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Dresdner Journal : 25.05.1870
- Erscheinungsdatum
- 1870-05-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187005257
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18700525
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18700525
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1870
-
Monat
1870-05
- Tag 1870-05-25
-
Monat
1870-05
-
Jahr
1870
- Titel
- Dresdner Journal : 25.05.1870
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118. ^lUMMeMMÜMprettVi l» »,rckX Luvt»: TUKrllck: « rtlU.-K»r ^Mrlick: l ,. IS ,. won»tiiek:— „ IS „ Li»»«lu,Kuvui>«r»: 1 „ l» krso»»» tritt jLLrUek L ^dlr. 8»»wp«Ix«t>Ukr, »ll»-«rk»N> a«« HoiXU Sullör» ?o»t uvä 81»wp«l«ui<:M»UtUwK. rnserateaprtlst: kür Seo «»um «ioer ee»p»tc«o«o 2ett«: 1 ki^r voter „8ioxe»»oSc" äi« Heil«: L kkxr. erscheint»: lü^Ilek, mit Xu,n»kw« Ser Noon ovS k«»«r1»U^ XbevS» Nir Seo kolxenSeo l'ox. Mittwoch, den SS. Mai. DresdnerAimrnal. Verantwortlicher Redacteur: I. G. Harttnann. 1870. rnseraltnannnnmt auswitn» 1». VNÄNvrrirr«», 6ommi«,loaNr Se» vrenänrr Svuro»!«; «druck»«.: H L«oi.«u, kroe» kour; U»mkar^-L»rU» Vi«a-I.,>p«ix-N»,»I-i'r»oIlkort ». N e Vvu^»». NerUo. 0»oriv«'<iel>o öucüli., ««roonrii»', iturruu, Iivoul.ru Nremeo: L. 8vui.urr»; Lr«,I»u:I. 8r»uovu'» Xiiooueea'uur«»u, ck»»««, Ki»t X d'uiivxo; rr»»kturt «.H.: o'eclie NuekU.; LSI»! Xv Illivrur». ?»ri, U»v»s, l,»rrir«, LvLl.ir» LOv., (8, ?I»U« Sv I» Nour»«!; kr»^: d'» L«»l.icu » vuokü,; Vieo Xl.. Orr«l.l«. cherauiatbrr: Niioixl. krpeSition Sei vreeSnsr ^ouroot«, IlreeSen, Slvrxui eltivnx»»»« Hu. 1. land beschuldigte. Auch beruhigt sich die ofstcielle Sprache Englands bereits, und Clarendon verlangt in seiner letzten Depesche nur noch Aufklärung über die angebliche Verbindung der griechischen Opposition mit den Räubern. Es versteht sich von selbst, daß die Opposition solche Verbindung in Abrede stellt, und als Ecsammiheit hat sie gewiß ein Recht dam; Einzelne aber stehen doch wohl anders. Jedenfalls wird noch irgend eine Aufklärung folgen müssen.* Ueber die aufrührerischen Bewegungen in Italien, welche sich seit einigen Monaten fast ohne Unterbrechung folgen, spricht sich die „Perseveranza" folgendermaßen aus: »Daß es in Italien eine Kern schaar alter und in ihren Plänen unerschütterlicher Re- publikamr giebt, das weiß alle Welt; daß dieses Häuf lein, welches ebenso gering an Zahl und entblößt von Mitteln, als verwegen und fieberhaft rührig ist, in der letzten Zeit nicht wenige Anhänger zu sammeln vermocht hat umer den Mißvergnügten aller Farben, die aus der Erde schießen, und unter der unruhigen Jugend, welche in der Hitze ihres Alters allem Neuen zucilt, auch diese Thatsachc läßt keinen Zweifel zu; daß diese ganze Masse verschiedenartiger, aber sämmtlich zu Un ordnungen geschickter Elemente seit Monaten aus dem Auslände Eingebungen empfing und die Ereignisse in Frankreich erwartete, um cntichlossen auszustchcn gegen das konstitutionelle Italien und das rothe Banner der universellen und socialistischen Republik hier gleichzeitig wie in Paris und Madrid aufzupflanzen, auch das steht heute hinreichend fest." Alles das erkläre aber picht, so sagt das Mailänder Blatt, den Mangel an