Suche löschen...
Dresdner Journal : 04.05.1869
- Erscheinungsdatum
- 1869-05-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-186905040
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18690504
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18690504
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1869
-
Monat
1869-05
- Tag 1869-05-04
-
Monat
1869-05
-
Jahr
1869
- Titel
- Dresdner Journal : 04.05.1869
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
W101. Dienstag, den 4. Mm. 1869. Ivonnrmrm «preist: lio Rordd. üiurd«: ^krlicü: «rdle. — ksxr ^jdUrllek: 1 ., Id „ ,, Id ,, LU»rvl»«tziu»uuero: 1 ,, l»kr«a»»«L tritt jkdrllek I 2 PVIr. 8t«wp«IxvbUNr, ! »u„eri»»lb d«s kiordd. Lunde» kv»t und 1 8teiuj>«l»u»eül»xUiu»». Illseratrnpretse: I'ür deo kuum einer ^«»pulteoeo 2eil«: 1 Kxr. Unter „Lioxe»»n6t" di« 2eUe: 3 Xxr. Erscheine«: lAxlick, init Xu»n»kin« 6er 8onn und k'eiertex», Lbenäe Mr den kvlxsoden Dres-ncrIoninn!. Verantwortlicher Redacteur: I. G. Hartmann. ' Saseratrnannahme auswün»: l.»ix»!p: t« ön^xvirirre», 6oinlui,»lon>tr - d«» Dresdner deurnels; elende».: H. LrennLN, Lvot:» I^oer; N»mdur^-LerUn- Vi»n-I.«ix»ix-L»»«l-kr»n>tturt ». >! Il-»s«»»r»i« t Vunl.««, Nerlln. 8«ui»iu»'sel>e liueiik., Nereuiir«»'» Nur«»u, Nvvul.en divsse; Nreiuen- L. kennore»; Ure»I»u- L 8r»«t»!i«'» ^»nouceoburesu, drxee, ItitL Stl-'uiiv«v; krltnilMrt ».3l.: d^icu^n seö« Nuekv. ;Nöin: Xv. iiLv^uii«, kerie: H«VLS, 8vl.i.i«e LOo., (8, Line« de I» Luur»«); kr»^: t». Luei-len's Lucük.r Vien Xi.. Oeen.1». Herausgeber: LLnipI. L»p«dition de» vreidoer 6ourn»i», Dresden, dl»ri«n»tr»»s» bio. r Amtlicher Theil. k- ^Dresden, 1. Mai. Se. Königliche Majestät haben den zeithertgen Schuldirector in Leipzig vr. pkil. Emil Gustav Reinhard Bornemann zum Hilfsarbeiter beim Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts mit dem Titel und Range eines Schulraths in der vierten Classe der Hofrangordnung zu ernennen geruht. Dresden. 2. Mai. Se. Königliche Majestät haben geruht, dem Pulverarbeiter Bauer der Artillerie-Werk stätten die zum Verdienstorden gehörige Medaille in Silber allergnädigst zu verleihen. Dresden, 3. Mai. Se. Majestät der König haben dem characterisirtcnAuditeur Pfeilschmidt, auf darum brschehrnes Ansuchen, seine Entlassung aus dem Staats dienste zu bewilligen geruht. Dresden, 3. Mai. Seine Majestät der König ha ben dem Ehrenpräsidenten des Landesmedtcinalcollegiums, Geheimenrathe vr. Carus die erbetene Versetzung in Ruhestand, mit Gewährung der gesetzlichen Pension und mit Belassung seines Titels und Ranges, unter Be- zeigung der Allerhöchsten Zufriedenheit mit seiner mehr als fünfzigjährigen verdienstlichen amtlichen Wirksam keit zu bewilligen geruht. Bekanntmachung. Seine Königliche Majestät haben an Stelle des Kaufmanns Franz Kunath in Chemnitz, welcher seine Ernennung zum Handelsrichter beim Bezirksgerichte Chemnitz mit Erfolg abgelehnt hat, den Kaufmann Carl Heinrich Illing in Chemnitz zum wirklichen Mitgliede des Handelsgerichts im Bezirksgericht Chem nitz für die Dauer von sechs Jahren, vom Anfänge jetzigen Jahres an gerechnet, allergnädigst ernannt. Dresden, den 27. April 1869. Ministerium der Justiz. vr. Schneider. RabS. NichtamMcher Theil. Uebersicht. Telegraphische Nachrichten. Tagetgeschichte. Ernennungen, Versetzungen rc. im öffentl. Dienste. Dresdner Nachrichten. Vermischtes. Feuilleton. Inserate. TageSkalender. Börsen nachrichten. Beilage. Dresdner Nachrichten. Provinzialvachrichtrn. Statistik und