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Mcheritz-Mimg Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend Amtsblatt für die Königliche Umtsyanpimamschast, das Königliche Amtsgericht nnd den Stadtratlj zu Dippoldiswalde. 68. Jahrgang. Sonnabend, den 9. August 1902. Nr. 90. Verantwortlicher Aedacteur: Paul Irhnr. - Druck und Verlag von Carl Irhne in Dippoldiswalde. Mit »chtfeitigem „Jllustrirten Unterhaltungsblatt". Mtt land- «n» hauswirthschaftlichs, Mona1,'Be«ag«. Die „Weiheritz-Zeitung" erscheint wöchentlich drei« mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend und wird an den vorhergehen- denAbenden ausgegeben. Preis vierteljährlich l M. 25 Psg., zweimonatlich 84 Psg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. - Alle Postan- Aalten, Postboten, sowie unsere Agenten nehmen Bestellungen an. Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage de« Blattes eine sehr wirk« same Verbreitung finden, werden mit l2Psg., solche aus unserer Amtshaupt mannschaft mit 10 Pfg. die Spaltzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische undcomplicirte Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. - Einge sandt, im redactionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg. Mmimts m>s die „Mmij-MW" nehmen alle kaiserlichen Postanstalten, Briefträger, unsere Zeitungsboten und die unterzeichnete Expedition entgegen. Inserate werden in unserer Expedition und in allen unseren Annoncen-Annahmestellen angenommen und finden die weitgehendste Verbreitung. Ae Miim kl „Nchmtz-MW". Die englische Königskrömmg. An diesem Sonnabend soll endlich in London die feierliche Krönung des Königs Eduard VII. und seiner Gemahlin Alexandra stattfinden, nachdem dieser bereits für den 26. Juni geplant gewesene Akt durch die schwere Erkrankung des Königs und seine hierdurch bedingte Operation auf Leben und Tod damals unausführbar ge worden war. Es ist ja noch frisch in Aller Erinnerung, weich' großen Schrecken und welch'tiefgehende Bestürzung in jenen für England so ernsten Junitagen die ganz un erwartete Kunde von der hochkritischen Wendung im Be finden König Eduards in den weitesten Kreisen der briti schen Nation hcrvorrief und von welcher Niedergeschlagenheit dieselbe ergriffen wurde, als es hieß, daß die so glänzend zugerüstete Krönungszeremonie einstweilen verschoben werden müsse. Diese letztere Stimmung im englischen Volke war allerdings völlig begreiflich, hatten doch die Krönuugsfestlichkeiten gewissermaßen zugleich den Charakter einer imposanten Siegesfeier tragen sollen, im Hinblick auf den so kurz vorher erfolgten Friedensschluß von Pretoria, welcher den langen und opferreichen Krieg in Südafrika zu Gunsten Englands beendigte, und es war wirklich nichts versäumt worden, um bei dieser Gelegen heit die Weltmachtsstellung des siegreichen Englands zum prägnanten Ausdruck zu bringen. Das einstweilige Unter bleiben der Krönung vereitelte jedoch die beabsichtigte politische Verwerthung des Festes, wenngleich einzelne Theile des ausgestellten Programms trotz alledem zur Ausführung gelangten, und die Enttäuschung hierüber war jenseits des Kanals allgemein. Außerdem jedoch kam es sehr bald überall zum Bewußtsein, daß der nothgedrungene vorläufige Verzicht auf die Krönungsfeier eine schwere volkswirthschaftliche Schädigung bedeutete, da in London seit Wochen ja schier das gesammte öffentliche Leben auf den Krönungsakt zugeschnitten worden war, und da man den Vorbereitungen hierauf auch in der Provinz mehr oder weniger Rechnung getragen hatte. Gewaltige