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Dresdner Journal : 08.06.1869
- Erscheinungsdatum
- 1869-06-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-186906087
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18690608
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18690608
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1869
-
Monat
1869-06
- Tag 1869-06-08
-
Monat
1869-06
-
Jahr
1869
- Titel
- Dresdner Journal : 08.06.1869
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- M 12S Dienstag, de>l 8. Juni. L869. XtwmlewrMsprrtse: I» »onw. » «drlivd: «1'klr. — ^Mrliok- 1 „ 1k „ LlooutNoU: — „ 1b „ Kmiuovrv: I „ 1» tritt jlNrllek g IKIc. 8t»wi»«Ig«bükr, - »u»»«rk»lk as» Korckck. 8ullri«i kort »»ck 8t«iop<!l»u»ol>I»gdiii«u. »«seratenpreist: kAr ä«o 8»»o» «io«r u»»p»It«o«a Leil«: 1 Kgc. Vut«r „ILiog«»»oat" Ui« Leils. L Kxr. Srschttnn»: l^kllok, mit Xnin»dw« 6er 8000- vo6 Geirrt»ff», ^k«»ck« Nir 6«o folxen<t«»l 1'»^ DreMerZmriml. ^ Verantwortlicher Redacteur: I. G. Hartmann. rnstratenuunahmr auswärts: I-ttPiiL: k'u. vommiittooUr - ck«o Oreiüner ^onro»I»; »dena»».: N. Kico^a», Lvo,„ koir; S»mdi»r^->«rU»" Vii» -l.»ix»tx -8»»«I-kr»ll>re»rt ». U.: t Vooi-ii», 8»rU»! 6»ori«»'»cl>« Nneyy., 8»r»»»ra»'a 8»r«»u, Kvool.»-» blo»««, Urem»»: L. 8«ni.orr«; 8r„1»o:l,. 8rm«»«'» Xnnonevodur«»», NitL L t'»«vi«v; kr»otckUrt ».H.: ck»>ro>!»',el>s 8ue>>k.; Nöl»: Xo. 8Ll>»»>», ?»rt«: ü^vLS, L-L^rlr«, 8vi.i.iril L60,, (8, kl»o« ä« I» 8onr»«); kr»jx: l'u 8»i,l.io»', 8ucl>k,t Visa: -ti.. O»r«i.i» Herausgebrr: Köoixl. Lip«äit>on ck«i l)r«»äQ«r ckourott», vr«,ä«o, bl»ri«o»tr»»»s No. 7. Amtlicher Theil. Dresden, 6. Juni. Se. Königliche Majestät haben allergnädigst geruht, die von dem Director des Mon- tirungs-Lepots, Obersten Klette, erbetene Entlassung auS allerhöchsten Kriegsdiensten, unter Gewährung der gesetzlichen Pension und der Erlaubniß zum Tragen seiner bisherigen Uniform mit den Abzeichen für Ver abschiedete, zu bewilligen, und den derzeitigen Assisten ten des Mvntirungs-Depots, Major Mucke, zum Direktor desselben zu ernennen. Bekanntmachung, die Funktion des Präsidenten des SchwurgerichtS- hofS zu Zwickau in der nächsten Sitzungs periode betreffend. Da der zufolge der Bekanntmachung vom 18. Mai dieses Jahres mit der Funktion eines Präsidenten des Schwurgcrichtshofs zu Zwickau für die zweite Sitzungs periode beauftragte Bezirksgerichtsdirektor Marggraf zu Plauen erkrankt und deshalb auf sein Ansuchen des erhaltenen Auftrags wieder enthoben worden ist, so hat das Justizministerium mit allerhöchster Genehmigung auf die Dauer der nächsten (zweiten) Sitzungs periode nunmehr dem Appellationsrathe beim Appel- lativnsgericht zu Bautzen Karl Moritz Lamm die Funk tion des Präsidenten des Schwurgerichtshofs zu Zwickau übertragen. Dresden, den 4. Juni 1869. Ministerium der Justiz. Für den Minister: C. W. Gebert. Manitius. Nichtamtlicher TheU. llebersicht. Telegraphische Nachrichten. TageSgeschichte. Dresden: Landtagswahlen. — Berlin: Neichstagssitznng. — Breslau: Ober- Präsident v. Schleinitz fi. — Bromberg: Preß- prvceß. — Kiel: Fremdes Papiergeld. — Mün chen: Die neapolitanische Königsfamilie. — Karls ruhe: Veränderungen beimOberhvsgericht.