aller Voraussicht seiten der Regierung, die durch jede neue Bewegung überrascht wurde, und wenn der Aufruhr sich immer wieder alsbald duckte, so geschah cs nicht unter der rächenden Gewalt des Staates, sondern aus Mangel an Kraft und wegen der Theilnahmlosigkeit der Bevölkerungen. In keinem andern Lande Europas, meint die „Perseveranza", sei die Autorität der Regie rung so tief gefallen, wie in Italien. Einen Theil des Uebels schiebt sic der Unfähigkeit des jetzigen Mi nisterpräsidenten und Ministers des Innern zu. Allein, wie groß diese Unfähigkeit auch sein mag, so dürfe doch nicht vergessen werden, daß Lanza eben nur der un glückliche Erbe eines Zustandes sei, besten Gebrechen weit zurückreichen. Unter diesen Gebrechen das schlimmste sei die Gcheimbündelei. TagesgeschWe. Dresden, 24. Mai. Vom Gesetz- und Ver- ordnungsblatre für daS Königreich Sachsen ist das 9. Stück vom Jahre 1870 in der Ausgabe be- grifsen. Dasselbe enthält: Nr. 56) Bekanntmachung vom 26. April d. I., den Bahnbetrieb auf der sächsi schen Strecke der Kottbus-Großenhainer Eisenbahn be treffend; Nr. 57) Verordnung vom 27. April d. I., die Localbauordnungen betreffend; Nr. 58) Verordnung vom 5. Mai d. I., die Expropriation von Grundcigcn- thum zn Erweiterung des fiskalischen Gütcrbahnhofes zu Dresden betreffend; Nr. 59) Verordnung vom 7. Mai d. I., die Gewährung einer Vergütung für Fortkom men bei auswärtigen Erpcditionen der Sachwalter und des Gerichtspersonals betreffend; Nr. 60) Dekret vom 19. April d. I., Conccssionirung der sächsisch - böhmi schen Verbindungsbahn Annabcrg - Wcipert betreffend; Nr. 61) Bekanntmachung vom 19. April d. I., die An leihe der sächsisch-böhmischen Verbindungsbahn Anna- bcrg-Wcipert betreffend. Dresden, 24. Mai. Vom Bundesgesetzblatt des Norddeutschen Bundes ist das 14. Stück vom Jahre 1870 erschienen. Dasselbe enthält: Nr. 475) Gesetz vom 13. Mai d. I., die Beseitigung der Dop pelbesteuerung betreffend; Nr. 476) Bekanntmachung vom 3. Mai d. I., einen Nachtrag zu dem 3. Ver zeichnisse höherer, zur Ausstellung giltigcr Zeugnisse über die wissenschaftliche Qualifikation zum einjährig freiwilligen Militärdienste berechtigter Lehranstalten; Nr. 477) Bekanntmachung, die auf Grund des Art. 20 des Vertrags vom 8. Juli 1867 über die Fortdauer des deutschen Zoll- und Handelsvercins vom Präsidium desselben nach Vernehmung des Ausschusses des Bun desraths für Zoll- und Steucrwescn zweien bayerschen Hauptämtern beigeordneten Vercinscontroleure betr.; Nr. 478)—482) Ernennungen: der Kaufleute Miller in St. Vicente (Cap Vertusche Inseln) und v. Bremen in Ancona zu Konsuln, des Hütteningenieurs und Che mikers Schirbach zu Carloforte, sowie der Kaufleute Medina zu Adra uud Marincola in Catanzaro zu Viceconsuln des Norddeutschen Bundes; Nr. 483) bi- 485) Ertbeilung des Exequatur: dem königl italienischen Consul Hahn zu Frankfurt a. M., dem königl. portu giesischen Consul für Westfalen, Dulhcucr in Harkorten, und dem spanischen Consul Helm zu Stettin. 