bisher von Japan geschlagen wird. Rußland hat also ein riesengroßes Interesse daran, daß die Welt von seiner Macht noch eine bessere Meinung be kommt und deshalb wird weiter gekämpft. Aber in diesem furchtbaren Kriege gibt es auch eine Grenze der finanziellen Leistungsfähigkeit für beide Staaten, denn der Krieg kostet Geld und nochmals Geld und abermals Geld und außer dem gehen Millionenwerte durch Handelsstockungen, Schiffszerstörungen und Schiffskaperungen, Veutemachen und Verwüstungen verloren, und welcher Staat könnte solche Verluste auf die Dauer aushalten! Zwar ist trotz des nun über Jahr und Tag dauernden Krieges die finanzielle Leistungsfähigkeit weder bei Rußland noch bei Japan erschöpft und beide " kriegführende Staaten konnten in letzter Zeit, wenn auch unter erschwerten Bedingungen, sogar noch Kriegsanleihen im Auslande machen, aber eine Berechnung der bisherigen Kriegslasten zeigt, daß der Krieg zwischen Rußland und Japan auch schließlich am Geldmangel sein Ende finden muß. Schon zu An fang des Jahres schätzte das russische Journal „Slowo", unter Veröffentlichung der russischen Verluste zur See, den Wert der im fernen Osten eingebüßten Kriegs- und Handelsschiffe auf 200 Millionen Franks. Dazu kommen neuerdings einige 20 weggenommene Kohlendampfer mit über 100000 Tonnen Kohlen. Nach einer Berechnung des statistischen Bureaus des Credit-Lyonnais betrugen die Ausgaben Rußlands für den Krieg bei Beginn der Feind seligkeiten bis zum Anfang dieses Jahres bereits zwei Milliarden und 200 Millionen, die der Japaner aber eine Milliarde und 800 Millionen Franks. Diese Ziffern er- fcheinen, namentlich was Japan betrifft, sehr hoch, und bei der russischen Ausgabeziffer dürfte der Ausfall an Zöllen und sonstigen Handelserträgen mit inbegriffen sein, während in Japan während des Krieges beide zunahmen. Allerdings sind die Kosten der Mobilmachungs- und Konzentrationstransporte, sowie die für die Kriegsbesoldung der Truppen und die Ergänzung der Lebensmittel- und Munitionsvorräte, sowie für den Ersatz des eingebüßten oder unbrauchbar gewordenen Kriegsmaterials namentlich russischerseits sehr hoch. Die Angaben der Kriegskosten, die man über frühere Kriege besitzt, gestatten, sich davon «ine Vorstellung zu machen. Der 28 Monate dauernde Krimkrieg kostete Rußland 31/2 Milliarden. Der nur 35 Tage währende Feldzug von 186b verursachte Preußen eine Ausgabe von 350 Millionen. In dem 7 Monate dauernden Kriege von 1870/71 betrugen die Kriegskosten für die Deutschen 11/2 Milliarden, für Frankreich aber 2,2 Milliarden. Denn Frankreich war genötigt, während des Verlaufes der Operationen das vollständige Kriegs material für die Bewaffnung und Ausrüstung der in seinen Provinzen neu ausgestellten Armeen zu beschaffen. Der russische Krieg von 1877/78 kostete Rußland drei Milliarden und 200 Millionen bei einer Dauer von 10 Monaten. Der 2>/2 Jahre währende Krieg in Trans vaal kostete England 5 Milliarden. Der von 1804—95 zwischen China und Japan währende Krieg dauerte acht Monate und der Unterhalt der japanischen Armee, die damals nur ein Drittel der heutigen stark war, erforderte 410 Millionen. In den vorstehenden Ziffern sind nur die rein militärischen Ausgaben veranschlagt, jedoch die Entschädigungen und Kontributionen aller Art, die der Besiegte dem Sieger während und nach dem Kriege zu entrichten hatte, sind nicht inbegriffen. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Zur Feier des 90. Geburtstages Bismarcks hielt der hiesige K. S. Militärverein seine Monatsversammlung am 1. April ab. Nach dem allge meinen Gesänge des Liedes „O Deutschland hoch in Ehren" stellte der Kamerad Vorsteher in längerer Ansprache Bis marck als ein Vorbild echt deutschen Wesens, wie es sich kennzeichnete in Gottesfurcht, Königstreue und Vaterlands liebe, dar, worauf die Versammlung das Lied „Ich kenn ein' Hellen Edelstein" anstimmte. Wie betrübend es um deutsche Verhältnisse bestellt war, ehe Bismarcks Einfluß zur Geltung kam, ging aus dem von Kamerad Lehrer Jäger-Ulberndorf freundlichst dargebotenen Vortrage über „Vrommy, den ersten deutschen Admiral" hervor. Er führte aus, wie die deutschen Einheitsbestrebungen um die Mitte des vorigen Jahrhunderts wohl die Beschaffung eines deutschen Kriegsgeschwaders zur Folge hatten, es aber nicht verhindern konnten, daß dieses nach kurzem Be stehen aus Furcht vor jenen Staaten, denen es nicht ge nehm war, durch Verkauf dem deutschen Lande wieder verloren ging. Der Vortrag wurde mit reichem Beifall belohnt. Die Versammlung beschloß, Königs Geburtstag am 28. Mai durch eine festliche Veranstaltung im Stein- bruch-Nestaurant, der abends ein Ball im Rathaussaale sich anschließen soll, zu begehen. Im Juni werden die Vereinsmitglieder gemeinsam mit Damen das historische Museum und Arsenal in Dresden besuchen und im Hoch sommer soll ein Vereinsausflug ebenfalls mit Damen in die Umgebung veranstaltet werden. Dippoldiswalde. Die am 27. Februar d. I. im Alter von 81 Jahren hier verstorbene Frau Privata Amalie Wilhelmine verw. Göhler geb. Haberland hat ihrer Vaterstadt Dippoldiswalde ein Legat von 6000 Mark mit der Bestimmung ausgesetzt, daß die Zinsen dieses Kapitals an arme unbescholtene hiesige Einwohner beiderlei Geschlechts ausgezahlt werden sollen. Frau Göhler hat sich durch diese hochherzige Stiftung hier ein bleiben des Andenken gesichert. — Mit besonderer Befriedigung können wir von einem Erfolge berichten, den ein Mitglied des hiesigen Steno graphenvereins „Gabelsberger" errungen hat. Die vom Deutschen Stenographenbunde eingesetzte Prüfungs-Kom mission des Verbandes der Gabelsbergerschen Stenographen vereine Chemnitz und Umgebung hält von Zeit zu Zeit Prüfungen in der Stenographie ab. Einer solchen Prüfung, und zwar in der Abteilung für Geschäfts-Stenographie, hat sich auch Herr Vieweg, amtshauptmannschaftlicher Diätist hier, am 2. April 1905 in Chemnitz unterzogen. Die Aufgabe bestand in der Aufnahme und sofortigen Übertragung eines Diktats von 10 Minuten Dauer in der Geschwindigkeit von 180 Silben in der Minute. Herr Vieweg hat diese Aufgabe fehlerfrei gelöst, worüber ihm ein Zeugnis des Deutschen Stenographenbundes ausgestellt wird. Allen jungen Leuten, welche sich der Erlernung dieser so nützlichen Kunst widmen, kann dies zur Nach eiferung nicht genug empfohlen werden. Fleiß und Aus dauer sind allerdings die Voraussetzungen, um einen solchen Erfolg erzielen zu