Summen gingen daher verloren, als nun die Feier zu nächst nicht stattfinden konnte, und es war deshalb auch unter diesem Gesichtspunkte durchaus verständlich, wenn in weiten Vevölkerungskreisen Englands Enttäuschung und Mißvergnügen herrschten. Andererseits konnte es aber eigentlich überraschen, daß die schwere Erkrankung König Eduards eine so allgemeine, tiefgehende und anhaltende "Theilnahme im englischen Volke hervorrief, denn bislang war im Auslande vielfach die Meinung verbreitet ge wesen, daß König Eduard VII. seinem Volke gerade nicht so sehr nahe stünde. Das war nun freilich ein Jrrthum, wie die echte und alle Stände und Schichten des engli schen Volkes gleichmäßig durchzitternde Besorgniß um das Leben des Monarchen alsbald offenbarte. Eine solche Stimmung konnte nur einem wirklich volksthümlichen und beliebten Herrscher entgegengetragen werden, und diese Stellung in, Herzen der Nation hat sich Eduard VII. augenscheinlich Erobert, vermuthlich nicht zum wenigsten infolge seiner thatkräftigen persönlichen Initiative zur Be endigung des Burenkrieges. Und diese liebevolle Vesorgniß um den schwerkranken Monarchen, dessen Leib die Messer Ler Chirurgen zerschnitten hatten, drängte auch bald die Verstimmung und das Mißvergnügen über den Aufschub -er Krönung in den Hintergrund. In den nächsten Wochen auf die Operation galt das Interesse der engli schen Nation fast nur dem Befinden des Königs, angst- j voll wurden überall die offiziellen Berichte über seinen Zustand studirt, und Optimismus wechselte mit Pessimis mus ab, da immer wieder Gerüchte über den angeblich recht bedenklichen Zustand des hohen Kranken auftauchten. Aber allmälich stellte sich angesichts der stetig günstiger klingenden Berichte über das Befinden des Königs doch wachsende Zuversicht ein, und als nun vollends seine Ueberführung nach Lowes gelang, da hat sich seitdem jenseits des Kanals allenthalben die bestimmte Zuversicht Lon der zu erwartenden völligen Wiedergenesung des verehrten Monarchen festgesetzt. Die behandelnden Aerzte haben denn nun auch in der Ueberzeugung, daß von den Anstrengungen der Krönungszeremonie keinerlei nach theiligen Wirkungen auf das Befinden des Monarchen zu befürchten seien, ihre Zustimmung zur Vornahme des festlichen Akts am 9. August gegeben. Aber freilich, die richtige Feststimmung wird hierbei fehlen, wie dies nach dem Vorangegangenen auch gar nicht gut anders sein kann, und die Gestalt des noch immer recht hinfälligen Herrschers dürfte jedenfalls bei der gejammten Zeremonie einen seltsamen Eindruck machen. Es muß denn auch noch dahingestellt bleiben, ob die Krönung des englischen Königspaares, die nun endlich nach langen Wochen des Harrens und Zweifelns vor sich gehen soll, unter den obwaltenden Umständen jenen belebenden Einfluß auf das nationale Empfinden des britischen Volkes, jene begeisternde Wirkung auf dasselbe ausüben wird, wie es ursprünglich wohl in den Londoner Regierungskreisen von der ge- sammten Feier erwartet worden war. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Zur Zeit ist man hier beschäftigt, die Bahnhofstraße frisch zu versteinen und in guten fahr baren Stand zu setzen, auch die ziemlich ausgetretenen Bordsteine sind durch granitene ersetzt worden. — Von dem Prämiirungs-Ausschusse der Eewerbe- und Industrie-Ausstellung zu Zittau, sowie den Aus stellern hat die Wahl der Preisrichter in den letzten Tagen stattgefunden. Aus unserer Stadt ist Herr Stellmacher- meister Klemm, als intelligenter Fachmann weit und breit rühmlichst bekannt, zum Preisrichter