LolkSwirthschaft. EingrsandteS. Inserate. Telegraphische Nachrichten. Berlin, Montag, 3. Mai, Nachmittags. (Tel. des Dnsdn. Journ.) Die Mende'sche Angelegen heit (vgl. unter „Tagcsgeschichte" unsre Reichetagsbe richte) bildete den ersten Gegenstand der heutigen NeichStagSfitzung.; Ter Referent v. Puttkam er empfiehlt die Ab lehnung des v. Bmnigfcn'schcn Antrags (auf Aushebung der über den Rkichstagsabgeordneten Mende verhängten Untcrsuchnnsshaft),da nur politische, nicht juristischcMo- tive die Ansicht dcsRcichstags leiten und der Reichstag kein oberster Gerichtshof sein dürfte. Abg.Försterling spricht unter Heiterkeit des Reichstags für sofortige Freigebung Mrnde's. Abg. v. Bennigsen hält die pclizciliche Auflösung der Gladbacher Versammlung für gesetzlich völlig ungerechtfertigt. (Bravo!) Politische Gründe, welche gerade der Reichstag mit berücksichtigen müsse, verlang ten dir Freigebung Mende'S, nm den Anschein der unge rechten Unterdrückung der winzigen Socialistcnpartci zu vermeiden. Abg. v Kardorsf spricht sürJnhafthaltung, Abg. Becker sür Freigebung Mcnde's. Abg. vr. Schwarze (Sachsen) spricht für den Commissionsan- trag, da die Resolution des Untersuchungsrichters, daß die Freigebung Mende's nur eine Verdunkelung des Sachverhalts herbciführen würde, sür den Reichstag maßgebend sein müsse, obwohl er persönlich das Ver fahren der Gladbacher Behörden tadle. Abg. Meyer fordert die Freigebung Mende's; Abg. Graf v. d. Schulenburg spricht dagegen. Es find«t namentliche Abstimmung statt. Berlin, Montag, 3. Mai, Nachmittags. (W. T B.) Der Reichstag hat in seiner heutigen Sitzung bei Berathung der Mende'schen Angelegenheit den Antrag v. Bennigsen'S (auf Aufhebung der über Mende verhängten Umersuchungshaft für die Dauer der Sitzungsperiode und Bcnachnchtigung des Bun deskanzlers von diesem Beschlusse) mit 107 gegen 90 Stimmen angenommen. Der Antrag der Geschäfts- ordnungScommission wurde abgelehnt. Tagesgeschichtt. Berlin, 2. Mai. (W. T. B.) Eine unter Vorsitz des Reichstagsabgeordneten vr. Schweitzer heute hier stattgehabte Volksversammlung war überaus zahl reich (von circa 5000 Personen) besucht. Beschlossen wurde zuerst, die sinkenden Ztmmergescllen zu unter stützen, sodann faßte die Versammlung folgende Re solution: „Der norddeutsche Reichstag Kat durch seine bisberigen Verhandlungen und Beschlüsse gezeigt, daß er vorwiegend aus Vertretern der reactionären Staatsmacht und der Capitalherr- schast besteht. Von einer solchen Versammlung bat das arbei tende Volk nichts zu erwarten. Es ist Pflicht der Arbeiter, in Zukunft eigene Kandidaten der Arbeiter durchzusetzen, nm da durch thatkrästige Vertreter politischer und sozialer Freiheit in den Reichstag zu bringen." Die Debatte war eine sehr lebhafte und namentlich gegen die Nationalliberalen und auch gegen die Fort schrittspartei gerichtet, verli.f jedoch ohne Störung. Obgleich alle Parteien (Schulzeaner und Lassallcaner) in großer Zahl vertreten waren, so zeigten sic sich doch in Betreff der Lohnfrage einig. v. Berlin, 2. Mai. Nach den bis heute eingctros- fencn Berichten hat die Mende'sche Angelegenheit für den Jnhaftirten eine etwas günstigere Wendung genommen. Namentlich hofft man auf der Linken des Reichstags, daß, wenn Mende bis morgen nicht frei sein sollte, ein Beschluß des Reichstags, ihn frei zu geben, erfolgen wird. Wie es heute heißt, soll Menden nicht allzuviel nachzuwcisen sein. Tie Linke aber tadelt entschieden das Verfahren des Untersuchungsrichters, der dem Jnhastirten die