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verraten!" Die Verschwörer machten dann die anderen Insassen des Konaks nieder, wobei Königin Draga an geblich mit einer Hacke erschlagen wurde; ihr Leichnam soll ganz zersleischt gewesen sein. Die Mitglieder der königl. Familie, ferner Ministerpräsident Markowitsch, Kriegsminister Pawlowitsch usw. wurden in ihren Woh nungen ermordet. Ein Kanonenschuß zeigte früh gegen 2 Uhr an, daß das furchtbare Drama beendet sei. Die Schreckenstat soll von der Belgrader Bevölkerung ruhig aufgenommen worden sein, doch besagt eine weitere Nach richt aus Belgrad, daß viele Einwohner flüchteten und Laß alle Geschäfte gesperrt seien. Von Semlin wurden telegraphisch eine große Anzahl von Waggons verlangt. Rach Belgrad eingelassen zu werden, ist selbst unter Vor zeigung eines Passes schwer. Nach allen Meldungen über die Urheber des Königs mordes unterliegt es keinem Zweifel, daß das schauder hafte Verbrechen von der radikalen Partei angezettelt und von der unzufriedenen Armee unterstützt worden ist. Es wird in einer Belgrader Meldung der „N. Fr. Pr." zwar versichert, daß die unmittelbare Ursache der Verschwörung die Aufforderung des Königs an die Offiziere gewesen sei, seinen Schwager Nikoda Ljunevica als Thronfolger anzuerkennen und dies durch ihre Unterschrift zu bestätigen, aber die eigentlichen Ursachen der gewaltsamen Beseitigung des serbischen Königspaares und seines Anhanges sind offenbar nach anderen Richtungen zu suchen. Das persön liche und durch allerhand Exzentrizitäten gekennzeichnete Willkürregiment des Königs hatte schon längst im Lande Verstimmung hervorgerufen und außerdem war durch seine Verheiratung mit Draga Maschin geradezu Erbitte rung in weiten Bevölkerungskreisen hervorgerufen worden, aus dieser dem Volke verhaßten Ehe des jugendlichen Herrschers haben sich denn auch hauptsächlich all die Kon sequenzen ergeben, welche jetzt zu seinem Sturz und seinem Ende führten. König Alexander hat denn auch zweifellos . allmälich erkannt, wie verhängnisvoll ihm die Verbindung mit Draga zu werden drohte, denn es wird in neueren Belgrader Depeschen bestimmt versichert, Alexander habe eine Trennung von Draga geplant, was von der Regie rung gebilligt worden sei. Die in Aussicht genommene Reise der Königin nach Franzensbad sei nur ein Vor wand gewesen, um die Trennung unauffällig einzuleiten. König Alexander wollte dann um Xenia von Montenegro werben. Die neue unter Vorsitz von Iwan Awakumo- witsch eingesetzte radikal-liberale Regierung gibt in einer Veröffentlichung bekannt, daß verschiedene „Zwistigkeiten" am Hofe die Intervention der Armee veranlaßt und einen Konflikt hervorgerufen hätten, in welchem das Königs paar getötet worden sei. Inzwischen hat die Armee den Thronprätendenten Peter Karageorgewitsch bereits zum König von Serbien ausgerufen, welche Wahl dann die an diesem Montag zusammentretende Skupschtina sicherlich bestätigen wird. Man glaubt allgemein, daß die Mächte Peter Karageorgewitsch auf dem serbischen Thron aner kennen werden. Der nunmehrige Serbenherrscher ist 1846 als Sohn des Fürsten Alexander Karageorgewitsch, der 1858 zur Abdankung gezwungen wurde, in Belgrad ge boren und war seit 1883 mit Zorka, ältesten Tochter des Fürsten von Montenegro vermählt, Zorka starb 1840. Aus dieser Ehe sind zwei Söhne, Georg und Alexander, vorhanden. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Am gestrigen Sonntag fanden in der Umgegend von hier nicht weniger als 7 Wahlver sammlungen statt, in deren 3 der Kandidat der Ordnungs parteien, Herr Rechtsanwalt Kohlmann aus Dresden, sprach und zwar 1/22 Uhr in Ruppendorf, um 4 Uhr in Reichstädt und abends 8 Uhr in Obercarsdorf. Da die Rede des Kandidaten in Ruppendorf öfters von Zwischen rufen der Sozialdemokraten unterbrochen wurde, mußte der Leiter der Versammlung, Herr Welde-Oberhäslich eine Anzahl derselben aus dem Lokale weisen. In Reichstädt, wo derselbe Herr die Versammlung leitete, wurden die Ausführungen des Herrn Kandidaten mit großem Beifall ausgenommen. Herr Kohlmann zeigte erst, daß der Mittel stand von den Sozialdemokraten nichts zu erwarten hätte und entwickelte dann sein Programm. In der anschließen den Debatte mahnte Herr Kantor Brückner-Reichstädt, daß alle ihrer Wahlpflicht genügen sollten. Die Versammlung in Obercarsdorf leitete Herr Apotheker Meißner. Die Ver sammlung spendete dem Herrn Redner reichen Beifall, wurde aber 1/210 Uhr wegen vorgerückter Zeit ohne Debatte geschlossen. — Auch hier sei noch erwähnt, daß die Sozialdemokraten versuchen, durch Verteilung von Stimmzetteln mit Nomen solcher Herren, die im hiesigen Wahlkreise nicht kandidieren, Verwirrung anzurichten. Daher Vorsicht! — Kurz und ganz praktisch werden die gesetzlichen Bestimmungen über die Reichstagswahl vom „Vor wärts" wie folgt zusammengefaßt: Wer um 7 Uhr noch nicht abgestimmt hat, darf überhaupt nicht wählen, auch wenn er vorher schon im Wahllokal war. Wer es irgendwie ermöglichen kann, gehe schon vormittags zur Wahl. Abends ist erfahrungsgemäß der Andrang zum Wahllokal sehr stark. Wer deshalb sein Wahlrecht nicht verlieren will, gehe beizeiten zur Wahl. Es empsichlt sich für jeden Wähler, eine Legitimation ein- zustecken (Einwohncrschein, Steuerquittung oder Mielsvertrag). Der Stimmzettel muh von weißem, mittelstarkem Schreib papier sein, darf keinerlei Kennzeichen tragen und nichts weiter enthalten, wie die genaue Bezeichnung des Kandidaten. Der Stimmzettel muß ungefähr y zu 12 Zentimeter groß sein. Man kann sich seinen Stimmzettel selber schreiben. Gültig sind auch Stimmzettel, auf denen ein Name durchgestrichen und «In anderer darunter geschrieben ist. Der Kandidat muh aber so genau bezeichnet sein, dah jeder Zweifel über seine Person ausgeschlossen ist. Das Kurert, das amtlich abgestempelt sein muh, erhjilt der Wähler erst Im Wahllokale von einem Beauftragten des Wahl vorstehers. Jedes andere Kuvert ist unzulässig. Den Stimm zettel muh der Wähl<r aber schon von draußen mitbringen. Mit dem Kuvert begibt sich der Wähler in den Nebenraum oder an den Nebentisch, wo eine Borrichtung angebracht ist (Vorhang oder Ausbau oder eine abgeschlossene Wahlzelle) und dort muh er seinen Zettel (aber nur einen!), geschützt vor jeder Beobachtung, in das Kuvert stecken. Dann erst kann er abjtimmen, indem er das den Stimmzettel enthaltende Kuvert dem Wahlvorsteher übergibt. Jede andere Art der Abstimmung ist gesetzlich ver- boten. Die Kuverts sind vollständig undurchsichtig, so dah es von außen auf keine Weise zu benierken ist, welcher Zettel in dem Kuvert steckt. — Das Programm für die von der Staatsbahn- verwaltung in diesem Sommer veranstalteten Sonder züge nach München, Kufstein, Lindau usw. ist erschienen und kann an den Billetschaltern in Empfang genommen werden. — Jubelfeier der Kartoffel. Die Menschheit, die nach einem Dichterwort dazu „geboren ist, um Feld früchte zu essen", steht jetzt im Zeichen der neuen Kar toffeln. Die Kartoffel kann in diesem Jahre eine Jubel feier begehen, denn seit 350 Jahren ist sie jetzt in Europa bekannt. Glashütte. Montag tritt Lehrer Dressel sein Amt als 5. ständiger Lehrer hier an. Vikar canck. rev. min. Unger ist zur einstweiligen Stellvertretung auf die vakante Stelle nach Schönfeld bei Schmiedeberg berufen worden. Dresden. Nach den Aufzeichnungen des „Sächsischen Kirchen- und Schulblattes" erreichten die im ersten Viertel des Jahres 1903 im Königreich Sachsen errichteten Stiftungen, soweit sie bekannt geworden sind, die Höhe von 975,412 M., wovon 26,260 M. für kirchliche Zwecke, 600 M. für die Heidenmission, 159,000 M. für die innere Mission, 1500 M. für kirchliche Liebeswerke (Gustav Adolf-Verein, Lutherischer Gotleskasten, Bibelgesellschaft), 52,000 M. für Schulzwecke, 426,000 M. für Zwecke des Volkswohl, 310,000 M. für sonstige gemeinnützige Zwecke