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Dresdner Journal : 09.04.1871
- Erscheinungsdatum
- 1871-04-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187104097
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18710409
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18710409
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1871
-
Monat
1871-04
- Tag 1871-04-09
-
Monat
1871-04
-
Jahr
1871
- Titel
- Dresdner Journal : 09.04.1871
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390 und einigt wenige ehrliche, muthiae Fanatiker werden mit ihrem Leben oder ihrer Freiheit den Rückzug decken, auf dem unter dem wilden Rufe: 8»uvo qui pent! der große Haufen der Verführten und die Elite der Verführer sich bis zur nächsten „journöo" der Verant wortung und dem Strafgerichte entziehen." — Urberge- hrnd zu den Ursachen, welche diesen ungeheuerlichen Zwischenfall in Varis herbeigeführt, wälzt tue „N. fr. Pr." die Schuld hieran mehr der Nationalversammlung zu, die „Alles that, was einem Ausgleiche und einer Versöhnung hinderlich sein konnte" und fährt dann fort: „War es da ein Wunder, daß die ohnehin schwie rige Stimmung, in der sich dir durch eine lange Be lagerung geschwächte, durch eine nie dagewesene Demü- thlgung tief gekränkte eitelste aller Städte befand, durch ein solches, aller politischen Einsicht bares Vorgehen der Nationalversammlung jede Besonnenheit und jeden vernünftigen Halt verlieren mußte? So ward sie die willenlose Beute eines Handstreiches, so keck, wie ihn nie eine Flibustierbande ausgeführt, und entwaffnet und wehrlos gemacht, ehe sie noch zum Bewußtsein der an ihr verübten Schmach gelangt war. So ward das Un glaubliche zur Wahrheit, dag unter dem Auge des frem den Siegers eine bis heute so hoch dastehende, stolze Nation sich in grimmigem Bürgerkriege zerfleischt und binnen wenigen Tagen vor den civilisirten wie den un- civilisirten Volkern der Erde an ihrer Ehre, ihrer Macht, ihrem Credit sich selber schwereren Schaden zufügt, als der Krieg und der Frieden mit ihrem gewaltigen Geg ner ihr zuzufügrn vermochte. Diese Schuld trägt die wahnwitzige Rotte, welche die bethörten Vorstädter von Paris in den Communeschwindel hineingerissen, diese Schuld trägt aber auch die Majorität der National versammlung, die durch ihr sträfliches Thun und Un terlassen ihren extremen Gegnern die Gelegenheit und den Vorwand zu einem Attentate auf die Eivilisation und die sociale Ordnung des gesammten Europa ge boten hat." Tagesgeschichle. Dresden, 8. April. Vom Bundesgesetzblatt des Deutschen Bundes ist das 15. Stück vom Jahre 1871 erschienen. Dasselbe enthält: Nr. 626) Bekanntmachung des 5. Verzeichnisses derjenigen höhern Lehranstalten, welche zur Ausstellung giltiger Zeugnisse über die wissenschaftliche Oualification zum einjährig- freiwilligen Militärdienst berechtigt sind, vom 28. März 1871; Nr. 627) Bekanntmachung vom 28. März 1871, betreffend diejenigen Gymnasien, welche hinsichtlich ihrer, vom Unterrichte in der griechischen Spracht dispensirten Schüler zu den im tz 1o4, Nr. 2, e, der Militärersatz instruction vom 26. März 1868 bezeichneten Lehran stalten gehören. * Berlin, 7. April. Stach in den heutigen Blättern vorliegenden Meldungen aus Schloß Albrechtsberg ist das Befinden Sr. königl. Hoh. des Prinzen Albrecht durchaus befriedigend. Die Operationswunden am Auge sind zur Heilung gebracht. Der beabsichtigte Erfolg der Operation bezüglich der Erhaltung