Selbstbeköstigung entzogen und nur auf Ansuchen des Bundeskanzlers dieselbe ihm wieder eingeräumt hat. Man findet darin nicht die volle Wahrung der Unparteilichkeit und glaubt, daß Mende diesem Richter entzogen werden müsse. Der Bericht der Geschäftsordnungscommission, der eigent lich kein greifbares Resultat enthält (s. unten im Sitz ungsberichte vom 1. Mai), findet viel Anfechtung, und cs sind daher morgen früh Anträge zu erwarten, ent weder Menden sofort frei zu geben, oder die Eeschäfts- ordnungseowmiffion zn beauftragen, schleunigst cinen bestimmten Vorschlag zu thun: entweder Menden fort fitzen zu lassen, oder frei zu geben. Ein Antrag dieser Art ist bereits bekannt. Von dem Abg. v. Bennigsen, unterstützt von 26 Genossen (darunter die sächsischen Abgg. vr. Stephani und vr. Leistner), ist nämlich für die morgende Sitzung folgendes Amendement zu dem Anträge der Geschäftsordnungscommission angekündigt worden: „Der Reichstag wolle beschließen: I) Aus Grund des Artikels 3t der Bundesverfassung ver langt der Reichstag die Aufhebung der wider den Reichstagsabgeordncten Mende verhängten Un- tersuchunashaft für die Toner der Sitzungsperiode; 2) den Bundeskanzler von dem gefaßten Beschlusse in Kennt niß zu setzen." — Gestern Abend sand bei dem Herrn Bundes kanzler die zweite parlamentarische Soiree statt, die von mehrer» preußischen Kollegen des Grafen Bis marck und von zahlreichen Abgeordneten aller Rich tungen besucht war. Besonders zahlreich war auch die Fortschrittspartei daselbst vertreten. — Der Bundes rat h des Norddeutschen Bundes hielt gestern eine Plenarsitzung ab, in welcher der Bundeskanzler den Vor sitz führte. Die Mittheiluug des Präsidenten des Reichs tags, betreffend den Beschluß des Reichstags über mehrere Petitionen wegen Aufhebung der Elbzöllc, uns, die Vor lage des Präsidiums über den Gesetzentwurf wegen Be steuerung des Braumalzes wurden den betrcfscndcn Aus schüssen überwiesen. Es folgen sodann Ausschußberichte über die Vorlagen des Präsidiums, betreffend a) den Gesetzentwus wegen der Wechselstcmpclsteuer, b) die Einstellung der Erhebung der Uebcrgangsabgabcn von Tabak, e) den Abschluß einer Litcrarconvention mit Italien, <t) die Gewährung von Geldbcihilfen zur Fort setzung des Grimm'fchen deutschen Wörterbuchs, sowie über verschiedene Petitionen. Verschiedene an den Bundesrath gerichtete Eingaben gingen an die betref fenden Ausschüsse. — Der Ausschuß des Bundcsraths des deutschen Zollvereins für Zoll- und Steucrwesen trat gestern zu einer Sitzung zusammen. — Die Frage wegen Ernennung eines Chefpräsidenten der Obcrrech- nungskammer ist nunmehr entschieden; der neueste „St.-A." pnölicirt die Berufung des geh. Oberfinanz raths Stünz ner zu diesem Posten. k. Berlin, 1. Mai. Den Socialistcn im Reichs tage ist mit der fernern Gefangenhaltung des Abg. Mende wenig gedient. Der Beschluß, den die Ge- schästsordnungscommission nach drei viclstündigcn Sitz ungen über den Antrag Schwcitzer's auf sofortige Frei lassung Mende's gefaßt hat (f. unten den Sitzungs bericht), entspricht weder ihrem Verlangen, noch den Hoffnungen, die sie unverhohlen an die Freilassung Mende's, sobald sie erfolgen sollte, knüpfen. Die Socialistcn waren übrigens fast nur am Beginn und am Schlüsse der heutigen Sitzung im Saale, und es fand sich, zur großen Erheiterung des Reichstags, daß, als ein sehr detaillirt ansgcarbeitcter Antrag Schwcitzer's über die Coalitionerechte der Arbeiter zur Abstimmung kam, kein inzigcr Abgeordneter da war, der