bestimmt sind. Aufruf R die lick« WM Wich» Win. Wem verdanken die Sozialdemokraten ihre Wahlsiege? Der Lässigkeit der Ordnungsparteien! Darum richten wir die Bitte an die deutschen Frauen, ermahnt am Tage der Wahl, l 6. Juni, Eure Männer an ihre Pflicht, zur Urne zu schreiten und für den Kandidaten der Ordnungsparteien, Hm» WimMi HM Wimm in Dresden, ihren Stimmzettel abzugeben. Eure Mahnung wird in vielen Fällen mehr erreichen, als alles andere, und dankbar wird der Gatte sein für die Ermahnung, welche zum Segen des deutschen Herdes, des Familienglückes beiträgt. Dresden. An den diesjährigen Kaiser mcinövern wird, wie erinnerlich, auch die 11. Kavalleriebrigade mit Ausnahme der Ohlauer Husaren teilnehmen. Die Breslauer Leib-Kürrassiere und die achten Dragoner (Oels, Namslau, Kreuzburg und Bernstadt) werden etwa um den 20. Juli von ihren Garnisonen nach dem Truppenübungsplätze Zeithain bei Riesa in Sachsen abmarschieren, wo sie das Regiments- und Brigade-Exerzieren abhalten und dann in den Verband der für die Kaisermanöver gebildeten Ka valleriedivision 6 eintreten, deren Kommando der General major Freiherr v. Milkau, Kommandeur der 23. Kavallerie- brigade und Inspekteur der sächsischen Militärreitanstalt in Dresden, führen wird. Die beiden schlesischen Regi menter werden vom Manövergelände in der Provinz Sachsen nach ihren Garnisonen zurückmarschieren und daher erst Anfang Oktober in diesen eintrefsen. — In Königsfeld bei Rochlitz wurde eine polnische Magd, die auf dem dortigen Rittergute beschäftigt war, in Haft genommen. Sie hatte im Freien heimlich einem Kinde das Leben gegeben, das sie mit in ihre Kammer nahm. Dort hat sie das Kind mit Decken derart zuge deckt, daß es erstickte. Am anderen Morgen nahm die Magd das Kind mit in den Wald und vergrub es. Ihre polnischen Mitarbeiter, die von ihrem Verbrechen Kennt nis erlangten, zwangen sie, das Kind wieder zu holen, und brachten die verwerfliche Tat zur Anzeige. Meißen, 13. Juni. Der Schweizer Kamprath, der des in Massanei bei Waldheim verübten Doppelmordes dringend verdächtig ist, wurde heute nachmittag hier fest genommen. Er gestand ein, das Verbrechen begangen zu haben. Chemnitz, 13. Juni. In vergangener Nacht ist Oberbürgermeister a. D. Geheimrat l)r. Andre an den Folgen eines Schlaganfalles gestorben. Aus dem oberen Erzgebirge. In den hiesigen Ge meinden zeigt sich seit einiger Zeit das besonders starke Anwachsen und Eindringen von kirchlichen Sekten. So beabsichtigt die separierte evangelisch-lutherische Gemeinde in Hartenstein, die von Amerika tatkräftigst unterstützt wird, daselbst den Bau einer eigenen Kapelle. Besonders eifrig dringen die Methodisten vor, Vie mit Vorliebe An gehörige der Gemeinschastspflege in ihre Kreise zu verlocken suchen. So versuchten Methodisten, von Schwarzenberg kommend, in Zwönitz sich ansässig zu machen, und ein Haus für ihre Zwecke zu kaufen, was aber vereitelt wurde. Auch Baptisten suchen immer mehr Boden zu erlangen und haben hier und da feste Gemeinschaften ge bildet. Zwickau. Irrtümlich wurde hier ein Referendar, der Sohn eines hiesigen höheren Gerichtsbeamten, verhaftet. Ein Eerichtsbeamter, der zufällig des Weges kam, rekognos zierte den Referendar, worauf dieser von den Schutzleuten wieder freigelassen wurde. Oelsnitz i. B. Für den hiesigen amtshauptmann schaftlichen Bezirk ist für 1 Uhr nachts die Polizei stunde festgesetzt worden. Markneukirchen, 13. Juni. Aus dem alten Amts gerichtsgefängnisse ist Zn vorvergangener Nacht ein Häft ling namens Adler, ein untersetzter, mit großer Körper kraft ausgerüsteter Mann, eintwichen. Der Flüchtling hat vorher nicht nur die Eisenstäbe herausgewuchtet, sondern auch Mauersteine Herausbrechen müßen, um ein Entkommen zu ermöglichen; dann hat er aus Bettuchstreifen ein Seil gedreht und sich auf die Straße herabgelassen. Eine Spur des Entflohenen ist noch nicht aufgefunden. Plauen. Die Gewerbekammer Plauen hat