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Mchmtz-Mtllllg Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend Amtsblatt für die Königliche Amisyauxtmannfchast, das Königliche Amtsgericht und den Stadtralh zu Dippoldiswalde. 68. Jahrgang Dienstag, den 12. August 1902. Nr. 91. Die „Wtlheritz-Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend und wird an den vorhergehen- DenAbenden ausgegeben. -Preis vierteljährlich I M. 25 Pfg-, zweimonatlich S4 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. - Alle Postan- ftalten, Postboten, sowie unsere Agenten nehmen Bestellungen an. Inserate, welche bet der bedeutenden Auslage de» Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit l 2 Pfg., solche aus unserer Amtshaupt mannschaft mit lO Pfg. die Spallzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische undcomplicirte Inserate mit entsprechen den! Aufschlag. - Einge sandt, im redactionellen Theile, die Spaltenzeil« 20 Pfg. Verantwortlicher Vedarteur: Paul Jelpke. - Druck und Verlag von Carl Jehne in Dippoldiswalde. Mit achtfeitigem „Nlustrirten Unterhalwngsblatt". Mit land« «nV haurwirthschastlich« «onckr-Beilagr. Verordnung, eine Amnestie wegen gewisser Uebertretungen betreffend, vom 7. August 1902. ,,Wir, Georg, von Gottes Gnaden König von Sachsen rc. rc. rc. wollen allen den Personen, gegen die in Unserem Lande wegen Uebertretung auf Haft oder Geld strafe durch Strafbefehl, polizeiliche Strafverfügung, Strafbescheid oder ein bei Unseren bürgerlichen Gerichten ergangenes Urtheil erkannt oder wegen einer Zuwiderhandlung gegen die von einer Verwaltungsbehörde unter Strafandrohung erlassene Anordnung «ine Zwangsstrafe für verwirkt erklärt worden ist, diese Strafe in Gnaden erlassen, soweit die Strafen noch nicht vollstreck worden sind und sofern die Entscheidung bis zum heutigen Tage durch Verkündung oder durch Zustellung bekannt gemacht ist. Wir be fehlen demgemäß, daß die Vollstreckung der betroffenen Haftstrafen am 8. August 1902, Vor mittags 10 Uhr, aufgehoben werden. Unsere Gnadenerweiiung soll auch Platz greifen, wenn die Entscheidung bis heute noch nicht rechtskräftig geworden ist; sie gilt aber nur für die Fälle, in denen die Rechtskraft längstens bis zum 14. August 1902, diesen Tag eingeschlossen, eintritt. Ist in einer Entscheidung eine Person wegen mehrerer strafbarer Handlungen verurtheilt, (Strafgesetzbuch 88 77 bis 79), so sind nur die wegen Ueber tretungen erkannten Strafen erlassen. Ausgeschlossen von Unserer Gnadenerweisung bleiben alle diejenigen Haftstrafen, welche nach den Vorschriften des 8 361 Nr. 3 bis 8 des Strafgesetzbuchs verhängt worden sind. Wegen der unter Militärgerichtsbarkeit er kannten Strafen haben Wir einen entsprechenden Gnadenerlaß durch besondere Ver fügung ergehen lassen. Gegeben zu Dresden, am 7. August 1902. Georg. Or. Viktor Alexander Otto. Zur Zolttariffrage. Die Zolltarifkommission steht vor dem Abschlusse der ersten Lesung der Zolltarifvorlage, bis zum 13. August wurde neuerdings bestimmt die Beendigung der ersten Lesung erwartet. Die Kommission kann dann auf ein mühsames, zeitraubendes Werk zurückblicken, denn bekannt lich ist sie schon im vergangenen Januar zu ihren Arbeiten zusammengetretcn, die zum Theil freilich durchaus nicht glatt verlaufen sind, sondern vielfach erst nach Ueber- windung mannigfacher Schwierigkeiten fortgesetzt werden konnten. Das künftige Zollgesetz selbst wurde von der Kommission allerdings verhältnißmäßig rasch durchberathen, um so langwieriger gestaltete sich dafür