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Dresdner Journal : 01.05.1869
- Erscheinungsdatum
- 1869-05-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-186905019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18690501
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18690501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1869
-
Monat
1869-05
- Tag 1869-05-01
-
Monat
1869-05
-
Jahr
1869
- Titel
- Dresdner Journal : 01.05.1869
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^8». 1 Sonnabend, den 1. Mai. 18k». AdmeurmeMspreksr: 1» »«»ä.: 7»krliok: «rülc. —H-r ^i»krliek: 1 „ 1» „ „ lS „ Ll»»elo«Ltuwwerl>. 1 „ I» krsi»^» tritt Mkrllvi» r l'KIr. 8t«wl»«Ix«btikr, »u«»«cü»Id a«» siorüü. Uuuilv» kurt uuei 8t«il>p«I»ui>utli»x Kiuru raseraltn-rttsr: kür ä«u 8»om einer xe»p»It«neu 2eil«: 1 lk^r. Unter „DinArsenat" <ii« 2eil«: S t^xr. Lrschetnm: Dlxlleli, init Xuenekm« äer 8onn »nä keierteL«, ^denü» tUr 6en kolxenäen 1'ex. Dl esdnerItMiml. Verantwortlicher Redacteur: I. G. Hartmann. »nkcratrnannayme auswärts: k». Lernoernrre», OomnussIoaRr üe» Dreseiner ^onrneie; «denän».: 8 L»o^r«, Lvo«^ Doer; 8»>oi»nr^ II«rUu- Vi»o-l.«ipiix->»»eI-Vr»uUtnrt ilrreenrrei» ck V»«n>-i,, »erlln. tteorive'sck« ltuukk., itUramL»«»'» iinreeu, tivvonr« Maris; Lremeu: D. 8c»l.»r,», Lreslen: la ^nnuncellkureen, .1»»»,, g,^ knuvxv i krenlllvrt ». H : ^rrorii'eelle lluekb.; Liinr ^v. »tosisn, k»ri»; l,rrrirs, Uvl.i.iL» L 6o., (8, kluo« äe l» üanrre); kr»^: k». Lnuuicn » Lnei»t».t Vien: Orrsr.1». Htrausgrbrr: Lönizl. 8rp»üitioo <Ie» Dreeäner ^ournel», Qreeäen, Lterienrtr»»»« Lio. 7. Rachbestelluugeu auf daS .„Dresdner Journal" für die beiden Monate Mai und Juni werden für Dresden zu dem Preise von 1 Thlr. in der unterzeichneten Expedition angenommen. Für auswärts sind die Bestellungen an die Postanstalten zu richten und müssen auf das volle laufende Quartal (Preis 1 Thlr. 1b Ngr.) lauten. Inserate aller Art finden im „Dresdner Jour nal" sehr geeignete Verbreitung. Die Insertions- gebühren betragen für die gespaltene Petitzeile 1 Ngr., unter „EingesandteS" per Zeile 3 Ngr. Äönigl. Expedition des Dresdner Journals. (Marirnstraße Nr. 7.) Amtlicher Theil. Dresden, 29. April. Se. Königliche Majestät haben allergnädigst geruht, die von dem Hauptmann Bergauer des 1. (Leib-) Grenadier Regiments Nr. 100 erbetene Versetzung in Disponibilität, mit Pen sion und der Erlaubnis zum Forttragen der Negimcnts- uniform mit den Abzeichen für Verabschiedete, zu be willigen und demselben hierbei den Charakter eines Majors zu verleihen. Dresden, 30. April. Seine Majestät der König habcn die Versetzung des Inspektors des mathematisch physikalischen Salons, Commisstonsrathes Rudolph Bloch mann, in den Ruhestand mit der gesetzlichen Pension, unter Belassung seines Titels und Ranges, allergnädigst zu bewilligen geruhet. Dresden, 30. April. Seine Majestät der König habcn allergnädigst geruht, dem Amtshauptmann von Welck zu Zwickau die nachgesuchte Entlassung aus dem Staatsdienste mit der gesetzlichen Pension und unter gleichzeitiger Verleihung des Charakters als Geheimer Regierungsrath zu bewilligen. Dresden, 30. April. Seine Majestät der König haben allergnädigst geruht, den Regierungsrath Frei- Herrn von Hausen, bisher bei der Krcisdirectton zu Dresden, zum Amtshauptmann zu Zwickau und die Regierungsasscssoren Martens bei der Kreisdirrction zu Leipzig, Schmiedel beim Ministerium des Innern und Schäffer bei der Kreisdirrction zu Bautzen, den