des Sehver mögens ist erreicht und die Sehkraft bessert sich von Tag zu Tag. — Der commandirende General des 8. Armeecorps, z. Z. Obercvmmandirender der I. Armee, Generrllieutenant v. Go eben, ist nach Amiens zurück- gekehrt. — Der bisherige Civilcommissarius von Loth ringen, Vicepräsident Graf Villers, ist aus Nancy hier eingetrosfen. — Vom Finanzministerium ist, wie gemeldet wird, mit Rücksicht auf den einen Ueberschuß von 6 Millionen nachweisenden Filialabschluß der preu ßischen Staatskasse für 1870 nunmehr angeordnet wor den, daß diejenigen Neu- und Reparaturbauten, welche im vorigen Jahre bereits genehmigt waren, aber infolge des Kriegsausbruches nicht in Angriff genommen worden sind, auf Grund der früheren Anschläge jetzt sofort zur Ausführung gebracht werden. — Die „Prov. Eorresp." beklagt die Haltung der katholischen Fraktion im Reichstage und rügt es, daß die Partei „mit Anträgen und Wünschen hervortrrte, welche die Reichspvlitik unmittelbar in die religiösen und con- fessionellen Kämpfe hineinzuziehen bestimmt sind." Die Politik der Regierung könne dem nicht entsprechen. Der officiöse Artikel schließt mit folgenden Worten: „Die Reichsregierung hat sich ihrerseits an diesen con- sessionellen Erörterungen, welchen sie eine unmittelbare Bedeutung für die praktische Politik nicht beizumessen vermochte, nicht betheiligt. Von allen Seiten ist mit Recht das Bedauern hervorgehoben worden, daß durch den in Rede stehenden Gegensatz der einmüthige Aus druck der Gesinnung, welcher das deutsche Volk in den letzten Monaten beseelt und erhoben hat, so wie der Uebereinstimmung mit den: Geiste der Thronrede getrübt worden ist. Noch mehr aber ist zu beklagen, daß gerade die ersten Verhandlungen des Reichstages durch con- fessionelle Kämpfe ausgefüllt worden sind, welche von unserem politischen Leben möglichst sernzuhalten das gemeinsame Bestreben aller besonnenen Politiker sein sollte." * Köln, 6. April. Als Nachfolger des in den Ruhestand tretenden Oberpräsidenten von Westfalen, v. Duesberg, wird der kaiserliche Civilcommissar im Elsaß, Kühlwetter, genannt. — Durch eine Ver fügung des Handelsministers ist genehmigt, daß der Einpfennigtarif für Saatgetrcide und Kartoffeln nach Westfalen, Rheinland und Elsaß-Lothringen, der bis zum 1. Mai d. I. bewilligt war, bis Ende Juli ausgedehnt werden soll. — (K. Z.) Gutem Vernehmen nach ist vor einigen Tagen einzig und allein den hiesigen Pfarrern und deren Stellvertretern die Facultät ertheilt worden, von der neuesten „Ketzerei", der Protesterhebung ge gen die Unfehlbarkeit, zu adsolviren, und gleichzeitig die Weisung gegeben worden, streng darüber zu wachen, daß allen Denjenigen, welche nicht wenig stens vor ihnen selbst ihre Unterschrift unter dem Pro teste zurückziehen, die österliche Communion verweigert werde. St. Johann, 3. April. Die „Kobl. Ztg." schreibt: Kaum ist der Betrieb auf der Strecke Saargemünd- Bitsch-Hagenau seit dem 1. d. M. durch die Capitu- lation von Bitsch dem Verkehr wieder eröffnet, als wir auch schon leider von einem entsetzlichen Bah nun glück zu berichten haben. Gestern Nachmittag nämlich ent gleiste ein von Straßburg kommender Militärzug zwischen Station Banftein und Bitsch und rutschte einen hohen Eisenbahndamm hinunter; 16 Landwrhrleute sind dabei getödtet und einige schwer verwundet worden. Man vrrmuthet hier, daß ruchlose Hände die Ent gleisung verursacht haben sollen. Die bereits eingelei- tete Untersuchung