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L. Beilege Mr Weißmtz-ZkiwW. Nr. 138. Donnerstag den 4. Dezember 1902. 68. Jahrgang. Sächsisches. — Saatenstand im Königreich Sachsen Mitte November 1902. Während der Berichtszeit — 15. Ok tober bis 15 November — herrschte im Allgemeinen trockene, sonnige, der Jahreszeit angemessene, nicht zu warme Witterung vor. Nur 1n der ersten Halste waren trübe und regnerische Tage in größerer Zahl zu ver zeichnen. Dagegen sind im November nur sehr wenig Niederschläge gefallen. Die Feldbestellungsarbeiten konnten bei dieser Witterung fast überall beendet werden, auch die Grummet-, Kartossel- und Nübenernte hat ihren Abschluß gefunden. Die Saaten kommen zum Theil nicht gut in den Winter. Zwar stehen die zuerst bestellten zufrieden stellend, aber sie haben sich nicht sehr bestockt und kräftige Bestände sind daher außerordentlich selten. Die später bestellten Saaten sind z. Th. noch gar nicht aufgegangcn. Die Samen keimen sehr langsam. Als Ursachen sür diese Erscheinung werden hauptsächlich, namentlich in der Ober lausitz, Trockenheit und mangelnde Wärme angesührt. Auch wird die Schuld z. Th. auf das unter den un günstigsten Verhältnissen geerntete Saatgut zurückgesührt. Aus der Hälfte der Bezirke kommen Klagen über Schäden, welche die außerordentlich zahlreich ouftretenden Mäuse den Saaten und ganz besonders auch dem Stoppelklee zugesügt haben. Auch wird von einigen Berichterstattern das Auftreten von Ackerschnecken erwähnt. — In der Amtshauptmannschaft Freiberg mit Delegation Sayda standen die neuen Saaten durchgängig gut, der Stoppelklee stand gut bis mittel. Aus dem Bezirk Frei- berg-Brand-Großhartmannsdorf wird berichtet, daß die anhaltend schöne, warme Witterung die Entwickelung der Wintersaaten einschl. der spät bestellten günstig beein- slußt hat. Die kranken Kartosfeln vermehren sich mehr fach in den Feimen, — Die Auslösung des sogenannten Bergbcgnadig- ungsfonds hat letzthin bei den Kollegien verschiedener sächsischer Städte als Berathungsgegenstand Vorgelegen; wie in andern Gemeinden, so wurde auch hier der Auf lösung des Fonds zugestimmt, jedoch mit dem Vorbehalte, daß der auf die Stadt Dippoldiswalde entfallende Betrag bei Auslösung des Fonds an diese ausbezahlt wird. Es wird interessiren, wie dieser „Bergbegnadigungsfonds" entstanden ist. Im Jahre 1833 wurden einer Anzahl Städte und Gemeinden gewisse Steuerrechte vom Staate genommen und ihnen als Ersatz hierfür der sogenannte Bergbegnadigungsfonds zugewiesen. Die hiesige Stadt beispielsweise erhielt 662/3 Aktien ä 30 Mark zuertheilt. Es wurden nun in, Laufe der Jahre verschiedene Erz gruben angelegt, so Oberschlema, Planschwitz, Annaberg ,c., doch war der Verdienst fast durchweg eiu geringer, des halb wurde der Betrieb nach und nach eingestellt. Der jeweilige Geschäftsbericht lautete saft durchweg ungünstig; die Ausgaben waren in den meisten Jahren höher als die Einnahmen. Nach dem letzten Berichte beläust sich das Vermögen des Fonds auf 83,510 Mk. Nach den Auslösungsbedingungen gelangt der Betrag freilich erst nach 20 Jahren zur Verlheilung; bis dahin ist noch ein beträchtlicher Zinsenzuwachs zu erwarten. — Die Stadt Altenberg stimmt der Auflösung des Fonds nicht zu. Deutschenbora. Zu der auch von der „Weiß.