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Meißeritz-Mmg Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend. Donnerstag, den 26. Februar 1903 Nr. 25. Die »Welßeritz-zeltung- erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend und wird an den vorhergehen- denAbenden ausgeaeben. Preis viert eljöbrlich 1 M. 25 Pfg-, zweimonatlich 84 Psg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. - Alle Postan- V°--N»°°°wch°° Paul I-IM-. - Dru-. und V-rl-o o°n «ml MN -chN-Mg-m U°.«h°U°n«-b,°N". MU I°n». -n» H°u-Esch.ft,lch« 69. Jahrgang. Jnlerate, welche bei der bedeutenden Auflage de« Blattes -ine sehr wirk same Verdrehung finden, werden mit 12 P'g., solche aus unserer Amtshaupt mannschaft mit 10 PP. die Spaltzeile oder deren Raum berechnet. — Ta- bellarische und koinplt- zierte Inserate mit ent sprechendem Aufschlag. — Eingesandt, im redaM» WÄMÄL Anzeiger siir Dippoldiswalde und umgegeno. Amtsklatt für die Königliche Amtshauptmannschast, das Königliche Amtsgericht und den Stadtrat zn Dippoldiswalde. Sozialdemokratie u.ahrlich Wahlkreise Frankfurt-Lebus, einer ganzen Reihe von bürgerlicher Parteien gegen ernstlich genug gefährdeten Zwar sind anderseits in Wahlkreisen schon Bündnisse die Sozialdemokratie ange übel Rechnung tragen, sie ist bei der eigenartigen Kon stellation in unseren Parteiverhältnissen nun einmal ge nötigt, ein möglichst gutes Verhältnis zum Zentrum auf recht zu erhalten, das im Reichstage die bei weitem stärkste Partei ist, das aber auch im preußischen Landtage die Stellung der zweitgrößten Fraktion einnimmt. Bei solcher Sachlage sieht sich darum die preußische Regierung u. a. auch mit ihrer Polenpolitik in eine eigentümliche Klemme gebracht, das Zentrum ist und bleibt der Pro tektor der Polen trotz aller von ihnen bereits erfahrenen Undankbarkeit, es ist demnach einigermaßen zweifelhaft, ob der begonnene neue scharfe antipolnische Regierungs kurs wirklich durchgeführt werden sollte, auch wenn das Zentrum ernstlich dagegen Einspruch erheben würde. Die Neubesetzung des durch den Rücktritt des Herrn v. Vitter erledigten Oberpräsidiums von Posen wird vielleicht schon erkennen lassen, ob die jetzige Polenpolitik der Bülowschen Negierung beibehalten werden wird oder nicht. Die innere Lage. Während im Reichstage die Etatsdebatte bei im All gemeinen spärlich bleibendem Besuche des Hauses und unter wachsender Gleichgültigkeit des Publikums einförmig fortklappert, nehmen draußen im Lande die Vorbereitungen für die Reichstagswahlen einen immer lebhafteren Auf schwung. Nur bildet einstweilen eine seltsame Unsicher heit, eine unerquickliche Zerfahrenheit wenigstens im Lager der bürgerlichen Parteien das Charakteristikum der ein leitenden Schritte zum eigentlichen Wahlfeldzuge, von welcher Erscheinung die zielbewußte Wahlarbeit und das geschlossene Vorgehen der Sozialdemokratie auf der ganzen Linie allerdings um so schärfer abstechen. Zahlreiche Vor kommnisse auf bürgerlicher Seite spiegeln diesen Wahl wirrwarr wider, wie, um nur ein freilich besonders Wagendes Beispiel anzusühren, das Auftreten zweier konservativer Kandidaten in dem doch schon von der Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Am vergangenen Sonntage feierte der hiesige evangelische Jünglingsverein in den Räumen des Rathauses sein diesjähriges Stiftungsfest. Der Saal war fast bis auf den letzten Platz gefüllt. Eine große Anzahl