an zweiter Stelle Genannten unter Zutheilung zur Dienstleistung an die Kreisdirrction zu Dresden, zu Rcgierungsräthen zu ernennen. Verordnung, die Veranstaltung neuer Wahlcn für die II. Kammer der Ständeversammlung betreffend. Nachdem zufolge der Bcstimmungcn in 8 68 dts Gesetzes, einige Abänderungen der Verfassung- Ur kunde u. s. w. bctr. vom 3. December 1868, sowie des Gesetzes die Wahlen für den Landtag betr. von dem selben Tage, tzß 15 ff., eine vollständige Erneuerung der Wahlen für die II. Kammer der Ständcversamm- lung sich erforderlich macht, so werden in Gemäßheit 8 22 des lctztgedachtcn Gesetzes alle damit verfassungs mäßig beauftragten Behörden angewiesen, die zu Ver anstaltung der Neuwahlen in sämmtlichcn Wahlkreisen nach den Vorschriften diests Gesetzes nöthigcn Einlei tungen sofort zu trcffen. Tie Abgabe der Stimmen bat in allen Wahlkreisen den 4. Juni dieses JahreS stattzufinden. Bezüglich der Frist zu Erhebung von Einsprüchen gegen die Wahllisten wird auf die Bestimmung in 8 26 des Gesetzes die Wahlen für den Landtag betr. vom 3. December 1868 verwiesen. Dresden, am 30. April 1869. Ministerium des Innern. v. Nostitz. Wallwitz. Forwerg. Nichtamtlicher Theil. Telegraphische Nachrichte«. Berlin, Freitag, 3V. April, Nachmittags. sTcl. d. Drcsdn. Ivurn.) Gestern Abend hielt die NeichstagScommission zur Berathung des Hagen- scheu Antrags, sowie der Dresdner und anderer Petitionen, die Befreiung des Militärs von den Communalabgaben betreffend, eine Sitzung. Nach Ablehnung von 7 Vermittelungsanträgen wurde mit 11 (darumcr die sämmtlichcn 4 sächsischen Mitglieder der Commission) gegen 10 Stimmen be schlossen, den Hagen'schen Antrag anzunehmen, wonach unter Aufhebung der bekannten Präsidial- Verordnung die alten frühern Landesgesetze wieder ringeführt werden bis zu einer bundesgesetzlichen Regelung dieser Angelegenheit. Berlin, Freitag, 30. April, Nachm. (W. T. B.) Die GeschäftsordnungScommission des Reichstags berieth heute abermals in der Mende'scben An- gelrgenheit. Der Referent Cornely beantragte die Freilassung Mcnde's. Der dagegen erhobene Widerspruch begrün dete sich auf das Bedenken wegen Verdunkelung des Lhatbestandcs und daraus möglicherweise folgender Haftvcrlängernng der übrigen G'fangencn. Abg. v. Bernuth beantragt, die Besch! ßfassung zu vertagen bis nach Feststellung des Lhatbestandes, jedoch längstens auf acht Tage. Die Commission will heute Abend die Berathung beenden. Die Verstattung der Selbstbeköstigung für Mende ist von hier verfügt worden. München, Donnerstag, 29. April, Nachmit tags. (W.T.B.) Heute hat dir Schließung der Land- tagSsesfion durch den Prinzen Adalbert stattgefun den, wozu die Mitglieder beider Häuser zahlreich erschienen waren. In der Thronrede war der durch den Landtag er ledigten Arbeiten mit Anerkennung Erwähnung gcthan; > in Betreff der Schulgcsetzvorlage fand das Bedauern des Königs über das Nichtzustandekommen eines Ge setzes Ausdruck, welches ebensosehr zur Hebung der Bil dung des Volkes geeignet sei, als auf freiheitlicher Grundlage beruhe. Wien, Donnerstag, 29. April, Abends. (Cvrr.