können. Altenberg. Der Vorstand des hiesigen Kgl. Amts gerichts, Amtsgerichtsrat Bschorer, Ritter des Albrechts ordens 1. Kl., wird nach langjähriger pflichttreuer und ersprießlicher Amtierung mit dem 1. Mai d. I. aus dem aktiven Dienst ausscheiden und in den wohlverdienten Ruhestand treten. Am 1. April 1881 wurde genannter Herr als Amtsrichter zum Vorstand des hiesigen Königl. Amtsgerichts berufen. — Zu seinem Nachfolger ist Land richter Ranft beim Landgericht Leipzig ernannt worden. Dresden. Am diesjährigen Geburtstag des Königs, am 25. Mai, findet nach sechsjähriger Pause auf dem Alaunplatze eine Parade über die Truppen der Garnison Dresden, das Kadettenkorps, das I. Jägerbataillon Nr. 12 in Freiberg, das I. Husaren-Regiment „König Albert" Nr. 18 in Großenhain und die reitende Abteilung des 1. Feldartillerie-Regiments Nr. 12 in Königsbrück statt, die von dem Kommandeur der 3. Division Nr. 32, Erzellenz Generalleutnant v. Kirchbach kommandiert wird. In Aus sicht genommen sind zwei Vorbeimärsche, und zwar folgendermaßen: erster Vorbeimarsch: Fußtruppen in Kom paniefronten, Kavallerie in Eskadronfronten, Maschinen gewehrabteilung in Abteilungsfront, Feldartillerie in Batteriefronten, Train in Kompaniefronten, die berittenen Truppen im Schritt; zweiter Vorbeimarsch: Fußtruppen in Rcgimentskolonne, Kavallerie in Eskadronfronten, Feld artillerie in Batteriefronten, Train in Kompaniefronten, die berittenen Truppen im Trabe. Die Kadetten mar schieren hinter der Musik des 1. (Leib-) Grenadier-Regi ments Nr. 100 und nehmen nachdem ersten Vorbeimarsch Ausstellung bei den königlichen Wagen. Am 24. Mai findet eine Borparade statt, an der sich jedoch das 1. Husaren- Regiment Nr. 18 nicht beteiligt. Kleinzschachwitz. Wie aus zuverlässiger Quelle ver lautet, ist zur geplanten Ausführung der elektrischen Bahn Niedersedlitz—Kleinzschachwitz durch die Königl. Kreishauptmannschaft Genehmigung erteilt worden. Kamenz. Der Anfang Januar von der Königl. Ge werbekammer zu Zittau hier ins Leben gerufene Meister kursus ist in diesen Tagen beendet worden, nachdem er eine überaus starke Beteiligung seitens hiesiger und auch in der Umgegend wohnender Eewerbegehilfen gefunden hatte. Unter 39 Teilnehmern waren 15 verschiedene Ge werbe bez. Handwerke vertreten. Gelegentlich der Schluß feier wurde vom Eewerbekammeroorsitzenden Hrn. Stadt rat Reiche aus Bautzen noch besonders heroorgehoben, daß dieser Meisterkursus seit dessen Einführung sowohl hinsichtlich der Teilnehmerzahl als auch der Arten des Ge werbes der am zahlreichsten besuchte gewesen sei. Glauchau. Um die Frage der Einführung des Acht- Uhr-Ladenschlusses der Lösung näher zu bringen, sind die Geschäftsinhaber der Betleidungs-Branche hier übereingekommen, vom 14. Juni d. I. ab bis 1. Oktbr., mit Ausnahme der Sonnabende, ihre Läden freiwillig 8 Uhr abends zu schließen. Erziehst dieser Versuch günstige Resultate, so soll im Einverständnis mit der Lebensmittel- Branche angestrebt werden, den Acht-Uhr-Ladenschluß obligatorisch einzuführen. Crimmitschau. Als ungünstig muß die gegenwärtige Lage der hiesigen Textilindustrie bezeichnet werden, was ohne Zweifel als eine Folge des verflossenen großen Textilarbeiterkampfes