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Beilage zn 285 des Provin^ialnachrichten. Ltipjig. 7. Dcccmbcr. Tie „Sächsische Zeitung* schreibt: Heute lohte hier ein so heftiger Sturm, daß man auf den Straßen und Plätzen vor hcrunterslür- zenden Oessenköpfcn, Ziegelsteinen und Dachstücken sei nes Lebens nicht sicher ist. Ucbcr den Tbomaskirchbof wagte eine Zeit lang gar Niemand zu gehen, weil von dem Kirchdache zahlreiche Schicferslücke hcrunterstürztcn und von einem Hause daselbst das ganze Tach ausge- hoben, umgcstnrzt und auf das benachbarte Haus ge schleudert worden war. Im Durchgänge des Burg- kellcrs wäre ein Schuhmachergcsclle in seiner Werkstatt bald erschlagen worden, indem Steine einer umgewor- fenen Oesje durch das halbzcllstarke Oberfenstcr und dicht vor ihm niedergcschleudert wurden. Mehrfach sind durch die Gewalt des Sturmes Personen, besonders Frauen, zu Boden geworfen worden. Ans dem alten Friedhöfe hat der Orcan, denn so kann man den rasen den Sturm neunen, verschiedene Pappeln umgebrochen und von der katholischen Kirche, sowie von der „guten Quelle" mehrfache schwere Sandsteinverzicrungen hcr- untcrgeschlcudert; auch an dem Dache der Nikolaikirche bat er arg gcwüthet. Auf dem thüringer Bahuhofc sind die Dächer des Güterschuppens und Maschineu- hauses abgehoben, auch sämmrliche Tclcgraphenstangen umgebrochen worden. Zn der Promenade liegen große Baum äste, .sowie ganze, vom Sturm entwurzelte Bäume. Die Giscnbahnzügc treffen infolge des Sturmes ver spätet hier ciu. In Riesa ist die Glasbcdachung des Perrons ganz zertrümmert worden. Zn Chemnitz hat der Orcan am 7. d. M. in der Zeil von Vormittags 0 bis l Uhr Nachmittags eben falls mit außerordentlicher Heftigkeit gcwüthet. Einem Berichte des „CH. Tgbl." entnehmen wir Folgendes: In den Straßen war cs zeitweise unmöglich, still zu liehen, oder ruhig zu gehen, der Sturm trieb Alles vor sich her, riß in großen Massen Ziegel, Schiefer, Simse, Ocssenköpfe, Firmcnschf oer rc. herab, so daß die Passage der Straffen wirklich lebensgefährlich war. Gartenzäune, hölzerne wie eiserne, sind in Menge um- geworfen, sowie viele Fenster durch die Gewalt des Windes eingedrückt oder sonst zertrümmert worden. Zn der Augustusburgcrstraßc hat das wüthcnde Clement von einem neuen Seitengebäude der Fabrik von Mün nich und Comp. das halbe Dach abgerissen und einen Theil der Frontwand umgcworfen, ebenso an einem Neubauc auf dem Sonnenbcrge mehrere Mauerthcilc zerstört. An der ober» Brückenstraße stürzten 2 hohe Oessen ein, die im Falle ein von zwei Familien be wohntes Hintergebäude so beschädigten, daß dasselbe zur Zeit unbewohnbar ist. Der auf dem Schießplätze wehende Apollvsalon ist in seinem Mittlern Duchthcile vollständig dcmolirt rc. Glücklicherweise verlautet bis jetzt Nichts von Verlusten an Menschenleben. Nur ein Hjährigcs Mädchen und ciu Manu wurden von hcr- abstürzcndcn Ziegeln leicht verletzt. Die Wälder in der Umgegend, welche, wie schon oben erwähnt, vom letz ten Schneefall viel gelitten haben, sind auch diesmal Dressncr Journals» Mittwoch, dm 9 Dsmuber 1868. sehr mitgenommen worden. Der Stnrm entwurzelte im Küchwalde die stärksten Bänme und knickie massenhaft die Obstbäume, so daß auch hierdurch rin beträchtlicher Schaken erwachsen ist. Nachträglich uns zugehcnde Mittbeilungkn bestätigen leider, daß in der Umgcgcnd der Sturm ganz entsetzlich gehaust. So ward unter Anderm in»Hilbcrsdorf ein Haus fast vollständig ab- gcdcckt, ei Scheune total dcmolirt und mehrere an dere Häuser so zugerichtct, daß