6 Berlin, 22 Mai. Die wichtigste Abstimmung dieser ganzen Ncichstagescssion, wie sie häufig bezeich net worden ist, die Abstimmung über die Todesstrafe, ist heute im Reichstag erfolgt.' Es waren heute nicht weniger als 246 Mitglieder anwesend und mit 8 Stimmen Mehrheit beschloß der Reichstag die Wie deraufnahme der in der zweiten Lesung mit großer Majorität gestrichenen Todesstrafe in das Strafgesetz buch. Daß die Todesstrafe im Princip und aus den Mord beschränkt in dritter Lesung wieder vom Reichs tag angenommen werden würde, das hatten bis vor Kurzem Alle erwartet — gefürchtet, gehofft; auf ein mal schien durch das Bckannlwerden der Forderungen des Bundcsraihcs (Anwendung der Todesstrafe auch beim Versuch des Fürstenmords und Wiedereinführung des preußischen StaatsgcrichtshofS) das Schicksal der Todesstrafe wieder zweifelhaft zu werden, da nicht Wenige, die nicht gegen die Todesstrafe überhaupt, aber doch gegen deren Anwendung auch über den Fall des Mordes hinaus, stimmen wollten, durch die For derung des BundeSraths wieder schwankend gemacht wurden. Ohne Zweifel hat die inzwischen erfolgte Hierherkunst ocs Herrn Bundeskanzlers aus Varzin wesentlich dazu bcigctragcn, heute eine Majorität für die Todesstrafe zu erzielen. Ob sich morgen eine Majorität dafür finden wird, mit Todesstrafe auch den Versuch dcS FürstcnmordeS zu bedrohen, wird heute sehr stark bezweifelt, und was das für eine Wirkung auf die Stellung des Bundesraths zu dem ganzen Gesetz haben würde, läßt sich keineswegs übersehen. Die Vertagung dieser Frage auf morgen war gar nicht nach den Wünschen der Liberalen, doch setzten die Con- servativen diese Vertagung durch. Der Herr Bundes kanzler, welcher in seincm ganzen Auftreten und seiner Sprache den Eindruck eines Reconvalescenten machte, begann seinen Vortrag mit dem Antrag, den Planck'- schen Vermittlungsvorschlag zu verwerfen und zwar tm Interesse der nationalen Rcchtscinhcit. Diese natio nale Rechtseinheit und politischen Gründe überhaupt waren cs auch, welche die Mehrheit sür die Todes strafe zusammenbrachtcn. Den sächsischen Abgeordneten wurve cs durch die scharfe Bekämpfung, die der Herr Bundeskanzler dem Planck'schcn Antrag zu Theil werden ließ und die dessen Zurücknahme bewirkte, erspart, zu thun, was sie in ihrer Mehrzahl willcns waren, nämlich gegen denselben zu stimmen. Die Frage, warum dies dem Dafürstimmcn vorzuztehen sei (was an und für sich betrachtet, das Natürlichere erschienen wäre, jedoch, wie eine Erklärung eines Abgeordneten a»S Sachsen darlegen sollte, die Wiedereinführung der Todesstrafe in Sachsin befördert hätte) wurde dadurch eine müssige; Die Abgeordneten aus Sachsen, mit einer einzigen Ausnahme (Or. Blum) begnügten sich damit, (obwohl keiner von ihnen zum Wort kam) nunmehr sämmtlich gegen die Todesstrafe zu stimmen; über die Vorgänge die sich bei der Stimmabgabe dieses Abgeordneten ereigneten, giebt der in der Beilage befindliche Special bericht eine nicht uninteressante Mittheilung. Aus der sonstigen Debatte sei auf die beiden Gegensätze hinge« wiesen, die sich in den Reden des Dr. Künzer und des Abg. v. Wedemeyer sür und gegen die Todesstrafe aussprachen. — Der Reichstag gelangte bis 8 78 der Nichtamtlicher Theil. Ueberficht. Telegraphische Nachrichten. ZeituugSschau. (Norddeutsche Allgemeine Zeitung. — Neue Preußische Zeitung. — Perseveranza.) Tage-geschichte. (Dresden. Berlin. Forst. Weimar. München. Mainz. Wien. Paris. Brüssel. Lissabon. London. Christiani«. St. Petersburg. Athen. Washing