- Bür.) Der VerfaffungSauSschuß des Abgeordneten hauses verhandelte heute die Frage wegen Ver mehrung der Mitgliederzahl des Abgeordnetenhau ses und Einführung direkter Wahlen. Die Anträge des Subcvmitös, die Regierung auf zufordern, einen Gesetzentwurf vorzullgen, wodurch die im Staatsgrundgcsetze angeführte Mitglicdcrzahl des Abgeordnetenhauses entsprechend, womöglich auf das Doppelte, vermehrt wird, wurde mit entschiedener Majorität angenommen, ebenso jener, die Petitionen für Einführung directer Wahlen und die Kürzung dcr Wahlperiode der Regierung zur Würdigung abzutrcten. Der Wehrausschuß trat den vom Herrenhause beschlossenen Aenderungcn deS Landwchrgesetzes bei. Im volkswirthschaftlichen Ausschüsse tbeilte der HandelSminister mit, daß der Sessionsschluß am 15. Mai erfolgen werde. In der heutigen Sitzung dieses Ausschusses zog der Handelsminister die Re gierungsvorlage, betreffend das allgemeine Eisen- vahngesetz, zurück. Der Ausschuß nahm das Spe cialgesetz über die Eisenbahn Przemysl-Lupkoff an. Brüssel, Donnerstag, 29. April, Nachmit tags. (W. T. B.) In dcr heutigen Sitzung deS Senats kamen die mit Frankreich schwebenden Un terhandlungen zur Sprache. Der Minister dcr auswärtigen Angelegenheiten er widerte auf eine Interpellation, betreffend den gegen wärtigen Stand der belgisch-französischen Unterhand lungen: Der Ministerpräsident habe sich seiner Zeit nach Paris begeben, um das ursprünglich etwas weit gehaltene Programm zur Lösung der Differenzen, wie es in den officiellcn Blättern beider Länder veröffent licht sei, etwas mehr zusammcnzufassen (rvlrscir). Das erste Resultat dieser Verhandlungen bestehe in der uu- verweilt erfolgten Einsetzung einer gemischten Com mission; die Arbeiten derselben würden sich, abgesehen von unvorhergesehenen Modifikationen, auf die Bc- rathung eines belgischerseits gestellten Antrages be schränken, dcr den Interessen beider Länder gerecht zu werden bezwecke. Uebrigens habe fortwährend in den gegenseitigen Beziehungen beider Regierungen die größte Herzlichkeit geherrscht. Der Senat genehmigte alSdann mit 32 gegen 9 Stimmen das Gesetz, betreffend die Abschaffung der Schuldhaft, in der gestern beschlossenen ver änderten Fassung. Der Ministerpräsident Fr^rc-Orban wird heute Abend 11 Uhr hier erwartet. Florenz, Donnerstag, 29. April, Abends. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Deputir- tenkammer erfolgte die Berathung des Gesetzent wurfs über die mit der Eigenschaft eines Deputir- ten unverträglichen Stellungen. Ein Amendement des Ausschusses, wonach die bei Concessivnen oder Verträgen mit dem Staate interes- firten Persönlichkeiten für unwählbar erklärt werden sollen, wurde verworfen. Dagegen wurde der Ncgic- rungsantrag, von der Kammerdebatte nud Abstimmung Diejenigen auszuschließen, welche an jenen Verträgen ein persönliches Interesse haben, mit 170 gegen 54 Stimmen angenommen. Tagesgeschichte. 0. Berlin, 29. April. Der Reichstag discutirte heute das Gesetz betreffs der Gewährung gegenseitiger Rechtshilfe in erster Lesung*). Von den verschiedensten Seiten wurden schwere Bedenken gegen den Theil dieser Vorlage ausgesprochen, der sich auf die Auslieferung von Verbrechern von dem einen Bundesstaat an den andern bezieht. — Sodann wurden die Paragraphen der Gewerbeordnung berathen, welche die Verhältnisse der Fabrikarbeiter behandeln. Insonderheit besprach man ausführlich die Frage wegen der Kinderarbeit in den Fabriken und genehmigte darin die unveränderte Vorlage, sowie auch die Frage wegen Einführung von Fabriklnspectcren. In dem Wunsche nach solchen be gegneten sich einerscits die Socialisten, andererseits die jenigen Strengconservativcn, welche der socialen Rich tung des Abg. Wagener (Neustettin) folgen. Beide Richtungen brachten es jedoch mit ihrem Vorschläge, Fabrikinspcctoren einzuführen, nur zu , incr