sich sür ihn erhob. Die heutige Reichstagssitzung brachte außer der Mende'schen Angelegenheit im Gan zen nur zwei, wenn auch hochwichtige Eapitel der Ge werbeordnung zur Erledigung. Zunächst wurde die Fr^age über die gewerblichen Hilfskassen nach dem An träge Lasker's erledigt, wonach die Bestimmun„en über die gewerblichen Hilsskasscn einstweilen noch nicht durch ein Bundesgesetz; geregelt werden sollen, und cs wurde hierbei die Zwangspflicht, diesen Kassen beizutreten, anerkannt. Sodann erhob man auf den Antrag des Abg. Vr. Wigard.an Stelle der Bestimmungen des Entwurfs einen Paragraphen des sächsischen Gcwcrbe- geletzcs zum Beschluß, wonach die Bcfugniß zum Betrieb eines Gewerbes weder durch richterliche, noch durch administrative Entscheidung entzogen werden darf. Hier bei erklärte Präsident Delbrück, baß, wenn man be stimme, daß die Entziehung der Preßgewerbe auck nicht durch richterliche Entscheidung ausgesprochen werden dürfe, ein solcker Beschluß dos ganze Gewerbegesetz in Frage stelle. Trotzdem beschloß der Reichstag, die Preß- gcwerbe nicht anders, als die übrigen Gewerbe zu be handeln. — Graf Bismarck, welcher einer während der Reichstagssitzung stattfindenden Sitzung des Bundes- raths präsidirte, erschien im Reichstage gegen 3 Uhr. — lieber den Gang der heutigen Neichstags- sitzung ist Folgendes zu berichten: Von der Geschäfts ordnungscommission ist folgender Antrag in der An gelegenheit des Abg. Mende cingcgangcn: „Der Reichstag wolle beschließen: In Erwägung, daß zur Zeit die Erklärung der zuständigen Gerichtsbehörde, es werde durch sofortige Freilassung des Abg. Mende eine Verdunketung des Sachverhalts und eine Verzögerung des Unlersuchungsver- fahrens zum Nachtheile der übrigen 22 verhafteten Mitangeklag len herbeigeführt werden, der Annahme des Antrages der Abgg. Schweitzer und Genossen cntgegenstehen würde; daß jedoch zu erwarten ist, es werden bei energischer rascher Führung der Untersuchung in kürzester Frist die nöihigen Feststellungen des objektiven und subjektiven Thatbestandes, intoweit dabei der Abg. Mende betheiligt erscheint, erfolgt sein; l) über den Antrag der Abgg. Schweitzer und Genoffen aus sofortige Freilassung des Abg. Mende zur Zeit noch keinen Beschluß zu fassen, 2) den Herrn Bundeskanzler aufzusordern, »u veranlassen, daß ») der königliche Oberprocurator und der UntersuchungS lichter zu Düffeldorf am ü. Mai d. I. Bericht darüber er statten, ob bei der Gerichtsbehörde die Besorgniß noch fort- daure, daß durch die Frettassung des Abg. Mende die Feststel lung deS objektiven und subjektiven Thatltvstandes benachtbei- ligt und die Lage der übrigen Angeschuldigten erschwert, nament lich deren Hast verlängert werde, und b) die vorbezeichneten Berichte unvermglich dem Reichstage mitzutheilen; 3) demnächst aber durch die Geschästsordnungscommission sofort anderweiten schleunigen Bericht über den Antrag der Abgg. Schweitzer und Genoffen erstatten zu lassen." Der Präsident schlägt vor, sofort darüber in Be rathung zu treten. Da jedoch der Abg. v. Blaucken- burg Widerspruch dagegen erhebt, daß augenblick lich darüber in Berathung getreten werde, so wird dieser Antrag bis nach Erledigung der Tages ordnung ausgesetzt. Man tritt in die Berathung der Gewerbeord nung ein. Titel Vlll handelt von den gewerb lichen Hilfs lassen. Hier hat nun der Abg. Lasker beailtragt, an Stelle dieses Kapitels folgenden Para graph zu setzen: „Bis zum Erlaß eines BuudesgesetzeS bleiben die Anord nungen der Landesgesetze