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Dresdner Journal : 23.05.1871
- Erscheinungsdatum
- 1871-05-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187105239
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18710523
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18710523
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1871
-
Monat
1871-05
- Tag 1871-05-23
-
Monat
1871-05
-
Jahr
1871
- Titel
- Dresdner Journal : 23.05.1871
- Autor
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IM. Dienstag, den 23. Mal. 1871. l« I»rLL L»»4«! ^lltirliekr . . . . L Hilr. ^iLliriickr l lltti. lk h'scr. tloiu.tNeN: . . . Ib ks?r. tliuxelosKuiiinisrv! tligr. I» » tritt jlbriicü v Idir. «tc-wiElßvbadr, ,v««rk»Id <I«> IvorNa. k'uncke» Pont- unck ktenii-«Iru»cNii«^ luoru. l»*«r»tk»pret8«r i'ür a«»n k»nrn einer jre»x>»1tenen 2elle: t^t k^gr. lioter „k!io^«»»ntlt" c!is 2eile: 3 K^r. Dres-nerAMmal. Lrncbeloenr läxlieli, mit ^i»n«I>m« cker ^«no- rmck k'eiertaA», Xbevck» tür 6vu tol^vnckvL 1»^. Verantwortlicher Nedacteur: I. G. Hartmarm. In-erat^uaiinuk»,« »u^nürte: . ». i'üiuliu»»ionLr 6«, I>renckr»«r ckouruitln; odonN»,: /e o. , N»» 7/n«,cx«ce,n I,rU» -VI«» - S»w bviA - »r»^. lür» ». H.-U»n«d«ll' ^?,«k / Lerll»- ^4. Lctcxicvcr, // F/k»rec/<t, Lr»m«»: ,^zkoee«, Lr»l«u! T. Ltaeacx» ttarem, o. K. rr»vktart «. It: L ^aeA«r«-Lt, u. F 57. Kuekb., 7)a«d« F Oo., kr»» H. » ttiicdb. i Lk.woit,: F> ^o»At, k»r1»: //aca», Fa/itt«, «t Oo., Vt«»: >tk L-xpeiit, vt«tt»»r»! DaxLe «k Oo. Iker»ueUederr Nöai^l. I?!»s>eaition cke« Oreoäner ckoarnvl», Vrv»(i«ll, ls». 1. ... Amtlicher Theil. Bekanntmachung die Concessioniruig der Sächsischen Feuerver sicherungs-Genossenschaft zu Chemnitz betr Das Ministerium des Innern hat der Sächsischen Feuerversicherungs-Genossenschaft zu Chemnitz auf Grund der von derselben eingereichten Statuten und Agenten- instruction die nachgesuchte Cvncession zur Annahme der nach 8 > 30 des das Jmmobiliarbrandversicherungs- wesen betreffenden Gesetzes vom 23. August l 862 und § 36 der Ausführungsverordnung vom 20. Oktober desselben Jahres zulässigen Versicherungen unter den durch das angezogene Gesetz und die Ausführungsver ordnung vom obgedachten Tage vorgeschriebcnen Be dingungen und Beschränkungen mit Vorbehalt des Wi derrufs ertheilt und wird Solches hierdurch zur öffent lichen Kenntniß gebracht. Dresden, am 19. Mai 187l. Ministerium der Innern. von Nostitz-Wallwitz. Fonverg. Nichtamtlicher Theil. NederftL-t. 1 rtegraphische Nachrichten. Tage-geschichte. (Berlin. Frankfurt a. M. Straßburg. Stuttgart. Wien. Paris. Versailles. Montfermeil. Brüssel. Florenz. London. Stockholm. Konstantinopel. Skutari. New-Aork. Washington.) Dresdner Rachrlchtev. Vrovinzialvachrichteu. (Leipzig.) Statistik und Lolk-wirthschLst. Eivarsandtet. Keuilleto«. Inserate. TageSkalruder. Börsennach- richten. Beilage. Sitzung der Landessynode vom 20. Mai. Neichstagsfitzung vom 2V. Mai. Inserate. TtlkyrnMsche Nachrichten. Schwerin, Sonntag, 21. Mai. (W. T. B.) Gutem Vernehme« nach hat hier die Verlobung der Herzogin Marie von Mecklenburg Schwerin, Tochter de« Großherzog« au« dessen erster Ehe, mit dem regierenden Kürsten Georg von Schwarz- bürg-Nudolftadt stattgefundrn. Paris, Sonntag, 21. Mai, Nachmittags 1Uhr. (W. T. B.) Dir Köberirtrn