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Die „Weiberitz-Zeitung" «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend und wird an den vorhergehen- denAbenden ausgegeben. Preis vierteljährlich l M. 25 Psg-, zweimonatlich S4 Pfa-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- ^talten, Postboten, sowie -unsere Agenten nehmen Bestellungen an. Weißeritz-Zeitling. Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend. Inserate, welche bei den bedeutenden Auflage de» Blattes eine sehr wirk same Berbreitung finden werden mit 12Pfg., solche aus unserer Amtshaupt mannschaft mit 10 Psg. die Spaltzeile oder der«» Raum berechnet. — Ta bellarische undcompllcirte Inserate mit entsprechen dem 'Ausschlag. — Einge sandt, im redactionelle« Theile, di- Spaltcnzeil« 20 Psg. Amtsblatt für die Königliche Umtsyauptmaimfchast, das Königliche Amtsgericht und den StadkaH M Dippoldiswalde. Verantwortlicher Vedacteur: Paul Jelpie. -- Druckt und Verlag von Carl Jehne in Dippoldiswalde. Mit achtfeitigem „Jllustrirten Anterhaltungsblatt". Mit land- und hauswirthschaftlicher Monats-Beilage. Nr. 139. Sonnabend, den 6. Dezember 1902. 68. Jahrgang. . VI. " HI Nachdem die Arbeiten auf der Straßenneubaustrecke Liebstadt—Börnersdorf wegen eingetretenen Frostes und Schneefalles eingestellt worden sind, sind auf der End strecke vom Auftreffen des Liebstadt—Lichtenberg—Börnersdorfer Kommunikationsweges auf die neue Linie bis zum Bauende interimistische Schutzschranken zur Markirung des für den Berkehr verfügbaren Fahrwegs hergestellt worden. Solches wird mit dem Bemerken zur öffentlichen Kenntlich gebracht, daß dieser Fahrweg nur vorsichtig benützt und die zwischen den Rockmannschen Scheunen und dem Bauende gelegene Strecke nur langsam im Schritt befahren werden darf. Zuwiderhandlungen werden mit Geldstrafe bis zu 60 Mark oder Haft geahndet werden. Königliche Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, am 4. Dezember 1902. 1272A J A.: Böttger, Bezirksassessor. Sch. Herr Gutsbesitzer Karl Hermann Mühle in Liebenau ist als Eemeindeältester seines Wohnortes auf die nächsten 6 Jahre — d. i. bis Ende November 1908 — in Wicht genommen worden. Königliche Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, am 3. Dezember 1902. 1232A. I. A.: Böttger. Hl. Auf Blatt 9 des hiesigen Genossenschaftsregisters, die Genossenschaft unter der Firma: Müllerei-, Bäckerei- und Lagerhausgenossenschast Oberes Muglitzthal, eingetragene Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht mit Sitz in Bärenhecke betreffend, ist heute eingetragen worden, daß Friedrich Wilhelm Klotz in Värenhecke und Martin Hermann Petzold in Stadt Bärenstein aus dem Vorstande ausgeschieden und der Gutsbesitzer und Gemeindevorstand Trau» gott Herzog in Johnsbach, sowie der Gutsbesitzer Otto Grahl in Liebenau Mitglieder des Vorstandes sind. Dippoldiswalde, den 5. Dezember 1902. kex. II 193/02. Königliches Amtsgtticht. Konkursverfahren. In dem Konkursverfahren über das Vermögen des Viehhändlers und früheren Gutsbesitzers Karl Clemens Haubold, zuletzt in Obercarsdorf wohnhaft, ist zur Ab nahme der Schlußrechnung des Verwalters der Schlußtermin auf den 10. Dezember 1902, Bormittags 10 Ahr, vor dem hiesigen König!. Amtsgerichte bestimmt und das Konkursverfahren, da eine den Kosten des Verfahrens entsprechende Konkursmasse nicht vorhanden ist, eingestellt worden. Dippoldiswalde, am 3. Dezember 1902. K. 4/02 Nr. 32. Königliches Amtsgericht. Fortsetzung des amtlichen Theiles in der 2. Beilage. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Bei den in letzter Zeit abge haltenen Wahlfähigkeitsprüfungen für Schulamtskandidaten bestanden das Eramen der hiesige Hilfslehrer Herr Grellmann am Friedrichstädter und Herr Möbius in Reinholdshain am Neustädter Seminar in Dresden. Döbeln. Das Ergebniß der Stadtverordneten mahl am 1. Dezember wurde mit ziemlicher Spannung erwartet, weil sich vor der Wahl eine neue Beamten- und Lehreroereinigung gebildet hatte, die auch mehrere festbesoldete Bürger zum Vorschlag brachten. Keine der Listen ist glatt durchgegangen, doch dürften alle betheilig- ten Kreise so ziemlich