— Darm stadt: Kammerveryandlung. Branntweinbesteuerung. Wien: Tagesbericht. — Prag: Eisenbahnangelegen- beiten. — Brünn: Arbeiterexcesse. — Lemberg: Bischof Litwinowitsch -s. Neuer Bürgermeister. — Linz: Prvccß gegen Bischof Rüdiger. — Pcsth: Vom Landtage. — Hermannstadt: Keine Ver trauensmänner. — Paris: Französisch-belgische Commission. Verhaftung. Varurtheilung. — Flo renz: Kammervcrhandlungen. Denkmal für Jn- ghirami—Madrid: Abgabenherabsetzung. —Lon don: Knchcnbillangelegrnheit. Bazar sürs deutsche Hospital. — Konstantinopel: Die Reise des V'cekörigs von Aegypten. — Bukarest: Genug- thuung an Oesterreich. Prinz Otto. Aus der Kam mer. — Alexandrien: Ermordungen. Vernennungen, Versetzungen rc. im öffentl. Dienste. Dresdner Nachrichten. Telegraphische Nachrichten. Berlin, Montag, 7. Juni, Mittags. (W. T. B.) Gutem Vernehmen nach erfolgt die Reise des Königs nach Bremen am nächsten Sonntag. Graf BiSmarck wird wahrscheinlich Se. Majestät be gleiten. Berlin, Montag, 7. Juni, Nachmittags. (W. T. B) In der heutigen Sitzung deS Zollparlaments wurden die Wahlen der süddeutschen Abgg. Grafen SeinSbrim, Frhrn. Zn Rhein, v. Mittnacht, Pe- tcrsen und Becher für giltig erklärt. Anläßlich der Wahl des Grafen Scinkhcim führt der erste Picepräsidcnt Füist v. Hohenlohe-Schil lingsfürst (kgl. bayerscher Ministerpräsident) aus, warum die baycrsche Regierung dem Beschlusse des Zollparlaments bcticfis des bayrischen Wahlgesetzes nicht sofort nachgckommcn ist. Das bestehende Gesetz stehe in Uebercinstimmung mit den Verträgen. Die Gesetzgebung über das Staatsbürgerrccht sei in Bayern im Gange. Endlich erschien cs nicht angemessen, die bayerschen Abgeordneten zum Zollparlamcnte nach ver schiedenen Wahlgesetzen wählen zu lassen. Nach dem nunmehrigen Zustandekommen des Reichstagswahlge- setzes werde die bayerschc Regierung ein adäquates Gesetz dem bayerschen Landtage vorlegen. (Beifall.) Die Verträge mit der Schweiz und Japan wer den zur Schlußberathung, daS Zuckcrsteuergesetz zur Plenarvorberathung gestellt. Die nächste Sitz ung deS Zollparlaments findet künftige Mittwoch statt. Madrid, Sonntag, 6. Juni, Abends. (W. T. B.) Die neue Verfassung wurde heute unter dem enthusiastischen Jubel einer zahlreichen Volksmenge feierlich publicirt und von den Inhabern der Exe kutivgewalt beschworen. Deputationen aus allen Provinzen und die Vertreter der hiesigen borpora- tionen sowie das diplomatische CorpS waren an- wesend. Die Nationalgarde und die Truppen de- filirten unter dem Rufe: ,,Es lebe die Constitn- iion" vor dem PalaiS der Eortes. Nack den bisher hier eingetroffenen Nachrichten ist auch in den Provinzen die Verkündigung der Verfassung unter Jubel und in größter Ordnung erfolgt. St. Petersburg, Montag, 7. Juni. (W. T. B.) Die Gemahlin des Großfürsten Thronfolgers ist heute Morgen von einem Prinzen entbunden worden. TageSgeschichte. Dresden, 7. Junt. Die osficielle Feststellung der Ergebnisse der Landtagswahlen zur ll. Kammer wird voraussichtlich heute in sämmtlichcn Wahlkreisen des Landes beendigt werden, so daß wir hoffen dürfen, in einer der nächsten Nummern eine vollständige