-Z." gebrachten Nachricht des Viehverkaufs nach Serbien schreibt jetzt der Pächter des Rittergutes Deutschenbora, Bochmann: „In Ihrer Zeitung bringen Sic die Mit- theilung, daß von meiner hiesigen Stammherde 40 Stück Schafe nach Serbien verkauft sind. Berichtigend beehre ich mich, Ihnen mitzutheilen, daß 46 Stück tragende Mutterschafe und 4 Böcke aus meiner Hampshiredown- Vollblut-Echasherde an das Königreich Serbien verkauft worden sind; die Thiere sind in Begleitung meines Echaf- meisters am Mittwoch nach Belgrad abgcgangen. Es ist dieser Verkauf insofern bemerkenswerth, als er zeigt, mit welcher planmäßigen zielbewußten Fürsorge die serbi sche Regierung die heimischen Viehschläge zu verbessern bestrebt ist. Daß die Auswahl in Deutschland erfolgt ist, ist insofern erfreulich und als ein Zeichen der Blüthe unserer heimischen Viehzucht zu betrachten, als diese Fleisch- schasrasse ursprünglich aus dem viehzüchterisch früher un erreicht dastehenden England stammt und Anschaffungen von Regierungen bisher stets dort gemacht wurden, jetzt haben wir Deutschen aber auch auf diesem Gebiet Eng land erreicht. Zur Auswahl war der Landesthierzuchl- Jnspektor für das Königreich Serbien und der Inspektor des serbischen Landwirthschastsministerinms B. M. Misko- witzsch hier. Die Herren hatten vorher für ihre Regierunng Anglo-Normänner-Hengste in Frankreich und Simmenthaler Zuchtrinder in der Schweiz getauft." Pirna. Später als in den früheren Jahren kehren diesmal die sogenannten „Sachsengänger", welche auf den Rittergütern der Umgegend während des vergangenen Sommerhalbjahres in landwirthschaftlichen Betrieben be schäftigt waren, in die Heimath zurück. Vereinzelten kleinen Trupps in den letzten Tagen folgte am Montag ein zahlreicher Transport polnischer Landsleute, welche die Kamenzer Linie zu ihrer Abreise benutzten. Dieselben hielten vorher in hiesiger Stadt noch einmal gründlich Umschau, wobei sie sich mit allerhand Gebrauchsartikeln aus den hiesigen Geschäften versahen, so daß sämmtliche Leute tüchtig mit Hocken und Koffern bepackt waren. — Die böse Rechtschreibung! Unter dieser Spitzmarke erzählt man folgendes Vorkommniß: Vor kürzerer Zeit fuhr ich mit dem Zuge 3 Uhr 20 Min. Nachmittags von Pirna nach Dresden; selbiger hält auf den Zwischen stationen nicht. An der Masch ne des einfahrenden Zuges war ein T angebracht, was heißen soll: „Telegraphcn- störung!" Zwei ländliche Leut' wollten auch etwas schneller in Dresden sein, benutzten demnach auch diese Verbindung. Beim Anblick dieses T sragte der eine Wartende: „Du, was heeßt denn das T?" — „Nu, das heeßt: Direkter Zug!" war die Antwort des Ge fragten. Niederzwönitz. Unser Ort gehört seit alter Zeit zu denen, die zwei Schule» besitzen. Das Dorf ist deshalb in zwei Schulbezirke getheilt. Schon seit längerem genügen die Räume besonders der oberen Schule nicht mehr, und man mußte den Bau einer Zentralschule ins Auge fassen. Nun ist man durch den Ankauf eines Cchulbauplatzes einen gewichtigen Schritt weiter gekommen. Der Schulvorstand hat in der letzten Sitzung beschlossen, unter den drei angebotcnen Bauplätzen den von den Gutsbesitzern Noth und Wetzel angebotenen endgiltig zu wählen. Der Platz liegt gerade auf der Grenze dn- beiden Schulbezirke. Er hat eine Größe von 300 Quadra: ruthcn und kostet die immerhin beträchtliche Summe von 5400 Mark; doch war er der billigste Platz, der zu haben war. Der Bau dürste im nächsten Jahre be ginnen.