an die Amtsgerichte des Kammerbezirks das Gesuch gerichtet, den Vereinen zur Verbesserung des Kreditwesens auf Wunsch ein Verzeichnis derjenigen Personen mitzuteilen, welche den Osfenbarungseid geleistet haben oder gegen welche wegen Verweigerung dieses Eides die Haft angeordnet worden ist. Plauen i. B. Hier droht noch ein sechster Streik auszubrechen, und zwar wollen die Bauhandwerker an die Arbeitgeber Forderungen stellen, deren Nichtbewilligung den allgemeinen Ausstand zur Folge haben soll. Meerane. Der kürzlich im nahen Gößnitz ver storbene Rentier C. Allendorf hat der' dortigen Schul gemeinde zur Unterstützung armer Konfirmanden ein Legat von 1000 M. vermacht. Tagesgeschichte. Berlin. Das Reichstagswahlergebnis ausdem ganzen Deutschen Reiche wird diesmal mit noch nie da gewesener Schnelligkeit festgestellt werden und im großen ganzen schon am Tage nach der Wahl vormittags be kannt sein. Durch eine Rundverfügung der Regierungen sind die Wahlkommissare angewiesen, da? Wahlergebnis aus den einzelnen Wahlkreisen bis / Uhr morgens (17. Juni) an die leitenden Stellen telegraphisch zu melden. Um 8 Uhr morgens will der Reichskanzler bereits Kenntnis über die Wahlresultate aus allen Bezirken haben. Durch die Wahlkommission, deren Bureaus die ganze Nacht hin durch geöffnet sind, sind die Wahlvorsteher angewiesen, die Wahlergebnisse aus allen Wahlbezirken telegraphisch, telephonisch oder durch Expreßboten bis 5 Uhr morgens zu übermitteln. — Zu dem deutschen Turnfest in Nürnberg im Juli sind nach der „Ostd. Rdsch." tatsächlich ungarische Vereine eingeladen worden. „Der Beschluß wurde voin Leipziger Festausschuß mit allen gegen sieben Stimmen gefaßt. Unter diesen sieben befanden sich die vier Ver treter des Kreises Deutschösterreich, diejenigen also, welche zunächst berufen waren, sich über die geplante Einladung zu äußern, haben sich entschieden ablehnend verhalten." — Dem Bundesrat liegt der Antrag vor, an Stelle der bereits genehmigten 10 Millionen Ein- und Zweimark stücke eine gleiche Summe in Fünf markstücken aus prägen zu lassen. Begründet ist dieser Antrag damit, daß Einmarkstücke genügend vorhanden seien und daß Zwei markstücke, obschon ebenfalls begehrt, eine Einschränkung der Prägung zuließen. — Zum lippischen Familienstreit wird der „Nationalzeitung" aus Detmold gemeldet: Das dortige Landgericht hat die Klage des Grafen Erich zu Lippe- Weißenfeld gegen den Grafregenten auf Aberkennung des Rechtes der Zugehörigkeit zur hochadeligen gräflich lippi schen Familie abgewiesen. — Beim Konsularagenten der Vereinigten Staaten zu Kiel ist nun die Meldung eingetroffen, daß das amerikanische Geschwader am 25. Juni, dem ersten Tage der „Kieler Woche", in Kiel anlangt. Es steht unter dem Befehl des Admirals Charles Stanhope Cotton und setzt sich aus dem Linienschiffe „Kearsage", dem großen Kreuzer „Chicago" sowie den kleinen Kreuzern „San Francisco" und „Machias" zusammen. — Das Große Armee-Jagdrennen in Hoppe- garten-Berlin wurde in Anwesenheit des Kaiserpaares von Leutnant v. Bachmayr auf Leutnant v. Brünings Lübeck gewonnen. Eisenach. Die Donnerstag zusammengetretene Kirchenkonferenz beschloß fast einstimmig die Einigung der deutschen evangelischen Landeskirchen, vorbehältlich der Zustimmung der oberbischöflichen Behörden. Oesterreich. Als der Kaiser am 12. Juni nachmittags mit dem Flügeladjutanten Major Driankourt von der Hof burg nach Schönbrunn fuhr, trat dem Kaiser in der Mariahilferstraße ein Mann mit hocherhobenem Dolche entgegen. Der Kutscher der Hosequipage versetzte ihm mit der Peitsche einen Schlag über die Hand. Unterdessen nahmen Passanten und ein Sicherheitswachmann den Mann fest. Auf dem Polizeikommissariat wurde festge stellt, daß der Mann 27 Jahre alt und irrsinnig ist, Jakob Reich heißt, Handelsagent ist, bereits in Irren anstalten interniert war und gegenwärtig beschäftigungs los ist. Er ist bereits am 2. Januar d. I. im Zere-