Ucber- sicht derselben geben zu können. Indem wir bezüglich der Wahlen in den Städten Dresden, Leipzig, Chem nitz und Zwickau auf unser voriges Blatt verweisen, können wir zu dem dort Mitgctheilten heute aus Grund uns zugegangener vorläufiger Zusammenstellungen, die allerdings möglicherweise noch eine Veränderung in der Schlußzusammcnstellung erleiden können, Nach trägen, daß in nachverzeichnetcn städtischen Wahlkrei sen die meisten Stimmen erhalten haben: I. Bür germeister Haberkorn in Zittau; ll. Staatsanwalt Petri in Bautzen; lll. Adv. Kretzschmar in Großenhain; lV. Adv. Sebreck in Pirna; V. Fabrikant Lange in Glas hütte; VI. Stadtrath Sachße in Freiberg; vil. Bürger meister Dietel in Wurzen; VIII. Bürgermeister Schrei ber in Strehla; IX. Handelskammersecretär vr. Gen sel in Leipzig; X. Fabrikbesitzer Krüger in Freiberg; XI. (noch unbekannt); XII. Bürgermeister Heinrich m Borna; XIII. Dir. vr. Hahn in Burgstädt; XIV.Kaufm. Penzig in Meerane; XV. Stadtrath Uhle in Glauchau; XVI. Adv. Temper in Werdau; XVII. Stadtrath vr. Minckwitz in Dresden; XVlll.Stadtr. Stauß in Glauchau; XIX. Oberlehrer I)r. Schubert in Annaberg; XX. Adv. Mannsfeld in Schwarzenberg; XXI. Kaufmann Ploß in Reichenbach; XXII. Adv. Körner in Lengenfeld; XXIII. Stadtverordnttenvorstcher Kaufmann Klemm in Plauen; XXIV. Adv. Schanz in Oclsnitz. Aus den Wahlkreisen des platten Landes ist nur bekannt, daß im 2. Wahlkreise Appreteur Israel iu Eibau, im IO. (Gerichtsamtsbczirk Dresden) Fne- densiichier Barth in Radebeul, im 16. Hantelskammcr- secretär vr Rentzsch in Dresden, im 23. I)r. Heine in Plagwitz, im 30. Advocat Ludwig in Chemnitz, im 3l. Glmcindevorstand Jungnickel in Limbach, im 32. Amtshauptmann v. Könneritz ans Erdmannedorf, im 36. Mühlcnbesitzer Schulze in Meinersdorf, im 40. Amtslandrichtcr Barth in Stenn die meisten Stimmen erhalten haben. k. Berlin, 5. Juni. Alles, was der Reichstag noch an Bcrathungsgkgenständen hatte, wurde heute in dritten Lesungen erledigt, darunter namentlich das Ge setz über den Bundeshaushalt, die Branntwein- und die Wcchselstcmpelstcuer und das RcchtShilfegefetz. Wech- selstempelstencr - und Bundcshaushaltsgesetz stehen in sofern in einem nähern Zusammenhänge, als der Er trag dieser Steuer nunmehr in den Haushalt ausgenom men und der Ansatz der Matricularbeiträge dem ent sprechend gemindert wurde. Bei dieser Gelegenheit kündigte der Präsident Delbrück noch eine Vorlage finan zieller Natur an, wiewohl dieselbe keine erhebliche sein werde, so daß tur Reichstag jedenfalls noch einige Sitz ungen während oder nach dem Zollparlament wird hal ten müssen. Die Bcrathungen dieser Finanzgesetze wurde durch einige Episoden unterbrochen, die zwar das hohe Haus sehr intercssirten, aber auf daS Resultat der Ab stimmung schon deshalb keinen Einfluß ausübten, weil diese Kundgebungen von Minoritäten ausgingen, die iu, Hause nur sehr wenige Vertreter besitzen (vgl. unten den Sitzungsbericht darüber). Beide Gesetze wurden mit sehr erheblicher Mehrheit angenommen. Wichtiger war dabei jedenfalls ferner, daß der Abg. Wagener namens der Conservativen den Uebergang zu einem andern Fiuanzsystem ankündigte, das in der Quoti- siiung