wird da- Nähere ergeben. Hannover, 3. April. (N. A. Z.) Eine gestern Abend im hiesigen Ballhvfsaale abgrhaltene Arbei- trrversammlung beschloß die Annahme einer sehr umfangreichen Sympathieerklärung an die französischen Socialisten. Der betreffende Antrag wurde in fast zweistündiger Stede mit bekannten Parteidarstellungen motivirt und vom Ausschußmitglirde Reiche u. A. mit den beifällig aufgenvmmrnen Aeußerungrn unterstützt, „es kenne der Socialist kein Vaterland, denn es sei gleich, ob der Mensch die Ehre habe, von einer deut schen oder einer französischen Mutter geboren zu sein, — der socialistische Staat aber werde nicht dauernd in einem Einzellande Europas bestehen, denn die mit demselben sich verbindenden Rückwirkungen auf die wirthschaftliche, bez. industrielle Production würden seine gleichzeitige Einführung in die europäischen Cul- turländer unerläßlich machen." Der Antragsteller Frohmc bezeichnete die hier abgehaltene Siegesfeier als eine „Illustration der Nichtswürdigkeiten der Bour geoisie." Schließlich stellte eine Stimme aus der Ver sammlung zu dem Wunsche nach Einführung der So- cialrcpublik den Unterantrag auf — Wiedereinsetzung des Königs Georg. * Kiel, 6. April. Der Comit« für den Nord- ostseecanal hat heute eine mit zahlreichen Unter schriften bedeckte Adresse an den Reichstag abgehen lassen, in welcher unter Hinweis auf die durch den jüngsten Krieg erwiesenen Vortheile des Eanalisirungs- systems um Berücksichtigung für dieses Unternehmen nachgesucht wird, welches zur Erhöhung der Wehrkraft Deutschlands zur See beitragen und durch die ange strebte Abkürzung des Weges die Gefahren der Schiff fahrt an der Westküste der cimbrischen Halbinsel ver mindern würde. Straßburg, 4. April. (A. Z.) Graf v. Dürck- Heim-Montmartin, welcher sich in Begleitung der Delegirten unsrer Handelskammer in Berlin befand, setzt mit männlichem Freimuth in einem (telegraphisch bereits erwähnten) Schreiben an den „Niederrheinischcn Courier" auseinander, wie sehr es im wohlverstandenen Interesse unsers Elsasses liege, sich den neuen Ver hältnissen ohne Rückhalt anzuschließen. Der Graf, welcher früher die Stelle eines Präfecten beklei dete, Mitglied des Departemcntsraths war und Guts besitzer im Unter-Elsaß ist, folglich auch Land und Leute gründlich kennt, schließt seine Kundgebung mit folgenden behcrzigenswcrtben Worten: „Es sicht in meiner Ueverzeugung fest, daß auf Seiten dcr kaiserlichen Regierung ein ernstes, tüchtiges Bestreben vor herrscht, dem Elsaß eine seinen Bedürfnissen, Wünschen und Gebräuchen gemäße innere Versüssung und eine ebenso tüchtige als liberale Verwaltung zu geben. Der erhabene Geist, welcher auf Deutschlands Schicksal und Zukunft so mächtig einwirkt, verschmäht es keineswegs, ein kleines Land, über welches die Schrecken des Kriegs erschütternd hingezogen, auS seinem letzigcn Zustande auszurichtcn und zu einem befriedigenden neuen Leben zu führen. Die geschlagenen Wunden zu heilen, ein die Ge- müther versöhnendes, die Interessen sicher stellendes Regime einzuführen und das Land nicht als ein erobertes, sondern als ein mit Deutschland in jeder Hinsicht gleichberechtigtes zu be handeln, schien mir dcr ernste Wille aller Derer, welche jen seits des Rheins irgend einen Einfluß auf unsre Zustände aus- übcu. Aber nicht nur von den höhern Regionen der Regierung und der Verwaltung, sondern auch von jedem gebildeten und denkenden Deutschen, mit welchen wir in Berührung