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Dresdner Journal : 09.06.1870
- Erscheinungsdatum
- 1870-06-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187006090
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18700609
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18700609
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1870
-
Monat
1870-06
- Tag 1870-06-09
-
Monat
1870-06
-
Jahr
1870
- Titel
- Dresdner Journal : 09.06.1870
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W 129. Donnerstag, den S. Jimi. 1870 Haseralmamuiiim« auowd^t,: ^vin>nrmr»>»Prnir. , - Lsi»»!«: t». 6<x»mii,lv»Rr lw Norcks Na»0«: ) l»kr»iu»«» » ,1«, Dr«»Io»r «krliek! «rdlr.-K^ N. Lxoi..», »wo.« ko»,; ^Mrlieb. 1 „ lb „ > »u»»«rt>«Id ä«» ^oräck. . . . . . , W Vi.a-l.«ip»ie »»»-'.-kr»»^rr «.« : » Noo«tliel>:— » lb „ I Siio8«, ?o,t v»ü Vuol.««, N^rlüi. 6»vi-ic»'icü» kucbd., U»r,>->-»»»'« Li»lklu« Kummer i 8trmi>«lLu^tiI.^t,>ur»^ W -W WI V^HU 111VD 11111 1111V twr ä«n n»°m einer ^k.i>»It-ne° 2r,I.: > k<rk W W M /WWW WWW W W W W W W W WWWWW . -k„ I.-rtiri, li- i.n.,. Lt.v, v»t.r „Liok-,»°<it" <u. 2«ll«: r «xr. (8, t'I»c« ü» I» Loiirs«)! kr.,: t ». Lllii-ic:»'» vuebb.r ErsHAneni Heraurgederr 7d.mlV°ür"'°^°l/^ Verantwortlicher Rcdaeteur: I. G. Hartmann. Amtlicher Theil. Dresden, 8. Juni. Se. Königliche Majestät haben die zeitherigen Hilfsarbeiter im Finanzministerium, Fi- nanzrath Traugott Bernhard Heymann und Finanz, rath OSwald Erhard Römisch, zu Geheimen Ftnanz- räthen allergnädigst zu ernennen geruht. Bekanntmachung. Die Königliche Gemälde»Galerie ist vom 12. dieses MonatS an Sonn- und Feiertags von 11—2 Uhr zu freiem Eintritt geöffnet. Dresden, den 4. Juni 1870. Generaldirection der Königlichen Sammlungen für Kunst und Wissenschaft. v. Friesen. Nichtamtlicher Theil. Übersicht. Telegraphische Nachrichten. AeitunaSsedau. (Polnische, italienische und schweizeri sche Blätter.) xagetgeschichte. (Dresden. Berlin. Schönberg. Wei mar. München. Wien. Prag. Parts. Bern. Genf. Athen. New-Bork.) Dresdner Nachrichten. Vermischte-. Statistik und Lolttwirthschaft. EinaesandteS. Feuilleton. Inserate, TageSkalender. Börsen- Nachrichten. Beilage. Provinztalnachrichten. (Leipzig. Kirchberg.) Gerichtsverhandlungen. (Oschatz.) Vermischtes. Statistik und Volkswirtschaft. Inserate. Telegraphische Nachrichten. Bremen, Dienstag, 7. Juni. (W. T. B.) Bei dem gestrigen Brande wurden 12 Packhäuser und 20 Wohnhäuser zerstört. (Vgl. „Vermischtes" in der Beilage.) Paris, Dienstag, 7. Juni. (Corr.-Bür.) Das „Memorial diplomatique" veröffentlicht ein Tele gramm aus Nom vom heutigen Tage, welches meldet: Die französischen Bischöfe protestirten ge- am den Schluß der Generaldebatte in der Unfehl- darkeitSfrage. Der Papst versicherte, bei der Spe- cialdebatte werde allen eingeschriebenen Rednern volle Freiheit gewahrt werden. Bern, Mittwoch, 8. Juni. (W. T B.) Der Jvsurgentenführer Nathan ist mit 28 Mann sei- ner Bande zu Vicosoprano (Canton Graubündten) eingetroffen, verhaftet und nach Chur abgeführt worden. Brüssel, Mittwoch, 8. Juni. (W. T. B.) Mittelst königlicher Entschließung ist der General- vrocurator de Bavay seines Amtes enthoben und in Pension versetzt und der AbtheilungSchef im Ju- stizministerium, Hody, zum Generalprocurator er- nannt worden. Auch Delecour wurde seiner Stelle als Untersuchungsrichter enthoben. (Diese Maßre geln stehen im Zusammenhänge mit dem freisprechen den Erkenntniß der Geschworncn im Preßproceß Man del sowie mit der Affaire Langrand-Dumonceau.) Florenz, Dienstag, 7. Juni, Abends. (W.T. B.) Wie