ton. Rio de-Janei w.) Innere Anaelegenheiten. Dresdner Nachrichten. Provinzialnachrichten. Feuilleton. Inserate. TageSkalender. Börsen- Nachrichten. Beilage. ReichStagSfitzung vom 23. Mai. Statistik nnd Lolktwirthschaft. Inserate. Telegraphische Nachrichten. Berlin, Dienstag, 24. Mai. (W.T.B.) Im Reichstage wurde heute zunächst daS Gesetz, be treffend die Gotthardbahn, zur zweiten Plenarbe- rathung gestellt, wobei Staatsminister Delbrück erklärte, daß der Bau dieser Bahn nicht verzö gert werden würde, auch wenn die Summe bis zum l. Juli nicht gedeckt sein sollte. Hierauf wird in der Specialberathung deS Strafgesetzbuchs fortgefahren. Nach langer Debatte, in welcher Graf v. Bis marck wiederholt dringend empfiehlt, durch Annahme des Compromißvorschlages das Gesetz zu Stande zu bringen, wird ein Antrag des Abg. Grafen Luck (Gewaltthat gegen Bundesfürsten mit dem Tode zu bestrafen) vom Hause ab gelehnt. Ebenso werden Anträge der Abgg. Becker und Ge nossen (bei mildernden Umständen Zulassung lebensläng licher Zuchthaus- oder Festungsstrafe) abgelehnt, der Antrag dcs Abg. v. Kardorff (Mordversuch gegen das Vundcöoberhaupt oder Landcsfürsten mit dem Tode zu bestrafen) aber mit 128 gegen 107 Stimmen an genommen. Wien, DienStag, 24. Mai. (Corr.-Bür.) Die .Wiener Zeitung" veröffentlicht ein kaiserliches Handschreiben, welches den Freiherr« v. Louyay von dem Posten deS ungarischen Kinanzminifters unter Anerkennung seiner ausgezeichneten Dienste enthebt und denselven zum ReichSfinanznünister er nennt. Giskra wurde an Stelle deS Fürsten Kon- stantin Czartoryski Präsident der Francobank. Paris, Montag, 23. Mai, Nachmittags. (W. T. B.) Dem gesetzgebenden Körper wurde heute der Gesetzentwurf, betreffend die Festsetzung der Ge halte für Senatoren auf 15,000 FrcS., vorgelegt. Zürich, Montag, 23. Mai. (W. T. B.) Die Bevölkerung deS CantonS Zürich genehmigte gestern mit 30,000 gegen 15,000 Stimmen die Subven tion für die St. Gotthardbahn im Betrage von 1^ Millionen Francs. Madrid, Montag, 23. Mai, Mittags. (W. T. B.) Die Commission, welche mit der Berathung der Candidatur Espartero s beauftragt ist, er stattete im Club der Progressisten Bericht, wonach Espartero erklärte, er würde, falls ihn die CorteS zum König wählen, diese Würde annehmen. AuS Havana, vom 22. Mai, wird gemeldet: Die Insurgenten wurden geschlagen und verloren 104 Todte, darunter 8 Anführer, und 20 Gefangene. Athen, Sonntag, 22. Mai. (W.TB.) Sieben Räuber, Mitschuldige de» Verbrechen» von Mara thon, find nach einer zwanzigstündigen Schwurge- richtöverhandlung zum Tode verurtheilt worden. New-Pork, Montag, 23. Mai. (W. T. B.) Hier eingetroffenen Nachrichten zufolge ist Cara- Feuilleton. Felice. Eine Erzählung. Von Panline Schanz. (Fortsetzung aus Nr. 117.) „Gotthard!" Der Alte sah ihn mit seinen Augen, die nebltch und stumpf unter den weiß gewordenen Brauen blickten, ungewiß an; dann war er sicher, daß er seinen Lieblingsschüler sah, kam hcrbeigehinkt, lang sam und schwerfälliger, als sonst, und öffnete das Gitterthor. Mit einem Arm umschlang er den jungen Mann, mit dem andern hielt er die Geige fest. Dann schob er Gotthard ein Stück von sich fort und sah ihn forschend und