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Beilage zu 235 des Dresdner Journals * Sonnabend, den 9 October l>Eu Serichtsverhandlungen. —m Zwickau, 7. Oktober. Bet der gestern ab» gelaufenen SchwurgertchtSperiode des hiesigen Gefchwor» ncngcrichts bildeten der BezirkSaerichtSdircctor Appel- lationsrath Seifert von hier als Präsident, der Ge- richtsrath vr. Wolf von hier und — mit Ausnahme eines Falles, bei welchem der hiesige Gerichtsamtmann Römisch mitwirkte — der GerichtSrath Bchrnauer von Eibenstock den Gerichtshof. Die Staatsanwaltschaft war durchgängig durch den Staatsanwalt Rumpelt vertreten. — Am 29. September, wo der Präsident beim Beginne der Verhandlung dir Geschwornen mit einer Ansprache begrüßte, wurde der Schmiedegrselle Müller au- Schneeberg, welcher des Raubes angeklagt war, von den Geschwornen dieses Verbrechens für schuldig befunden und deshalb zu 2 Jahren und 1 Monat Arbeitshaus verurtheilt. Wegen des ihm außer dem beigrmesienen RaubvcrsuchS lautete der Wahrspruch auf nichtschulbig. Als Obmann sungirte Bürgermei ster Advocat Speck aus Neustädtel, als Vertheidiger Advokat Fiedler von Eibenstock. — Am 30. September stand Johanne Rosine Naumann ans W ll isdorf, welche vom Advocat Freitag aus Plauen vertheidigt wurde, unter der Anklage der Kindcstödtung vor den Schranken. Die Geschwornen (Obmann: Stadtrath Advocat Bauer aus Adorf) verneinten die Schuldfrage und cs erfolgte deshalb die Freisprechung der Nau mann. — Am 1. October kam die Meineidsanklage gegen den Schießhauswirth Hellmcrdig aus Falkenstein zur Verhandlung. Der Fall bot viel Interesse sowohl wegen der Persönlichkeit des Angeklagten als auch we gen der Beweisführung. Nach der Charakteristik, welche das Gerichtsamt Falkenstein über ihn gegeben halte, erscheint er als ein höchst raffinirter Schwind ler und hat ihm die Schlauheit, welche er bei Durch führung seiner Pläne an den Taz legt und die ihn bis jetzt anS allen Eivrtcrungen und Untersuchungen straflos hat hervorgchen lassen, eine w nig bcncidens- wcrthe Berühmtheit im ganzen Voigtlande verschafft. Hellmerdig war nun im vorigen Jahre auf Bezahluna zweier Weinlieferungcn im Betrage von mehr als 150 Thalern verklagt worden und hatte am Schluffe des Processes beschworen, daß er die fraglichen Weine nicht bestellt, nicht kä .fUch geliefert und übergeben erhalten und nicht in Empfang genommen habe. Durch Zeu genaussagen, durch verschiedene Briefe und namentlich durch das Kontobuch des Angeklagten wurden aber für die käufliche Lieferung, Uebergabe und Empfangnahme jener Weine so viel Beweise hcrgestcllt, daß die Ge schwornen (Obmann: Bürgermeister Speck aus Neu- städtel) den Angeklagten des Meineids für schuldig erklärten. Der Finanzprocuratvr Advocat Stimmel aus Plauen als Vertheidiger Hellmerdigs wendete gegen das Erkenutniß, welches auf drei Jahre Arbeitshaus lautete, Nichtigkeitsbeschwerde ein, weil der von ihm mit Rück sicht auf die Förmclung deS fraglichen Eides erhobene Antrag auf Abänderung der gestellten Fragen vom Gerichtshöfe zurückgewiesen worden war. Die Hcll- uerdigsche Verhandlung war auf den 1. und 2. Oktober angrsttzt. Dadurch aber, daß die Sitzung am 1. Ok tober von früh 9 Uhr bis Abends 'tIO Uhr