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Dresdner Journal : 24.06.1869
- Erscheinungsdatum
- 1869-06-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-186906247
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18690624
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18690624
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1869
-
Monat
1869-06
- Tag 1869-06-24
-
Monat
1869-06
-
Jahr
1869
- Titel
- Dresdner Journal : 24.06.1869
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M 143. Donnerstag, den 24. Juni. 18«». Ldomumtntspreife: I» RorLä. Llu»<t»; FvdrUek: 6'xklr. — Kxr ^^krlieN- 1 „ 15 „ tloo»tliok:— „ 15 „ Li»»«l»«K»nui>oro: 1 „ wkr«»««» tritt jälirNvI» 2 1'klr. 8t«wvelx«but>r, »u»«rrN»Ib a«» Korckä. Luaä«» ?o»t- »ock 8tvwpeln»ckl«xiliu,«. Hustratrnpreisr: k"ür ckea 8»uw «i»«r »s»p»It«»so Leil«: 1 K^r Hat«r „Lioxe»»oot" äiv Leite: 3 Kxr. erscheine«: l'lxllck, mit Xn»n»dm« cker 8oo»- »vä k«ier1»U«, Xdeoä, kiir äeo kolxelläen r»^. DreMerÄnrml. Verantwortlicher Redaeteur: I. G. Hartmann. Wnsrrateaannahm» miswLri«: LelxiiU: v»xxo»ixrrxx, 6villi»ii»lo»Ie — äee Or«,ä»er ckoaro»»«; «1>«vä»,.: H. kxoi.xx, Lvoxx kour; N»wdi»r^-v»rU»- Vi»»-l.»ip,i^-8»»»l-rr»lltturt ». H.- IlLL,»x»rxi» t Vool-e», LsrUll. Ollvrixe selis Nneliü., Ii»rx»xr»»'» Nnrexu, Uvool.1»« Nremco: L. 8l.ui.orr»; Nr«»I»ii: l, 8r-xoxx'» ^nooneeolinr«»», NiLL Sc l'xrvxv; rrllllk/urt ».öl.: ä-xurir'seli« Luokk.; Löl»r ^v. LtvxxLn, kxri»: 8»vt», l.»»r,rr, 8vl.i.ixx LO'«., (8, kl»e» ck« I» öour»«); krxx: k». L»»l.ic»'» üuodl».t Vies: ^l.. Orrnl.-». Herausgeber: Woi^i. Lxpsäitio» ä«» Ore»äo«r ckoor»»!», vresäeo, Ll»risi»tr»«»« Ko. 7. Amtlicher Theil. Bekanntmachung, die neue Organisation der Staatseisenbahnverwal- tung und die Errichtung einer Generaldirection der königl. sächsischen Staatseisenbahnen rc. betr., vom 17. Juni 1869. Mit allerhöchster Genehmigung Sr. Majestät des Königs wird die durch Bekanntmachung vom 21. Oc tober 1858 (Seite 26» des Gesetz- und Verordnungs blattes) bestimmte Einthrilung der königl. sächsischen Staatseisenbahnen in einen östlichen und westlichen Komplex vom 1. Juli dieses Jahres an wieder ausge hoben und an Stelle der beiden StaatSeiscnbahn-Di- rectionrn zu Leipzig und Dresden, welche ringezogen werden, von demselben Zeitpunkt au eine Generaldirection der königl. sächsischen Staatseisenbahnen mit dem Sitz in Dresden errichtet, welcher die Ver waltung und die Leitung des Bctrilbs der gesammten im Betrieb befindlichen Staatseisenbahnen und der in Staatsverwaltung befindlichen Privat-Eiscnbahncn unter Oberaufsicht des Finanzministeriums und in unmittel barer Unterordnung unter dasselbe übertragen, inson derheit auch die Ausübung der Polizeigewalt, insoweit selbige nach der Verordnung die Bahn- und Betriebs- Polizei auf Eisenbahnen betreffend, vom 13. August 1856 (Seite 359 des Gesetz- und Verordnungsblattes) der Eisenbahnverwaltung zusteht und die Ausübung der Strafgewalt nach Artikel 17 des Gesetzes, die Be schädigung von Eisenbahnen rc. betreffend, vom 1l. Au gust 1855 (Seite 292 des Gesetz- und Verordnungs blattes) nicht minder die Vertretung des Staatsfiscus in Expropriations- und Bcsitzrcgulirunysangelegenhei- tcn, insoweit