der dirccten Steuern bestände. Als Gegenlei stung forderte er aber von den Nationalliberalcn die Erhöhung der indirecten Steuern auf dem nächsten Reichstage. Diese Partei gab durch ihren Führer eine ausweichende, jedoch im Ganzen dem Anerbieten nicht gerade ungünstige Antwort. — Die Branniweinsteucr- vorlage wurde von dem Präsidenten Delbrück zurück gezogen, die betreffende Erklärung, die einige Sensation hervorbrachte, erfolgte nach Ablehnung der Brannt- wcinsteucrerhöhung bei 8 2, nachdem vorher mehr fach vergebens vom Reichstage versucht worden war, eine Erklärung über die Absichten des Bundcsrathes zu extrahiren. Der Reichstag hatte, um die Zurück ziehung der Vorlage zu verhindern, einen Beschluß bet den landwirthschaf'lichen Brennereien gefaßt, ocr den finanziellen Ausfall, der durch die Vorlage entstehen würde, vermindern sollte; ein zweiter ähnlicher Be schluß stand bei den Exportbonifikationen in Aussicht; beides konnte den Entschluß des Bundesrathcs nicht ändern. Die heutige Sitzung begann bald nach 10 Ubr. Zunächst wurde das rcctificirte Budget für 1868 angenommen. — Zum Wechsel st empelgesctz bemerkt der Präsident Delbrück, daß der Bundesrath dieses Ge setz in den Beschlüssen der zweiten Lesung annehmc, jedoch bittet er, alle Anträge abzulehnen, welche den finanziellen Ertrag deS Gesetzes schmälern könnten. In der jetzigen Fassung habe das Gesetz keinen andern Effect, als daß die Einnahmen aus dem Wechselstcm- pel, die bisher in die Landeskasscn flossen, nunmehr in die Bundeskasse fließen, ohne finanzielle Acndcrung der Einnahmen selbst Abg. Wagener (Ncustcttiu) wendet sich gegen die National liberalen: Sie Ibun gerade, als wären Sie Die, aus denen die Hoffnung des Landes beruhte und welche die preußischen Fi nanzen aus ihrem tiefen Abgruude befreien müßten. Uns hat Ihre Haltung nicht überrascht; Ihre jetzige Ablehnung ist nur die noihwendige Consequenz der Haltung, welche der Referent der Budgetcommission im preußischen Landtage, v. Forckenbeck, 1>V5 angenommen hat. Jetzt streben Sie die Verminderung der Miliiärlaslcn und die Quolisirung der dirccten Steuern an. Wir Conservaiiven können uns vielleicht mit den Na- tionalliberalen aus den neuen Provinzen verständigen, schwerer mit den Nationalliberalen, die als Fortschrittspartei die Con- flictszeit milgemacht haben. Wir Conserraiiven eikennen an, daß eS noch keineswegs feslsteht, ob das Dcficit dauernd ist, daß man dauernde Steuern nur sür dauernde Zwecke und Be dürfnisse bewilligen darf, daß das Deficit zunächst ein preußisches Deficit ist, daß der Ruchstag nur im Einverständnisse mit dem Preußischen Landtage vorangchen könne, daß der vorgelegte Fi nanzplan noch nicht abgeschlossen war nnd man ihn nicht ein System nennen konnte. Wir sehen hierin den Ausdruck des Wunsches der Bundesregierungen, daß man von dem bisherigen Steuersysteme zu ein.m neuen übergehen müsse, denn der ror- lirgende Etat darf nicht aus ein Jahr sortgeschleppt werden. Run darf der preußische Landtag leinen Beschluß über die in- directen Steuern soffen; das hat allein der Reichstag zu thuu; der preußische Landtag kann höchsiens die direkten Steuern erhöhen. Letzteres