zufrieden sein. Von 1293 wahl berechtigten Bürgern übten 850 oder 73 Prozent ihr Wahlrecht aus. Einen bedeutenden Stimmenzuwachs erhielten die sozialdemokratischen Kandidaten, deren Stimmenzahl von 83, 61 und 57 auf 206, 144, 128 und 125 wuchs. Plauen i. B. Wie Superintendent Lieschke in der Diözesanversammlung der Ephorie Plauen mittheilte, hat sich hier das im ganzen Sachsenlande einzig dastehende Ereigniß vollzogen, daß ein hiesiger Christ um einer Jüdin willen zum Judenthum übergetreten ist. Tagesgeschichte. Berlin. Wie stürmisch cs im Reichstage immer noch zugeht, kann man aus einem Berichte über die Sitzung am 4. Dezember ersehen. Das Haus ist sehr gut besucht. Abg. Blankenhorn (nl) berichtet über die Zolltarifpositionen 176 bis 189. Wurm (Soz.) beantragt die Zurückverweisung einzelner Positionen an die Kom mission. Abg. Spahn (Z) beantragt Uebergang zur Tagesordnung über diesen Antrag. Wurm (Soz.) spricht darauf ausführlich gegen den Uebergang zur Tagesord nung aus. Im Verlauf einer stürmischen Szene im An schluß an eine Geschäftsordnungsdebatte ruft Vizepräsident Graf Stolberg den Abg. Singer (Soz), der die zur Rednertribüne führende Treppe betreten hat, und diese nicht verlassen will, dreimal zur Ordnung und schließt ihn dann von der Sitzung aus. Sodann vertagt er die 'Sitzung auf eine halbe Stunde, da Singer die Treppe nicht verläßt. Der Lärm war während dieses Vorganges so groß, daß Vizepräsident Graf Stolberg und Abg. Spahn (Z.), der auf der Rednertribüne stand, sich nicht verständlich machen konnten. Amerika. Dem amerikanischen Kongreß ist am Dienstag die übliche Botschaft des Präsidenten Roosevelt zugegangen. Roosevelt weist in derselben auf den an dauernden wirthschaftlichen Aufschwung der Vereinigten Staaten hin, erinnert an seinen Entschluß, das Trustwesen zu reformiren und verbreitet sich dann über die Zoll politik Amerikas. Roosevelt bezeichnet es als einen Haupt- grundsatz derselben, die amerikanischen Handelsinteressen mit den ausländischen mindestens auf den gleichen Fuß zu stellen; die Frage der Gegenseitigkeitsverträge unter zieht er einer ausführlichen Eröiterung. Des Ferneren läßt er sich in der Botschaft über finanzielle und sozial politische Fragen und die Einwanderungsgesetzgebung aus. Im letzten Theile der Botschaft bespricht Roosevelt den Stand z der Panamakanal-Angelegenheit, versichert die übrigen amerikanischen Staaten der friedlichen Gesinn ungen der Union, ermahnt jene aber, Ordnung im eigenen Gebiet zu halten. Schließlich betont Roosevelt nochmals die Monroe-Doktrin. Kinderlieder auf Weihnachten. Ist es nicht, als sei Weihnachten das Fest des himm lischen Kindes, aus diesem Grunde zugleich auch, wie kein anderes, das Fest unserer Kinder und solcher, die, obwohl vielleicht schon ergrauten Haares, im Herzen sich Kindes sinn, Kindcsgemüth bewahrt haben? Kinder aber, d. h. rechte echte Kinder und nicht etwa verzogene Mode püppchen und altkluge Naseweise, kann man sich nicht anders vorstellen, als fröhlich jubelnd und singend, zumal wenn die Liebe ihren Tisch mit verlockenden Gaben ge oeckt hat. So ist das liebe Weihnachtsfest das Freuden- und Jubelfest unserer Kinderwelt geworden, die dem gött lichen Kinde im Verein mit den himmlischen Heerscharen in geweihter Nacht ihre Loblieder singt. Wer vermöchte sie alle aufzuzählen, die kindlich frommen Weisen, die all jährlich um die Weihnachtszeit aus Kindesherzen und von Kindeslippen erklingen? Einigen der wichtigsten und innigsten zu lauschen, macht aber um so größere Freude, als vielfach über dieselben falsche Vorstellungen verbreitet sind, die zu berichtigen eine ebenso schöne als dankbare Aufgabe ist. Wer kennt nicht vor Allem vr. Martin Luthers „Kinderlieb auf die Weihnachten vom Kindlein Jesu?" Es ist ja zur Genüge bekannt, was für ein großer Kinderfreund der Reformator war, der, nachdem er im Jahre 1525 mit seiner Käthe den Bund der Ehe ge schlossen hatte, gerade ein halbes Dutzend, drei Knaben und drei Mägdelein, sein Eigen nannte. Natürlich konnte es nicht fehlen, daß er alljährlich das liebe Wcihnachts- fest im Kreise seiner Lieben, zu denen sich noch einige gute