anzusehen ist, da auswärtige Kon kurrenzfirmen jetzt Waren mit anfertigen, die vor dem Kampf ausschließlich hier gemacht wurden. Eine Zählung ergab, daß zurzeit rund 250 Webstühle leerstehen. Netzschkau, 4. April. Gestern vormittag gegen 11 Uhr verübte der 44jährige Gelegenheitsarbeiter Mühl friedel von hier auf seine in den 70er Jahren stehende Schwiegermutter einen Mordanschlag. Diese bemerkte jedoch von seinem Vorhaben und schloß die Tür ihrer Wohnung kurz vor ihm zu, da er mit einer scharfen Hacke bewaffnet war und sich geäußert hatte, die Greisin zu er schlagen. M. sprengte die Tür auf. Als ein Schutzmann herbeieilte, verletzte er diesen, indem er die Art nach ihm warf. M. wurde verhaftet und nach der Arrestzelle des städtischen Krankenhauses zur Beobachtung seines Geistes zustandes gebracht, da er an Delirium leidet. Sebnitz. Der Mörder Gierth hat, wie verlautet, eingestanden, seine beiden Kinder im Einverständnis seiner Frau getötet zu haben. Daraufhin habe er versucht, letztere ebenfalls zu ermorden. Er wollte sich sodann selbst das Leben nehmen, hat aber nicht den Mut dazu gefunden. Zittau. Spurlos verschwunden ist seit einigen Tagen der etwa 32 Jahre alte unverheiratete Lehrer an der hiesigen zweiten Bürgerschule Mar Hillmann. Er hatte ein Sittlichkeitsverbrechen an einem Schulmädchen verübt und es war deshalb ein Haftbefehl gegen ihn er lassen worden. Es wird angenommen, daß Hillmann Selbstmord verübt hat. Volks-Bibliothek in Dippoldiswalde. Im Schulgebäude. Jeden Sonntag von 11—12 Uhr mittags. Meißeritz-Mung Meiberitz-Zeitung» Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend 71. Jahrgang. Donnerstag, den 6. April 1905. M.39. 29 Lear. Edrs. 6 9 7 3 2 93 23 06 40 52 Pf- Roggen Roggenmehl Hafer Heu Stroh Mk. Amtsblatt für die Königliche Miishauptmaimschnsl, das Königliche Amtsgericht und den Stadtrat zu Dippoldiswalde Verantwortlicher Redakteur: Paul Jehns. - Druck und Verlag von Carl Jehns in Dippoldiswalde- Mit achtseMge» „SlSustrie^mr Anterhaltungsblatt" Mit land- und hauswirtschastüchs« Dippoldiswalde, am 31. März 1905. Königliche Amtshauptmannschaft. I)r. Mehnert. zag und Sonnabend und wird an den vorhergehen- genWenden ausgegeben. Preis vierteljährlich 1M. W Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummem 10 Pfg. — Alle Postan- sstalten, Postboten, sowie msere Austräger nehmen Bestellungen an. Die mit Rücksicht auf die Vorschrift in § 19 Absatz 2 und 3 des Gesetzes über die Kriegsleistungen vom 13. Juni 1873 (Reichsgesetzblatt Seite 129) im Falle der A.s- schreibung von Landlieferungen für deren Vergütung auf die Zeit bis zum 1. April 1906 maßgebenden Durchschnittspreise der letzten zehn Friedensjahre betragen in dem für den hiesigen amtshauptmannschaftlichen Bezirk in Frage kommenden Hauptmarkt- vrt Dresden für je 50 KZ Weizen 8 Mk. 28 Pf. Weizenmehl 10 „ II „ Jnlerate, welche bei d« bedeutenden Auflage de« Blattes -ine sehr wirk same Verdrehung finden, werden mit 12 P^g-, solch« aus unserer Amtshaupt- Mannschaft mit 10 Pfg. die Spaltzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und kompli zierte Inserate mit ent» sprechendeni Aufschlag. — Eingesandt, im redaktio nellen Teile, die Spalten zeile 20 Pfg.