ist ober unmöglich. Wir Conservativen sind geneigt, auf eine Ueberweisung der Solz-, Boden- und Klaffen , Schlacht- und Moblsieuer und Gewerhesieuer an die Selbst verwaltung der Gemeinden einzngehen. Wir glauben, Sie werden uns die Mehrsteuern dann nicht ans die Dauer versagen können. Da» wird bei dem nächsten Reichs tage geschehen müssen. Sie wollen das Deficit offen lassen, um 187 t bei der Neureguliruna deS Militäretats diese Lücke zu verwerthen. Wir aber wollen das vorübergehende Deficit nicht zu einer Handhabe zur Regulirung dieses Militäretats werden (offen. Die gegenwärtige politische Situation macht eine Ver minderung unsrer Militärkräfte aus längere Zeit noch unmög lich. Sprechen Sie eS daher offen ans, ob Sie aus finanzielle» oder politischen Gründen einem neuen Systeme unsrer Finanz wirtbichast widerstreben. Abg. Ewald tHaunover). (Es wird still ,m Hause.) Ich will uicht ausführlich auseinandersetzen, wie übel diese indirec- teu Steuern von meinen Wählern ausgenommen werden wür den, da die aunectirten Länder schon durch die neuen Steuern sich zu sehr überbürdet fübleo. Aber ich will etwas Anderes sagen. Wenn die directen Steuern unter allen Umständen ein gehen, selbst unter dem Belagerungszustände wie in Hannover, so verlangen die indirekten Steuern und besonders die Wechsel stempelsteuer Ruhe und Vertrauen, Sicherheit nach außen und innen. Wie ist eS nun mit der Sicherheit Norddeulschlauds nach außen? Darüber wird Ihnen wohl der Herr Bundes kanzler, wie ich vorausietze, die gehörige Aufklärung gegeben Haden. (Große Heiterkeit rechts.) Was aber die innere Sicher heit betrifft, so höieu Sie ja nicht so einseitig aus die Stimme, welche bei der ersten Berathung dieses Steuergeletzes hier laut wurde, als ob nämlich in den aunectirten Ländeiu zwar gegen wärtig eine gewisse Mißstimmung herrsche, aber nur h.-rvarge rufen durch die Mißgriffe einzelner Beamten, als ob diese so bald aufhöreo werde (Oho! von vielen Seilen), vielleicht in einem oder zwei Jahren. Sind denn die Ursachen der Miß stimmung so duukel. daß eine solche Vermnthung so leicht er hoben werden kann? Warum werden die Klagen und Seufzer feuer Länder — ich meine nicht die unterdrückten, stillen, die jetzt dort überall ungehört zum Himmel aufschrcien — ich meine die, welche sogar bei fast vollständig unterdrückter Rede und Preßfreiheit (Oho! recht») dennoch laut werden, nicht in dieser hohen Versammlung beachtet ? Aber auch die Privilegien dieses Hause» werden fortwährend angetastet; denn mag man cs zu den geschriebenen oder ungeschriebenen Gesetzen rechnen, aber gewiß gehört eS zu den Grundbedingungeu. daß die Wahlen in diese Versammlung durchaus frei seien (Bravo! links), daß weder die höhere noch die niedere Polizei mit ihren Drohungen oder Thätlichkeilen oder auch nur mit Begünstigung einzelner Parteien, z. B. der Laffallcaner, sich in die Wahlen mischen, daß die Wahlprogramme dieser Partei ungestört veröffentlicht werden dürfen .. . Präsident (läutend): Der Redner befindet sich auch nicht entfernt bei der Sache. (Sehr richtig! rechts.) Abg. Ewald: Ich komme gleich dazu. (Gelächter.) Präsident: Darum möchte ich Sie auch dringend