klciucu An zahl Stimmen. — In der heutigen Reichstagssitzung wohnte in der Hofloge Se. königliche Hoheit der Kron prinz von Preußen den Verhandlungen bei, die sich auf die sociale Frage erstreckten. Zunächst überweist man das Gesetz betreffs Anfertigung von Telegraphenfrcimarken ohne Debatte zur zweiten Lesung, dann leitet dcr Bun- descommissar vr. Pape die Berathung des Gesetzes, betreffend die Gcwäbrung der Rechtshilfe, ein. Nach einem Rückblicke auf die Geschichte der bisherigen Vertrage zwischen den einzelnen Bundesstaaten in der Gc- Währung gegenseitiger Rechtshilfe bemerkt Redner, daß sich der Entwurf auf Art. 3 der Verfassung gründe, welcher bestimme, daß jeder Bundesangehörige in Bezug aus Rechts- *) Ein Telegramm von „Wolff's Bür." über diese Sitzung, aufgegeben in Berlin Nachmittags 2 Uhr 5» Min., ging unS erst gegen Uhr zu, so daß wir dasselbe für das gestrige Blatt nicht mehr benutzen konnten. D. Red. schütz und Rechtsverfolgung als Inländer behandelt werde. Der Entwurf geht über Das hinaus, was bisher in Deutsch, land gegolten hat in dcr Civil- wie der Strasrechtspflege. Er proclamirt das Princiv: Die R chtshilst wird unbeschränkt gewährt, wie sic in einem Eioheitsstaate gewährt werden muß. DaS System der JurisdiclionSverträae zwischen einzelnen Staaten ist unbedingt sollen gelassen. Die Bedenken, ob das Princiv dts Gesetzes nicht ein einheitliches Civilvroceßrecht und einheitliche Strafgesetzgebung vorauSsetze, hält Redner zwar sür erheblich, aber nicht sür durchschlagend. Alle dcele Gesetzgebun gen seien außerdem in Vordereilnng. Schließlich aber müsse über dem partikularen Rechte das Bundesrecht stehen, nnd in einem Bundesgesetze müsse auch das BuudeSrecht als oberste« Princiv angenommen werden. (Bravo von den Nationalen.) Abg. Nr. Schwarze (Sachsen): Bis jetzt wurde dem Reichs- tag kein Gesetzentwurf vorgelegt, der so tief in die Rechtspflege einschneidet, wie dieser. Dieser Entwurf würde, zum Gesetz erhoben, einen ganz außerordentlichen Einfluß aus die Ent wickelung nnsers RechtSlebens ausüben. Der Entwarf zerfällt in zwei Theile, die Rechtshilfe in Eivil- und d ejenigc in Eri- minalsachen. Der Commissar hob hervor, wie gewaltig Vie vor geschlagene Aenderung gegenüber dem Nürnberger Entwürfe und den bisher hierüber abgeschlossenen StaalSverträgen in der Rechtshilfe in Civilsachen abweichl. Man hat behauptet, daß ein Entwurf, wie der vorliegende, nur möglich lei, wenn die ganze Lehre vom Gerichtsstände geregelt sei. man müsse daher mit diesem Entwurse warten, bis die neue Eimlproceßordnung verabschiedet sei, oder man müsse wenigstens das Eapitel vom Gerichtsstand vorder zum Gesetz erheben. Ich theite dieses Be denken nicht und stimme hierin mit dem Entwürfe. Zwar ist eS gegenwärtig noch ein Uedelstand, daß in den verschiedenen Staaten noch verschiedene Gerichtsstände bestehen; aber wollten wir ein Eapitel aus der za erwartenden Eiv lproceßordnung herausheben und besonders behandeln, so würden wir in das ganze System der Proceßordnung emgreisen und derselben prä- judiciren, ohne doch etwas Dauerhaftes Herstellen zu können. Man ist auch in Frankreich ganz in der Weise vorangeganqen, wie es der Entwurf tbut, ohne daß sich Nachthe>le heransstell ten, Einzelne Bestimmungen dieses Theiles des Entwurfs, z B die übe den Concurs, baden aber auch bei mir Beden ken erregt. Viel gewichtigere Bedenken hege ich aber gegen den Theil deS Entwurfs, der die Rechtshilfe in SNassachen auS- spricht. Darüber