für die Gruppe: Wagenbau und Transportmittel ernannt worden, obwohl er selbst nicht ausgestellt hat. — Theater. Am Montag, an welchem Tage „Hofgunst" vor einem recht zahlreichen Publikum mit noch größerem Erfolge als bei der Erstaufführung hier zum zweiten Mal gespielt wurde, war das Theater zahl reicher besucht als am Mittwoch, als das bekannte Lust spiel „Krieg im Frieden" wieder einmal den Zuhörern einige recht vergnügte Stunden bereitete. Sehr unterstützt wurde die launige Wirkung durch das vortreffliche Spiel; denn Herr Schneider spielte den kameradschaftlichen Leut nant ebenso gut als Herr Heynau den ritterlichen, Frau Heynau die feurige Ungarin ebenso vorzüglich wie Fräul. Ramseyer und Fräulein Lauermann die etwas ruhigeren deutschen Mädchen. — Interessantes Datum. Am Sonnabend, den 9. August d. I., früh Morgens eine Minute und eine Sekunde nach 1 Uhr, wird ein interessantes Datum zu verzeichnen sein. Es wird nämlich dann sein: die zweite Sekunde der zweiten Minute der zweiten Stunde des zweiten Tages der zweiten Woche des zweiten Monats der zweiten Hälfte des zweiten Jahres des zwei Mal zehnten Jahrhunderts. — Den 29 ärztlichen Vezirksvereinen des Königreichs Sachsen gehörten Anfang Juli 1902 insge- sammt 1945 Mitglieder an, das sind 51 mehr als zu derselben Zeit des Vorjahres. Von den Mitgliedern be fanden sich in den Kreishauptmannschaften Bautzen 141, Dresden 721, Leipzig 604, Chemnitz 245 und Zwickau 234. Was die einzelnen Vezirksoereine betrifft, so zählten Mitglieder: Zittau 48, Löbau 32, Bautzen 41, Kamenz 20, Dresden-Stadt 389, Dresden-Land 133, Dippoldis walde 21, Pirna 67, Freiberg 35, Meißen 51, Großen hain 25, Leipzig-Stadt 328, Leipzig-Land 105, Borna 25, Grimma 40, Oschatz 33, Döbeln 43, Rochlitz 30, Chemnitz- Stadt 103, Chemnitz-Land 39, Flöha 21, Marienberg 16, Annaberg 29, Glauchau 37, Zwickau 79, Plauen 61, Schwarzenberg 35, Auerbach 29 und Oclsnitz 30. — Die sogenannte bornaische Pferdekrankheit, die ihren Namen daher führt, weil sie in oder bei Borna zuerst beobachtet wurde, ist zu einer von den Landwirthen sehr gefürchteten Landplage geworden. Im vorigen Jahre sind allein in der Provinz Sachsen 154 Pferde an dieser Krankest verendet und 100 andere auf Veranlassung der Besitzer getödtet worden; am meisten verbreitet war die Krankheit in den Kreisen Delitzsch und Merseburg. Gegen diese Krankheit glaubt man jetzt ein Mittel in Ein spritzungen von Lecethin (ein Bestandtheil des Nerven gewebes) gefunden zu haben und werden jetzt weitere Versuche damit gemacht. Man hat erkundet, daß die Krankheit auf Ernährungsstörungen im Nervensystem der Pferde zuruckzuführen ist und hofft, durch Einverleibung von gedachtem Nervenstoff die Krankheit heben zu können. Nur ist dabei nöthig, mit den Einspritzungen gleich im ersten Stadium der Erkrankung zu beginnen und sie eine Zett lang fortzusetzen. Entdecker des Heilmittels ist der Bezirksarzt vr. Fambach in Glauchau. Reichstädt. Vergangenen Mittwoch von Vormittags 9 bis Nachmittags 2 Uhr und von 4 bis 7 Uhr Nachm. fand vor der Ferienstrafkammer des kgl. Landgerichts Freiberg die Hauptverhandlung gegen den ehemaligen Rittergutsinspektor, jetzt noch hier wohnhaften Hermann Brinkmann wegen Untreue und Unterschlagung statt. Er wurde zu 1 Jahr 2 Mon. Gefängniß verurtheilt, wovon 1 Monat auf die seit 23. Mai stattgefundene Untersuchungs haft in Abrechnung kommt. — Beim Begräbnisse des Herrn v. Schönberg hier waren die Chorknaben zum ersten Male in ihre dazu neu ange schafften Mäntel und Barets gekleidet. Die Anschaffung