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SeilM M Weißerih-IMn-. Nr. 83. Sonnabend, den 18. Juli 1903. 69. Jahrgang. Sächsisches. — Umfangreiche Unterschlagungen sind in der Me chanischen Weberei der Firma Wagner L Co. in Olbers dorf bei Zittau entdeckt worden. Die dort im Detail- geschäst beschäftigte Verkäuferin Frau Marie Weigelt hat der Firma nicht nur Waren entwendet und unter der Hand verkauft, sondern auch Gelder aus der Tageskasse gestohlen. Möglicherweise kommen auch Hehler in der Angelegenheit in Frage. Die Unterschlagungen sollen die Höhe von 25 000 Mark erreicht haben. Die Weigelt wurde in Haft genommen. — Schnöde Geldgier hat in voriger Woche in W. bei Markneukirchen einem geriebenen Gauner, vul§o „Geldmännel", ein geduldiges Opfer zugeführt. Das letztere, ein biederer Instrumentenmacher, der wahrscheinlich in seinem Leben noch nie einen Hundertmarkschein zu Gesicht bekommen, ließ sich durch eifriges Zureden bestimmen, 100 Mark in Silber abends zwischen 8 und 9 Uhr an eine bestimmte Stelle unweit der böhmischen Grenze zu bringen, er werde dafür das Zehnfache — 10 Hundert markscheine in täuschend gelungenen Falsifikaten — erhalten. Der Umtausch ging in der besprochenen Weise vor sich; als aber der neue Besitzer der 1000 Mark seinen „Schatz" bei Lichte besah, da packte ihn jähes Entsetzen: die angeb lichen Hundertmarkscheine waren mit den beiden Rückseiten zusammengeklebte Eeschäftsreklamen, auch „Blüten" ge nannt, und — o Ironie des Schicksals! — auf jeder Seite des Wertpapieres stand zu lesen: „Ein Hundert Mark ver liert jeder — der die Rückseite nicht beachtet!" Der Ge leimte ist seine baren 100 M. (wozu er sich sogar noch 13 M. von einem Nachbar geliehen hatte!) los, von dem schlauen Geldmännel aber hat man nach keine Spur. Freiberg. Bom königl. Landgericht wurde der Handelsmann Paul Friedrich Seifert in Hirschbach, geb. am 2. November 1862, wegen Urkundenfälschung und Beleidigung zu 4 Monaten 1 Woche Gefängnis, worauf 1 Monat 1 Woche der erlittenen Untersuchungshaft an zurechnen ist, verurteilt. Pirna. Die seit einiger Zeit zwischen dem Stadt rate und der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft zu Berlin auf Anregung der letzteren gepflogenen Verhandlungen wegen Errichtung einer elektrischen Zentrale in Pirna haben zu einem Ergebnisse im Sinne der Verwirklichung dieses Projektes nicht geführt, da der Rat neuerdings be schlossen hat, zunächst abzuwarten, wie sich nach der er folgten allgemeinen Herabsetzung des Gaspreises die Ab schlüsse der Gasanstalt gestalten werden. Moritzburg. Auf hiesigem Forstrevier wurde kürz lich eine starke Eiche gefällt, welche 25 cbm Holz ergab, und hatten 6 Arbeiter 4 Tage lang zu tun, um das Holz vom Platze zu schaffen. Großenhain. Wie durch ein Wunder dem Tode entrissen wurde am Dienstag durch einen eigentümlichen Zufall ein Auszügler aus Oe., der sich, wahrscheinlich in folge überkommener Schwermut, im.Quersaer Holze durch Erhängen selbst den Tod geben wollte. Auf der Straße, die beim Quersaer Holze vorüberführt, kam eine Abteilung Husaren, die nach der Garnison ritt. Die Reiter bemerkten den dort seitwärts im Holze an einem Baume Hängenden, schnitten ihn ab und stellten, trotzdem anscheinend