kann man nicht so leicht binweggehen, wie es die Motiven Ihun. Eine zahlreiche juristische Literatur zeigt, daß diese Fragen noch nicht ausgetragen sind. Ich glaube, man kann mit dem Erlaß dieses zweiten Theiles deS Gesetzes war ten, bis die gemeinsame Strafgesetzgebung erlassen ist. Ich hebe einzelne Bedenken gegen den Entwurf hervor. Ich bin stets, entgegen einer weitverbreiteten Meinung, dec Ansicht ge wesen, daß der Verbrecher kein Recht bat, wenn er im Aus lande ein Verbrechen begangen hat, der Auslieferung an das Ausland zu widersprechen. Der Verbrecher hat nicht blos die Gesetze de« Landes, wo er fehlte, verlest, sondern die allgemeine Rechtsordnung, die weder durch die Gren,pfähle des Landes begienzt ist, noch immer in den Strafgesetzen ihren vollen Ausdruck findet. Neben diesem Satze, daß der Verbrecher seiner Auslieferung ans Auslaud nicht widersprechen dürfe, steht aber der Satz, daß deshalb noch nicht dcr Staat verpflich tet ist, den Verbrecher an das Auslaud, wo er das Verbrechen beging, auszuliefern. Diesen Satz übergeben die Motiven gänz lich. Es giebt sehr viele Fälle, wo daS Recht beider Staaten sehr verschieden ist. Wenn das Verbrechen, welches der In länder im Auslände verübt bat, nach dem Rechte de- Inlän ders verjährt ist, wollen Sie dann den Richter des Inlandes nöthigen, daß er ungeachtet seiner Uebcrzeuguug, daß er nach dem Rechtsgesetze des Verbrecher« nicht mehr zur Strafe gezo- ocn werden kann, dennoch deu Mann zur Bestrafung an das Ausland auslicfere? Weiter: E.n Sachse begeht in Preußen eine Medicasterel und geht nach Sach cn zurück. Die Medi- casterci wird iu Sachsen nicht bistrast. Nach dem Entwurf muß dcr Sachse an Preußen zur Beslrasung wegen Medien- sterei ausgeliefert werden. Aehnlich verhält sich's mit den Be stimmungen über Nolhwehr. Ferner giebt es Vergehen, die nur aus den Antrag deS Verletzten bestrast werden. Es kommt doch, meine Herren, wesentlich aus die Rechtsanlchauuug des Landes an, >n welchem der Betreffende seinen Wohnsitz Hai, wo er in der Rechlsanschauuvg groß geworden ist. Kommt er nun in ein Land, mit dessen Erinunat- und Polizeistrafgesetzgebung er sich unmöglich genau bekannt machen kann, welchen Eindruck soll es dann aus die Rechtsanschauung des Volkes machen, wenn er ausgelicsert werden muß zur Bestrafung einer von ihm im Ausland begangenen Handlung, die bei ihm zu Hause als nicht strafbar gilt, wegen deren ihn das Rechtsbewußtsem deS Volkes freisprichl? Auch kommt hierbeidieVcrschicdenhe.tder pro- ceffualischen Vorschriften iu den einzelnen Ländern in Betracht. Wenn im AnslandedieVertheidiaunz weniger Rechte hat, wennOes- fentlichkeii und Mündlichkeit beschränkt sind, wenn das ganze Ver fahren wcht so geordnet ist, wie in der Heimalh des Berore- cher«, wo er sich mit vollem Vertrauen vor seinen Richter stel- len kann, so lchädigt dies aach das RechiSbewnßlsein im Volke. Ein weiteres Bedenken gegen den Eotwurs ist, daß auch die kleinsten Vergehen, die eine Crimmallirase nach sich ziehen, zu einer Auslieferung führen können Jedes Uebertreien einer localen Polizeivorschrist im Aaslande, jedes Uebertieten einer finanziellen und steuervolizeilicheu Vorschrift kann zur Auslie ferung deS Inländers an das Ausland führen, ja sogar jede Injurie. Wenn ein Preuße in Dresden e»ne Injurie begeht, FeuMeton. K. Hoftheater. 