in seinen Erinnerungen suchend inS Gesicht. „Krank?" frug er, »Krank oder gar — gestorben? Wie ist mir doch?" „Krank und unglücklich I" sagte Gotthard. „Komm, alter, lieber Junge!" rief der Maestro, auf scine Geige klopfend, „die da versteht Alles, Alles besser, als sich's Menschen einander sagen könnten." Und er zog Gotthard mit sich fort nach dem Platz, wo er vorhin gespielt, und ihn dort auf eine Steinbank niederdrückend, begann er, selbst stehend, zu spielen. Weiche, schmelzende Melodien, bei deren Anhören dem armen Kranken, ohne daß er cs selbst wußte, sich Thräne auf Thräne auS dem Auge stahl. »Jst'S nicht so?" frug der Spieler, als er geendet. »Maestro!" rief Gotthard aufathmrnd, »wie glück lich bin ich, daß ich Euch gefunden habe, meine ganze verlorene Heimath und Jugend wacht mit einem Male tu mir auf. Ich war so nah am Sterben schon; aber nun möchte ich Euch zu Lieb noch ein Weilchen leben!" „Hast doch auch Deine Geige mttaebracht?" frug d:r Alte, und al» Gotthard nickte: »so bring sie mit caS am 27. April nach einem hartnäckigen Kampfe, in welchem 500 Mann sielen, von den Insurgenten eingenommen worden. Der Präsident MonagaS ergab sich und wurde auf Ehrenwort freigegeben. Blanco wurde provisorisch zum Präsidenten er nannt. Die neue Regierung hob die Ausfuhrzölle auf und ermäßigte die Einfuhrzölle um 70 Procent. Dresden, 24. Mat. In Bezug auf daS gestern aus Wien gemeldete Vorgehen deS Ministeriums Potozki schreibt heute die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung": „Die österreichische Regierung ist zu der Ansicht gekom men, daß jetzt der Worte genug gewechselt seien, und daß, statt mit den Führern der verschiedenen Nationa litäten noch länger „Komplimente zu drechseln", cS besser sei, in die Action einzutreten. Die Beschlüsse, das Abgeordnetenhaus des Reichsraths und sämmtliche Landtage, mit Ausnahme des böhmischen, aufzulöscn, und die Einleitung von Neuwahlen anzuordnen, be deuten zunächst das vollständige Scheitern des versuch ten Ausgleichs mit den Tschechen, denen dadurch geradezu der Fehdehandschuh hingeworfen, wird. Wie man sich erinnert, war cs gerade ein Wunsch der Tschechen, daß der böhmische Landtag aufgelöst werde, da sie von einer Neuwahl eine noch stärkere Vertretung ihrer Interessen hofften. Bei der Maßlosigkeit dir von den Tschechen aufgestellten Forderungen darf man sich nicht wundern, daß die Regierung ihnen wieder dcn Rücken kehrt und den Versuch macht, gestützt auf die anderen Nationali täten, deren Wünsche minder ausschweifend sind und eine Berücksichtigung zulassen, die tschechische Opposition zu bezwingen." Das Berliner ministerielle Blatt fügt dem hinzu: „Ein unangenehmes Prevenire wird vcm Wiener Gcmeinderath durch die obigen Beschlüsse des Ministeriums gespielt. Die Vätcr der Stadt hatten nämlich, nachdem sie neulich schon in der Angelegenheit des Barons Widmann ihre Stimme abgegeben, beschlossen, sich weiter der Noth dcs Vaterlandes zu erbarmen und eine Commission etnzusetzen, welche, „bet der beun ruhigenden Unklarheit der politischen Situation und da derzeit keine gesetzgebende Körperschaft versammelt sei", eine Kundgebung zu Gunsten der Aufrechterhal tung der Verfassung und der darin den Deutschen