kamen, sind uns unvergeßliche Beweise der innigsten Theilnahme und Sympathie gegeben worden. Namentlich die würdigen Abge ordneten der verschiedenen Staaten, welche wir zahlreich kennen lernten, bezeigten uns, gleichviel welcher politischen Richtung sie angehörtcn, ihre warmen, brüderlichen, ganz uneigennützigen Gesinnungen, so daß wir fest überzeugt bleiben, daß auch in dcr Volksvertretung unsre clsüsser Sache eine aufrichtige, kräftige Stütze gesunden hat. Die Grenzen, die ich dieser kur zen Mittheilung stecken muß, erlauben mir nicht, in nähere Einzelnheiten cinz»gehen; ich kann nur Folgendes schließlich noch hinzufügen: Die Beschlüße, welche noch ferner gefaßt wer den können — ja, ich kann sagen, das ganze Verfahren gegen unser Elsaß wird bald beweisen, daß ich mich nicht getäuscht, und daß, wenn jenseits der Vogesen hinter uns leider Alles morsch und faul zufammenbricht, jenseits des Rheins eine ge sunde Kraft vor uns steht, an die wir uns pflichtgemäß zum Heile unseres Landes unbedingt anschließcn müssen, wenn wir wolle», daß auch unser Elsaß einer kräftiger» Zukunft thcil- haftig werde." München, 6. April. (A. Z.) Der Erzbischof notisicirtc dem Prof. Dr. Friedrich: er müsse sich in 14 Tagen unterwerfen, sonst sei er ipso tfioio excom- municirt. Gleiches soll Döllinger zugekommen sein. — Auf eine telegraphische Anfrage des Erzbischofs in Nom wegen des Verhaltens in Bezug auf Döllinger erfolgte die Antwort: es sei dem Ermessen des Erz bischofs anheimgegeben. Der Erzbischof verbietet den Theologen den Besuch dcr Vorlesungen Döllinger's. Paris, 4. April. Die „Liberto" vom heutigen Tage schildert mit folgenden Worten die augenblick lichen Zustände in Paris: Die Stadt ist buch stäblich blokirt. Kein Gefährt wagt sich mehr über die Mauern hinaus; jedes Gefährt, von einem oder zwei Pferden gezogen, wird unverzüglich von unbekannten Männern mit Käppis in Beschlag genommen. Die Wagen dienen dazu, die Nationalgarden, welche nicht mehr fort können, zu fahren; die Pferde werden großen- theils vor Geschütze gespannt. Seit dem Morgen kom men verwundete Nationalgardisten von den Forts Jssy und Var.ves zurück, sic klagen über Unfähigkeit ihrer Offiziere. Der Enthusiasmus hat sich sehr abgekühlt. Die Führer von Geschützen fordern vergeblich Bedienung, und mehr als einer von ihnen ist allein gelassen wor den. Die bei der wüthenden Morgenkanonade ver schwendete Munition beginnt den Föderirten fast ganz zu fehlen, und di« Kommandanten der Forts warten vergeblich auf neue Zufuhr. Sobald die aufgezogenen Brücken niedergelassen werden, um Ambulanzwagen oder Artilleriefourgons passiren zu lassen, drängen sich Schaaren föderirter Kämpfer hinüber, um entmuthigt in die Stadt zurückzukehren. Paris, 5. April. Telegraphischen Meldungen zu folge zeigt eine Proclamation Eluseret's vom 4. d^an, daß die Marschcompagnien sofort reorganisirt wer den sollen. Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften erhalten vom 7. April ab einen besondern Sold. Am 7. werden die Mitglieder der Commune am Marsfeld Revue abhalten. Die Kriegsbataillone werden aus allen nicht verheirateten Bürgern im Alter von 17 bis 35 Jahren, aus verabschiedeten Mobilgarden und Freiwilligen sowohl des Militär- als des Civil- standrs bestehen. — DaS Plateau von Chütillon be fand sich heute Morgen noch im Besitze der Truppen von Versailles, welche daselbst Batterien errichtet haben und mittelst derselben die Forts Jssy und