Gäste, Eltern und Meister waren erschienen, ein Beweis, welch großes Interesse man in allen Kreisen der Bürgerschaft der Jünglingsvereinssache entgegen bringt. Eingeleitet wurde die Feier durch den gemeinsamen Ge sang: „Lobt froh den Herrn". Hierauf folgte ein vor züglich vorgetragener Prolog, an den sich das Lied „Brüder, seht die Vundesfahne —" anschloß. In be sonders wirkungsvoller Weise wußte Herr Superintendent Hempel durch seine Festansprache allen, den Jünglingen wie den Erwachsene», die Mahnung ans Herz zu legen, in unseren lauen Zeiten „entschiedenes Christentum" zu treiben. Hierauf wechselten Gesänge und Vorträge in wohlgelungener Weise. Ein inniges Gebet, gesprochen von Herrn Pastor Sieber, und der gemeinsame Gesang „Ach bleib mit Deinem reichen Segen —" schlossen die Feier. Jeder Teilnehmer konnte aufs neue die Ueberzeugung gewinnen, daß der Jünglingsverein zu einem segensreichen Institut für Familie, Kirche und Staat werden kann, sobald die rechte Art in ihm gepflegt wird und der rechte Geist in ihm herrscht. Der Dank der Gemeinde mag ein neuer Ansporn sein für alle, die ihre Kräfte diesem edlen Werke widmen. — Von Zeit zu Zeit bringen die illustrierten Zeit schriften Bilder aus den Wundern der Tiefsee, die unser Interesse an diesem Lebensgebiet zu erregen vermögen. Um so mehr wird man darum den heute, Donnerstag, im „Stern" stattfindenden Vortrag im Gewerbeverein über „Die Tiefsee und ihr Leben" begrüßen. Führt er uns doch mit Hilfe von 00 Riesen-Lichtbildern das Leben im Meere vor, wie sich die Tiere an die Verhältnisse ihres Lebensgebietes anpassen, wie sie mit ihren Leuchtapparaten die Tiefe erhellen, wie auch hier der Kampf ums Dasein herrscht, und welche Resultate die Tiefseeforschung bisher aufzuweisen hat. — Der brausende Südwest, dessen schaurige Melodien tagelang unser Haus umheulten, scheint uns doch wenig sten auch den Frühling bringen zu wollen. Das Queck silber im Wärmemesser erkletterte am Montage bereits die Höhe von 18 Grad. In der Pflanzenwelt beginnt es sich geheimnisvoll zu regen. Schon erfreuen das Auge die zarten Blüten des keuschen Schneeglöckchens, vom bunten Kellerhals oder Seidelbast strömt betäubender Duft aus und die Korneliuskirsche bietet mit ihren staub reichen Blüten den hungrigen Bienen mit die erste Speise dar. Abends und morgens ertönen die süßen Liebeslieder )er Amseln und Drosseln und die ersten Stare wiegen ich auf den Spitzen der hohen Linde. Da schwellt auch das arme geplagte Menschenherz wieder neue Hoffnung und sein Wunsch, daß dieses neue frische Leben, welches in der Natur zu pulsieren beginnt, sich auch aufs gewerb liche und geschäftliche Leben übertragen möge, daß auch hier wieder einmal ein neuer Frühling erstehen möge, er ist gewiß ein so bescheidener wie berechtigter. Möchte er in Erfüllung gehen! — Die Notiz in unserer letzten Nummer, die Kirchen fenster betr., ist dahin zu berichtigen, daß nur das eine Fenster aus Mitteln der Lincke- und der Biedermann- Stiftung angefertigt wurde, während das andere ein hiesiger ungenannt bleiben wollender Bürger aus eigenen Mitteln stiftete. — Die königl. Brandverstcherungskammer gibt be kannt, daß mit Genehmigung des königl. Ministeriums des Innern die Brandversicherungsbeiträge am April- termine nur in Höhe von l Pfennig für die Einheit der Gebäudeversicherungsabteilung zur Erhebung gelangen werden. Glashütte. Zu der am Montag hier stattgefundenen Rekrutierung waren 126 Mann erschienen, von welchen nur 23. ca. 15 Prozent, tauglich befunden wurden, gegen 36 Prozent im Vorjahre. Von den 44 Gestellten von Glashütte wurden 5 ausgehoben. Es wurden von den 23 Mann 0 zur Infanterie, 1 zu den Grenadieren, I zu den Schützen, 1 zu den Jägern, 2 zum Train, 4 zur Feldartillerie, I zu den Gardereitern, 1 zu den Ulanen und 1 zur Telegraphenabteilung geschrieben. 