30. April. Das gestrige Wicdrr- austreten Herrn Mitterwurz er's in Rossini's Oper „Wilhelm Teil* in der Titelrclle derselben beseitigte in erfreulichster Weise die Befürchtungen, welche der lang andauernde Krankhritszustand dcs geschätzten Künst lers bereits erregt hatte. Die so wahrhaft künstleri schen Leistungen dieses Sängers und Darstellers, der, von modernen Verirrungen der Kunstpraxis unberührt geblieben, sich stets nur mit Ernst und voller Hingabe seine- Talents und seiner großen, im edelsten Sinne gestaltenden Kraft den Aufgaben der Kunst gewidmet hat, würden unendlich schwer zu ersitzen sein. Der Wunsch, daß seine Thätigkeil unsrer Bühne noch mög lichst lange erhalten bleibe, ist ein aufrichtiger und allgemeiner. Daß nach langjähriger Beschäftigung in bedeutendm dramatischen Partien, sowie durch vorge- - rückte Lebensjahre Herrn Mittrrwurzer's Stimmmittel geschwächt sind und nicht immer seinen Intentionen entsprechen, ist natürlich; der innere Gehalt seiner Ge staltung jedoch spricht noch mächtig und sympathisch zu uns. Auch seine Mitwirkung in weniger anstrengenden Rollen wird jeder Operuvorstellung, in der dieselbe statt findet, einen wesentlichen Gewinn bringen, ihr eine künst lerische Hebung verleihen und zugleich ein bildende» und nachahmungSwertheS Beispiel für jüngere Nach- strebende abgebrn. UebrigenS hat Herrn Mitterwurzer'- Stimme in der liefern Lage jetzt wieder an Kraft gewonnen. Sein Trll ist eine iu Gesang und Spiel dramatisch schön und einheitlich durchgeführte Leistuna. Seine männlich energische und charakteristische Darstellung, seine feu rige, natürliche Deklamation, sein tief drwegtrr Aus- druck, dir Innerlichkeit und Wahrheit setue» Gefühl» gcwähren wahrhaften Genuß. Meisterhafte und ergrei fende Züge entfaltet die Apfrlschußscene. Daß dcr Künstlcr bei diesem ersten Wicderaustreten anfänglich von einer inncrn Aufregung beunruhigt war, die sich auch seiner Ausführung in Etwas mittheilte, ist leicht erklärlich. Das Publicum gab ihm aufs Lebhafteste seine wärmste Thrilnahme zu erkennen. Herr vr. Gunz beendete sein Gastspiel in der schon früher von ihm hier gegebenen Partie des Arnold. Er ließ wegen plötzlicher Unpäßlichkeit um Nachsicht bitten, bedurfte indessen derselben nicht; er war beson ders gut bei Stimme. Sein schöner, fein dmchgebil- detrr Cantilenvortrag kam im eisten großen Duett zu vorzüglicher Wirkung, und einige Etcllen des Terzetts wurden von ihm so voll Verve und gesteigerter Er hebung des Affects wiederaegeben, wie cS seine andern Rollen nicht bemerken ließen. Weniger gelingt ihm der Ausdruck des Schmerzes und RachcdrangrS sür den Tod seine- Vaters. Frau Jauner-Krall hatte die Mathilde wieder übernommen, welche sie mit Eleganz sang, und Herr Tempesta war als Fischer eingrtre- ten, und zum Vortheil dieser Partie, die er recht brav zur Geltung bringt. Der übrige Theil der Ausfüh rung dieser gerade in letzter Zeit öfter gegebenen Oper ist bekannt. « E. Banck. lieber Algier*). (Fortsetzung auS Nr. W.) Interessant ist die in Physiognomien und Trachten so bunte Bevölkerung Algiers. Sie kennen zu lernen, ist zumal der Gouvernement-Platz geeignet, wo die lo *) Au» dem im Verlage der G. Echönfeld schen Buchhand lung (L. A. Werner) in Dresden erschienenen Buche: „Der kli matische Emort Algier. Schilderungen nach dreijähriger Be obachtung in Stadt und Provinz, zugleich ei» Rothgever für Reis« und Infruthalt »c» Ott» Schneider." sen Fäden dcr verschiedensten Mcnschentypen zu einem vielgcmustertcn Teppich sich verschlingen. Lassen Sie uns zunächst da eine Gruppe mustern; es ist ein Mann, wie der schon grau