gewährleisteten Rechte auSarbeiteu sollte. Der neueste Gang der Dinge beweist, wie unnöthig sich die Herren Gemcinderäthe, ähnlich wie seiner Zeit ihre norddeut schen Collcgcn, mit dem Aufwande ihrer politischen Weisheit in Unkosten gesetzt haben." Die „Neue Preußische Zeitung" kommt heute nochmals auf die Räuberaffaire von Marathon zurück. Englischerscits wurde bekanntlich in dieser An gelegenheit zuerst eine Sprache geführt gegen die grie chische Regierung, welche, aus erner leicht begreiflichen Aufregung hervorgcgangen, zu der irrigen Annahme verjährt hat, daß ernste Schritte der Großmächte gegen Griechenland zu erwarten seicn. Die „N. Pr. Z." be merkt nun hierzu: „Wir haben diese Ansicht nicht ge- theilt uud das auch ausgesprochen; denn zunächst stellte sich Frankreich gleich anfangs kühler zu der Sache, in dem Baron Baude in Athen der Ansicht war, daß die Haltung der griechischen Regierung nur etwas schwäch lich gewesen, wenn er auch die persönliche Schuld des Kricgsministers Sutzos aufs Schärfste betonte. Ganz wie der französische, erklärte sich auch der italienische Gesandte Graf della Minerva, während die andern Mächte der griechischen Regierung in ihrer allerdings höchst peinlichen Situation das höchste Wohlwollen zagten. Es war deshalb nicht an sogenannte starke Maßregeln, an ein Einschreiten überhaupt nicht zu den ken, denn im Orient geschieht nie etwas, wenn nicht alle Mächte einig sind. Jetzt crgtebt sich nun auch noch, daß die griechische Negierung in keiner Weise die Mord- thaten durch einen plötzlichen Angriff provocirt, und daß sie nicht auS Rücksicht auf das Lösegeld die Rück sicht auf die Reisenden vergessen, wie man sic in Eng- und laß uns zusammen unsere alten Stücke durch spielen." In diesem Augenblicke kam's wie ein Bergstrom, der, plötzlich im Wettersturm angeschwollen, sich über die stillen Wirsen des Thales stürzt, wie die Flamme, die ihre Knechtschaft zerreißend, gen Himmel loht, daher gerauscht, majestätisch, gewaltig und erhaben, das Schönste, was Gottes schöne Erde beut, eine herrliche Menschcnstimme, sich in Gesang ergießend. Gotthard erbebte und ward bleicher, als er gewesen. Der Alte fing seinen staunenden, fragenden Blick auf. Er setzte den Bogen ab und die letzten Gctgentöne schienen sich wie kleine, schüchterne Elfen unter die Blätter und Blüthen des Gartens zu verstecken, als der majestätische Sangesstrom daherrauschte. So stark und kraftvoll, so ganz verändert diese Stimme geworden war, Gotthard erkannte sie doch an der ihr eigenen Klangfarbe wieder. „Felice!" rief er. Der Masstro nickte, machte eine Bewegung mit dem Finger, die Schweigen bedeuten sollte, und Beide lauschten. Al- der Gesang geendet, athmete Gotthard tief auf. Etwa- Sieghafte-, Zwingende-, Dämonische- fast hatte ihn auS Frlicen's Gesang angeweht. „Lebt Eure Tochter hier?" „Hörtest Du noch nicht- von der Bassaro?" frug der Maestro. „Die berühmte Sängerin der Fenice?" „Die Marchesa adopttrte meine Tochter, und sie führt seitdem ihren Namen." Der Alte deutete mit dem Bogen, den er wieder erhoben, um zu spielen, nach dem Balcon de- Hauses empor. Dort stand eine schlanke Frauengestalt tm schwarzen Kleid«, deren Silhouette sich scharf gegen den Hellen Hintergrund eines