über die Kranken-, Hilfs n. Sterbe- kasseu sür Gesellen, Gehilsen und Fabrikarbeiter in Kraft. Gleichzeitig beantragt er aber: den Bundeskanzler aufzu sordern, dem Reichstage in der nächsten Session den Entwurs eines Gesetzes vorzulcaen, welches Normativbedingungen sür die Errichtung von Kranken-, Hilss u. Sterbekassen sür Gesellen, Gehilfen und Fabrikarbeiter, die Beitrags und Beitrittspflicht der unselbstständigen Arbeitnehmer, sowie die Beitragspflichl der Arbeitgeber regelt." Andererstits beantragen die Abgg. Schulze, Richter und vr. Hirsch, an Stelle einiger Paragraphen dieses Kapitels folgende Bestimmungen zn setzen: „Die durch Ortsstatut oder Anordnung der Verwaltungs behörde begründete Verpflichtung der Gesellen, Gehilfen, Lehr linge und Fabrikarbeiter, einer bestimmten Kranken-, HttsS- oder Sterbekasse beizutreten, wird sür Diejenigen aufgehoben, welche nachweisen, daß sie einer andern Kranken-, Hilss- oder Sterbekasse angehörcn. Ein zu erlassendes Bundesgesetz wird, unter Aushebung der Eoncessiou, die Normalivbedingungen für die Statuten der Kranken-, Hilfs- und Slerdekaffen seststellen. Bis zum Erlaß dieses Gesetzes bewendet es sür die bestehenden und neu zu begründenden Kaffen de, den Bestimmungen der Landesgesetze; jedoch ist schon von jetzt an überall zu qettalten, daß die Kranken , Hilfs- und Sterbekaffen mehrere Orte um fassen." Der Lauf der Debatte ergab Folgendes: Der Prä sident des Bundeskanzleramtes, Delbrück, erklärte, daß der Bundesrath der Annahme des Lasker'schen An trags keinen Widerstand entgegensetze, daß derselbe jedoch dringend vor der Annahme eines weitern, vom Abg. v. Hennig gestellten und später vom Abg. Lasker acceptirten Zusatzes warne, wonach auch ausgesprochen sein soll, daß fernerhin eilt Zwang des Beitritts zu einer solchen Kasse nicht mehr stattfinden dürfe. Einen Antrag des Abg. Stumm in Betreff der Knappschafts- und größern Districtskasfen würde der Bundesrath, wenn es sich um Regulirung dieser Fragen durch ein Bundesgesetz handle, in Erwägung ziehen. — Die Redner der Linken, wie Duncker und Schulze, empfeh len den Schulze'schcn Antrag; in der Frage der Zwange Pflicht, düsen Kassen beizutreten, sprechen sie sich dafür aus, während die Abgeordneten der Natio- nalliberalcn, insbesondere Abg. v. Hennig, weniger der Abg. Lasker, die Zwangspflicht, beizutreten, lebhaft bekämpfen. — Die Abstimmung crgiebt zunächst die Ablehnung dcs Antrags Schulze Richter-Hirsch mit ge ringer Mehrheit, dann die mit großer Mehrheit erfol gende Ablehnung der von Hennig beantragten Freiheit, den Kassen beizutreten oder nicht, und schließlich die unveränderte Annahme des Lasker'schen Antrags in seinen beiden Theilen. Titel IX „Ortsstatuten" hat nur einen Paragraph, der in folgender Fassung angenommen wird: „Ortsstatulen können die ihnen durch das Gesetz über wiesenen gewerblichen Gegenstände mit verbindlicher Kraft ordnen. Dieselben werden, nach Anhörung beiheiligier Gewerk treibender, aus Grund eines Gemeindebeschluffes abgesaßt. Sie bedürfen der Genehmigung der höhern Verwaltungsbehörde. Die Eentralbebörde ist befugt, Ortsstatulen, welche mit den Gesetzen in Widerspruch stehen, außer Kraft zu setzen." Titel X betrifft die „Strafbestimmungen". Hier wird u. A. ausgesprochen, daß der Betrieb eines Ge werbes durch richterliches Erkenntniß auf Lebenszeit entzogen werden darf. Feuilleton. Ueber Algier*). (Schluß aus Nr. lOO.) Ihrer Religion nach sind die Sieger zumeist Mu- hamedanrr, seltcner Christen. Immer aber