bitten, denn die Geschäftsordnung bestimmt, daß, wen» ein Redner zwei Mal ohne Erfolg zur Sache gerufen worden ist, das Haos auf Aufforderung des Präsidenten ihm das Wort ent ziehen kann. Abg. Ewald: Alle Versuche, deu Stachel aas dem Volke Herauszureißen, werden nur dazu dieneu, den Siachel nur noch tiefer in das gesunde Fleisch hineiuzutreiben. Das beste Mittel aber, den Stachel herauszureiben, hat Niemand ander» als der Bondeskauzler in diesem Hause selbst angegeben, indem er vor Kurzem em Loblied auf den ParticulariSmuS hielt. Nun muß ich zwar bedauern, daß mit den Umwälzungen und den Neue rungen des Jahres 18^6.. . Präsident (mit der Glocke unterbrechend): Der Redner entfernt sich zum zweiten Male durchaus von der gegenwärti gen Frage. Abg. Ewald: Ich komme gleich daraus. Präsident: Ich mache den Redner auf seine eigene Ge- fahr daraus aufmerksam, daß ich bei der nächsten Veraulasfung das Haus fragen werde, ob ich ihm das Wort zu entziehen habe? Abg. Ewald verzichtet unter diesen Umständen aus das Wort. Abg. v. Forckeubeck coustatirt gegen Wagener, daß die Nationalliberalen sowohl aus den alten wie den annectrrten Provinzen keine gelheilte, sondern eine gemeinsame Finanz politik versolgen werden. (Beifall von den Nationalen ) D«e Fragen aber, ob rn den preußischen Fiuanzeu ein Defuü vor Händen, wie groß es ist, ob es ein dauerndes oder vorüber gebendes, ob es uicht anbei s als durch Erhöhung der Steuer last zu decken ist uub eventuell wie?, alle diese Fragen dürfen nicht nach einseitiger Kenntniß der Denkschrift des preußischen Finanzministers erledigt, sondern müssen durch die Beschlüsse der preußischen Finanzverwaltuug im Abgeorduetenhause ge ordnet werden. Ueber alle diese Verhältnisse können wir hier in keiner Weise ein Arrangement übernehmen, das wird sich erst nach den Verhandlungen des preußischen Landtag» über sehen lassen. (Beifall von den Nationalen ) Abg. Mende (nach Schluß der Generaldebatte zur per sönlichen Bemerkung daS Wort nehmend): Herr Ewald sagte, die Laffallcaner erfreuten sich einer besonder» Unterstützung der Regierung. Ich nehme die Laffallcaner dagegen in Schutz. Die Laffallcaner haben sich — und ka ich zu dieser Kategorie gehöre, mache ich diese Bemerkung persönlich — Präsident (unterbrechend): Es ist keine persönliche Be merkung, wenn ein Abgeordneter eine Bemerkung zurückweist die sich nicht auf seine Person, sondern eine Kategorie bezieht' Feuilleton. Pariser Briefe. Paris, 3. Juni l8vv. .Ernst ist daS Leben, heiter ist die Kunst." Die Wahrheit dieses Dichterwortes ist mir in dieser letzten Zeit hier wieder recht nahe getreten. Das ernste, reelle Leben nahm die Gcmüther so ausschließlich in Anspruch, daß für die heitere Kunst wenig Aufmerksamkeit mehr übrig blieb. Die gewaltige Wahlbewegung, die von dem Pariser Ccntrum ausgehend, sich nach und nach aller, selbst der entlegensten Theile Frankreichs be mächtigt hatte, bildete das große Ereigniß des Tages, vor dem alle übrigen Ergebnisse zurücktreten mußten. Paris, die Stadt der leichten Freuden und der viel- artigsten Zerstreuungen, hatte plötzlich eine andere Phy siognomie angenommen, ja die große Stadt schien für einen Augenblick ihren liebenswürdig-leichtfertigen Cha rakter umgewandelt zu haben; die Theater, die öffent lichen Lustorte aller Art, standen verödet und leer; auf dem offenen Markte, in der freien Straße und in den geschlossenen Versammlungen aber drängte sich das Volk, um über ernste Dinge, über die Erfordernisse des Augenblickes, über gewünschte Reformen, über künftige Verbesserungen zu verhandeln und sie den Vertretern ihrer Wahl ans Herz zu legen. Diese ge waltige Bewegung hat sich aber nun, wenn auch nicht ganz, so doch einigermaßen gelegt. Die zweiten Scru- tinien, die in verschiedenen Wahlkreisen nöthig sind, beschäftigen zwar sie öffentliche Aufmerksamkeit noch schr; im Ganzen sind aber die Wahlen doch als vol lendet zu betrachten. Pari» hat wieder seine gewohnte, beitere AlltagSphyfiognomie angenommen und ohne be fürchten »u müssen: von dem gewaltigen Wogenschlage der politischen TageSwrllen überfiuthet zu werden, kann man wieder aus dem Ernste des Lebens, einen ruhigen Blick in das heitere Gebiet der Kunst werfen. Hierzu bietet uns der „Salon" — die große Gemälde- und Kunstausstellung, die wie gewöhnlich um diese Zeit des Jahres im Jndustrtcpalast der Champs Elyjees geöffnet ist, eine willkommene Gelegenheit. Obgleich der diesjährige Salon unter den obwaltenden, ganz ausnahmsweise» Verhältnissen, die das öffentliche In teresse aus ganz andere, weit abliegende Gebiete ge lenkt hat, bisher noch wenig Berücksichtigung gefunden hat, so zeichnet er sich doch durch verschiedene hervor ragende Kunstwerke aus und verdient sehr, besprochen zu werden. Diese Besprechung soll jedoch keineswegs eine Kritik sein; meine Ansprüche sind weit bescheide ner; ich beschränke mich ganz auf die Rolle eines Ci cerone und möchte aus diesem Meer von Bildern, die mich umgeben — sie zählen nach tausenden — nur die Gemälde hervorhcben, die besonderes Aufsehen machen und sür das Leben und Fortschreiten der französischen Malerkunst rin schönes Zeugniß ablegen. — Im Trep penhause, dem Eingänge zum großen sogenannten »!o» ck bonoeur gegenüber bleibt man zunächst vor zwei ge waltigen Bildern von Püvis de Chavennes stehen, sie stellen das alte und das moderne Marseille dar; man bewundert die bunte Farbenpracht der Gemälde, die uns daS rege Leben der altberühmten Seestadt in ihrem ausgehenden Glanze und in ihrem gegenwärtigen Ge- dr'hen angenehm und anschaulich vergegenwärtigen. Die Neugierde oder besser gesagt: die Schaulust lockte uns jedoch sogleich in den »»loo ck'hooueor, der den Mittelpunkt der Ausstellung bildet und, wir sein Name schon andeutet, dir hervorragendstrn Werkt enthält oder enthalten soll. Ich stelle den Satz absichtlich bedin gungsweise, da die bösen Zungen behaupten, daß eS tn diesem «Io» ck'douuvvr nicht immer mit rechten Din gen zugeht, daß mancherlei Parteilichkeiten vorfallen; die Wahrheit mag wohl auch hier, wie immer, in der Mitte liegen; gar viele Künstlerhcrzen erstreben sür ihre Werke die Auszeichnung des «slon ck'kvnneur; nicht Alle können berücksichtigt werden — Viele sind berufen, Wenige auscrwählt, so giebt es natürlich Unzufriedene. Ein Bild fällt hier zunächst auf: Apollo im Olymp, von