mit einer einzigen Panse von 10 Minuten abgrhaltcn wurde, gelang rS, dir Sache an einem Tage zu Ende zu füh rrn. — Am 4. Oktober wurde Vormittags der Armen- hauSbewohner Wolf aus Sorga der Nöthigung der Bedrohung mit Brandstiftung selten per Geschworenen (Obmann: Bergdtrrctor Kästner von Zwickau) für schuldig erachtet und infolge dessen zu 4 Monaten Arbeitshaus verurtheilt. Unter der nämlichen Anklage erschien am soeben gedachten Tage des Nachmittags der Armenhausbcwohncr Schädlich auS Nempesgrün vor den Schranken. Die Geschwornen (Obmann: Rentier Lederer aus Markneukirchen) verneinten die auf Nö thigung durch Bedrohung mit Brandstiftung gerichtete Frage, bejahten aber die weitere Frage, welche sich auf Bedrohung mit Brandstiftung bezrg. Schädlichen wurden wegen des letztern Verbrechens drei Monate Gefängniß zuerkannt. Sowohl für Wolfen al- für Schädlichen trat Advokat Fiedler aus Eibenstock als Vertheidiger auf. — Am 5. und 6. October waren neun ausge zeichnete Diebstähle, darunter zwei im Werlhb trage von mehr als 100 Thalern, Gegenstand der Verhand lung wider Eckard und Hanke auS Kirchberg. Die Geschwornen (Obmann: Gutsbesitzer und Candidat des höhern Schulamts Reth aus Geilsdorf) bejahten die gestellten dreißig Fragen mit Ausnahme von dreien, bet denen letztern Hanke betreffs des einen Diebstahls für n.chtschuldig und Eckard bei einem der ihm zur Last gelegten ausgezeichneten Diebstähle nur eines ein fachen Diebstahls für schuldig erklärt wurde. DaS Urthcil lautete gegen Eckardcn auf 6 Jahre 6 Monate Zuchthaus und gegen Hanken auf 7 Jabre 6 Monate desgleichen. Zum Schluffe dankte der Präsident den Geschwornen für ihre Hingebung und Ausdauer, wo rauf der Obmann Roth dem Präsidenten, den übrigen Mitgliedern des Gerichtshofes und dem Staatsanwalte in längerer Rede den Tank der Geschwornen aussprach. Vermischtes. * In Königsberg (Preußen) gerietst am 6. d. M. Abends eine der mitten im Speicherviertel belegenen Flachswagen in Brand. Den Anstrengungen der Feuerwehr gelang es, das Feuer auf dieses eine Ge bäude zu beschränken, welches ganz niedergebrannt ist. Bei dem Brande der FlachSwage sind 30,000 Ctr. Flachs durch das Feuer vernichtet. Die Vorräthe wa ren mit 500,000 Thlr., die Gebäude mit 18,000 Thlr. versichert; von erster» ist fast nichts gerettet. Durch den Brand, über dessen Entstehung bis jetzt noch nichts bekannt ist, sind 100 Arbeiter brodlos geworden. * Aus Berlin wird berichtet, daß in der Hasenhaide in der Nacht vom Montag zum Dienstag wieder ein mal eine höchst brutale, in ihren Motiven noch un aufgeklärte blutige That verübt worden ist. Der Acker bürger Fix wurde beim Heimgange von drei Strolchen thätlich angegriffen und, als er sich zur Wehre zu setzen versuchte, derartig mit Messerstichen tractirt, daß er zusammensank, eist nach längerer Zeit von Vorüber gehenden nach Hause gebracht werden konnte und schwer krank daniederliegt. Eine Beraubung hat nicht statt- gefunden. * AuS Remagen, 4. October, wird der „N. A. Z." geschrieben: Verflossene Nacht fand auf einem zwischen Unkel und Odcrwinter ankernden Schiffe, welches Pul ver geladen hatte, eine Explosion statt, infolge deren da- ganze Schiff verbrannte. * In Avondale in Amerika, etwa 