sie die im Betrieb befindlichen Staatsei- senbahnen betreffen und in Bagatellstreitigkeiten, die aus dem Eisenbahnbetrieb herrühren, mögen sie von dem oder gegen den Staatsfiscus anhängig gemacht werden, mit dem Bcfugniß, Sachwalter zu beauftragen, hiermit übertragen wird. Dresden, den 17. Juni 1869. Finanz - Ministerium. Frhr. von Friesen. Heydenreich. Nichtamtlicher Theil. Uebersicht. Telegraphische Nachrichten. Tagesgeschichte. Berlin: Verabschiedungen des Zoll parlaments und des Reichstags. Vom königl. Hofe. Sitzung des Zollbundcsraths. Gesetz pnblicirt. Die nationalliberale Partei. Ersparnisse bei Eisenbahn- bautrn. — Halle a. S.: Nachwahl zum Reichstage. — Kiel: Unterstützungen an die Invaliden. — Weimar: Rückkehr des Großherzogs. — Mün chen: Das Maximiliancum. — Wien: Neuer por tugiesischer Gesandter. Zwei getrennte Staatshaupt kassen. Reichsgericht constituirt. Aus Wieliczka. — Prag: Zerwürfnisse im nationalen Lager. Vom böhmischen Landwirthschaftsverein. — Linz: Rechts frage bezüglich eines Legates. — Triest: Küsten befestigung. — Lemberg: Das deutsche Theater. Der Wählercomite. — Brüssel: Badereise der Kai serin Charlotte. — Mailand: Zu den Demon strationen. — Madrid: Tagesbericht. —Washing ton: Finanzielles. Das Zerwürfniß mit Brasilien. Ernennungen, Versetzungen rc. im öffentl. Dienste. Dresdner Nachrichten. Provinzialnachrichten. (Leipzig. Zwickau. Plauen. Mittweida. Döbeln. Löbau. Großenhain. Burkhards- dorf. Ebersbach.) Gerichtsverhandlungen. (Leipzig.) Vermischtes. Statistik und DolkSwirthschaft. Feuilleton. Inserate. TageSkalender. Börsen nachrichten. 777—7 — „Hl "H- '717^-M Feuilleton. K. Hoftheater. Dienstag, den 22. Juni, gastirte Herr Günther vom grobherzoglichen Hoftheater in Schwerin in der Titelrolle deS Benedix'schen Lustspiels. „Der Vetter", dessen Wirkung ganz allein auf der vorzüglichen Repräsentation dieser durch Situations komik ergötzlichen Figur beruht. Er machte den Ein druck eines routtntrten Schauspielers aus der guten Litern Schule; er spielte den Vetter Siegel in natür licher Charakteristik, bürgerlich behaglich, herzlich im Ton, mit wohlthuender Gemüthlichkeit und ohne durch geschmacklos übertriebenen und bunten Farbenauftrag seine fleißige Durchführung irgend zu stören. Aber diese erwies auch nicht den Humor, die feinen Züge und drastisch wirkenden Momente, womit sich die an sich stets dankbare Partie in individueller Lebenswahr- heit gestalten läßt und bereits oft auf unsrer Bühue dargrstellt wurde. Offenbare Behinderung in der vollen Wiedergabe seiner Intentionen leidet Herr Günther durch die Schwäche seines Organs und durch seine Aussprache; die fehlende klangvolle Klarheit der Vo- cale, die mangelnde Schärfe der Consonanten wird in dem hiesigen größern Bühnenraumc weit fühlbarer. Besonder- beachtenswerth wurde der Gast von Hrn. Winger — Großhändler Gärtner — und Fräulein Langenhaun — Louise — unterstützt. Pauline wird ohne Nothwendigkeit von Fräulein Wolff in den Eifer- suchtslaunen zu unltebenSwürdig charaktertsirt, und ^uchbcim von Herrn Galster »u unbedeutend reprä- lentirt, um die gegenseitige Anziehungskraft dieser Beiden sich erklären zu können. Da» Stuck wurde zu langsam und schlaff gespielt. ES folgte der dramatische Scherz von G. zu Putlitz »Ein Ständchen". E. Banck. Telegraphische Nachrichten. Gotha, Mittwoch, 23. Juni, Mittags. (W.T. B.) Der Tpeciallandtaa lehnte heute die behufs Deckung deS DcficitS geforderte Gewerbesteuer ab. Wien, Mittwoch, 23. Juni. (W.T. B.) Wie die „Presse" erfährt, befinde sich unter den im nächsten Rothbuch zu veröffentlichenden Correspon- denzen mit dem österreichischen Botschafter in Rom ein Aktenstück, wonach das Wiener Cabinet dem Concil gegenüber eine abwartende Stellung ein zunehmen gesonnen ist, da von vornherein die Ent wickelung des Concils nicht zu ermessen sei. Paris, Dienstag, 22. Juni, Abends. (W.T. B.) Der Vicekönig von Aegypten ist heute früh Morgens nach London abgereist. Das „Journal officiel" schreibt in seiner Abend ausgabe: Die Berichte auS St. Etienne sind andauernd befriedigend. Die Ruhe ist nicht mehr gestört worden. Die Verhandlungen zwischen den Grubenbesitzern und den Dclegirten der Arbeiter lassen eine baldige Einigung erwarten. Haag, DienStag, 22. Juni, Abends. (W. T. B.) Die Kammer der Abgeordneten hat den Gesetzent wurf, betreffend die Abschaffung der Erfindungs patente, mit 49 gegen 8 Stimmen angenommen. Florenz, DienStag, 22. Juni, Abends. (W. T. B.) Im Befinden der Herzogin von Aosta ist keine Besserung eingetreten. Eine Depesche deS Ministers deS Innern an die Präfecten über die neuerdings an verschiedenen Orten stattgehabten Unruhen besagt Folgendes: Am Montage herrschte in sämmtlichcn Provinzen völlige Ruhe; nur in Turin, Neapel, Padua und Pas via waren einige aufrührerische Rufe vernehmbar, daS Einschreiten der bewaffneten Macht war jedoch nicht nethwendig. Mailand (vgl. unter „Tagcsgeschichte") ist vollständig ruhig; doch hat die Revolutionspartci die Absicht, Unordnungen zu provociren, nicht aüfge- geben. Fortgesetzte Wachsamkeit und Energie der Be hörden sind daher nvthwcndig. Rom, Mittwoch, 23. Juni. (W. T. B.) Die Nachricht, der französische Botschafter habe de« Papste Eröffnungen betreffs des Concils gemacht, wird von officiöser Seite drmentirt. Keine Macht habe dem Papste ihre Ansicht über das Conctl ausgesprochen. London, DienStag, 22. Juni, Abends. (W. T, B.) Der Vicekönig von Aegypten ist heute hier ein getroffen. Aus New Uork wird vom heutigen Tage pr. atlantisches Kabel gemeldet: Es sollen demnächst Verhandlungen mit der kanadischen Regierung be hufs Abschlusses eines ReciprocitätüverrragS mit den Vereinigten Staaten angeknüpft werden. — Mehrern Mitgliedern der Jnnta zur Unterstützung deS Aufstandes auf Cuba ist wegen erneuter Ver letzung der Neutralität abermalige Verhaftung an gedroht worden. Tagesgeschichte. 6. Berlin, 22. Juni. Die feierlichen Verab schiedungen des deutschen Zollparlaments und im unmittelbaren Anschluß daran auch des norddeut schen Reichstags haben heute stattgefunden. Gegen A4 Uhr hatten sich im weißen Saale des k. Schlosses gegen 100 Abgeordnete eingestellt, welche um den Thron einen weiten Halbkreis bildeten. Diesmal überwog bei Weitem die Uniform das Civilkleid, und die durch meh rere höhere Offiziere verstärkte Versammlung bot einen glänzenden Anblick dar. Die süddeutschen Zollparla- mcntsmitglieder waren verhältnißmäßig nicht sehr zahl reich erschienen, doch bemerkte man die Minister Fürst Hohenlohe, v. Varnbüler und v. Mittnacht. In der Diplomatenloge wohnte der nordamerikanische Gesandte vr. Bancroft den Feierlichkeiten bei, die mit der Auf ¬ stellung deS ZollbundesratHS links von den Stufen des Thrones ihren Anfang nahmen. Diese hohe Körper schaft wurde geführt von dem Grafen Bismarck, der die große Generalsuniform trug; ihm folgten der baycrsche Gesandte Pcrgler v. Perglas, dann Präsident Delbrück und Geh. Rath vr. Wcinlig (Sachsen), welchen sich dann die übrigen Zollbundcs- und Bnndesrathsmitglie- der, darunter Generallieutenant v. Podbielski und Ad miral Jachmann, anschlossen. Präsident Delbrück und Gencrallieutenant v. Podbielski trugen die großen Bän der sächsischer Orden. Graf Bismarck übergab sodann die beiden Thronreden dem baycrfchcn Zollbundesraths- mitgliede, verfügte sich zu Sr. Maj. dem König Wil helm, um Allerhöchstdemselbcn zu melden, daß das Zoll parlament Seiner harre, und nahm dann seinen Platz wieder ein. Als Se. Maj. der König Wilhelm, gefolgt von dem Kronprinzen, den Prinzen des Hauses und den Hofstaaten im weißen Saal erschien, brachte Prä sident vr. Simson ein Hoch auf Allerhöchstdenselben, „den Träger der Präsidialgewalt im deutschen Zoll verein, den Schirmherr» des Norddeutschen Bundes" aus, in welches die Versammlung lebhaft drei Mal ein stimmte. Das Gleiche geschah bet den beiden folgenden Hochs. Der König dankte freundlich, bestieg die Stu fen des Thrones, während der Kronprinz auf densel ben, der Prinz Friedrich Wilhelm rechts davon Platz nahm, der Prinz Albrecht (Vater) jedoch in den Kreis der Abgeordneten trat. Der König las sodann bedeck ten Hauptes nachstehende Thronrede: „Geehrte Herren vom deutschen Zollparlamente! Ihrer angestrengte» Thätigkeit ist cs gelungen, die Be- rathung der Ihnen von den verbündeten Regierungen gemach- ten Vorlagen in kurzer Zeit zu Ende zu führen. Die Handelsverträge mit der Schweiz und mit Japan haben Ihre Zustimmung erhalten. Die Einmüthlgkeit, mit welcher dieselbe ertheilt ist, beweist, daß auch Sie in diesen Verträgen, deren einer die aus nachbarlichen Verhältnissen be ruhenden Beziehungen des mannichfaltigsten täglichen Verkehrs zu erleichtern bestimmt ist, während der andere für die Schiff fahrt und den Handel im fernen Osten eine breitere Grund- jage schafft, weitere Fortschritte in der Ausbildung der inter nationalen Beziehungen des Zollvereins erkannt haben. Mit nicht minderer Eiumüthigkeit haben Sie dem Ver einszollgesetze und dem damit in Verbindung stehenden Gesetze über den Schutz der Zollgrenze im Hamburger Freihasengediete Ihre Genehmigung gegeben. Die von Ihnen beschlossenen Ab änderungen beider Gesetze haben die Zuitimmung des BundeS- raihes gesunden Es hat den verbündeten Regierungen zur lebhasteo Befriedigung gereich», sich mit Ihnen sowohl über die Richtungen, in welchen die Zollgesetzgebung des Vereins der Reform bedurfte, als über die Mittel, durch welche diese Re form zur Ausführung zu bringen ist, durchweg in vollem Ein- verstäudniß zu finden. Ich hoffe, daß das wichtige vMuische Gesetz, welches an die Stelle einer 30 Jahre alten Gesetzge bung zu treten bestimmt ist, in befriedigender und dauernder Weise die Anforderungen vermitteln werde, welche die rasche und vielseitige Entwickelung des Verkehrs und die finanziellen Interessen des Vereins an die Zollverwaltung zu stellen haben. Die Aenderungen, welche Sie aus Rückficht auf eine, für die wirtschaftlichen Verhältnisse des Vereins in hohem Grade wichtige Industrie in dem Gesetze über die Besteuerung des Zuckers beschlossen haben, entfernen sich nicht von den Gesichts punkten, welche die verbündeten Regierungen bei der Vor legung dieses Gesetzes im Auge hatten. Die Besteuerung des Zuckerverbrauchs im Ganzen wird eine Ermäßigung und die Einnahme des Vereins aus diesem Verbrauche wird eine Er höhung erfahren, welche einen Theil der, in den letzten Jah ren durch zahlreiche Zollbefreiungen und Ermäßigungen ver anlaßten Einnahmeausfalle decken wird. Die Revision des Vereiuszolltarifs ist zu Meinem Be dauern nicht zum Abschluß gelangt. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, daß die Verschiedenheit der Meinungen über die finanziellen Ausgaben des Vereins, welche diesen Abschluß ver hindert hat, mit der Zeit ihre Ausgleichung finden werde, und Ich entlasse Sie, geehrte Herren, mit dem Wunsche und der Zuverficht, daß auch in diesem Jahre Ihre Vereinigung dazu beigetragen habe, das Band zu befestigen, welches die gemein samen Institutionen um alle deutschen Länder knüpfen." Nachdem hierauf Graf Bismarck im Namen der ver bündeten Regierungen auf allerhöchsten Prästdialbefchl die Sitzungen des Zollparlaments für geschlossen er klärt hatte, brachte der bayersche Gesandte ein Hoch auf den König Wilhelm aus. — Als dasselbe verklun gen, entfernten sich die süddeutschen Zollbundesraths- mitglieder sämmtlich aus den Reihen des Zollbundcs- rathes; die süddeutschen Abgeordneten thaten zum Theil das Gleiche; ein anderer Theil hörte, noch unter den Mitgliedern des Reichstags verharrend, die Thronrede mit an, mit welcher die Reichstagssesston geschloffen wurde und welche nachstehenden Wortlaut hat: „Geehrte Herren vom Reichstage deS Norddeutschen Bundes! Sie stehen am Schluffe einer Session voll angestrengter Thätigkeit. deren Ergebnisse für die Fortbildung der Bandes- verhällnisse und sür die Entwickelung der Wohlfahrt Nord- deutschlands segensreich sein werden. Durch das Wahlgesetz sür den Reichstag ist die Bildung der Volksvertretung des Norddeutschen Bundes aus der Grund lage der Verfassung endgütig und gleichmäßig geregelt. Der Entwurf einer Gewerbeordnung ist van Ihnen mit der eingehenden Sorgfalt beratben worden, welche der Wichtig keit und Vielseitigkeit seines Inhalts entsprach. Nachdem der Bundesrath Ihren Beschlüssen seine Zustimmung ertheilt hat, ist durch allseitiges Entgegenkommen in den zahlreichen Ei»- zelnheiten. welche zu Meinungsverschiedenheiten Veranlassung geben konnten, ein Werk zu Stande gebracht, welches der freien Bewegung gewerblicher Thätigkeit neue, und der gejammten Be völkerung des Bundesgebietes gemeinsame Bahnen eröffnet. Die Uebereinstimmung der HeereSeinrichtungen im Nord deutschen Bunde und im Großherzogthume Baden hat den Ab schluß eines Vertrages gestattet, welcher durch Herstellung der militärischen Freizügigkeit zahlreichen Angehörigen des Bundes sowie des Großherzoglhumü wesentliche Erleichterungen in der Erfüllung ihrer Wehrpflicht darbietet. Die von Ihnen genehmigten Postverträgc mit Schweden, den Niederlanden, Italien, dem Kirchenstaate und Rumänien bilden eine werthvotle Ergänzung der Verbesserungen des in ternationalen Postverkehrs, weiche sich an die Reformen unserer Portotaxe angeschloffeu haben. Ebenso sind den mit Italien und der Schweiz abgeschlos senen Handelsverträgen die von Ihnen genehmigten Literar- uud Eonsularcouventionen ergänzend hinzugetreten. Das Gesetz über die Beschlagnahme der Arbe ts und Dienst- löhnc hat in der von Ihnen beschlossenen Fassung die Zustim mung der verbündeten Regierungen erhalten. Das Gesetz über die Gewährung der Rechtshilfe bezeichnet einen entscheidenden Schritt zur Erfüllung einer verfassungs mäßigen Aufgabe des Bundes, deren vollständige Lösung durch die Arbeiten zur Herstellung der gemeinsamen Eivil- und S'ras- proceßordnung und des gemeinsamen Strafgesetzbuches er- strebt wird. Die Erhebung der deutschen Wechselordnung und des deutschen Handelsgesetzbuches zu Bundesgesetzen, und die Er richtung eines obersten Gerichtshofes für Handelssachen sicher» die einheitliche Fortentwickelung deS, den BundeSangehörigen früher schon thatsächlich gemeinsamen Handelsrechtes. In dem Oberhandelsgerichte begrüße ich zugleich eine Erweiterung der Äundeseinrichtungen, welche eine neue Bürgschaft dasür ge währt, daß dcrNorddeutscheBund die gemeinsamenJnstitutioneo, deren er zur Erfüllung seiner nationalen Ausgaben bedarf, zu schaffen und auszubilden wohl befähigt ist, wenn das bundes treue Zusammenwirkungen der Regierungen unter sich und mit . der Volksvertretung von gegenseitigem Vertrauen getragen wird. Der aus Ihrer Initiative hervorgegangene Gesetzentwurf, betreffend die Gleichberechtigung der Confessioucn in bürger licher und staatsbürgerlicher Beziehung, begegnete den übereiu- sNmmenden Absichten des Bundesrathes und hat dessen Zustim mung gefunden. — Die Umwandlung der in einzelnen Bundesstaaten bestehen- den Stempelabgabe sür Wechsel in eine Bundessteoer, vollendet durch Beseitigung der mehrfachen Besteuerung der im Bundes gebiete umlausenden Wechsel die Einheitlichkeit des Verkehrs- aebiets, und sichert ebenso wie das Gesetz über die Portofrei- beiten, dem Bunde eine Steigerung seiner eigenen Einnahmen. Beide Gesetze bedingen aber eine der Erweiterung der BundeS- einnahmen gleichkommendc Beschränkung der den LandeSsinan- zen zu Gebote stehenden Mittel und führen deshalb nicht zu einer wirksamen Ermäßigung der Matricularbeiträge. Ueber auderweite, von den verbündeten Regierungen zur Verminde rung der Matricularbeiträge vorgeschlagene Maßregeln ist zu Meinem Bedauern eine Einigung nicht erzielt worden. Es wird daher zunächst den Landesvertretungen die Ausgabe zu- falleu, die Ausfälle, welche durch Ermäßigungen der Abgaben vom Verkehre entstanden sind, durch Einschränkung der Staats- ausgaben, oder durch Bewilligung solcher Abgaben zu decken, welche der Gesetzgebung der Einzelstaateu unterliegen. Durch die Genehmigung des Bundeshaushaltsetats und der Erweiterung der Marineanleihe haben Sie dem Bunde die zur Erfüllung seiner Ausgabe im nächsten Jahre nülhigen Mit tel gesichert und zugleich der Durchsührung des Plans für die Entwickelung der Bundesmariuc die finanzielle Gewährleist»»- sür die Zukunft gegeben. Bor wenigen Tagen war Ich Zeuge der nahezu erreichten Vollendung des ersten deutschen Kricgshafens, eines Denkmals, welches vor Europa die Thatkrast und Einsicht bekundet, mit welcher deutscher Fleiß in dreizehnjährigem Kampfe den Ele menten die Erfüllung einer großen nationalen Ausgabe abge rungen hat. In der lebendigen und werkthätigen Theilnahme, mit welcher die Bevölkerung der deutschen Küstengebiete die Entwickelung des Bundes in der Richtung -unsrer maritimen Interessen begleitet und fördert, habe Ich mit freudiger Genug- thuung den Ausdruck des nationalen Bewußtseins erkannt, wel ches mit wachsender Kraft alle Theile des gemeinsamen Vater- Halter von Tennessee, noch früher Schneider und jetzt Präsident, nicht einmal lesen, bis seine Frau ihn darin unterrichtete. Er studirte die Rechte und hat es bis zum Präsidenten gebracht, und wie zahlreich sind die Beispiele dieser Art! Präsident Lincoln besuchte kein Jahr lang die Schule, und selbst die Elemcntarkennt- nisse gingen ihm ab, bis er sich ernstlich aufs Lesen verlegte, lieh sich juristische Bücher und war bald Ad- vocat. Die Regeln, die in einigen Staaten eine ge wisse Zeit der Vorbereitung und einen Examen vor schreiben, sind unbestimmt und veränderlich; wenige Monate des Studiums bei gewöhnlicher Fähigkeit kön nen sie überkommen. Im Mangel an Graden unterscheidet sich der Juristen stand in Amerika ebenfalls von dem in Europa. Die einzige Verschiedenheit besteht in gut und schlecht, scharf sinnig und einfältig, erfolgreich und erfolglos. Die vielen Stufen im Mutterland, die nicht nur mannich- fache Epecialitäten, sondern für jede Specialität einen andern Namen haben, sind unbekannt. In England sind nämlich die Benennungen der verschiedenen Rechts - gelehrten ganz so compltcirt, wie die Gesetzbücher selbst, und in diesem Lande, wo das Processirrn sprichwört lich kostspielig ist, trägt da- System eines beschränkten Wirkungskreises für jeden Genre von Advocaten nicht wenig dazu bei, die Kosten so viel als möglich zu ver mehren. Es dürfte interessant sein, als Gegensatz zu der amerikanischen Einfachheit die "Namen und Bestim mungen in England anzuführen und somit des Eng länder- doppelte Ueberzeugung zu erklären, rin schlechter Vergleich sei besser, als ein guter Proceß. Der „Barrister" oder „Counsel" ertheilt seinen Clienten Rath und vertritt sie vor den Gerichten. Der „Attorney" ist gleichsam der Secretär de- Barrister-, denn er hat alle Aktenstücke vorzuberriten und überhaupt Alle- zu Jus, Theologie und Medicin in Amerika. (Fortsetzung aus Nr. 142.) Daß der Stand ein sehr angesehener ist, braucht kaum erwähnt zu werden, wie wäre das anders möglich bei einem Berufe, der Vermögen, gesellschaftliche Stel lung, Rang, Macht, Auszeichnung mit sich bringt? Es ist freilich wahr, daß sich das Gesetz in Amerika nicht mit den äußern Abzeichen von Würden umgiebt, die in England noch als Ueberbleibsel alter Zeiten aufrecht erhalten werden. Der amerikanische Advocat trägt keine weiße Alongenperrücke, wie der englische, der je nach seinem Rang die Haarbeutel vermehrt und die Lage der weißen Locken verändert. Ein perrükcn- loser Gerichtshof lauscht dort auf perrükenlose Advo caten. Wenn ein englischer Advocat-College mit Per- rüke und Amtskleid m einen amerikanischen GerichtS- saal träte, würde er ganz sowie in Deutschland mit lautem Gelächter empfangen werden, wo sich, wie in der neuen Welt, dieser Haarputz darauf beschränkt, dem natürlichen Haar so ähnlich als möglich zu sehen, und demnach nur als nothwendiges Uebel betrachtet wird. Der Richter in Amerika erscheint in seinem gewöhn lichen Morgen- oder Abendanzuge und die Advocaten in dem schwarzen Wollenstoff, wie er in Amerika all gemein getragen wird. In den wildern Regionen des Südens und Westens verrichten die Richter ihr Amt sogar in der groben Hausleinwand, die mit Oelnuß- rindc braun gefärbt wird. Es gtebt wohl einige wenige Einschränkungen beim Antritt des Berufs, sowie es auch in der Ausführung desselben Förmlichkeiten giebt, die nicht gesetzmäßig sind. Will rin junger Mann Advocat werden, so htndert ihn nichts daran, vorausgesetzt, daß er lesen kann. Keine wettere Erziehung ist erforderlich. Konnte doch Andrew Johnson, einst Senator, dann BundeSftatt- thun, was nicht im Gerichtshof selbst zu geschehen hat. Der „Special-Plcader" erscheint nie vor Gericht und hat Processe bloß schriftlich zu führen, während der „Cham- ber-Counsellor" mit seinen Clienten nur im Büreau zu thun hat und sie nie vor Gericht vertritt. Der „Conveyancer" ist der Advocat, der nur mit Ueber- tragung von Grundbesitz beschäftigt ist, und die „So- licitors" sind diejenigen, welche blos im Kanzleigericht Verwendung finden. Noch müssen „Queens Counsel" und „Sergeant" erwähnt werden, die rin höherer Grad von Counsel sind. Das Alles darf ein amerikanischer Advocat in einer Person vereinigen, und die Mitglie der einer Firma von Advocaten übernehmen wohl Thei- lung der Arbeit, aber jeder Einzelne betreibt des An dern Fach, so gut wie sein eigenes, wenn es erforderlich ist. Die Leichtigkeit, mit der man in Amerika in den Advocatenstand treten kann, der weite Wirkungskreis, und die vielfachen Chancen für Beförderung und Ein fluß aller Art, die er bietet, machen cs begreiflich, daß sich ihm Viele zuwenden, und in der That ist das ganze Land mit ihnen übersät. Reiche junge Leute studiren die Rechte, weil es nicht anständig ist, ein Faulenzer zu sein und keinem Stande oder Geschäft anzugehören. Andere werden Juristen, um sich dadurch in das poli tische Leben einzuführen; die Concurrenz ist srei, ivlg ltch erwerben Diejenigen, welche am mets cn befriedigen, oder sich irgendwie einen großen Ruf machen, die meisten Clienten; die Andern leben wie sie können, oder wenden sich andern Erwerbszweigen zu. Wenn Einer nicht als Advocat reüsstrt, wird er nicht selten Geist licher, andererseits findet man nicht wenige Geistliche, die nach kurzer Zeit herausfinden, daß sie ihren Be ruf verfehlt haben, und wendm sich dem Gesetze »u in der Hoffnung, daß rS ihnen mit Jurys besser gelingen wird, al- mit Gemeinden. (Schluß folgt.)
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