gesprenkelte Vollbart zeigt, bereits gcrciftern Alters und ein Jüngling. Die freie Stint umrahmt bet dem Acltern ein Tarbuch (rothcr Feß mit blauer Quaste), um den ein blendend weißes Tuch zum Turban sich windet, dcr Jüngere trägt auf dcm Haar büschel, welchen der Barbier auf feinem sonst ganz ge- schvrnen Haupte am Gipfel sichen ließ, nur einen klei nen rochen Feß. Beide Gesichter sind ausdrucksvoll, oval und edel geschnitten und bekunden deutlich den kaukasischen Gesichtsausdruck. Auf eine Bemerkung des Alten zeigt sich uns im Lächeln bei Beiden eine Reihe blcndendwrißer tadelloser Zähne. Tic Farbe dcs Ge sichts und der Hände ist kaum dunkler, als die eines Deutschen oder Franzosen. Ein blüthenweißer elastisch gefalteter Burnus verhüllt zum Theil das weiße kra genlose Hemde, die gestickte weiße zugeknöpfte Weste und dir brauntuchne gestickte Zuavenjacke, welche an den geschlitzten Aermeln das weiße Hemd wieder her- vorleuchten läßt. Die Beine verhüllen bis über- Knie pludrige tuchne Pumphosen; eine rothseidnc Schärpe stellt die Verbindung zwischen Jacke und Beinkleid her; die Füße sind mit weißen Strümpfen bekleidet und stecken in glanzledernrn, schwarzen, weit und rund aus geschnittenen Schuhen. Wer sind diese pittoresken und graciösrn Erscheinungen? Es sind ein Paar vornehme Mauren! Hier wandert gravitätischen Schritts ein ältlicher Mann in ähnlicher Kleidung, doch besteht sein Turban au» anderm Stoffe. DaS ist der Neffe des frühern Dry», Prinz Mustapha. Außrr der Aussicht auf den Thron hat er auch noch durch Wucher und durch, wie man sagt, nicht allenthalben zu billigende französische Manipulationen cincn großen Theil seines bedeutenden Vermögens verloren. Dort der Greis von hoher kräftiger Gestalt; die Lumpen seincs härenen Gcwandes hält ciu Strick kaum noch zusammen, das kahle blvnzcne Haupt entbehrt selbst dcs Haarbüschcls, an dcm Mahomed seine Kin der zur Reise in den Himmel faßt. Sein schlohweißer Bart wird vom Winde bewegt, sein markiges Gesicht, dcr nackte nervige Arm und das nackte Bein scheinen wie in Porphyr gehauen. Wie er so auf dcm Kno- tcnstocke ruhend die Welt verachtend dasteht, gleicht er einem Herkules, wie er über die Gefährten denkt, die ihn vor Tausenden von Jahren hier verließen. Das ist allerdings eine merkwürdige Persönlichkeit: er ist in dieser Welt jetzt allein, sie paßt nicht mehr sür ihn, er nicht in sie, denn er ist dcr letzte Rest des Corsa- rcnthums, welches sonst das Meer schreckte. Dort schreiten in Weiß gekleidet, um das sie der Schnee des Atlas beneiden könnte, fünf Frauen daher. Schleier verhüllen sie bis ans Knie, die Beine find fast bis zu den Knöcheln in weißen faltigen Hosen, welche unten eng zusammengezogen sind; ihre kleinen weißbestrumpften Füße stecken in schwarzlackirten Schuhen, so weit ausgc schnitten, daß sie dieselben kaum mit den Zehenspitzen zu halten vermögen. Jetzt drehen sie sich um. Man sieht, sic sind bis auf einen schmalen Schlitz i« Gesicht, durch den unter schwarzen Brauen zwei man delförmig geschnittene, dunkclbewtmpertc, glühende Au gen durchbrechen, ganz und gar verschleiert. Da lüf tet die eine den Schleier ein Wenig, und eine Hand, so zart wie die eines Kindes und mit Edelsteinen be deckt, zupft an dcm über der Nase gebundenen Tuche die Spitze zurecht. DaS ganze sptnnwebendünne Ge wand läßt in seiner Verschiebung einen Moment ein rothe» goldverschnörkrtte- Jäckchen, mit schweren Gold-
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