75 Mann kamen 1 Jahr zurück, 5 Mann waren untüchtig. — Der am Sonnabend in „Stadt Dresden" abge haltene Uhrmacherball war gut besucht; Konzert- und Vallmusik spielte die Artillerie-Kapelle Nr. 23 aus Pirna. Altenberg. In der Eisenbahn- und höheren Fort bildungsschule hier findet nächsten Freitag die öffentliche Abgangsprüfung der Abiturienten unter Vorsitz des könig lichen Bezirksschulinspektor, Herrn Bang,- als Prüfungs kommissar statt. Dresden. Das Befinden der Königin-Witwe Carola hat sich in letzter Zeit erfreulicher Weise sehr ge bessert, so daß dieselbe täglich wieder Ausfahrten unter nehmen kann. — Auch die Genesung des Prinzen Friedrich Christian schreitet, da derselbe jetzt fieberfrei ist, in erwünschter Weise fort. — Nach hier vom toskanischen Hose eingegangene» Meldungen glaubt man dort mit Bestimmtheit, daß der Papst die zwischen dem Kronprinzen Friedrich August und der ehemaligen Kronprinzessin geschlossene Ehe für nichtig erklären werde. Fernerhin verlautet mit Bestimmt heit, daß die Verhandlungen der Prinzessin mit ihre« Eltern zu einer friedlichen Lösung in allernächster Zeit führen werden. Die Prinzessin wird aller Wahrscheinlich keit nach schon in den nächsten Tagen in eine der väter lichen Besitzungen übersiedeln. (P. A.) Pirna. Eine Kesselerplosion erfolgte am Sonn- abend nachmittags 4 Uhr in der sogen. Scheibenmühle im Polenztale bei Heeselicht. In der genannten Mühle, in der Holzstosfabrikation betrieben wird, war der In genieur Paul Hartig vom Emaillierwerk Radebeul bei Dresden an dem neu zur Ausstellung gelangten, etwa 5 Meter langen Kessel (ein sogenannter Holzdämpfech oder in dessen Nähe beschäftigt, als der letztere unter starker Detonation zersprang. Die Hälfte des Kessels ist durch die Wand und das Fenster auf den Hof geschleudert worden, auch das Gebäude selbst sowie die angrenzenden Baulichkeiten weisen erhebliche Beschädigungen auf. Der anwesende Ingenieur erlitt bei dem Unglück schwere Brandwunden am gesamten Körper und es machte sich seine Uebersührung nach dem Stadtkrankenhause zu Pirna notwendig. Man zweifelt an dem Wtrderaufkommen des Bedauernswerten. Eine Schuld an dem Unglücke kann niemand beigemessen werden. Meißen. Der Bezirksverband Sachsen des deutschen Schmiedeverbandes, der im vorigen Jahre in Dresden ins Leben gerufen wurde, hält seinen nächsten Konkursverfahren. Ueber das Vermögen des Kürschnermeisters und Hausbesitzers Friedrich August Thümmel in Dippoldiswalde wird heute, am 23. Februar 1003, vormittags ^/r11 Uhr, das Konkursverfahren eröffnet. Der Rechtsanwalt Süß in Dippoldiswalde wird zum Konkursverwalter ernannt. Konkursforderungen sind bis zum 20. März 1003 bei dem Gerichte anzumelden. Es wird zur Beschlußfassung über die Beibehaltung des ernannten oder die Wahl <ines anderen Verwalters, sowie über die Bestellung eines Gläubigerausschusses und «intretenden Falles über die in § 132 der Konkursordnung bezeichneten Gegenstände bahnt, ja, teilweise