kein Leben mehr in dem Körper war, Wiederbelebungsversuche an, die auch zur Freude der wackeren Retter nach einiger Zeit von Erfolg waren. Auf einem Zettel, den man bei dem Lebensmüden fand, gab derselbe die Gründe für seine Tat an. Zu seinen Füßen lag ein Gesangbuch aufge schlagen. Schnell benachrichtigte Verwandte holten den dem Leben Wiedergegebenen nach Hause, wo er sich voraussichtlich wieder völlig erholen dürfte. — Auf einer Kleebrache des Remontedepots Skassa, die 13 Hektar groß ist, wurden beim Umpflügen daselbst von Kindern 5065 Mäuse erschlagen und abgegeben. Da nun für zwei abgelieferte Mäuse ein Pfennig bezahlt wurde, so verdienten einige recht fleißige Burschen 1,50 Mark pro Tag. Auf demselben Felde wurde im letzten Frühjahre der Mäuse-Bazillus zur Vernichtung der Mäuse mit Erfolg angewandt. Man sieht also aus obiger Zahl, zu welchen unheimlichen Massen sich diese gefährlichen Nager in diesem trocknen Sommer vermehrt haben. Mögen daher alle Landwirte nach der Ernte beizeiten dazutun, diese Schädlinge zu vernichten! Wurzen. In den Turm der Kirche zu Röcknitz bei Wurzen schlug am Montag nachmittag während des Gewitters der Blitz, der in der herrschaftlichen Kapelle großen Schaden anrichtete. Die Rohrdecke wurde beschä digt und zum Teil herunter geworfen. Der Raum der Kirche war dicht mit Dampf und starkem Schwefelgeruch erfüllt. Leipzig. Der Rat hat beschlossen, in sämtlichen städtischen Schulen in diesem Jahre die besonderen Feiern des Sedantages ausfallen zu lassen und sie mit der Feier von Königs Geburtstag, die in den höheren Schulen am 29. August, in den Volksschulen am 22. August stattfindet, zu verbinden. Hohenstein-Ernstthal, 15. Juli. Das Stadtoerord netenkollegium beschloß, dem „Hohenstein-Ernstthaler Tage blatt" zufolge, in seiner gestrigen Sitzung einstimmig, mit dem Elektrizitätswerk an der Lungwitz in Oberlungwitz einen Vertrag abzuschließen, wonach das Werk der Stadt Hohenstein-Ernstthal elektrische Energie zu liefern hat. Die Anlage soll bereits in 2 Monaten fertig gestellt sein. Auerbach. Die Königliche Oberforstmeisterei hier hat auch in diesem Jahre darauf hingewiesen, daß die Perlen fischerei in den vogtländischen Gewässern nur vom Staate zugelassenen Fischern gestattet ist. Zuwiderhand lungen werden, soweit nicht gesetzliche Strafbestimmungen einschlagen, mit Hast oder Geldstrafen bestraft. Schneeberg. Als Brandstifter des Schadenfeuers, welchem Montag mittag im Rosental das Jahnsche urtd Mehlhornsche Anwesen zum Opfer fielen, ist der ledige 38 Jahre alte Barbier Eisenreich von hier in Haft ge nommen und an das hiesige kgl. Amtsgericht abgeliefert worden. Meerane, 14. Juli. In beständiger Aufregung be fanden sich im März d. I. die Bewohner der Zwickauer- straße hierselbst, als es in kurzer Zeit dreimal hinterein ander brannte. Zweimal war in einer Scheune, das andere Mal in einem Stallgebäude Feuer ausgebrochen. Erst im letzteren Falle lenkte sich der Verdacht auf den Wirtschaftsgehilfen Paul Albert Rudolph, der neben einer der Brandstätten wohnte. Er wurde gefänglich einge zogen und gestand nach längerem Leugnen endlich, der Urheber dieser Brände zu sein. Warum er das Feuer angelegt hatte, wußte er nicht anzugeben. Heute hatte