Vanves und das Thal von Meudon unausgesetzt beschießen. Heute Morgen begann die Kanonade um 2 Uhr und dauert ns zur Stunde fort. In den Forts Jssy und Vanves oll große Verwirrung herrschen. Der Centralcomitö endet unausgesetzt Verstärkungen nach dem Schauplätze de- Kampfes. Während des gestrigen Gefechtes wurden die Nationalgarden gezwungen, die Batterie von Val- Fleury zu verlaffen, worauf sich dieselben in den Häu sern von Vanves und Jssy verschanzten. Dir Trup pen von Versailles errichteten hierauf eine Batterie bet les Chalets. Seit gestern hat kein Zusammenstoß von Meudon bis Courbevoie stattgefunden. 600 Zuaven und berittene Gendarmen liegen in Bougival. Die Nationalgarden sollen auch gestern schwere Verluste er litten haben. — DaS „Journal officiel" der Commune veröffentlicht folgende Proclamation an die Bevölkerung von Paris: „Mitbürger! Die Commune von Paris hegt keinen Zweifel an ihrem Siege. Energische Maßnahmen sind getroffen worden. Der für emen Augenblick durch Berrath und Abfall in Unord nung gebrachte Dienst ist nunmehr reorganisirt. Wir haben die Zeit zur Sicherung Eures demuächstlgen Triumphes gut angewandt. Die Commune zählt auf Euch, so wie Zhr aus sie rechnen könnt. Bald werden die Royalisten in Versailles Nichts mehr besitzen, als die Schmach ihrer Verbrechen Euch aber wird der ewige Ruhm bleiben, Franksch und die Repu blik gerettet zu haben. Rationalaarven! Die Commune be glückwünscht Such und erklärt, daß Ehr Euch um daS Vater land wohl verdient gemacht habt." In einer weitern Proclamation des „Journal offi ciel" der Commune heißt es: „Mitbürger! Tag für Tag erwürgen oder erschießen die Banditen von Versailles unsre Gefangenen. Keine Stunde vergeht, ohne daß uns die Nachricht eines neuen Mordes ge bracht würde. Ihr kennt die Schuldigen. Es sind die Gen darmen des Kaiserreichs, die Royalisten Charettc's und Cathe- lineau's, welche unter dem Ruse: „Es lebe der König!" und mit der weißen Fahne an ihrer Spitze gegen Paris marschiren. Die Regierung in Versailles stellt sich außerhalb der Gesetze des Krieges und der Menschlichkeit. Wenn sie fortfährt, die zwischen civilisirten Völkern gebräuchlichen Gesetze des Krieges zu mißachten, so werden wir genöthigt sein, Repressalien zu ergreifen. Wenn unsre Feinde noch einen einzigen unsrer Soldaten ermorden, so werden wir durch die Hinrichtung der gleichen oder der doppelten Anzahl der iu unsern Händen be findlichen Gefangenen antworten. Das Volk, edel und gerecht selbst in seinem Zorne, verabscheut das Blutvergießen, so wie es den Krieg verabscheut, aber es ist verpflichtet, sich um jeden Preis vor den wilden Attentaten seiner Feinde zu schützen. Wir nehmen Äug' um Auge, Zahn um Zahn." * Paris, 6. April. (Tel.) Die Commune hat fol gende Decrete erlassen: Jeder, der des Einverständ nisses mit der Versailler Regierung angeschuldigt ist, wird sofort, nachdem der Ankla^ebeschluß erfolgt, ein gekerkert. Eine Anklagejury wird binnen 24 Stunden constituirt sein, um über die vorliegenden Anschuldi gungen zu entscheiden. Die Jury wird innerhalb 48 Stunden ihr Urtheil fällen. Sämmtliche Angeklagte, welche nach dem Vcrdict der Jury für schuldig befun den sind, werden als Geißeln für das Volk von Paris einbehalten werden. Für jede Erschießung eines An hängers der Commune feiten der Versailler Regierung wird eine dreifache Anzahl der gedachten Geißeln, welche durch das Loos zu bestimmen, erschossen werben. Jeder Kriegsgefangene