haben den Malakow, Petit-Lanve« und Graud-Montrougr geräumt, und wird da« Einrückeu der Versailler reden Augen- blick erwartet. Ja der Stadt herrscht große Er regung; virle Personen wurden durch Bomben ge- tödtet. Versailles, Sonntag, 21. Mai, Vormittags 10 Uhr. (W. T. B.) Unsre Breschebatterirn setzen das Kruer sehr lebhaft fort. Nochefort (welcher in Meaur verhaftet wurde) wird Nachmittags hierher gebracht werden. Versailles, Sonntag, 21. Mai, Abends. (W. T. B.) Laut einer Meldung der „Agence Ha- vas" find die Negierungstruppen heute Nachmittag 4 Uhr an zwei Punkten iu Paris eingerückt, näm- lich durch die Porte de-St -Cloud beim Point-du- Jour und durch die Porte-de-Montrouge. Die Wälle find von den Insurgenten verlassen. Eine Negierungsdepesche theilt Folgendes mit: Die Versailler Marinefüsiliere find deute Nachmit tag '^»4 Uhr durch die Porte-de-St.-Cloud in Paris eingerückt. Eine andere Depesche von Nachmittag« 5 Ubr meldet: Die Parlamentärflagge weht auf der Porte-d'Luteuil. Der Malakow und daS Fort Montrouge find geräumt. Berichten von 7 Uhr Abent« zufolge find etwa zwei Regimenter durch Auteuil ««gedrungen und rückten den Biaduct der Gürtrleisenbahn hinaus vor, wobei schwacher Widerstand geleistet wurde. Felix Pvat, Paschal Grousset und andere Mit- Glieder der Pariser Commune find verschwunden. CiMSsskslhjchle. 6. 8. Berlin, 20. Mai. Das Gesetz wegen der Bereinigung Elsaß-Lvthringens mit dem deutschen Reiche stand heute im Reichstage zur Debatte; alle Tribü nen waren gefüllt, selbst in der Diplomatenloge kein Platz zu haben. In letzterer bemerkte man die elsäs- ser Deputation und den Straßburger Polizeidirector Mayer. Referent I9r. Lamcy leitete die Discussion rin, welche eigentlich nur den 8 1 anging, sich aber nach und nach, wie das auch gar nicht zu vermeiden war, über das ganze Gesetz erstreckte. Im Laufe der mehr als vierstündigen Debatte ergriff auch der Präsi dent des Bundeskanzleramts, Staatsminisler Delbrück, das Wort und erklärte, er wolle sich über die Organi sation von Elsaß-Lothringen heute noch nicht aus- sprcchcn, er verwahre aber die Regierungen entschieden gegen den Vorwurf, daß man in den neuen Ländern rayuiu rasa machen wolle. Der Minister zeigt, wie die Vorlage in keiner Weise die Neichsverfaffung schä digt. Am Schluffe der Sitzung erfolgte die Abstim mung über K l, welcher gegen 2 Stimmen (Schraps und Sonnemann) angenommen wurde, wahrend der Däne Kryger und die Polen der Abstimmung sich ent hielten. (Vgl. den Sitzungsbericht in der Beilage.) — Die Gründe, aus denen der Bundesrath, wie gemeldet, den Neichstagsantrag wegen Aufhebung des Landbriefbestellgeldes abgrlehnt hat, sind lediglich finanzieller Natur. Es ist nämlich seiten des General postamts eine Berechnung ausgestellt worden, wonach sich der Ausfall durch Annahme des Antrages im Gan zen auf 1,200,000 Thlr. berechnen würde. * Berlin, 20. Mai. Se. Majestät der Kaiser und König war heute Abend mit den Prinzen rc. bei der Ankunft derKaiserin Marie Alexandrowna vonNuß - land auf dem Ostbahnhofe zum Empfange anwesend und geleitete dieselbe in das Gesandtschastshotel. So weit bis jetzt bestimmt, setzt die Kaiserin am Dienstag Morgen die Reise nach Ems fort. — Der Hofmarschall des Kronprinzen, Graf Eulenburg, ist, laut der „St.