scheinen die heidnischen Gebräuche noch einen großen Reiz für sie zu behalten, so daß sie, um es vielleicht auch mit der alten Gottheit nicht ganz zu verderben, sich noch zu weilen deren Kultus hingcben. Die Schilderung eines Ncgcrfcstcs, dem wir beiwohnten, möge dies bestätigen. Wir gelangten in der Nähe der Casbah Gassen und Gäßchen auf- und niederkletternd an ein Gehöfte, wel ches zu dem Zwecke des Festes von den Negern ermie- thrt worden war. Aus der geöffneten Hausthüre klang uns ein so rtgenthümliches Getöse entgegen, daß wir nicht ander- glauben konnten, als es befände sich in den Baulichkeiten rin Stampfmühlenwerk von besonderer Kraft in Thätigkeitl Dem aber war nicht so: diese Töne, wclche bet unserm Eintritte in den Hofraum sich zu einem wahren Höllenlärme gestalteten, lieferte eine Musikbande von Negern, welche dem Eingänge entge gen die eine Seite der den viereckigen Hof umgeben den Säulenhalle einnahmrn. Die infernale Musik für die schwarze Festgrnofsenschaft bewegte sich mehrere Stunden lang ganz in demselben Rhythmus, und war zunächst Aufforderung zum Tanze, dann als die Tän zer hiervon anaezogen erschienen und ihr folgten, Ball musik, und zuletzt wirkte sie als geistliche oder Opfer- musik, ohne Pausen, ohne irgend welche Abwechselung, 1 Au» dem im Verla-e der G. Schöuseld'schen Buchhand lung (E. A. Werner) in Dresden erschienenen Buche: „Der kli matische Einort Algier. Schildern»,rn nach dreimb, q-r Be obachtung in Stadt and Provinz, zugleich ein Raibgeber für Reise und Aufenthalt van Ott» Schneider." in allen drei Theilen sich vollkommen gleichbleibend. Die schwarze Kapelle war etwa 25 Mann stark, zum Theil gut und sauber; hier und da wohl auch zerfetzt und zerlumpt bekleidet; die Instrumente bestanden aus drei großen Trommeln, zwci Tambourins, ein paar Zithern, einem geigrnartigen Wimmerholze und einer großen Zahl eiserner großer Castagnetten. Als wir ankamen, war der eigentliche Hosraum, die mit säubern Porzellanfließchen bedeckte Tanzbühne, lccr; um dieselbe standen auf beiden Seiten unangestrichene Holzbänke, ans denen die schwarzen Schönen Platz nehmen sollten. Hinter denselben, unter den Säulenhallen, saßen und standen die Zuschauer, ein buntes Konglomerat aus Morgen- und Abendländern aller Sprachen, Lebens stellungen und Altcrsgrade. Verschleierte maurische Frauen und feine unverschleierte Europäerinnen sahen von der Galerie herab dem Feste zu. An der vierten Wand der Säulenhalle, der Musik gegenüber, waren die Opferthiere angebunden. Endlich füllten sich die Bänke mit den Negerdamen, jede Neuerschienene wurde von den andern dadurch begrüßt, daß man sich gegenseitig die Gewandung der Achseln küßte, den Vornehmern küßte man wohl auch die Hände, was diese jedoch niemals erwiederten. Alle trugen die faltige orientalische Kniehose und darüber die oben ge schlossene maurische Jacke, über beide Kleidungsstücke aber eine so große Menge seidener Stoffe und blüthen- wrißer Spitzentülldrapirunfl, daß nur an einzelnen coquet gelüsteten Stellen die Reichen ihren Reichthum der untern Gewandung und deS Juwelenschmuckes durch blicken lasten konnten. Den Kopf deckten turbanartig verschlungene Tücher oder auch ziemlich hohe Aufsätze von buntfarbigem schweren Seidenstoffe gefastet und umwunden mit Gold, Perlen und Edelsteinen, und von hier ab fiel noch zuweilen ein golddurchwtrkter dünner Schleier. Nur Gesicht, Hände, ein kleines Stück Wade und der beim Tanze meist unbcschuhte Fuß zeigten sich in ihrer nackten