wird vor die Anklagtjury gestellt wer den, welche zu entscheiden hat, ob er wieder zu ent lassen oder als Geißel zurückbehalten werden soll. - Wie die „Cloche" meldet, ist Assy aus seiner Gefangenschaft entwichen. — Ein Bericht des Generals Cluseret sagt: „Wir haben den Bahnhof von Elamart besetzt. Unsre Po sition istso, daß wir ruhig jeden Angriff abwartenkönnen." — Das „Journ. offic." der Aufständischen dementirt, daß ein Zwiespalt zwischen der Commune und dem Cen- tralcomitö ausgebrochen sei. Dem Centralcomit« ist feiten der Commune gestattet worden, bei der Orga- nisirung der Nationalgarde hilfreiche Hand zu leisten. — Eine Depesche des Generals Bergeret besagt: „Ich habe Neuilly auf das Stärkste befestigt und trotze jedem Angriff". — Jedermann, welcher Depots von Waffen und Munition kennt, ist laut amtlicher Aufforderung gehalten, dem Kricgsminister davon An zeige zu machen. — Die Versailler Truppen schei nen die auf dem linken Ufer der Seine gelegenen Stadt theile einschließen zu wollen. Gestern haben sie Bagneux besetzt. Heute werden sie voraussichtlich zur Besetzung der Orte L'Hay, Thiais und Choisy schreiten. — Die Nationalgarden empfingen gestern um 11 Uhr Abends den Befehl, die vor den Forts gelegenen Positionen zu verlassen, sich in die Forts zurückzuziehen und in der Defensive zu bleiben. Die Forts Vanves, Jssy wer den stärker besetzt. Cluseret hat einigen Bataillonen den Befehl ertheilt, sich behnfs ihrer Reorganisirung nach Paris zurückzubcgeben. Bergeret meldet vom 5. Abends: Die Forts Vanves und Jssy haben durch gut gezieltes Feuer die feindlichen Vorposten zum Zu rückgehen genöthigt. Die Versailler Truppen halten jetzt keine Punkte mehr besetzt, die für uns gefährlich wären. Vom Mont-Valörien hatte sich zwar eine feind liche Colonne gegen Neuilly zu in Bewegung gesetzt. Dieselbe ist aber angesichts der von dem Föderirten- oberst Bourgoing getroffenen Maßegcln wieder zurück- gegangen. Auf allen Punkten wird die Defensive be obachtet. — Die Einwohner von Colombes und Asniöres haben die rothe Fahne aufgepflanzt und widersetzen sich der Besetzung ihrer Orte durch die Ver sailler Truppen. Heute Morgen begann wieder eine lebhafte Kanonade, die jetzt noch fortdauert. Die Na tionalgarden durchsuchen die Magazine des Louvre nach Waffen und Munition. — Die Kanonade und das Gewehrfeuer haben heute den ganzen Nachmittag in der Gegend von Montrougc und zwischen Asnieres und Nanterre fortgedauert. Auch die Forts Bicötre, Ivry und Charenton waren mit der Versailler Artillerie im Kampfe. Bei dem heftigen Angriffe der Regie- rungstruppcn gegen die Stellung der Pariser bei Neuilly wurde die Barricade bei der Brücke von Neuilly um 6 Uhr theilweise zerstört. Die auf der Ebene von Gennevillier eingeschlossenen Nationalgarden machten einen vergeblichen Versuch, die Linien der RegierungS- truppen zu durchbrechen und nach Paris zurückzukeh ren. Mehrere Granaten explodirten unter den Mauern von Paris und in der Avenue - de - l'Jmpöratrice. — Der Comitö scheint immer noch entschlossen, den Kampf fortzusetzen. Die Partei der Versöhnung ver doppelt ihre Anstrengungen, einen Ausgleich herbeizu- führen. Es erscheinen täglich mehrere Maueranschlage auf Veranlassung der verschiedenen Lomttöz, die sich zu diesem Zwecke gebildet haben. Gerüchtweise ver lautet, daß Hoffnung vorhanden sei, einen 48stündigen Waffenstillstand mit Auswechselung der Gefangenen herbeizuführen. Da- Journal „Temps" macht den Vorschlag, Paris solle Loui- Blanc nach Versailles senden, um mit Thiers über eine Einigung zu untrr- bandeln, deren Hauptbedingungen wären: em neues Wahlgesetz und Einberufung der Wähler zu einer neuen Nationalversammlung. * Versailles, 6. April. (Tel.) Thiers sagt in einem Erlaß an dir Präfecten: In Limoges hat sich eine wenig gefährlich« Aufregung gezeigt. Aber die Com munisten dieser Stadt Haden den Obersten des in dem Departement commandirrnden Kürassirrregiments er mordet. Die Strafe wird auf dem Fuße folge«. — Eine officielle Depesche aus Versailles vom 5. April sagt: Wir haben da- Plateau von SHLtillo« nun mehr vollständig besetzt. Die Regierung, besorgt, das Blut der Armee zu schonen, hat nicht den Befehl zum Angriff auf die Forts Jssy und Vanves ertheilt, da deren Schicksal an das von Paris geknüpft ist und die Forts mit der Hauptstadt fallen werden, wenn der Augenblick dazu gekommen ist. Die Insurgenten befin den sich in der größten Constrrnation und verfolgen sich unter einander. — Die Trupven der Nationalver sammlung haben Courbevoie eingenommen und sich dort festgesetzt. Sie haben dabei mehrere Barricadcn nehmen müssen, waS sie mit großem Muth gethau haben. Die Generäle beklagen nur geringe Verluste. Auf der Seite von Meudon und Clamart hallen wir unsere Stellungen fest. Wir wollen auf die Forts keinen An griff mit offener Gewalt versuchen, wir würde« dabei zu viele Leute opfern müssen. Unsere Action wird sich vielmehr gegen die Stadt Paris richten. Die Lage der Stadt ist äußerst traurig; schon sind die AufstLMscheu miteinander zum Handgemenge gekommen. Sie Haven mehrere Bürger verhaftet, namentlich Geistliche, und halten sie al- Geißeln zurück. Unter den Verhaftet« befand sich auch der Pfarrer der Madeleinekirche.—Die Regierung versendet folgende Depesche: Die Situationist »ach wie vor eine gute. Heute haben die Truppen dir Jusurgen- grnten aus den Positionen an der Brücke von Neuilly vertrieben, welche sie seit Montag besetzt hatten. Die Truppen verfolgten die Nationalgarden von Chatillou aus. Der Geschützkampf zwischen den Forts Vanves und Jssy einerseits und der Versailler Artillerie an dererseits dauert fort. Eine Deputation Pariser Kauf leute ist heute hier eingetrosfen und hatte mit Thiers eine lange Conferenz, in welcher, gutem Vernehmen nach, die Mittel und Wege zur Pacificirung von Paris in Erwägung gezogen wurden. — In der heutigen Sitzung der Nationalver sammlung ergriff General Billot das Wort, um gegen die in einem Briefe Garibaldi's ausgesprochene Ansickt, Billot genieße das Vertrauen der Insurgenten, in ener gischer Weise zu protestiren; der General fügt hinzu, daß er keine andere Autorität anerkenne abs diejenige der Nationalversammlung, welche aus freien Nichten hervorgegangen sei. Der Justizminister brachte einen Gesetzentwurf ein, durch welchen die Fristen abgoschafst werden, welche bei dem gerichtlichen Verfahre« yegen Personen, die vor ein Kriegsgericht gestellt »atzen, bisher üblich waren. Der Minister motivirt diese Maß regel unter Hinweis auf die Pariser Jnsurrectwn. — Nach einem Telegramm ausLimoges ist die Wie derherstellung der Ordnung daselbst baldigst zu erwar ten. — In Marseille ist, wie telegraphisch gemeldet wird, die Ruhe vollständig wiederhergestellt. —Das „Journal de Genöve" meldet nach Briefen aus Lyon, daß die Situation daselbst wieder weniger beruhigend sein soll; zwischen den Nationalgarden der inneren Stadt und denen der Vorstädte sollen Differenzen herr schen ; wie es heißt, sind zahlreiche Agenten aus Paris in den Vorstädten Guillotiore und Croix-rousse einge troffen. Havre, 6. April. (Reut. Bür.) 150 der in den Gefechten mit den Insurgenten verwundeten Sol daten sind hier eingetroffen. Andere werden erwartet. Die Regierung zu Versailles hat Kriegsmaterial und Ambulanzen, welche in Havre disponibel sind, verlangt. Madrid, 5. April. (Reut. Bür.) In der heutigen Sitzung der Cortes dementirte, in Erwiderung einer Interpellation des Abg. Villorola, der Minister der Colonien die Nachricht, daß die Vereinigten Staaten einen Vorschlag, betreffend den Ankauf der spanischen Antillen, gemacht haben, er vertheidigt den nordameri- kanischen Gesandten, General Sicklcs, gegen diese An schuldigung und sagt schließlich, Spaniens Ehre er heische, die Antillen zu behalten. (Beifall.) St. Petersburg, 6. April. (Reut. Bür.) Der „RegierungSanzeiger" veröffentlicht die Ratification der türkisch-russischen Convention, durchweiche die Convention von 1856 wegen Beschränkung der Anzahl und Stärke dcr russischen Schiffe im schwarzen Meere abgeschafit wird. Konstantinopel, 5. April. (Pr.) Der Sultan erhielt ein wichtiges Schreiben des Fürsten Karl vonRumänien über die Lage in den Fürstenthümern; die Stimmung daselbst ist ruhiger geworden. — Der Tscherkessenhäuptling Imam Schamyl, der einstige Ber- theidiger der Freiheit des Kaukasus und des Islam gegen die Russen, ist, wie aus Konstantinopel gemeldet wird, in Medina im Alter von 74 Jahren gestorb«. Bukarest, 5. April. (Fr. I.) Ein Tagesbe fehl des Kriegsministers hat angeordnet, baß Patrouillen alle öffentlichen Zusammenrottung« Zer streuen sollen. Als solche gilt das Zusammenst«« von mehr al- drei PeZonen. Im Falle dieselbe« stch auseinander zu gehen weigern, soll von den Feuer waffen Gebrauch gemacht werden. Die in der Um gegend des fürstlichen Residenzschlosses mündenden Straßen dürfen nur mit einem Geleitscheme oder unter militärischer Begleitung passtrt werden. — Wie man der „Pr." telegraphirt, ist der deutsche Generalconsul v. Rado Witz semes Lebens nicht sicher; es wird ihm nachgestellt und zweimal wurde bereits sein Wagen auf der Straße überfallen. — Aus Berlin vom j5. d. schreibt man der „K. Z.">: Die Pforte hat den Fürsten Karl von Rumänien telegraphisch ersucht, darüber zu wachen, daß so ta- delnswerthe Auftritte, wie die am 22. März d. I. in Bukarest vorgefallenen, sich nicht wiederholen. Ein jedes Unternehmen, welchen den Frieden und die öffent liche Sicherheit gefährde, könne von ihr nicht mit Gleichgiltigkeit betrachtet werden, und würde sie uö- thigen, über Anwendung der Mittel zu Rathe zu ge hen , welche dir bestehenden Verträge ihr für dergleichen Fälle vorbehielten. Washington, 6. April. (Kabeltelegramm.) Die Domtngocommission erstattete ihren Bericht der Annectirung günstig. Der Präsident empfahl einen Aufschub an, der Congreß möge die Entscheidung bi- zur nächsten Session vertagen. Der Vorschlag wird sehr wahrscheinlich befolgt. Ernennungen, Verschlingt» rO im öffentlichen Dienste. Departement deS LultuS und öffentlich« Unterricht-, z Erledigt ist: das Pfarramt zu Geringswalde (Waldheim), Loll.: das kgl. EultuSministenum; das Pfarramt zu Wachau (Radeberg), durch Emeritirung, Coll.: Hr. Rittergutsbesitzer v. Naffackrn zu Dre-den; di« 2. Lehrerstelle zu Neusalza (Oberlausitz), die 2.
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