-Z.", zum Vicrobercerrmcnienmeister ermannt wor den. — Das Gardecorps tritt, wie die „N. Pr. Z." hört, den Rückmarsch aus Frankreich am 23. dieses Monats an. — Sämmtliche Soldaten, welche den Krieg gegen Frankreich mitgemacht haben, werden zur Er innerung eine Denkmünze erhalten, mit deren Prä gung iu nächster Zeit vorgegangcn werden wird. Sie soll ungefähr die Größe der Denkmünze für den däni schen Krieg erhalten. Auf dem äußern Rande wird sie die Worte tragen: „Aus erobertem Geschütze", auf der einen Seite der Ntünzc soll ein gothisches W. mit der Kaiserkrone stehen und ringsherum die Worte: „Gott war mit uns, ihm sei die Ehre", auf der andern Seite das eiserne, Kreuz mit den Jahreszahlen 1870, 1871. — Der neue Rcichsgesandtc in Washington, bisheriger Geschäftsträger in Mexico, Kurt v. Schlözer, hält sich seit einigen Tagen hier auf. Derselbe beabsichtigt, der „C. S. zufolge, vor Abgang auf seinen neuen Posten die größern Fabrikstädte in Deutschland zu be suchen, um sich über die Bedürfnisse und Wünsche der Fabrikanten bezüglich der Beziehungen zu Nordamerika zu unterrichten. Frankfurt a. M., 20.,Mai. (Fr.J.) Fürst Bismarck traf heute Morgen 'k 9 Uhr auf der Ostbahn von Berlin mit diplomatischer Begleitung hier ein. Der Polizeipräsident hatte sich zu seiner Begrüßung ein gestellt. Auch die Herren Jules-Favre und Poüyer- Quertier in Begleitung ihrer Attaches langten heute Vormittag kurz nach 12 Uhr auf der Main-Neckar bahn an, so daß der Friedenscongreß nun wieder voll ständig hier versammelt ist. Sie stiegen im „Russischen Hof" ab, während Fürst Bismarck wieder im „Schwan- Hotel" wohnt. Um A4 Uhr Nachm. fuhr Jules Favre mit Pouyer - Ouertier, nachdem sie durch die Ordon nanz des Fürsten Bismarck benachrichtigt worden, daß Letzterer zu ihrem Empfang bereit sei, zur Auswechs lung de- Frirdensinstruments in den „Schwan." Wie es heißt, sollen erneuerte Konferenzen stattfinden und die Anwesenheit der diplomatischen Vertreter soll min destens wieder drei Tage in Anspruch nehmen. - — Ein Telegramm der „Wes.-Z.", von heute Nach ¬ mittag 5 Uhr 20 Minuten datirt, meldet: Soeben ist dir r rst e'Ratificationsconferenz geschloffen. Sicherm Vernehmen nach findet die Schlußconferenz am Montag statt. Französischerseits sind Jules Favre, Pouyer-Ouertier und Fönelon anwesend. Fürst Bis marck wird Dienstag nach Berlin zurückreisen. Straßburg. 20. Mai. Der „Nirderrh. Courier" meldet: Zufolge einer telegraphischen Mittheilung des gegenwärtig in Berlin anwesenden Maireadjunctcn er hält die hiesige Stadt zum Wiederaufbau der zer störten Gebäude vorläufig 10 Millionen Fran cs, welche Summe bereits unterwegs ist. Stuttg«t, 18. Mai. (A. Z.) Nachdem schon bei den Münchner Besprechungen vom September 1870 der k. württembergsche Bevollmächtigte die Gewährung eines Ersatzes für Reisekosten an die Reichstagsabgeordneten in Anregung gebracht hatte, hat neuerdings die k. würt- tembcrgsche Staatseisenbahnverwaltung bei der geschäftsführrnden Dirrction des deutschen Eisen- bahnverrins (Dirrction der Berlin-anhaltschen Bahn in Berlin) den Antrag eingebracht, den Mitglie dern des Reichstags Legitimationskarten zu ver schaffen zu freier Fahrt iw allen fahrplanmäßigen Zügen sämmtlicher Bahnen des deutschen Reichs wäh rend der Dauer jeder Session. * Wieu, 21. Mai. Dir heutige amtliche „W. Z." meldet die Ernennung des Landespräsidenten im Herzog- thume Krain Frriherrn Konrad v. Eybes selb zum Statthalter im Erzhrrzogthume Oesterreich ob der Enns und des Landeshauptmanns in Krain Dr. Wurzbach v. Tannenberg zum Landespräsidenten im Herzvgthume Krain. — Die Eröffnungssitzung der Delegation des Reichsraths findet morgen Mittag im Sitzungssaale des Herrenhauses statt. Bezüglich des Zusammentrittes der Delegation des ungarischen Reichstags ist noch keine Bestimmung »getroffen. Die von: österreichischen Ab- gevrdnetenhaüse gewählten Delegirttn sind zumeist die selben, die in der vorigen Session der Delegation an gehörten; dagegen zeigt die Delegation des Herren hauses diesmal eine entschieden liberalere Physiognomie, als die des vorigen Jahres, doch fehlen die Namen des Fürsten Karl Auersperg und des Freiherrn v. Pra- tobevera. Die ungarische Deputirtcntafel wählte die Liste der Deakpartei. — Dr. Herbst hat gestern dem Adreßsubcomitö des Verfassungsarcsschusses seinen Adreßentwurf vorgelegt. Nach mehrstündiger eingehender Berathung wurde derselbe vom Comit« ohne wesentliche Aenderung einstimmig angenommen. Wie das „9t. Frbl." erfährt, beschränkt sich die Adresse auf „eine unbefangene Darstellung -der Situation und vermeidet cs, die aus den gegebenen Daten sich aufdrängenden Konklusionen zu ziehen." * Pari«, 18. Mai. Die Commune hat gestern eine bemerkenswerthe Sitzung gehalten, in welcher 66 Mitglieder anwesend waren, und welcher der Bürger Leo Mailtet präsidirte. Es handelte sich um zwei wich tige Gegenstände- erstens um die Frage der Repres salien gegen angebliche Barbareien der Versailler, speciell wegen eines Angriffs auf eine Pariser Ambu lanz, und zweitens um die Verhinderung der von der Minorität der Commune angekündigten Secession. Den Antrag auf Repressalien stellte der Bürger Urbain, in dem er zunächst verlangte, daß wegen des Angriffs auf die Ambulanz zehn Geißeln erschossen werden' sollen. Eine längere Debatte, an der namentlich der General- procurator Raoul Rigault und der Justizdclegirte Protot Theil nahmen, entspann sich nun darüber, welche Gei ßeln zunächst geopfert werden sollen. Rigault bean tragte, die Schuldigsten voranzustellen. Daran knüpfte sich aber die andere Frage, wie die Schuldigsten zu er mitteln seien, da vielfach die schwersten Verbrecher und Verräthrr noch nicht abgeurtheilt wären. Das Resul tat der Deliberation war folgendes Decrrt, dessen einleitende Motivirung wir übergehen können: Art. 1 Jed« Perfon, die des Einverständnisses mit der Versailler Regierung beschuldigt ist, soll unmittelbar iu An klagestand verseht und in Hast genommen werden. Art r. Eine Auklagetury soll binnen 48 Stunden eiogesetzt wer den. Art S.,.Dieselbe;wirdZn 48 Stunden ihre Urtheile fäl len Art. 4. Alle durch de» Spruch der Jury sestgrhalteurn Angeklagten sind Geißeln deS Volles von Paris. Art. b. Jede Execution eines Kriegsgefangenen oder eines Anhängers der Pariser Commune wird aus der Stelle die Execution einer dreifachen Anzahl der Kraft Art. 4 sestgebaltencn Geißeln, die durchs Loos bestimmt werden, zur Folge haben. Art. e. Jeder Kriegsgefangene wird vor die Anklagcjury gestellt, die darüber entscheidet, ob er sofort in Freiheit gesetzt oder als Geißel zu rückbehalten werden soll. Dcr zweite Gegenstand der Berathung war sodann die Secessionsfrage. Der Bürger Paschal Grousset machte den Ankläger gegen die widerspenstige Minori tät. Die Vertheidigung der Secessionisten führte der Bürger I. Vellös, jedoch weniger in oppositioneller, als in conciliatvrischer Weise, da er wohl merken konnte, daß der Minorität nur die Wahl bleibe zwischen Wie dervereinigung oder Verhaftung. Dir Majorität der Commune war auffallend mild, indem sie die Sache mit folgender Tagesordnung abmachte: „In Erwägung, daß der Wohlfahrtsausschuß verantwort- lich ist für seine Acte, daß er jede Stunde zu Befehl und Dien sten der Commune steht, deren Souveränetät nie bestritten worden ist, noch bestritten werden kann, erklärt die Majorität der Commune: t) daß sie bereit ist, die Haltung der Mitglieder der Minorität zu vergessen, sofern diese sich bereit erklären, ihre Unterschrift unter dem Manifest zurückzuziehen: 2) daß sie daS letztere tadelt und zu der von dem Bürger Miot beantragten Tagesordnung übergeht.* Den 22 „Girondisten" ist also die Rückkehr in den Muttcrschooß der Commune ziemlich leicht gemacht. Pari«, 20. Mai. (Tel.) Der Sicherheitsaus- schuß zeigt an, daß er mit Einwilligung der Commune seit gestern die Leitung der Kriegführung übernommen habe^ — Der Centralcomitö ist nunmehr in vollem Einverständnisse mit dem Sicherheitsausschusse und be sitzt wieder unumschränkte Macht. — Ein Decret der Commune setzt für Raub und Diebstahl die Todes strafe fest. Alle Versammlungen sind untersagt. Das Marinecorps ist aufgelöst. — In der ge strigen Sitzung der Commune tadelte Miot den Gr- fängnißdirnst und bemerkte, daß viele Unschuldige gefangen gehalten werden. Mortier beantragt Abschaffung des Gottesdienstes.—Gestern wurden zwei angebliche Spione erschossen. Vier Personen, welche angeklagt sind, die Explosion der Patronenfabrik mit verursacht zu haben, wurden zum Tode verurtheilt. — Die Reiter st atue Heinrich's 1V. ist vom Hotel-de-Ville entfernt.— Die Kirche Notrc-Dame wurde geplündert und ist jetzt militärisch besetzt. — In Saint-Lazare befinden sich 70 Nonnen nebst 200 andern Frauen, die auf Befehl der Commune verhaftet worden sind. — Ueber die militärische Situation liegen folgende Meldungen vor: Tie Födcrirten haben die in der Rur- Peyronnrt befindliche Barrikade mit vier Mitraillcusen armirt. (Tie Rue-Penronnet liegt außerhalb des Ring walls, nördlich der alten Straße von Neuilly, welche in die Pariser Porte-des-Ternes mündet.) Der Bar- ricadencomitö hat angcordnet, daß die Bewohner aller an den Straßenecken der Cüdenceinte gelegenen Häu ser dieselben zu verlassen haben. Die Häuser sollen von Nationalgardeu besetzt und die Mauern derselben crenelirt werden. Auf dem Trocadero fallen zahlreiche Granaten nieder und verursachen viele Verwundungen. Heute Nachmittag hat ein heftiger Kamps im Westen und Südwestcn von Paris, namentlich zwischen Au teuil und Passy, stattgefunden. Die Föderirten hatten sehr starke Verluste an Todten und Verwundeten. Die Commune läßt in in ihren Organen erklären, daß sie Feuilleton. 1 Reue Gedichte. Aus dem Verlage von Franz Lipperheide in Berlin gingen uns neuerdings einige Gedichtsammlungen zu. Wir nennen zuerst „Schwert und Harfe. Gedichte von Johannes Hüll." Unter den zahlreichen Gedichten, welche die jüngste Geschichts epoche hrrvorgerufcn, befindet sich bekanntlich viel Mit telgut, ja sogar Unfertiges und ganz Unbedeutendes, indem mancher mit nnseliger Reimfähigkeit begabte Biedermann diese Gelegenheit benutzte, Waldfrevel im Musenhaine zn verüben. Um so angenehmer ist es, auf einen Poeten hinzuweiscn, dessen Dichtungen nicht Ergebnisse sind „eines mit der Hand auf dem Papiere festgehaltenen Dichterscinwollens." In Johannes Hüll begegnen wir einem wahrhaft berufenen Lyriker, dessen Lieder dichterische Weihe besitzen, der Eigenartiges in schöner Form girbt und mit pattiotischer Gesinnung poetische Gestaltungskraft vereinigt. Was nur ein deutsches Herz in der großen Zeit bewegt, gebeugt oder erhoben hat, findet in diesen Zeitgedichten und Liedern eine ge treue Abspiegelung, wobei einzelne Schilderungen so lebendig und eindrucksvoll sind, daß sie sich unverlier bar dem Gedächtnisse einprägrn. Stoch sei zur Em pfehlung der kleinen Sammlung, die von unbedeuten dem VersgeNingrl völlig frei ist, erwähnt, daß.ihr.Er- trag der deutschen Jnvalidenstiftung zuflicßt. — Als eine werthvolle Gabe darf nicht minder Franz Lei- bing's „Deutscher Frühling. 1871" bezeichnet werden, ein Heftchen polnische Dichtungen ^zum Theil in den Formen des Minnesangs. Der Verfasser, ein feiner Kopf, hat den Versuch gemacht, einige ^Formen Walther'- von der Vogelweide nachzubildrn. Er. sagt im Vorwort: „WaS vom Ganges des zur Tiber, vom Tajo bis Island an poetischen Formen entstanden ist, Haden wir uns glücklich zu eigen gemacht, sollte es nun nicht auch einmal den Versuche lohnen, die Kunst gebilde zu studiren, welche die deutschen Meister des 12. und 13. Jahrhunderts uns hinterlassen haben? Es sind mitnichten Formen, die hinter dem Ofen ausgegrü- belt, sondern vielmehr solche, die im Kreise eines kräf tigen, lebenslustigen Volkes von den Dichtern selbst ge sungen worden sind. Dem musikalischen Ohre springt aus vielen sofort von selbst die Melodie hervor. Schon verdanken wir dieser Zeit die unschätzbare Gabe der Nibtlungensttophe, die dis jetzt vielleicht mehr einseitig ausgebrutrt, als ihrem wahren Werthe nach erkannt ist." — Den vorgenannten Poeten Johannes Hüll und Franz Leibing kann Gustav Gerstel, der ebenfalls einen Band „Gedichte" veröffentlicht, nicht ebenbür tig an die Seite gestellt werden. Wohl lassen seine Productionrn ein weiches, zartempfindendes Dichter- gemuth erkennen, das allerhand Specialbekennlnisse giebt, aber das G. Gerstel über das Dichterherz, den Mai, dir Heimath, die Thränen, die Stimme und Augen der Geliebten und ähnliche poetische Thrmata zu sagen weiß, ist schon viel besser und eindringlicher besungen wor den. Einzelne Gedichte wird man ansprechend finden, indrß kommt die Mehrzahl nach'. ihrer geistigen flund künstlerischen Bedeutung nicht über das Durchschnilts- maß hinaus. Wahrscheinlich ist der Verfasser nochtjung, sonst würde er viele unbedeutende Sächelchen, wie bei spielsweise das ^ nachstehende Gedicht, wohl kaum der Oeffentlichkeit übergeben haben. Znm Abschied gab Feinsliebchen mir j Einst einen Beilchenstraubi Verwelkt ist-längN dcr.Veilchen Zier, Und auch dir Lieb' ist ans Kei» frobrsZLied, kein beit'rer.Schrrz.'s Die Stirn' ist ernst und Kan«, Verwelkt mein Her», mein armes Her» — Sowie der Veilchenstranß. — Don Albert Möser, über dessen dichterische Thä- tigkeit jüngst das „Athenäum" in London eine sehr an erkennende Besprechung brachte, wird demnächst eine zweite Sammlung Gedichte erscheinen, welche Lieder, Sonette, Hymnen, Distichen und Canzonen enthält. Von Ferdinand v. Saar's Lebensbild „Jnnocens", einer kleinen Erzählung, die an die tiefsinnigen Arbei ten von Ad. Stifter und Th. Storm erinnert, ist eben falls eine neue Auflage in Vorbereitung. 1- Jllustrirte Literatur. „Der sinnreiche Junker Don Quixote von la Manchs", das berühmte Werk des Miguel Cervantes de Saavedra, hat bereits drei Jahrhunderte überlebt und gehört noch immer zu den gtlcsrnsten Büchern. Gegenwärtig hat die Rieger'sche Verlagsbuchhandlung in Stuttgart von ihrer bekannten deutschen Ausgabe wieder eine neue und zwar die dritte Auflage erscheinen lassen. Die Uebersetzung itt eine befriedigende nnd mundgerechte, und was insbesondere diese Ausgabe vor andern deutschen auszeichnet, ist das einleitende Vorwort, das Heinrich Heine im Jahre 1837 eigens für die Verlagshandlung geschrieben; einCabinets- stuck-von geistreicher Schalkhaftigkeit.und^stilistischer Anmuth. Ferner enthält die Ausgabe eine Biographie des Cervantes nach Diardot. Eine willkommene Bri- aabe auch werden die mehr als 100 illusttirenden Holz schnitte nach Tonv Johannot'sein. — Dir bereits besprochene Prachtausgabe'von „Dante Alighieri's Göttlicher Comödie, übersetzt vonMilhelm Krigar, illusttirt von Gustav Dore", welche in Lieferungen im Verlage von W. Möser lin Berlin erscheint, nimmt einen rüstigen Fortgang. Dieselbe ist di- zur 26. Lieferung gediehen, welchr den Schlußge- sang des Fegefeuers enthält. Von den aus schönem Kupfcrdruckpapier typographisch trefflich hrrgestellten Illustrationen liegen bis jetzt 84 vor. 1- Geographie. Das 5. Heft von vr. A. Peter- mann's „Geogr. Mitthcilungen" (Gotha: Just. Perthes) enthält folgende Berichte über wissenschaftliche Entdeckungsreisen in den letzten Jahren: „Eduard Mohr's Reise im Innern von Südafrika, von den Tatrgoldfeldern dis zum Zambeu und zurück nach Natal, 20. März bis 5. Dezember 1870"; „Lieutenant G. C. Musters Reise durch Patagonien"; ferner die wissen schaftliche Abhandlung „Eine Ursache des Sinkens der Küsten"; „Th. v. Heuglin's Aufnahmen in Ostspitz bergen, 1870: Beglcitworte zur neuen Karte dieses Gebiets und Bemerkungen von A. Petermann"; „Die zweite deutsche Nordpolexpedition 1869 bis 1870 (Fort setzung). Schlittenreise an der Küste Grönlands nach Norden, vom 8. März bis 27. April 1870, von Oberst- Ueutenant Julius Payer. Die Entdeckung des Kaiser Franz Joseph-Fjordes in Ostgrönland, im August l87O, von demselben. An Beilagen enthält das Heft die Originalkarten von Ostspitzbergen zur Uebersicht von Th. v. Heugling's Aufnahme 1870 und eine Karte des nördlichen Theiles von Ostarönland zur Uebersicht der Forschungen der deutschen Expedition 1869—1870. Aus der ersten (Pracht-) Ausgabe der von Franz Lipperheide in Berlin veranstalteten Sammlung der „Lieder zu Schutz und Trutz" ist jetzt auch eine „Auswahl für Volk und Heer" (108 Gedichte von 74 Verfassern) in kleinem Taschenformat erschienen. Der Ertrag dieses in Tausenden von Eremplarrn gedruckten Büchleins soll der deutschen Jnvalidenstiftung zu Gute kommen.
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