dieser Kleidungsstücke kostet der Gemeinde gar nichts, da die Kosten vollständig aus der Lhormäntelkasse gedeckt sind. Den Grundstock dieser Kasse bildete ein vor etwa 4 Jahren von einem Kinderkonzerte gehabter Reinertrag von ca. 90 Mk., dem noch ein Konzertreinertrag des hiesigen Gesangvereins sowie eine Stiftung des Henn Eemeindevorstands Zimmermann und der Familie vott Schönberg zuflossen. Den edlen Gebern und den Mit wirkenden bei den Konzerten, sowie den Besuchern der Konzekie sei noch hier der herzlichste Dank ausgesprochen. Möge der hiesige Gesangverein, der nächstens sein 40 jähr. Stiftungsfest feiert, und dessen Herren und Damen wiederholt schon Aufführungen zum Besten gemeinnütziger Zwecke veranstaltet und dazu weder Zeit noch Mühe noch Geldopfer haben scheuen lassen, immerfort kräftig blühen, wachsen und gedeihen; möchten vor allem mehr Anmel dungen zu demselben als bisher erfolgen, möchten doch mehr jüngere sangeslustige Herren und Damen demselben beitreten. Dresden. Anläßlich seines Geburtstages hat König Georg durch nachstehende Verordnung eine Amnestie erlassen: „Wir, Georg, von Gottes Gnaden König von Sachsen rc. rc. rc. wollen allen den Personen, gegen die in Unserem Lande wegen Uebertretung auf Haft oder Geldstrafe durch Strafbefehl, polizeiliche Strafverfügung, Strafbescheid oder ein bei Unseren bürgerlichen Gerichten ergangenes Urtheil erkannt oder wegen einer Zuwider handlung gegen die von einer Verwaltungsbehörde unter Strafandrohung erlassene Anordnung eine Zwangsstrafe für verwirkt erklärt worden ist, diese Strafe in Gnaden erlassen, soweit die Strafen noch nicht vollstreckt worden sind und sofern die Entscheidung bis zum heutigen Tage durch Verkündung oder durch Zustellung bekannt gemacht ist. Wir besehlen demgemäß, daß die Vollstreckung der betroffenen Haftstrafen am 8. August 1902, Vormittags 10 Uhr, aufgehoben werden. Unsere Gnadenerweilung soll auch Platz greifen, wenn die Entscheidung bis heute noch nicht rechtskräftig geworden ist; sie gilt aber nur für die Fälle, in denen die Rechtskraft längstens bis zum 14. August 1902, diesen Tag eingeschlossen, eintritt. Ist in einer Entscheidung eine Person wegen mehrerer strafbarer Handlungen verurtheilt (Strafgesetzbuch 88 77 bis 79), so sind nur die wegen Uebertretungen erkannten Strafen er lassen. Ausgeschlossen von Unserer Gnadenerweisung bleiben alle diejenigen Haftstrafen, welche nach den Vorschriften des 8 261 Nr. 3 bis 8 des Strafgesetzbuchs verhängt worden sind. Wegen der unter Militärgerichtsbarkeit er kannten Strafen haben Wir einen entsprechenden Gnaden erlaß durch besondere Verfügung ergehen lassen." Die beiden Erlasse erstrecken sich, wie das „Dr. I." schreibt, unter annähernd den gleichen Bestimmungen, wie die am 18. Januar 1896 bei der 25jährigcn Wiederkehr des Tages der Reichsgründung ergangenen Erlasse, auf den größten Theil der Uebertretungen im Sinne des Strafgesetzbuches, das sind die leichten Verfehlungen, die mit Haft oder Geldstrafe bis zu 150 Mk. bedroht sind. Ausgenommen geblieben sind die Uebertretungen des Bettelns und des Landstreichens und die verwandten Uebertretungen, wegen deren sogenannte qualifizirte Haft eintritt und auf Ueberweisung an die Landespolizeibehörde erkannt werden kann. Wie wir vernehmen, ist der Freudentag des sächsischen Volkes überdies dazu auser sehen worden, andre Gnadenerweisungen mehr für zu längerer Freiheitsstrafe Verurtheilte eintreten zu lassen, namentlich auch für solche, die wegen Majestäts beleidigung Gefängnißstrafe verbüßen. Dafür, daß der