versichert wird, ist es dem Rest der Bande von Joseph Nathan gelungen, in die Schweiz zu flüchten. Die in Livorno verhaftrtrn Personen sind größten- thrils Mitglieder einer geheimen Gesellschaft. Die Behörde saisirte bei den Verhafteten eine vorgefun dene Instruction und Briefe Mazziui's. Genua, Dienstag, 7. Juni. (W. T. B.) Nach hierher gelangten Berichten soll eine Bande von 25 Mann in der Nähe von Pisa versucht haben, die Eisenbahn zu zerstören. Madrid, Dienstag, 7. Juni, Abends. (W.T. B) Die CorteS haben in zweiter Berathung mit 1S7 gegen 124 Stimmen das Amendement deS Deputirten Roja-Arias angenommen, wonach zur KöniaSwahl die Mehrheit aller Deputirten erfor derlich ist. Die Minister stimmten gegen daS Amendement. London, Mittwoch, 8.Juni. (W.T.B.) Man versichert, die österreichische Regierung habe die AusgleichSverhavdlungen mit den englischen Gläu bigern abgebrochen, und zwar angeblich wegen der Feindseligkeit des hiesigen BörsencomitsS. Bukarest, Dienstag, 7. Juni. (Corr.-Bür.) Bei der Drlegirtenwahl deS bäuerlichen Collegiums siegte die Regierungspartei glänzend, trotz aller Anstrengungen der radikalen Partei. Washington, Montag, 6. Juni. (W. T. B, Kabelttlegramm.) Die Schenck'sche Consolidirungs- bill, welche an den Finanzcomits des Repräsen tantenhauses zurückverwicsen ist, ermächtigt den Schatzsecretär zur Ausgabe von 1000 Millionen 4A> BondS; dieselben sollen in 30 Jahren rück- zahlbar und frei von jeder Steuer sein und zum Pari- courS gegen die im Umlaufe befindlichen V.» BondS umartauscht werden können. Aus Toronto vom heutigen Tage wird ge- meldet: Nach hier eingetroffenen Berichten passtr- ten Freitag NachtS lOO bewaffnete Fenier auf einem Chicagodampfer Upton. Canadische und nordamerikanlsche Truppen rückten zu beiden Sei- ten deö MauricecanalS nach den bedrohten Punk ten ab. Die Fenier gaben, nachdem sie die Trup- pen wahrgenommen hatten, den beabsichtigten An griff auf und marschirten nach Duluth (?) Washington, Dienstag, 7. Juni. (W.T. B., Kabeltelegramm.) DaS Repräsentantenhaus hat mit 150 gegen 33 Stimmen die SteuerreduetionSbill mit einem Amendement Schencks angenommen, wodurch der bestehende Tarif etwas modificirt wird. ES gelten jetzt folgende Importzölle: Thee 15 und Kaffee 3 Cents pro Pfund holländisch Gewicht, Zucker 2 Cents pro Pfund, destillirte Spirituosen 2 Dollars pro Gallon Normalweingeistgrhalt, Daumwollenfabri- kate 5 Cents pro Aard nebst 10 Procent Zuschlag »ä vslorem, Stahl und Eisenbahnschienen H Cent pro Pfund, Nickel 40 Cents pro Pfund. AuS Mexico wird gemeldet, daß die Stadt Oajaca von einem heftigen Erdbeben heimgesucht worden ist. Ueber 100 Menschen verloren bei dem- selben ihr Leben. Dresden, 8. Juni. Die galizischen Blätter sprechen sich eingehend über die Verhandlungen des Ministerpräsidenten Grafen Potozki mit den polnischen Ver- trauensmännernaus. „Dziennik Pols ki" meint, daß man geradezu verblendet sein müßte, um nicht an- zucrkennen, daß die Concessioncn Vieles enthalten, was vom Lande mit wahrer Freude begrüßt werden wird, obwohl sie in ihrer Summe denn doch noch keine vollständige Autonomie, wie das genannte Blatt sie auffaßt und wünscht, gewähren. — „Czas" läßt sich folgendermaßen vernehmen: „Wir brauchen nicht un sere besonderen nationalen Aspirationen zu verläug- nen, aber zu diesem Ziel führt nicht die Sonder stellung Galiziens; im Gcgenthcile könnten für uns daraus große Gefahren resultircn. Uns thut vor Allem die Kräftigung Oesterreichs noth. Wir wollen in der- selben nur ein Factor mit gesicherten Rechten