Freunde, darunter vor Allem „Magister Philippus" (Melanchthon), gesellten, gar herzerhebend feierte. Denn Luther war ein großer Verehrer der „Frau Musika", von der er einmal rühmte: „Wer sich die Musik erkiest, Hat ein himmlisch Werk gewonnen, Denn ihr erster Ursprung ist Von dem Himmel selbst genommen Weil die lieben Engelein Selber Musikanten sein!" Und da er zugleich ein gottbegnadeter, edler Dichter war, so verfaßte er eigens für die Christfeier des Jahres 1534 das erwähnte „Kinderlied", das bekanntlich anhebt: „Vom Himmel hoch, da komm ich her, Ich bring Euch gute, neue Mär, Der guten Mär bring ich so viel, Davon ich singen und sagen will." Diese Strophe und die folgenden mit Einschluß der fünften: „So merket nun das Zeichen recht: Die Krippen, Windelcin so schlecht. Da sindet Ihr das Kind gelegt, Das alle Welt erhält und trägt," sind als Botschaft des Engels der Verkündigung auszu fassen, wobei sich Luther in der Hauptsache an die Weih nachtsgeschichte des Lukasevangeliums hielt. Die nächsten Strophen schildern den Entschluß der Hirten, das Kindlein aufzusuchen, und die Wirkung, welche die Botschaft im Herzen der Gläubigen Hervorrust. Es kann heute als er wiesen gelten, daß Luther sowohl m der textlichen Form, wie in der ursprünglichen, dem Liede zu Grunde gelegten Melodie sich an ein weltliches Vorbild gehalten hat. Wir dürfen nämlich nicht vergessen, daß in der damaligen Zeit das deutsche Kirchenlied sich erst aus dem lateinischen heraus zu entwickeln bezw. von demselben loszulösen be gann. Man nahm weltliche Texte und legte ihnen mit Abänderung weniger Worte einen religiösen Sinn unter, behielt aber die ursprüngliche (weltliche) Melodie bei. Da hieß es z. B.: „Es hat ein man sein wip verlor'n. contmtactum uf einen geistlichen Sinn: Es hat ein mensch gotts Huld verlor'n," oder: „Das Lied von der Frau Fischerin, geistlich zu singen im weltlichen Ton." Das Lied fahrender Handwerksburschen in Süddeutschland: „Innsbruck, ich muß dich lassen, Ich fahr' dahin mein Straßen . Ins fremde Land hinein" usw. lautete nun: „O Welt, ich muß dich lassen, Ich fahr' dahin mein Straßen Ins ew'ge Vaterland" usw. unter Beibehaltung der weltlichen Melodie, die wir noch heute häufig im Gottesdienste (z. B. bei den Liedern: „Nun ruhen alle Wälder", „O Welt sieh' hier dein Leben" u. A.) hären. Luther hatte offenbar bei Abfassung seines „Kinder liebes" das beim Tanze um die Dorflinde vielfach ge sungene Lied im Sinne: „Ich komm aus fremdem Lande her Und bring Euch viel der neuen Mär, Der neuen Mär bring' ich soviel, Davon ich singen und sagen will." Auch die Melodie zu diesem „Kranzliede" behielt Luther zunächst bei. Daher heißt es in älteren Drucken des Lutherliedes: „Im Tan wie man umb krentz singt." Es ist dies jene Melodie, die noch heute zu dem Liede: „Vom Himmel kam der Engel Schaar" gesungen wird. Luther aber fühlte das Bedürfniß, für sein „Kinderlieb" eine eigene Melodie zu schaffen, die dessen innerem Wesen mehr entspräche. So entstand unsere Weise. Dieselbe begegnet uns zuerst im Schumannschcn Gesangbuche (1539) und wird bis auf diesen Tag zum Liede „Vom Himmel hoch" gesungen. Sie ist leicht und fließend, auch musi kalisch mannigfaltiger und ansprechender, als die Volks weise, die etwas Schleppendes und Ermüdendes hat. Als Kuriosum sei erwähnt, daß sich in einem Gesang buche aus dem Jahre 1544, das für Schulen be stimmt mar, ein fünsstimmigcr Tonsatz zu unserem Liede befand, worin der Sopran die (ältere) weltliche, der Tenor die (jüngere) Lutherische Melodie zugleich zu singen hatte. Ist aber „Vom Himmel hoch" gewissermaßen das „Kinderlied auf Weihnachten" im erlesensten Sinne, so dürfen wir „O du fröhliche, o du selige" und „Stille Nacht, heilige Nacht" als die volksthümlichsten von allen bezeichnen. Der Tert zu dem erstgenannten, das be kanntlich in seinen drei Strophen, die drei hohen christ lichen Feste behandelt, hat Johannes Falk zum Verfasser, jenen im Jahre 1826 verstorbenen verdienstvollen Grün der einer Erziehungsanstalt für Verwahrloste und päda- gogischcn Schriftsteller in Weimar. Er vcrsaßte im Jahre 1816 die bekannten Strophen im engsten Anschluß an die