umfassende Reparaturen daran vorgenommcn werden müssen. Z5 Freiberg, 7. Decembcr. Seit gestern Nacht bis um di^ heutige Mittagszeit tobte hier ein orcanähn- lichev Sturm; er warf Feucrösscnköpfe herab, riß bc- de>'«ende Oesfnungen iu die Ziegeldächer — cs war gefährlich in den Straßen zu gehen —, drückte selbst leichte Maucrgcwände ein, und unmittelbar um die Stadt wurden starke Bäume nicdcrgcworfen. Annaberg, 7. Decembcr. (CH. Tgbl.) Seit gcstcrn Abend wüthct hier bei einer Wärme von 9 — 10° ein furchtbarer Sturm. Fenster werden eingedrückt, Dä cher abgcdcckt, Bäume umgcrisscn. In den Straßen zu gehen ist gefährlich, weil Ziegel und Lchicferstücken umycrsliegen. Der Schnee ist fast ganz geschmolzen; die Strafen sind trocken geworden. Frankenberg, 7.Decembcr. (CH.Tgbl.) HeuteMor- gen um 10 Uhr erhob sich ein fürchterlicher Orcan, welcher Dächer abdccktc, Schornsteine hcrabriß, Bäume entwurzelte, Gartcnbäuscr umwarf und sonstigen Scha den anrichtetc. Cr währte am stärksten bis l Ubr. Während dieser Zeit signalisirte unsre Thurmwacht ein Feuer in der Richtung Hainichen. m— Meißen, 7. Decembcr. Am hcutigcn Tage fand hier ein rrcanähnlicher Sturm statt, der nicht geringen Schaden angcrichtct hat. Auf dcr auf der Höhe gelegenen Fürstenschule hob dcr Sturm von dcn Dächern so viele Ziegel ab, daß der Schulhof mit dcn Scherben derselben buchstäblich besät war. Auch viele Fenster und einige Oessen wurden zerstört. Glück licherweise ist kein Mensch verletzt worden. Auch das Dach dcr Kirche zu St. Afra wurde sehr beschädigt. (Wie die „M. Bl." melden, warf der Sturm die fchwerc Zinkhaube von einem Schornsteine des Hotels „zumHirsch" in die Clbgasse herunter, glücklicherweise wurde Niemand davon getroffen. Die Flcischergassc war dcr herabfallcndcn Dachziegel wegen alsbald nicht mehr zn passiren. Dachspäne, Schieferstückcn, Papier- fetzcn wirbelten in dcr Luft durcheinander. Vom Thurme flog ein ziemlich 1 Clle langes Stück Schiefer bis. auf dcn Markt. Dcr Knopf mit dcr Fahne jauf dem Bischofsthnrme wurden umgebogcn und hängen herunter.) ** Rossen, 7. Decembcr. Unsre Stadt und Um gegend wurde heute von Vormittag 10 bis gegen 1 Uhr ber 12 Grad Rsaumür von einem ungemein heftigen Sturme hcimgcsucht. Viele Dächer in dcr Stadt, darunter dasjenige dcr Kirche, wurden arg zerrissen, einige sogar, wie die der Leipziger Papierfabrik und des Bcrgschlößchcns, zum größten Theile abgehoben, Bäume zerbrochen und Stakete umgeworfcn. Nicht blos auf den Straßen, sondern anch iu dcu Häusern waren die Menschen gefährdet, da die von dcn Dächern herabgcrisscnen Ziegel und Sparren an die Fenster ge worfen wurden. Pirna, 7. Deccmber. Auch in Pirna hat der Orcan heute mit großer Heftigkeit gcwüthet. Ganz bcsondcrn Schaden, schreibt dcr „P. An;.", verursachte dcr Sturm an den Fahrzeugen auf der Clbe. Die Brahmmsähre ward losgcnsscn und stromaufwärts bis in die Gegend von Posta getrieben, und an der Dampf- fährc ist rin Schornstein, sowie die Radschaufeln arg beschädigt worden. Cs bedurfte einer geraumen Zeit, ehe die Fähre an dem hiesigen Ufer landen konnte. Auch aus Reichenbach (im Voigtl.), sowie aus Zwickau und Lommatzsch wild uns über gleiche Verhee rungen durch dcn Sturm vom 7. Decembcr berichtet. Statistik und Vfllkswirthschast. Rumänische Sisenbahocnlcihe. Es werden in Berlin 5 Millionen Thaler Obligationen der rumänischen Eisen bahnen zu öffentlicher Subscription aufgelegt. Diese Obli gationen sind auf die rumänischen Bahnen sundirt und deren Zinsen von dem Tage ab, an welchem die Obligationen aus- gegeben werden, aus Grund des von den Kammern votirten Gesetzes absolut und unbedingt vcn dem Staate Rumänien garanlirt. Jede der Obligationen enthält den folgende», von dem Staatseommissar der fürstlich rumänischen Regierung ge zeichneten. mit dem Staatssiegel rerseheren Vermerk: „Die fürstlich rumänische Regierung garanlirt dem Inhaber dieser Eisenbahnobligation von Um Thlr. einen jäh.lchcn Zins von 7'..