sein; Feuilleton. Felice. Line Erzählung. Von Pauline Schanz. (Fortsetzung aus Nr. 128.) Als Gotthard in das Krankenzimmer trat, schien es ihm fast, als sähe er einen Schatten leise durch die andere Thüre gleiten. „Viola I" Aber eS gab Niemand Antwort; die Tbür war fest zu, das Zimmer leer und schattenerfüllt, die Uhr tickte, und die Athemzüge des Kranken klangen unheimlich dazwischen. Gotthard bog sich über das Bett. Der Vater schlief nicht, er sah ihn mit weit offenen Augen, wie müh sam sich besinnend, an. „Viola?" frug er leise. „Sie schläft, glaub' ich, Vater, brauchst Du sie?" „Gotthard!" flüsterte er, und matt drückte er die Hand des Sohnes, die in der seinen ruhte. Er war vollständig bei Bewußtsein; allein er schien vergebliche Versuche zu machen, Das, was er dachte, in Worte zu kleiden. Wieder schaute er suchend im Zimmer umher, seine Augensterne langsam und schwer nach allen Richtungen wendend. „WaS meinst Du Vater?" frug Gotthard. „Viola!" hauchte der Kranke matt. „WaS istS mit Viola, sprich, Vater, bedarfst Du ihrer? Um Gotte- Willen, liebster Vater, rede mit mir!" Aber die Gedanken schienen wieder in dem müden Hirn »u verschwimmen, er sah Gotthard noch einige Augenblicke mit verschleierten Augen an, dann fielen die Lider leise zu und da- Kinn senkte sich tiefer auf die Brust. Langsam, bleiern zogen die Stunden dahin. Gott ¬ hard hielt seine Hand lange zwischen den Fingern des Kranken, der sie beim Einschlafen umklammert hatte. Endlich, als seine Armmuskeln zu erlahmen begannen, machte er sich sanft los und lehnte sich im Sessel zu rück. Düstre Bilder schwammen vor seinen Augen, in- deß er, schlaftrunken nach der anstrengenden Fahrt, vor sich hinstarrte. Er sah auf die tickende Uhr, er sah die schwere goldene Kette und die altmodischen Berloqucs, die daran herniederhängend, auf dem Tischchen lagen. Damit stand sein Vater als kraftvoller Mann, wie er ihn stets gekannt, vor seinen Geistesaugen; sauber, nett, geschäftsmäßig, im schwarzen Anzug, die Berlo- ques an der Uhrkette auf der Sammetweste herab hängend. Eine Art Unwille, ein krampfigcr Schmerz erfaßte ihn, zum ersten Male durchzuckte der Jammer um den Vater so recht tiefinnerst seine Seele, so heftig, daß er hätte laut aufschreien mögen. Warum traf den alten, markvollen Baum, der noch Schatten gab, Blüthen und Früchte trug, der Sturm; warum jenen, der seine Stelle auf Erden noch that- kräftig, tüchtig, freudig, befriedigt aussüllte, und ihn selbst, ihn, der gebrochen, unnütz, thatlos, unkräftig rin sieches, freudloses Dasein führte, verschonte der mähende Hieb? Warum, warum? Thränrn quollen in seinen Augen auf, die seiner Unmacht dem finstern Schicksalswalten gegenüber galten. Wie gern, wie unsagbar gern hätte er sich statt des lieben, sterbenden Vaters dahin gelegt und sich zum ewigen Schlaf zurecht gerückt! Und dabei hörte er immer die ängstlichen, unregelmäßigen, bald leisen, bald heftigen Athemzüge des «ranken neben sich, und brr Wachende wußte, daß jeder dieser Hauche ein dann sind wir auch wahre Föderalisten und können eine polnisch-österreichische Politik entwickeln." — „Gazeta Narodowa", welche die Resultate für un genügend hält, giebt gleichwohl zu, daß der Ministcr- rath in manchen wichtigen Dingen weiter gegangen sei, als der Rechbauer'sche Antrag. — Der „Przeg- lad PolSkt" verkennt ebenfalls nicht die Wichtigkeit der verbrochenen Reformen, betont die Bedeutung eines besonderen Ministers für Galizien und wünscht seine baldige Ernennung. Er meint, daß Erfahrung und Zeit die anderen erforderlichen Reformen zu er kennen geben würden. Schon heute die Reformperiode für immer abgeschlossen zu halten, sei unmöglich. Der „Przeglad Pol-kt" wünscht, daß die bewilligten Con- cessivnen der Opposition und Negation ein Ende machen und eine affirmative Politik ermöglichen wür den; er hebt die allgemeine Ausgleichspolitik des Grafen Potozki hervor, erkennt die Nothwendigkcit des Reichs raths an, räth der Negierung Energie an, weil die Monarchie eines energischen Regiments bedürfe und die tschechische Opposition nicht jede Regicrungsthätig- keit lähmen dürfe. Das Ministerium möge aber immer hin trachten, diese Frage zu erledigen. Dieses Be streben und die Befriedigung anderer Oppositionen werde den Unterschied zwischen der jetzigen und der vorigen Regierung klarmachen. Die Invasion einer aus italienischen Flücht lingen rccrutirten Bande aus dem Canton Tessin in die Provinz Como wird in der italienischen und in der schweizerischen Presse lebhaft discutirt. Während die erstere bemüht ist, den Bundesrath für diesen Ein fall verantwortlich zu machen, wenden sich mehrere her vorragende Organe der schweizerischen Journalistik an die Adresse der tessiner Regierung, welche wegen ihrer Haltung gegenüber dem italienischen Aufstande ent schiedene Verurtheilung erfährt. Die Florentiner „Opinionc" sagt: „Die italienische Regierung wußte schon seit einigen Wochen, daß ein derartiges Unternehmen vorbereitet werde, und hatte sich deshalb an die schweize rische Bundesregierung gewendet, damit dieselbe ihre völkerrechtlichen und nachbarlichen Pflichten erfülle. Sie erhielt zur Antwort, daß die Flüchtlinge in Bellinzona intcrnirt werden würden. DaS war allerdings die rechte Art, dieselben von der Grenze fern zu halten! Seit der Mitte des abgclaufenen Monats drückte der Minister der auswärtigen Angelegenheiten der Bundes regierung seine Ueberraschung über diese Maßregel aus und wurde nun benachrichtigt, daß man die Flüchtlinge nach andern Cantonrn schaffen werde, wo man sie besser überwachen vrrmögr. Allein noch ehe dieses Ver sprechen ausgesührt worden, brachen die 50 Weltripu- dlikancr auf, ohne irgendwie von den tessiner Behör den gestört zu werden. Infolge neuer Rcclamationen hat die Bundesregierung einen Commissar nach dem Canton Tessin gesandt." Die „Opinione" erwartet aber auch hiervon mcht viel und meint: die Sache könnte schließlich damit enden, daß längs der Grenze ein Militärcordon aufgestellt würde, wodurch man zugleich dem Schmuggel besser als bisher zu wehren vermöchte. - Auch die „Italic" tadelt das laue Verhalten der schweizerischen Behörden und sagt unter Anderm: „Das Beispiel der Vereinigten Staaten, die soeben behufs der Unterdrückung fenischer Bewegungen England so wirksamen Beistand geleistet haben, hätte die Schweiz über die Pflichten aufklären sollen, die aus der Soli darität einander befreundeter Regierungen hervorgehen." — Dagegen schreibt der halbofficielle Berner„Bund:" „Bekanntlich ist letzthin vom Gebiet des Cantons Tessin aus wieder einmal der Versuch gemacht worden, in Italien einen Aufstand ins Werk zu setzen. Der An schlag mißglückte, und die zurückgeiriebenen Flüchtlinge sollen nun verhaftet oder doch intcrnirt werden, zu welchem Zwecke ein eidgenössischer Commissar nach dem Tessin abgcgangcn ist Die tessinische Regierung scheint indessen wieder einmal für das Treiben der italienischen Flüchtlinge auf tesstnischem Boden in den letzten Tagen blind oder wenigstens in einem nicht zu entschuldigen- Tropfen jenes Lcbensrestes war, der langsam verebbte, langsam, langsam im All verschwamm, sich auflöste und verflüchtigte. Die Nacht zog hin und Gotthard fiel gegen Morgen in einen Halbschlummer, der, infolge der großen Er müdung seine Glieder wie in eisernen Fesseln festhielt, während er doch nicht ganz der Herrschaft über seine Sinne beraubt war. Was war das? Hatte sich nicht leise die Thüre ge öffnet? War nicht eine schwebende Gestalt an daS Bett getreten, hatte sich über dem Sterbenden gebeugt, seine Stirn und seine Hände geküßt, war dann leise wieder an ihm vorübergeglitten und entschwunden, oder hatte er es nur geträumt? Kalt, steif, durchfröstelt schrak er aus dem blei schweren, dumpfen Zustand auf, in den die Ueber- müdung, die Reaction der wilderregten Nerven ihn versenkt hatten. Der Tag fiel grau durch die Gardinen ins Zimmer; auf der Straße schien es schon lebendig zu werden, Räder rasselten dumpf auf dem Pflaster hin. Er fuhr auf und strich sich über die Stirn. Er mußte sich erst besinnen, wo er war, was Alles vorher geschehen sei. Dann kam ihm langsam der Gedanke, daß der Tag, der so bleichgrau zu ihm hcrcinschien, der Sterbetag seines Vaters sei; aber dieser schreckliche Tag mußte ihm auch ein Wiedersehen mit Viola bringen. Bald, in wenigen Minuten schon, konnte sie hereintreten, sah er ihre süßen Augen, ihr holdes Lächeln wieder. Und rin ungestümes, fieberndes Entzücken durch rieselte Gotthard bei dem Gedanken. WaS halfen ihm seine Vernunstgründe, feine Vorsätze, was halfen ihm Zorn, Groll, daS Ausbäumen seines Mannesstolzes, das Hinwegläugnen, Hinwegtrotzen dieser unseligen Lei denschaft, der sein Leben nun einmal zum Opfer ge ben Grade leichtfertig und nachlässig gewesen zu sein." — Die „ Democrazia", ein radikales und regie rungsfreundliches Blatt, erzählt, man habe ihr mttge- theilt, daß gewisse revvlutionäre Projecte in den öffent lichen CafsS in Lugano laut und vor aller Welt be sprochen und Waffen und Munition zu deren ArrSfüh- rung in Lugano angekauft worden seien. DaS Blatt hofft, die Behörden werden.sich derartigen Gerüchten gegenüber rechtfertigen können. Sollte dies nicht der Fall sein, so werde wohl der Bundesrath, „der unmög lich die Schweiz in so eclatanter Weise völkerrechtlich bloßstellen lassen kann," ein ernstes Wort mit den kratstti tioinksi sprechen. — Das Organ der tessiner Regierung, die „Gazzetta Ticinesc", bezeichnet die Angabe, die italienischen Flüchtlinge, welche in den letz ten Tagen in Italien eingefallen und von den königl. Truppen zurückgetrieben worden seien, wären mit Waf fen und Munition aus dem Zeughause von Lugano ver sehen gewesen, als eine reine Erfindung. Eine In spektion dieses Zeughauses hätte bewiesen, daß von dem vorhandenen Material nicht eine einzige Flinte, nicht einmal eine Patrone fehle. (Vgl. die „Tagesgeschichte" unter Bern.) Tagesgeschichte. Dresden, 8. Juni. Verschiedene Blätter erzählen nach dem Vorgänge der „Westphälischen Zeitung": Se. Majestät der König habe den sächsischen Retchstagsab- geordnetcn mit Hand und Mund das Versprechen ab- gcnommcn, bei der Berathung über das Bundes- strafgesetzbuch gegen die Todesstrafe zu stimmen. Diese Erzählung beruht, wie für jeden der Verhältnisse nur einigermaßen Kundigen leicht erkennbar sein wird, auf einer Erfindung. Nachdem durch das revidirte Strafgesetzbuch die Todesstrafe in Sachsen aufgehoben worden war, bedarf cs, wie wir glauben möchten, kei ner künstlichen Erklärung weder dafür, daß die sächsi schen Commissarc im Bundesrathe angewiesen worden sind, sich gegen die Todesstrafe zu erklären, noch da für, daß die sächsischen NeichstagSabgeordneten mit einer einzigen Ausnahme ihre Stimmen gegen dieselbe abge geben haben. Dresden, 7. Juni. In Nr. 123 dieses Blatte- ist einer im „Chemnitzer Tageblatte" enthaltenen Mitthei- lung gedacht, derzufolgc in jüngster Zeit dem Marien berger Eiscnbahncomitö und dem Consul Wendt in Berlin die Concesston für eine Chemnitz-Komm o- tauer Bahn, unter Berücksichtigung einer Zweigbahn nach Olbernhau, crtheilt worden sei. Diese Nachricht ist insofern nicht genau, als die wirkliche Con- cessionSertheilung bis jetzt noch nicht erfolgt ist; dagegen ist allerdings dem Marienberger Comite die Concesston für eine von der Chemnitz-Freiberger Staats bahn bei Flöha abgehende, im Flöhathal bis Pockau und von da das Pockauthal hinauf über Marienberg nach der böhmischen Grenze zu führende Eisenbahn, und für eine gleichzeitig zu erbauende Zweigbahn von Pockau bis Olbernhau, unter der Voraussetzung zuge sichert worden, daß der Nachweis der nöthigen Mittel bis zum I.Juli dieses Jahres erbracht, und den übri gen gestellten Vorbedingungen bis zum 1. August die ses Jahres genügt werde. * Berlin, 7. Juni. Graf v. Bismarck wurde heute von Sr. Majestät dem Könige empfangen, um sich zu verabschieden; er reist heute noch nach Varzin ab. — Der „ Staats - Anz." veröffentlicht heute das Einführungsgesetz zum Strafgesetz buche für den Norddeutschen Bund. Dasselbe datirt vom 31. Mai und enthält folgende Bestimmungen: L l. Das Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund tritt im ganzen Umfange des Bundesgebietes mit dem 1. Ja nuar I87l in Kraft. K 2. Mit diesem Tage tritt das Bundes- und Landes strafrecht, iosoweit dasselbe Materien betrifft, welche Gegenstand deS Strafgesetzbuchs für den Norddeutschen Bund sind, außer Kraft. In Kraft bleiben die besonder« Vorschriften des BondeS- und Landesstrafrechts, namentlich über strafbare Verletzungen der Preßpolizei, Post-, Steuer-, Zoll-, Fischerei, Jagd-, Forst ¬ fallen war? Da stand sie doch in seinem Herzen, fest, unvertilgbar, wahr, leibhaftig, ebenso unverscheuchbar wie die Tagesleuchte, die eben aus dem Schatten der Nacht sich erhob. Die Thür drehte sich leise in ihren Angeln und Beate schaute mit ihren matten Augen herein. Auf ihren Lippen und in ihrem Blick stand die stumme, angstvolle Frage: „Lebt er noch?" Gotthard nickte ihr leise zu. Sie trat ans Krankenbett, bog sich darüber und sah, daß der Kampf, in welchem sich hier mild und schmerzlos Hülle und Geist trennten, noch nicht zu Ende sei. Gotthard drückte die Hand der alten treuen Seele. „Muth, gute Beate!" flüsterte er. Als er aufstand, überlief ein eisiges Frieren seine Glieder. (Fortsetzung folgt.) /jp Weimar, 7. Juni. Der Verwaltungsrath der deutschen Schillerstiftung ist gestern hier zu einer Berathung zusammrngctrcten; vertreten sind in demselben neben der Weimarschen Zweigschillersttftung die Zweigstiftungen von Dresden, Berlin, Wien, Köln, Frankfurt a. M. durch die Herren Genast, Laukhardt, Duboc, Bormann, Kompert, Wolfgang Müller, Braun fels. — Gleichzeitig tagte gestern hier die General versammlung der deutschenSha kespeareaesell- schäft. Als Einleitung war derselben am 5. Juni Abends eine Vorversammlung vorausgegangen, in wel cher Erörterungen zweifelhafter Shakespearefragen von allgemeinem Interesse stattfandrn. Die Generalversamm lung selbst ward eröffnet durch einen äußerst anziehen den Vortrag deS Präsidenten der Gesellschaft, de-Hm. Prof. vr. Ulrici aus Halle, über Shakespeare'- Humor. Der Jahresbericht lautete recht günstig: die Zahl der
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