die Erörterung des Entwurfs des neuen Zolltarifs, dies schon infolge seines Umfanges von nicht weniger denn 946 Positionen. Auch machten sich in der Kommission gar bald sachliche Meinungsverschiedenheiten geltend, wozu noch andere Schwierigkeiten hinzutraten, wie persönliche Differenzen unter ihren Mitgliedern und die öfteren Verschleppungs versuche der Sozialdemokraten. Schließlich war auch das gleichzeitige Tagen des Reichstagsplenums dem Fortgang« der Kommissionsverhandlung nicht besonders ersprießlich, in welcher Beziehung denn auch die am 11. Juni ein getretene Sommerpause des Plenums zweifellos ihre vor- theilhasten Folgen für die Berathungen der nachher allein auf dem parlamentarischen Plan zurückgebliebenen Zoll tarifkommission geäußert hat. Immerhin ließ auch dann noch der Stand ihrer Arbeiten zeitweise recht zu wünschen übrig, so daß hie und da allen Ernstes die Anschauung geäußert wurde, es werde der Kommission wohl schwer lich die Vollendung der ersten Lesung gelingen, was alsp besagte, daß man den Zolltarifentwurf schon halb und halb als gescheitert betrachtete. Nunmehr wird aber die Zolltarifkommission doch binnen wenigen Tagen mit ihrer Thätigkeit zu einem vorläufigen Abschlusse kommen und bie erste Lesung beenden, womit ja immerhin in der schwebenden wichtigsten inneren politischen Frage etwas erreicht wäre. Indessen, auch die Erledigung der erst maligen Kommissionsberathung der Zolltarifvorlage ver mag die Ungewißheit über deren weiteres Schicksal noch nicht zu beseitigen, ist doch noch gar manches in den Er gebnissen der ersten Kommissionslesung lückenhaft und un entschieden geblieben. Vor allem aber ist noch immer reine definitive Entscheidung über den Kernpunkt des ge- sammten zollpolitischen Problems gefallen, über die Kommissionsbeschlüsse, welche die Getreidezölle über den Rahmen der Regierungsvorlage hinaus erhöhen. Von 'Seiten der Regierung ist wiederholt mit bemerkensmerther Bestimmtheit erklärt worden, die von der Kommission ge nehmigten sogenannten Kompromißanträge zu den Ge- treidezöllen seien für sie unannehmbar, während anderseits die schutzzöllnerische Mehrheit der Kommission noch keine Neigung bekundet hat, sich dem Regierungsstandpunkte zu nähern. Die wahrscheinlich im September beginnende zweite Lesung des Zolltarifentwurfs muß nun vor allen Dingen zu zeigen haben, ob betreffs der Getreidezölle noch eine Verständigung zwischen der Kommissionsmehrheit und der Regierung zu gewärtigen ist. Es bestehen zwar auch noch in anderen Punkten der Tarifvorlage mehr «der weniger weitgehende Differenzen, z. B. betreffs der Zölle auf Fleisch und Vieh und noch sonstige landwirth- schaftliche Erzeugnisse, die Hauptsache jedoch sind und bleiben die Getreidezölle, sie bestimmen das Geschick des gejammten Zolltarifentwurfs. Sollte hierüber wirklich keine Einigung zwischen Regierung und Kommission zu Stande kommen, so würde sich allerdings dann das immer schon kritische Aussehen der Zolltarisfrage noch er höhen, und es bliebe nachher nur die Hoffnung auf eine schließliche Verständigung im Plenum übrig. Man sollte meinen, daß sowohl die Regierung als auch die großen staatserhaltenden Parteien allen Anlaß hätten, es nicht auf ein völliges Scheitern der Tarifvorlage ankommen zu lassen, dies schon im Hinblick auf die Reichstagsneuwahlen von 1903 und die hierbei zu gewärtigende sozialdemo kratische Wahlparole von der „Lebensmittelvertheuerung". Freilich, wenn die Regierung erklärt: „Ich kann nicht anders!" und wenn anderseits die zahlreiche Agrarpartei des Reichstages versichert, an ihren Zollerhöhungs- sorderuugen festhalten zu müssen, dann muß nothwendiger weise der Zolltarif fallen. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Der Wind fegt über die Stoppeln, aber der Regen stürzt gleichfalls auf sie und auf die auf dem Felde stehenden Garben nieder, sodaß das Getreide bereits in ein recht bedenkliches Stadium der Durchfeuchtung getreten ist und zu faulen beginnen wird, wenn wir nun nicht bald das ersehnte trockene Wetter erhalten. Die Schulferien sind bald vorüber, und mit diesem Zeitpunkte hat sich schon seit Jahren schönes und trockenes Wetter eingestellt. Vielleicht ist es Heuer auch so. Es ist gar nicht zu sagen, wie traurig der Anblick eines so reiche Ernte verheißenden Getreidefeldes ist, dessen Früchte nur noch der Einbringung harren, nun aber vom Regen förmlich aufgeweicht und so zum Theil entwerthet werden. Wie bei uns, so sieht man in den meisten Staaten des Auslandes einer ausnahmsweise günstigen Ernte entgegen, so in Oesterreich-Ungarn, in Rußland und namentlich in Nordamerika, lleberall erhofft man vom Ertrage eine kräftige Anregung auf dem gesammten Wirthschaftsgebiete, befürchtet gleichzeitig aber auch, leider aus nur allzu trif tigen Gründen, eine weitere starke Depression auf Handel und Wandel, wenn die Ernte noch im letzten Augenblick durch die Ungunst des Wetters zu Schanden wird. Wir haben so wie so schon schlechte und theure Zeiten, eine Mißernte würde die schlimme Lage noch erheblich er schweren. Von dem Wetter der nächsten Tage hängen die folgenschwersten Entscheidungen, in vielen Fällen solche über Sein oder Nichtsein ab. — Der Thaler, das alte und im Verkehr viel beliebte Münzstück, dürfte nun doch noch aus dem Handel scheiden, nachdem auch der deutsche Handelstag sich ein gehender mit dieser Frage beschäftigt und bei aller Werth- schätzung des Thalerstückes ihm doch das Bedürfniß für seine Beibehaltung abgesprochen hat. Wohl erkennt man an, daß das Fünfmarkstück in seiner heutigen Gestalt eine sehr unhandliche Münze ist, aber man hofft, um die Un zuträglichkeit dadurch herumzukommen, daß das Fünf markstück durch Verwendung feineren Metalls künftighin seine unhandlichen Formen verliere und nicht viel größer als der jetzige Thaler ausfalle. — Der bekannte Reptilienfänger Rindfleisch schreibt im „Vogtl. Anz": Die Kreuzotter, unsere heimische Giftschlange, ist in der jetzigen Sommerzeit im Walde und in Feldern, besonders in Waldesnähe am häufigsten anzutressen. Auch am gefährlichsten ist diese Bestie jetzt. Ahnungslos beginnen die Schnitter und die dazu ge hörigen Arbeiter auf den Feldern die Ernte. Aber unter dem Getreide, das gemäht morden ist, liegen zuweilen die Kreuzottern, auf ihre Beute und namentlich auf Feld mäuse lauernd. Da die Kreuzotter nicht zu sehen ist, weil sie unter dem Getreide liegt, so greifen die Feldarbeiter fest zu und das darin verborgene Reptil wehrt sich durch den Biß. Die Folgen können schlimm ausfallen, wenn nicht gleich Hilfe da ist. Anfangs glauben die Leute, sie haben sich mit einer Distel oder dergleichen Unkraut ge stochen und achten wenig auf die brennende Wunde. Daß ein Kreuzotterbiß erfolgt ist, läßt sich jedoch aus folgenden Umständen erkennen. Es stellt sich sofort ein heftig brennender Schmerz ein, dabei wird es dem Ver letzten übel, als wenn er sich übergeben müßte, und es treibt ihm kalten Schweiß aus. Die erste Pflicht ist nun bei solchen Wahrnehmungen, daß man die Wunde fest unterbindet und möglichst schnell viel Alkoholgetränk als