168 (englische) Meilen von New Aork entfernt, hat sich, wie der Te legraph schon gemeldet, ein Grubenunglück ereignet, da- an Furchtbarkeit beinahe da- im Plaucnschen Grunde erreicht. In der Avondaler Köhlenmine wird die Luft dadurch purificirt, daß ein durch Dampf bcw.gter Wind fächer reine Lust zuführt und daß auf dem Boden des Schachtes ein Feuer unterhalten wird. Das Feuer war aber diesmal erloschen, weil die Arbeiter Strike gemacht hatten, und als sie am 6. Septdr. ihre Arbeit wieder ausnahmcn und das Feuer wieder anzündeten, gerieth durch das Ausstiömcn brennender Gast das über der Minenöffnung befindliche Holzzebäude, Brecher genannt, in welchem sich der Aufziehappar.rt, dec Pump maschinen rc. befanden, in Brand. Von allen Seilen strömten Menschen herbei, ungeheuer war die Auf regung, die sich unter ihnen kundgab, denn cs hieß, day 200 Männer und Knaben unter der Feuermasse begraben seien. Jammergeschrei erfüllte die Lust und mischte sich mit dem Rasseln der zur Hilfe hcibcikom- menden Dampffeuerspritzen. Endlich war das Feuer gelöscht, die Frauen stießen ein Frcudengcschrct aus und umarmten sich, Frcudenthräncn flossen, mail glaubte alle Gcfahr vorüber. Nun stieg ein Mann hinab in die Mine und berichtete, die Luft sei gut. Abrrmali- gcS Freudengeschrei. Zwei Männer mit Werkzeugen ließen sich nun in die Tiefe hinunter — sie trafen auf drei todte Maulihiere und berichteten, daß Massen von Schwefeldunst und Gasen aus cen Fugen eines Thores quollen, daß sie nicht öffnen konnten. Erneuerte Be stürzung ergreift die Gemüther. Wiederum steigen zwei Männer in den Schacht, einer davon wird das Opfer des giftigen Gases. Nun ließ man den Dampfluft fächer arbeiten, wußte aber nicht, daß man damit die Kohlengluth in der Tiefe anfachtc, wodurch ein Qualm entwickelt wurde, der jeden, der nnten etwa noch am Leben war, tödten mußte. Es war aber wahrschein licher , daß alle in dcr Mine befindlichen Arbeiter längst ihr Leben cingebüßt hallen, ehe der Windfächcr zu ar beiten begann. Noch gab die harrende Menge die Hoffnung auf Rettung nicht auf, als aber einer der geschwärzten und entstellten Leichname nach dem andern heraufkam, da verwandelte sich das lcise Schluchzen dcr Wei ber in Jammergeschrei und laute Wehklagen. DieMänncr blieben nicht ungerührt bci diesem Schauspiele. Die Augen der rauhen Bergleute füllten sich mit Thräncn, als sic die Leichen ihrer Freunde und Kamei aden nebeneinander auf das Gras legten. Es wurden 108 Leichen aus der Mine gefördert. Auch der Intendant Hughes war darunter. Die große Mehrzahl dcr Todten sah aus wie Männer, die in Schlaf gesunken oder die ihr un vermeidliches Loos mit würdevoller Ergebung hinge- nommcn hatt.n. Indessen ist keiner gestorben, ohne alle Mittel zur Rettung seines Lebens erschöpft zu ha ben. Aus Erfahrung wußten diese Männer, daß es keinen andern Ausweg aus der Mine giebt als durch den Schacht, den Feuer und brennendes Gebälk ver stopften und daß sie daher bis in den entferntesten Theil der Mine fliehen müssen. Sie flohen nicht im ersten Schrecken, sondern sie gingen in s ntcr Ordnung zurück, mit dem vollen Bewußtsein, daß ihr Leben von ihrer Geistesgegenwart abhängt. Sie schlossen alle luftdichten