> Procent. Diele Garantie beginnt mit dcr Ausgabe dcr Obligation und erstreckt sich unverändert aus die ganze Dauer dcr Eoncessiou, welche ans 00 Jahre vou dem Tage der Eröffnung an gerechnet wird." Ticse Zertbeschränkung ist dadurch gehoben, daß noch dem fest gestellten Amortisationsplane die Obligationen während eines Zeitraums von 'M Jahren getilgt resp. in ihrem Nominalbe trage zurüägczahll werden. Der Belastung der Eisenbahnen ist eine feste Grenze mit 270,000 Fr. pro Kilometer gezogen, also jede Ucberschreilnng des Anlagekapitals definitiv ausge schlossen. Als Garantie dafür, daß die durch den Verkauf dcr Obligationen eingehenden Gelder nur für die Ausführung des Baues dieser Eisenbahnen verwendet werden, haben Se. Hoheit dcr Fürst von Rumänien mit Genehmigung dcr k. preutzi'chcn Staatsrcqicrnua den hier in Berlin wohnenden geb. Ober finanzrath Anibronn mit dcr Bctheilignnq au der Abferti gung und der Asservirnng dcr Gelder dcr Obligationcn, re'p. mit der Aushändigung der Lctztern an die Eoncessionüre bc anstragt. Die Zinsen der Obligationen sind in Berlin, Paris und London in der Landes-Valuta ohne jeden Abzug zahlbar. Eö wird dadurch dcn Inhabern dcr Vortheil gewahrt, sie an dcn Plätzen zu realisireu, an denen sie die beste Rechnung ge ben. Nach dem Stande dcr augenblicklichen Wechsclcourfe würde beispielsweise eine Realisation der Zinsen in London um 2 Procent günstiger als in Berlin sein. Dasselbe gilt von dcn Amortisationsquoten, für welche von der Eröffnung dcr Eisen bahn von Galacz bis Roman ab, welche bis Ende des nächsten Jahres erwartet werden darf, > per Mille, d. h. '/,» Procenl nnd die durch die Amortisation ersparten Zinsen zu verwen den sind. Die Verloosung geschieht in Berlin öffentlich in An wesenheit eines Notars. Dcr Bau der betreffenden Bahnen ist in vollem Gange und wird mit Ausbietung bedeutender Kräfte gefördert. Die Obligationcn sind mit einer absoluten, sofort bei deren Emission in Kraft tretenden Staatsgarantie ausgestattet und hiernach ein „Staatspapier", dessen Sicher heit dadurch, daß es auf die rumänische Bahn sundirt wird, eine zweifache ist. Die rumänische Regierung ist immer und unter allen Verhältnissen ihren finanziellen Pflichten nachge- kommen; sie besitzt in Staatsdomänen, Petrolcumsquellen und Salzlager, ein Activum, dessen Werth nach dem Ausbau des rumänischen Eisenbahnnetzes in größtem Maße steigen wird. Die Eoncessions urkunde, welche die Zinsgarantie enthält, ist durch eiu von dcr Landesvertretuna volirtcS und in allen vor geschriebenen Formen publicirteS Gesetz legalisirt und dadurch anch eine vollwichtige conslitutionelle Garantie geboten. Die Finanzen Rumäniens werden in der Thronrede, mit welcher am 27. November die Kammei n eröffnet wurden, als „blühend" geschildert. Tie Person deS Fürsten, welcher dem Hohcnzollern'- schen Hanse angchört, bürgt für die Richtigkeit dieses Aus- spruchs Die gcsammte rumänische Staatsschuld beträgt nur 40.'>82.02 l Thlr. und das Budget pro >808 schlicht bei einer Einnahme von 20,2'.