Bougerau — eines der riesigsten Gemälde, das ich mich je gesehen zu haben erinnere; eine ergreifende Scene aus den traurigen Lvireüberschwemmungen, die vor einigen Jahren so viel Unheil angerichtct haben, zieht die Menge besonders an, das Bild ist von Bon not gemalt; eine Jagdsccne von dem realistischen Maler Courbet, wird viel betrachtet und viel kritisirt. Nächst- dcm finden sich in diesem Saale eine große Menge vsficirller Porträts: Herr Haußmann, der Sultan, (wohlverstanden: dies sind zwei verschiedene Bilder), der Minister Duruy, der junge Prinz von Asturien, mehrere Generäle, hervorragcnde Prälaten und Magi- stratSpersonen; um die Monotonie dieser osficiellen Bilder einigermaßen zu unterbrechen, findet man Blu menstücke von Philipp Rousseau, Früchte von Maisiot, Landschaften von Daubigny, „die Fontaine" von Fro- mentin, die letzte Landschaft von Paul Guet — die viel bewundert wird. Dies ist eu reoume der Inhalt deS »Io» ck konneur. In den zahlreichen Nebensälen ver dienen folgende Bilder besondere Erwähnung: Ludwig XI. von Comte, der Frühling von Heilbuth, ein jun ger Guttarrenspieler von Worm-, eine elsässische Hochzeit von Brion, eine Procejston in der Bretagne von Bre ton, Zigeuner im Schnee von Chenu, ein Prometheus und eine Europa von Moreau. Auffallend erscheint in diesem Jahre die große Menge von Bildern, die irgend einen Zug aus dem Leben Napoleon'- I. vrr- ^cgcuwärtigen sollen: Bonaparte in Toulon, Bona ¬ parte irr Aegypten, Bonaparte in Boulognc, 'Napoleon am Vorabend der Schlacht von Austerlitz, Napoleon und sein Neger. Der General Bonaparte macht sei nen ersten Besuch bei Josephine und gestattet ihrem jungen Sohne Eugen, den Säbel seines Vaters zu be halten u. s. w. Eine zweite Bemerkung, die der Ka talog des diesjährigen Salons veranlaßt, ist: daß un ter den ausstellcnden Künstlern sich eine Menge histo rischer Namen finden, die der alten französischen Ari stokratie angehören; die Bilder, mitunter recht gelungen und anerkennenswerth, sind jedoch nicht sämmtlich Mei sterwerke; das haben die bösen Pariser Zungen sogleich zu folgendem Wortspiele benutzt: «i ev n ett pg» l'sritta- rrttiv cke I« peintiire, v'ett »u moin» la peinture ckv I'sri- ttocrttiv. In Summa bietet der diesjährige Salon mancherlei Gutes und SchätzcnswertheS, aber nichts Geniales, Besonderes, Ucberwältigendes; wie sehr man den Fleiß und das Streben der modernen französischen Malerschule anzuerkennen geneigt ist, muß man sich andererseits zugcstehcn, daß die große Zeit der Dela- roche, Vernet, Delacroix u. s. w. vorüber ist, und daß es an ebenbürtigen Nachfolgern leider fehlt. (Schluß folgt.) j- Adolf Stahr hat in Rom bei einem Trödler ein Porträt Gotthold Ephraim Lrssing's ausgefun den. Letzterer ist in dem ziemlich lebensgroßen, in Oel ausgeführten Brustbilde als Dreißiger dargestellt. DaS gute Bild scheint in der Mitte des vorigen Jahr hunderts auSgesührt, der Maler ist unbekannt. Im Uebrigen wird das Porträt in der „Nat. Ztg." von Adolf Stahr beschrieben. * Unter dem Titel „AuS Schelling'S Leben" sind Briefe erschienen, welche auS den Jahren 1775 bis 1803 stammen.
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