Thore hinter sich, um die friscke Lust, die noch in der Mine war, unverdorben zu erhalten und um die böse Luft abzuhalten AlS sie sich hinter daS letzte Thor zurückgezogen hatten und fanden, daß ihnen die giftigen Dünste nach innen folgten, warfen sie hastig Barrtcadcn auf und v-rstopften alle Ritzen mit ihren Kleidern, die sie sich vom Leibe abzogeu. Statistik uns Valkswuthschast. * Leipzig. Wie wir bereits früher mitgetheilt habe», ift von der Landeöversicherungsgesellschaft zu Leipzig die Einrichtung getroffen worden, daß sie an Beamte, sowohl in SlaatS- und Communaldiensten, als auch btt Eisenbahnen »., zum Zwecke der Bestellung neuer, wie auch gegen Abtretuug bereits bestellter Dünstcaulionca, Darledeu biS zum Betrage von vier Fünftel des versicherten Capitals gewährt. Es ließ sich von Anfang an erwarten, daß dieses Unternehmen, welches vielsachen Uebelständcn Abhilfe geschafft und dadurch einem in den betreffenden Kreisen sehr lebhaft gesuhlten Bedürfnisse ent- sprochcn hat, eine ausgedehnte Benutzung finden würde, und diese Erwartung hat sich schon jetzt in reichem Maße erfüllt. Denn obgleich manuichfache, durch die Neuheit der Einrichtung herbeigesührtc Bedenken ihrer Benutzung anfänglich entgegen- getreten und sonstige nicht geringe Schwierigkeiten zu überwin den gewesen sind, und obgleich ,m Inter sic der Darlchensem- psänger selbst jede Zusage eines solchen Darlehens selbst von einer zuverlässigen, zu keinerlei Bedenken Anlaß bietenden Aus kunst über die persönlichen Verhältnisse dc> Darleheusemvsün- ger abhängig gemacht werden muß, so haben doch bereits in einem Zeiträume von 6 Monaten an 3^2 Personen Darlehen im Betrage von 120,530 Tklr. bewilligt wer .ru konueu, wovon 87,337 Thlr. an 270 Personen thc ls baar ausgezahlt, theils zur unmittelbaren Bestellung von Kautionen verwendet wor den sind. Brüssel, 6. Octobcr. (F I.) Die französische Ostbahn- gesellschast in den Niederlanden bat sich nicht dazu ver stehen können, in die Anwendung der französisch belgischen Con vention aus die niederländischen Linien zu w Uigen. —, .... . Gewmuc 5. Classe 7«. K. Sachs. Landes-Lotterie. Gezogen zu Leipzig, den 7. Octobcr 1869. s«ov Thlr. aus Nr >224» 8,826. g«»o . . . 104 4437 75U0 772» llO7O 13058 16417 21577 22232 25850 20745 31083 3818» 48558 57298 57^52 58489 87.02 72840 73124 70688 77048 77566 77988 82074. Gewinne ü 400 Thlr. Nr. 144» 1798 8934 12019 13374 15330 2192 ! 21089 252»6 25416 35375 366M 37283 37404 37614 3842» 3970» 41890 45096 45234 54194 56173 56497 56593 59259 61587 61886 62182 6856» 6W91 71299 722»O 76994 83010. Gewinne ü 200 Thlr. Nr. 2353 3466 4413 4882 6098 1057» I 1170 17256 17684 IS144 20782 23696 23758 33387 36563 36930 39010 43343 45031 4 864 47979 5I35I 53938 55170 58281 62259 6281» 63996 67330 70631 70955 75722 82408 83322. Gewinne ü 100 Thlr. Nr. 483 1953 2561 33»6 3609 5342 5411 6183 6507 8780 9570 10657 11880 12452 I5I67 15260 18459 20468 21588 21695 2I9I3 22143 22826 24750 56 24964 25270 260Ü0 26454 2693» 27272 27309 27899 28258 28663 2898» 29164 29414 29988 30416 30800 35140 36815 37873 39185 39452 39517 41332 41925 42748 42940 43599 43947 44972 45561 45V29 46088 48035 48735 51367 52156 53397 53480 56263 57372 57768