bereits mit Kerzenlicht erhell ten Raumes erhob. Das waren noch dieselben Linien, nur in kühnerm Strich gezogen, die freie Stirn mit dem zurückgcstriche- nen, losen Haar und der schlanke Hals, das Gazcllcn- hafie, wie er cs an der kleinen, wilden Tochter des Maestro gekannt. Sie machte ein Zeichen mit der erhobenen Hand nach dem Canal hinunter und trat dann ins Zimmer zurück. Nach wenigen Minuten trat Felice aus der kleinen Säulenhalle in dcn Garten hinaus und kam den das Gärtchen durchschneidenden Weg entlang. Sic trug einen leichten, weiten Ueberwurf und einen dichten, faltigen Schleier über den Kopf geschlagen. Der Alte zog Gotthard mit sich fort und hinkte nach dem Wege zu, auf dem seine Tochter daherschritt. „Felice, kennst Du Gotthard noch?" rief er mit der lustigen Stimme eines Kindes, das ein langverlorencs Spielzeug wiedergefunden. Das Mädchen fuhr zusammen, so daß der Fächer ihren Fingern entglitt. Ms ihr Gotthard ihn reichte, sah er ihr voll ins Gesicht, das todtenblaß durch den Schleier leuchtete. Da erkannte er ihre Züge, die er im Fieber gesehen zu haben meinte, leibhaftig wieder und sein Herz erbebte. „Ich hörte Sie singen, Signorina Felice" sagte er. „Und erschraken vor meiner Stimme?" frug sie mit erzwungenem Lachen, durch welches ihre Erregung zitterte. „Können Sie dem Manne nicht verzeihen, was der thörichte Knabe verbrochen hat? frug Gotthard und beugte sich, um einen Kuß auf ihre Fingerspitzen zu drücken. Sie schlug den Schleier zurück. „Verzeihen?" rief sie und konnte cs nicht hindern, daß ein Strahl auflcuchtender Glückseligkeit au- ihren Augen brach. „Wie wunderbar;" sagte Gotthard halb für sich, ein kranker Mann, todmüde zum Sterben, fuhr ich vor kurzer Zeit den Canal entlang und jetzt fühle ich wieder L-ben iu mir, als sei ich aus einem Starrkrampf aufgcwacht. Wäre das Ihre Stimme, Felice? Und wenn Sie mir verzeihen, fuhr er fort, „so gewähren Sie mir, einem armen Kranken, auch eine Bitte; lasten Sie mich öfter diesen wuuderthätigen Tönen lauschen, die Todte zu beleben vermögen!" „Gewiß!" lachte Felice, indem sie ihn mit ihren dunklen Augen forschend und spähend ansah, „Keinem darf ich ja überhaupt dies von Ihnen als eine beson dere Gunst erbetene Glück verweigern, meine Stimme zu hören. Man giebt z. B. heute „II Irormore" und das Stück beginnt in eincr Stunde." „Nicht so," rief Gotthard, „ich bin ein kranker Mann, der das Geräusch einer Oper und die Hitze eines ge füllten Hauses nicht zu ertragen vermag. Ihr Vater lud mich bereits ein, ihn öfter hier in diesem stillen kleinen Garten zu sehen, auf t icsem blumigen Strand, wohin ein glücklicher Wind das versinkende Fahrzeug meines Lebens trieb. Darf ich auch in Ihrem Namen von dieser mich beglückenden Einladung Gebrauch machen?" „Kommen Sie oft!" rief Felice, „meine Stimme ist nicht mein Eigentbum; ich habe sie der Welt ver kauft und wenn sie, außer ein schöne-, schnellverwehcu- des Nichts zu sein, auch eine wunderthätige Wirkung besitzt, wie Sie behaupten, desto besser für mich!" Und sich lächelnd vor ihm neigend, bot ste ihm die Hand, die er ergriff und einige Secunden in der seine« festhielt. Beide schritten dem Strande zu,' wo die
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