>I,:tl2 Thlr. mit eincm Ueberschuß von um»,Thlr. Ter Bau der Eisenbahnen begründet schon an sich erfahrungsgemäß ganz neue Verhältnisse; die Thaisache aber, daß die Lemberg Ezernowitzcr EisenhahngeselUchaft sich beeilt hat, die Eoncession sür die Linien Suczaiva Jass» und Botschau» Roman zn erwerben, daß die österreichische Staats bahngesellschast sich bereits- mit den Vorarbeiten für zwei Bah nen von Kinkliide nach PancSsowa oder Scmlin und von Ba- ziacS nach Orsowa beschäftigt, sprechen für die große Wichtig keit, welche man dem Ausbau dcr rumänischen Bahnen beilegt. Die Bauten dieser beiden Gesellschaften werden den rumäni schen Bahnen einen bedeutenden Verkehr zusübrcn; ja noch mehr, jene Bauten erhalten erst durch die Verbindung mit Galacz, welche die „rumänische Bahn" herstellt, ihre eigentliche Bedeutung und die Basis ihrer künftigen Rentabilität. Tas rumänische Bahnnetz bildet den Schlüssel, welcher die Korn kammer der fruchtbaren Donanländer im NothsaUe für Nord dcutschland öffnet; sic werden erst den Impuls zu der Ent Wickelung einer Landescultur geben, welche die volle Ausbcn tung der Fruchibmkeit des dortigen Bodens nnd eine Ver werthung seiner sonstigen Schütze acslatlct. Die Schwerfällig keit der Eommunicationsnuttel lähmte bisher die Production und dcn Export; wenn derselbe nichtsdestoweniger durch die Sulinamündung bereits eine große Ausdehnung gewonnen hat, so ist damit der vollgiltige Beweis einer bedeutenden Entw.ckc lungssähiakeit gegeben. Das rumänische Babnnctz wird auch einen bedeutenden Antheil an dem levaminischen u. üatMischen Handel gewinnen und die Straße dcr ostindischcn llebcrland- post bilden. Galacz bildet den Endpunkt der aus Westeuropa durch Oesterreich und Ungarn nach dem lchwarzen Meere gc hendcn Bahnlinien. Ter neucste Bericht deS preußischen Vice consulats zu Galacz u. Braila (Handelsarchiv >808, S. M») giebt an, daß die untern Donanlündcr in >808/60 im Stande sein werden. 0 Millionen Quarter Eercalicn im Wcrthc von circa -><> Mill. Thlr. an das Ausland abaebcn zu können. Die Produciion von Petroleum betrug in Rumänien im Jahre 1X07 1,200,00" Wadra (die Wadra gleich >2 preußische Quart). Im Jahre >867 sind 402,127 preußische Mispel Getreide, im Werthe von mehr als 2« Mill. Thlr., übcr die Sulina abgc- schwommen. Im Jahre 1867 passirten die Donaumündung >00" Schiffe mit NN,020 Tonnen (aus englische Registertonnen rcdncirt) Gehalt. Diese Data sind einer Zeil entnommen, in welcher Rumänien der Eisenbahnen entbehrte; bringt man den durch dcn Ban derselben bevorstehenden Verkchrsausschwung in Rechnung, dann erscheint es- zweifellos, daß das ganze Bahn netz die bestimmte Anwartschaft aus eine gute Rentabilität hat. Dieselbe kommt aber — wie wiedelholt bemerkt werden muß — nur als eine neben der staailichcn Zinsgarantic gehende Fundirung in Betracht. Daß dcr Bau der rumänischen Bahn an preußische Unternehmer überlasten wurde, muß in wirth- schaftlicher Beziehung sehr hoch veranschlagt werden, weil da durch dcr Grund zu cincm wcilern Ausschwunge dcr Zollver- einSindustric gegeben wird. Die Uebcrnabme dcr rumänischen Bahn durch preußische Eoncessionüre legte denselben die Ver pflichtung nabe, einen Theil der Obligationen auf den preu- ßischen Markt zu bringen. Mit Rücksicht ans den Umstand, daß die letzte üproccniige rumünische Anleihe 84 Prccent steht, erzieht sich sür die > 7i Procent der Subscription aufgelegten ^proccntigen GiscnbahnobUgationen eiu EourSwerth von 78,o Procent. resp. ein Beneficium von 7 Procent. Vgl. die Auf forderung zur Actienzeichnung im Jnseratentherle des HauptblatteS. (N.-Z.)