bereits abgeschlossen worden, von einem allgemeineren Zusammengehen der ersteren wider den gemeinsamen Feind ist indessen noch lange keine Rede, Ler „Vorwärts" hätte sich darum seine Phantasterei von einem angeblich vereinbarten Wahlkartell der „Zoll wucherer", d. h. der Mehrheitsparteien des Reichstages, welche dem neuen Zolltarif zum Siege verhalfen, getrost sparen können. Die Allianz des Zentrums, der beiden konservativen Parteien und der Nationalliberalen in der Zolltarifangelegenheit war eben lediglich für den gedachten Zweck abgeschlossen worden, an ihre etwaige Verwertung darüber hinaus, speziell in Bezug auf die kommenden Reichstagswahlen, konnten höchstens recht optimistisch ver anlagte Naturen denken. Bei den mancherlei Gegensätzen, die zwischen dm verschiedenen Elementen der gewesenen Zollmehrheit des Reichsparlaments schon längst behänden und noch immer fortdauern, würde ihre Zusammen- schweißung für die Neuwahlen in der Tat auch auf be sondere Schwierigkeiten stoßen. Dies gilt besonders von Lem Verhältnis des Zentrums zu den Nationalliberalen, beide Parteien haben ihre erbitterte Gegnerschaft zu ein ander aus den Zeiten des Kulturkampfes noch nicht ver gessen. Und gerade jetzt droht der kirchenpolitische Antagonismus zwischen ihnen erneut aufzuleben, anläßlich der nationalliberalerseits gestellten Interpellation im preußischen Abgeordnetenhause wegen des Vorgehens gegen die paritätische höhere Töchterschule in Trier. Zweifellos wird die Interpellation zu hitzigen Ausein andersetzungen der beiden Parteien führen, und dann -würde natürlich ein Zusammengehen derselben im Wahl- tkampfe um so schwieriger sein. Ueberhaupt scheint aber gerade das Zentrum die Dinge hinsichtlich einer Wahl koalition mit anderen Parteien sehr an sich herauskommen lassen zu wollen, da es ja eine bevorzugte und be herrschende politische und parlamentarische Stellung ein nimmt, hat doch sein bayrischer Flügel mit dem Sturze Les bayrischen Ministerpräsidenten Grafen Crailsheim so eben wieder einen unläugbaren Erfolg davongetragen; wohl scheinen auch Verstimmungen zwischen dem Prinz- Regenten Luitpold und dem Grafen Crailsheim in die Rücktrittsangelegenheit des letzteren hineingespielt zu haben, aber in der Hauptsache ist der bisherige leitende Staats mann Bayerns offenbar dem konsequenten Vorstöße der Partei der Herren Daller und Schädler gegen seine Stellung zum Opfer gefallen, womit sich der wachsende Einfluß des Zentrums auf die Regierung Bayerns klar dokumentiert. Schon jetzt steht kaum zu bezweifeln, daß dieser bedeutsame Triumph der bayrischen Zentrumspartei auch der Stellung und dem Ansehen der Gesamtpartei im Reiche zu gute kommen wird. Dieser Tatsache muß vor -allem die Reichs- und die preußische Regierung wohl oder I und zur Prüfung der angemeldeten Forderungen auf den 1. April 1903, vormittags 10 Ahr, vor dem unterzeichneten Gerichte Termin anberaumt. Allen Personen, welche eine zur Konkursmasse gehörige Sache m Besitz haben oder zur Konkursmasse etwas schuldig sind, wird aufgegeben, nichts an den Geinein schuldner zu verabfolgen oder zu leisten, auch die Verpflichtung auferlegt, von dem Be- sitze der Sache und von den Forderungen, für die sie aus der Sache abgesonderte Befriedigung in Anspruch nehmen, dem Konkursverwalter bis zum 15. Marz 1903 An zeige zu machen. ., ... K. i/03. Königliches Amtsgericht zu Dippoldiswalde.