Gegengift zu sich nimmt, dann aber möglichst schnell sich an einen geprüften Arzt wendet. Jeder Wald- oder Feldarbeiter sollte überdies stets ein Fläschchen mit Salmiakgeist oder gereinigter Salzsäure bei sich führen, um sich die erste vorläufige Hilfe selbst zu verschaffen. Wer von einem giftigen Reptil gebissen oder von einem solchen Insekt gestochen worden ist, gieße sofort auf die Wunde das vorerwähnte Hilfsmittel. — Die Stiftungen im Königreiche Sachsen, welche im II. Viertel des laufenden Jahres bekannt geworden sind, haben nach den Aufzeichnungen des „Sächsischen Kirchen- und Schulblattes" die Höhe von 521400 Mark erreicht. Die bedeutendsten derselben sind: 100000 Mark der Kirchengemeinde Kötzschenbroda zur Errichtung eines Waisenhauses von der Familie v. Larisch, 55 000 Mark der Gemeinde Plauen bei Dresden zu Verschönerungs zwecken von der Firma Eebr. Bienert zum 50jährigen Geschäftsjubiläum und ebensoviel für deren Arbeiter (im Ganzen hat die Familie Bienert zu gemeinnützigen und wohlthätigen Zwecken der Gemeinde Plauen bis jetzt 300000 Mk. geschenkt); 50000 Mk. für die Beamten und Arbeiter der Firma Simon und Gebr. von deren Inhaber I. Caßler in Aue, 45000 Mark zur Bekämpfung der Vivisektion von dem Ehrenvorsitzenden des Dresdener Thierschutzvereins Ernst v. Weber, 30 000 Mk. Stiftung des fürstlich schönburgischen Oberinspektors Schanze für die Arbeiter der von ihm verwalteten Güter Callenberg, Waldenburg, Rusdorf und Albertinenhof (derartige Stif tungen sind äußerst selten), 36000 Mk. von Frau Marie Luise verw. Gräfin zur Lippe, geb. v. Arnim, zu einem Freibett in der Dresdener Diakonissen-Anstalt, 15000 Mk. zu einer Freistelle im Carolahause von dem Oberarzt desselben, Hofrath vr. Schramm, je 10000 Mark dem Kirchengesangverein zu Leipzig-Lindenau zu Kirchen konzerten von Privatus Weise, von der Nähmaschinen fabrik Biesolt L Locke in Meißen für ihre Arbeiter, von der Rentnerswittwe Marie Riedel in Meerane. Nicht eingerechnet in die oben angeführte Summe, weil die Höhe des Betrages nicht bekannt war, sind Stiftungen von Schulstipendien von Fräulein Minna Meißner und Oberlehrer Or. Schneider in Leipzig und ein Ver- mächtniß des bekannten langjährigen Landtagsabgeord neten Baurath Uhlmann in Stollberg zur Förderung patriotischer Feste in den Gemeinden Geyer, Zwönitz, Elterlein und Grünhain. Beinahe die Hälfte aller Stiftungen, 222300 Mk-, sind Zwecken des Volkswohles gewidmet. — Der Kohlenverkehr ist im ersten Halbjahr 1902 auf den sächsischen Staatsbahnen um 9,03 Prozent gegenüber dem Vorjahre zurückgeblieben. Kohlenversandt wie Kohlenempfang aus den Nachbarländern sind daran ziemlich gleich stark betheiligt. Rippien. Das am vergangenen Donnerstag Nach mittag über unsere Gegend hinziehende Gewitter traf wiederum mit großer Heftigkeit auf und hat viel Schaden angerichtet, besonders haben die Fluren der Nachbarorte Babisnau, Gaustritz, Golberoda, Sobrigau und Kauscha stark gelitten. Auf vielen Feldern ist das noch anstehende Getreide durch das anhaltende Schloßenwetter ganz ver nichtet worden. Einen traurigen Anblick gewähren die Kartoffel-, Kraut- und Rübenfelder, die gleichfalls arg ge litten haben. In einem Gute in Gaustritz sind 26 Fenster scheiben von den Schloßen zertrümmert worden. In Rippien schlug der Blitz in den hohen Schornstein der Begerschen Dampfziegclei, ohne jedoch wesentlichen Schaden anzurichten. Die vergangene Erntewochc war überhaupt in Bezug auf die Witterungsverhältnisse ganz mißlich, fast jeden Tag Regen, kein Vorwärtskommen bei den