Natürlichkeit, alles Andere war verhüllt! — Den Ball eröffnete ein Neger. Erst warf er der Musikbande eine kleine Münze zu, dann bückte er sich zur Erde und berührte sie nach allen vier Him melsgegenden mit den Fingerspitzen. Hierauf begann ein unruhiges Treten oder Gchcn mit schlaffen Armcn auf derselben Stelle, dann winkte er mit dcmTaschcn- tuche, strampelte mit Armcn und Beinen und drehte sich in nach und nach immer steigender Schnelle, bis er ermattet zu Boden fiel, womit sein Tanz beendet war. Ihm folgte ganz in derselben Weise ein zweiter Solotänzer. Nun kam eine der Damen an die Reihe. Auch ihr Tanz war im Wesentlichen derselbe, doch ließ sich aus verschiedenen Stellungen und Drapiru»gcn eher noch ein Jdeengang hcrausfinden. Während an fänglich nur immer eine Person auf einmal tanzte, nahmen später mehrere zugleich daran Theil. Jedes führte aber, unbekümmert um das Andere, sür sich seine pantomimische Aufgabe zu Ende. Endlich schwieg der Tanz, doch nicht der Lärm der Musik. Eine Negerin stellte ein Kohlrnbcckcn irr die Mitte, mehrere Männer wurden mit spitzen Mützen, wclche Federn und Muscheln schmückten, versehen. Einen Neger bekleideten dieselben mit ganz neuen weißen Ge wändern und steckten ihm in den weißen Gürtel drei große scharfe Messer; damit war er zum Opferpriester gewählt. Er nahm nun aus verschicdcnen Dosen Am bra, Weihrauch, Myrrhen und andere Specereien, und streute sie zum Raucherwerke auf das Kohlenbecken, dann weihte er zuerst seine Hände, indem er sie dar über hielt, dann seine Messer alle drei auf einmal, welche er wieder in den Gürtel steckte, hierauf ergriff er je fünf Hühner in einer Hand und fuhr mit ihnen mehrfach in mysteriösen Schwingungen durch die Rauch wolken deS Beckens. Hierauf ging er zu den acht Ziegen und Schafen und umkreiste sie mit dem Rauch- weihbccken. Dasselbe Spiel wiederholte sich an den beiden Ochsen. Dann brachte eine Negerin in dunkel braunem Gewände und mit Kopibindc und Gürtel, auf denen Zeichen gedruckt waren, Körbchen mit kleinen Tassen, und ließ dieselben ebenfalls durch Räuchern sacrificircn, zuletzt brachte sic ein Gefäß, ich konnte nicht unterscheiden mit Neis oder Salz, mit dem sie dieselbe Ceremonie vornahm. Jetzt stiegen sämmtliche Tänzerinnen auf die Bänke, an der Säule nach Osten wurde eine Menge bunter Wachslichtchcn angczündet, der Priester zog sein erstes Messer und schnitt den zehn Hühnern, denen man das Gesicht nach Osten gedreht hatte, die Hälse durch. Vorher streute die Priesterin jedem Thiere in den geöffneten Schnabel etwas heili gen Salzes oder Reises, und dann fing sic in den klei nen Tassen von jedem Opferthiere etwas Blut auf. Nun nahm er das zweite Messer aus dcm Gürtel und tödtcte mit gleicher Ceremonie die Ziegen und Schafe, zuletz* mordete er mit raschem scharfen Kchlschnitte mit dem dritten Messer die Ochsen. An allen Thieren wurde dasselbe Experiment mit dem Salze oder Neis auf die Zunge und mit dem Blutaufsangen wiederholt. Die weitere Zurichtung zum Mahle, wozu die Thiere wahrscheinlich am Spieße gebraten werden, wollte ich nicht mehr mit ansehen. Wir zogen ab, doch sagte man uns, daß es zur Feier gehöre, daß die Festgenos- fen das frische Blut aus den Taffen schlürften. Indem ich den Bericht über dieses Fest schließe, waS in der That Nerven so stark wie Schcffstaue verlangt, sei noch erwähnt, daß ich unter der ganzen schwarzen Gesell- s^ast mir kaum zwei als hübsch zu bezeichnen getraut
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite