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Dresdner Journal : 20.04.1869
- Erscheinungsdatum
- 1869-04-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-186904208
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18690420
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18690420
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1869
-
Monat
1869-04
- Tag 1869-04-20
-
Monat
1869-04
-
Jahr
1869
- Titel
- Dresdner Journal : 20.04.1869
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^89. Dienstag, den 2«. April. 1869. preise: I» RoriLL. Lrurä«: Hiirrliek: Katzir. — ^Mrliol»: 1 „ lb ., ölomtlick:— „ l5 „ Liorelosksuwmerll: 1 „ I» kr»a»»«» tritt jtkAlel» 2 ^klr. 8t«mpelx«kükr, »u»»erd»Id äe» Ikorää. 8unä«> ?o»t aoä Stemprieuicblitx Kimi». Inseratenpreise: ^ür äeo N»um eiller ^o»p»lte»ea 2ril«r t K^r. Hatsr „Liobe»»liät" äie /eil«: 3 erscheinen: Hi^Iiek, wit ^usn«km« äer 8ooo- Allä ^«i«rt»e^- Xdeoä» kür äeo kolxenäe» '»»x Dres-MrIMmal. Verantwortlicher Redacteur: I. G. Hartmann. Snserattnannaßmr auswärts: l.«ix»lp: t u L»L»r>»r«rr>->,, Oumuliieioalir — äe» vreaüoer Journal»; «denäm.: kl. kwn,-^ k'uar; N»mdnr^-S«rU»- Vi.a-I,vip»ix-N»»sI-k'r»ilIlkllrt « N Voui.«»», Nvrlio. 6«u?iv»'»cl<« liuekli., Itereuxr»»'» linreai», Itvvu».»'« ölu»»«: Lreiusa: l!. 8c»l.urea; Nr«5l»u: I. 8rmaii«'» Xulluneeoburuau, ItiL», k - krLnIckurt ».L.: ttueläi.; Lola: >ko. IUVUHLI«, r«ri«: klLVt», eirii, liui-r ieit LOo., (8, s>Iue« <i« I» L»nr»e); kr»x: k » DuitUiea » Luckk.» Vi«a -t».. O^rrl-c«. Herausgebrr: Kölli^I. Lipeüitioi» äs» Orssäosr äsuiml», Oresäell, Llarismtrmu« Llo. 7. Amtlicher Theil. Dre-den, 19. April. Seine Majestät der König sind heute Mittag nach Brandeis gereist. Seine Königliche Hoheit der PrinzGeorg haben sich gestern über Annaberg nach Karlsbad begeben. Nichtamtlicher Theil. Telegraphische Nachrichten. Berlin, Montag, 19. April, Nachmittags. (W. T. B.) Der NeichStaa berieth heute zunächst den Antrag deS Abg. Miquel ans Erweiterung der Bundesrompetenz. Nach diesem Anträge soll Art. 4 der Verfassung dahin abgrändcrt werden, daß auch das gesammtc bürgerliche Recht und die Gcrichtsorganisation der Bundesaufsicht unterstellt werden. Abg. v.Zehmen (Sachsen) spricht ge gen den Antrag. Die Rcchtscinheit würde nur eine schär fere Scheidewand gegen Süddeutschland bilden. Ein Burdescivilrccht würde nur einen Abguß des allge meinen Landrechts bilden und weder in Sachsen, noch am Rhein erwünscht sein. (Vgl. weiter unten unser Berliner Originaltelegramm.) Der Präsident des Bundeskanzleramtes, Delbrück, erklärt, der Bundesrath sei der Frage noch nicht näher getreten; es könne daher über die Stellung des Bun- desraths und diejenige des Bundespräsidiums zu dieser Frage keine Auskunst ertheilt werden. Die Angelegen heit hänge von der Verständigung zwischen dem Bun despräsidium und den Bundesmitgliedcrn ab. Berlin, Montag, 19. April, Nachmittags. (Tel. d. Drcsdn. JournZ Bei Berathung des Mi- quet schen Antrags auf Erweiterung der Bundes- competcnz in der heutigen Sitzung des Reichstag« ergriff zunächst der sächsische Abg. v. Zehmen das Wort. Abgeordneter v. Zehmen bekämpfte auf das Entschiedenste die Politik der Nativnalliberalen, durch unschuldig scheinende Anträge, die aber ticfeinschneidend seien, den kleinern Bundesgenossen langsam die Kehle zuzuschnüren. Redner, welcher oft von Widerspruch unterbrechen wird, behauptet, der Norddeutsche Bund sei gerade den Nationalen ein Dorn im Auge, die den Einheitsstaat wollten; damit aber stieße man die Be völkerungen, die aufrichtige Bundesgenossen sein wollten, nur vor den Kopf. Ob cs im Interesse des Bundes sei, die preußischen Bundesgenossen zu verletzen? Die Po litik der Nativnalliberalen führe zum militärischen Ein heitsstaat, zum Ausschluß Süddeutschlands und zu dauernder Unzufriedenheit der Bevölkerung. Abg. v. Zehmen schließt: Bleiben Sie uns mit solchen Anträ gen vom Halse! Paris, Sonntag, 18. April, Abends. (W.T. B.) Die „Patrie" schreibt: In der gestern stattgc- Habten Besprechung zwischen dem belgischen Mini- " stcrpräsidcntcn Fri>re Orban und den französischen Bevollmächtigten gaben Letztere die Erklärung ab, daß Frankreich von einem andern Gesichtspunkte ausgehe, als die belgische Regierung, und daß die Interessen, welche Frankreich wahrzunchmen habe, ihm nicht gestatten, seine Ansicht zu ändern. Florenz, Sonntag, 18. April, Abends. (W. T B.) Der „Diritto" bestätigt den Abbruch der Verhandlungen über die Operation mit den Kir- chengütern. (Vgl. unter „Tagesgcschichte".) Madrid, Sonntag, 18. April, Abends. (W. T B.) Die „Eorrespondencia" dementirt die Nach richt, der Finanzminister beabsichtige die Unification der Staatsschuld in secksprocentige Titel durch Ca pitalisirung der Julicoupons. Lissabon, Sonntag, 18. April, Abends. (W. T. B.) Eine Truppenrcvolte hat stattaefunden, doch wurde dieselbe unterdrückt. In Mafra sind eben falls Unruhen ausgebrochen. Tagtsgeschichte. ll. Berlin, 17. April. Der gestrigen aufregenden Sitzung d.s Reichstags folgte heute eine vollständig ruhige, au die Stelle politisch in hohem Grade inter essanter Fragen trat heute die geschäftsmäßige Be rathung einer Anzahl von Paragraphen der Gewerbe ordnung, bei denen fast regelmäßig die von liberaler Seite eingebrachten Amendements Annahme fanden. Die Debatten der Gewerbeordnung hatten auch heute wie derum, wie bisher, immer bei diesem Thema vor einem nur mäßig besuchten Hause statt, und als nach 4 Uhr ein Antrag des Abg. vr. Schweitzer, die Sitzung ab- zubrcchen, vom Reichstage, der offenbar noch die wenigen noch rückständigen Paragraphen des Titels II. der Ge werbeordnung dmchbcrathen wollte, abgelchut wurde, erreichte dieser Abgeordnete seine Absicht dadurch, daß er den Präsidenten fragte: ob das Haus beschlußfähig sei? Da diese Frage verneint werden mußte, wurde die Sitzung aufgehoben. — Der Bundesrath hielt während der Sitzung des Reichstags gleichfalls Sitzung. — An wesend waren in der heutigen Reichs tag ssitznng der Bundeskanzler Graf v. Bismarck, Staatsminister Freiherr v. Friesen, Präsident Delbrück, Geh. Rath Vr. Weinlig, geh. Regierungsrath Michaelis n. A. Der Vertreter des fünften sächsischen Wahlkreises, Abg. Mende, ist in das Haus eingetrcten. Der erste Punkt der heutigen Tagesordnung ist ein Antrag der Ge schäftsordnungscommission, an einem bestimm ten Tage der Woche eine Sitzung zu halten, in wel cher an erster Stelle die von Mitgliedern des Reichs tages gestellten Anträge und die zur Erörterung im Plenum gelangenden Petitionen erledigt werden. Dieser, sowie ein anderer geschäftlicher Antrag werden nach längerer Debatte angenommen. — In die De batte zum Gewerbegesetz eingetreten, nimmt man 8 35 in folgender Fassung an: „Die Centralbebörden sind befugt, Vorschriften darüber zu erlassen, in welcher Weise die nachstehenden nntenverzeichneten Gewerbe ihre Bücher zu führen, welcher polizeilichen Eontrole über den Umfang und die Art ihres Geschäftsbetriebes sie sich zu untei werfen haben: l) Psandleiher, 2) Diejenigen, welche den Handel mit gebrauchten Kleidern, gebrauchter Wäsche, ge brauchten Belten oder den Kleinhandel mit altem Metallgeräth oder Metallbruch betreiben (Trödler), oder mit Garnabsällen, Enden oder Dräumen von Seide, Wolle, Baumwolle oder Lei nen handeln." Die 88 36—39 werden ohne wesentliche Aenderungen angenommen, 8 40, welcher das Hausiren in einem Orte von allerhand polizeilichen Bestimmungen abhän gig macht, wird gestrichen. — Bei § 41 taucht der fliegende Buchhandel auf, namentlich beklagt man, daß der öffentliche Zcitungsvcrkauf in Berlin so gut wie unmöglich sei. Nach längerer Debatte genehmigt man diesen Paragraphen in folgender Fassung, die vom Abg. Lasker vorgcschlagcn ist: „Wer gewerbsmäßig Druckschriften oder andere Schriften oder Bildwerke aus öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen oder an andern öffentlichen Orten auSrufen, verlausen, vcrtheilen, anhesten oder anschlagen will, muß spätestens 24 Stunden vor dem Beginn des Betriebes hiervon der zuständigen Behörde Anznge machen, welche hierüber eine aus den Namen deS Nach- suchenden auszustellende, mindestens auf > Johr giltige Be scheinigung zu ertheilen bat. Dieselbe dars Personen, welche das IV. Lebensjahr zurückgelegt haben, nicht versagt werden. Der Inhaber der Bescheinigung ist verpflichtet, diese wäh rcnd der thatsächlicheu Ausübung des Gewerbes bei sich zu führen, aus Erfordern der zuständigen Behörde vorzuzeigeu, und sosern er hierzu nicht im Stande ist, aus Geheiß der Behörde den Betrieb bis zur Abhilfe des Mangels einzustellen." Bei § 42 cntspiunt sich eine sehr ausgedehnte De batte über die Legitimationspapicre der Handlungs- reisenden, unter Andern verbreitet sich auch Or. Blum (Sachsen) über die Bedeutung dieses Paragraphen für den deutschen Buchhandel. Das Resultat der Debatte ist folgende Gestalt dieses Paragraphen: „Kaufleute, Fabrikanten und andere Personen, welche ein stehendes Gewerbe betreiben, sind befugt, außerhalb des Ortes ihrer gewerblichen Niederlassung persönlich oder durch in ihren Diensten stehende Reisende Waaren auszukaufen und Bestellungen auf Waaren zu suchen. Sie bedürfen dazu eines Legitimationsscheines, welcher von der untern Verwaltungsbehörde ausgestellt wird und für das Kalenderjahr gilt. „Dieses Legitimationsscheines bedarf es nicht, wenn die be treffenden Gewerbetreibenden durch die nach den Zollvereins- verträgen erforderliche Gewerbelegitimationskarte bereits für das Gesammtgebiet des Zollvereins lcgitimirt sind." Der Inhaber eines solchen Legitimationsscheins dars aus- aekauste Waaren nur behufs deren Beförderung nach dem Be stimmungsorte und von den Waaren, aus welche er Bestel lungen sucht, nur Proben oder Muster mit sich führen." Gestrichen würbe dabei die Bestimmung, daß das Legitimationspapier an Personen unter 18 Jahren nicht gegeben werden dürfe, ferner fand auch die Bestimmung keine Annahme, daß der Reisende (mit Ausnahme von Weinrrisenden) Bestellungen nur bei Gewerbtreibenden suchen darf. — 88 43 — 48 finden ohne wesentliche Aendcrung Annahme, 8 49 nach längerer Debatte und unter Streichung eines Zusatzes des Grafen Kleist, wel cher von der Benutzung und Verunreinigung stehender oder fließender Wässer handelt, in folgender Gestalt: „Wegen überwiegender Nachtheile und Gefahren für das Gemeinwohl kann die fernere Benutzung einer jeden gewerb lichen Anlage durch die höhere Verwaltungsbehörde zu jeder Zeit untersagt werden. Doch muß dem Besitzer alsdann sirr den erweislichen Schaden Ersatz geleistet werden. Gegen die untersagende Verfügung ist der Recurs zulässig; wegen der Ent schädigung steht der Rechtsweg offen." Der zweite Satz ist ein Zusatz der Abgg. v. Hen nig und Runge, welche auch beantragt und bewirkt hatten, daß es im ersten Satze nicht heißen solle „er weislichen wirklichen Schaden", sondern blos „erweis lichen Schaden". — Bet § 50 bewirkte Abg. Schweitzer in der eingangs erwähnten Weise die Abbrechung der Sitzung. Die nächste Sitzung findet Montag statt; Tagesordnung: 1) Antrag Miquel, Erweiterung der Bundesrompetenz, 2) Gewerbeordnung.*) Wiesbaden, 16. April. (RH.Kur.) In der Klage des türkischen Gesandten Aristarchi Bey gegen den Gartenaufseher Leidner in Biebrich wegen thätlicher Ehrenkränkung war gegen das Urtheil der kgl. Beru fungskammer, sowohl von der Oberstaatsanwaltschaft als auch von dem Vertheidiger des Angeklagten, Ober gerichtsanwalt A. Wilhelmi jun. hier, die Nichtigkeits beschwerde erhoben und gerechtfertigt worden, in deren Folge von dem kgl. Obcrappellationsgericht in Berlin nochmalige Verhandlung angeordnet worden ist. Hierzu war der Termin auf gestern anberaumt und verurtheilte der Gerichtshof den Angeklagten, indem dem Anträge der Vertheidiger mcht stattzugebcn sei, zu 8 Tagen Ge- fängniß und in die Kosten. Ratzeburg, 17. April. Die „Lauenburgsche Zei tung" meldet, daß über dir Einverleibung Lauen- ^urgs, infolge des Beschlusses der Ritterschaft und Landschaft, die lebhaftesten und eingehendsten Verhand lungen gepflogen werden, weshalb sich auch der Land marschall augenblicklich in Berlin befände. * München, 17. April. Die Reichsrathskam- mer hat heute das Ausdehnungsgesetz für die Staats eisenbahnen nach den Beschlüssen des Abgeordneten hauses angenommen. Die Berathung über das Gesetz, die Ostbahncn betreffend, wird vertagt. — Die Ab- geord.netenkammcr bat in ihrer heutigen Sitzung bei der speciellcn Berathung des Gesetzentwurfs über die Verwaltungsgerichtsbarkeit den Artikel 1, welcher den Wirkungskreis der Verwaltungsgcrichtc feststellt, *) RedactiouSbemerkung. Von einigen Seiten wird den Referaten des „Dresdn. Joürn." über die Verbandluvgen deS Reichstags ein „ossiciclter" Charakter bcigetegt. Dies veranlaßt unS, ausdrücklich zu erklären, daß die Berichte unserS Berliner »Correspondenten ebenso wie die Berichte unsrer übrigen auswärtigen Herren Correspondenten irgend einen amtlichen Charakter nicht beanspruchen können, sondern — wie dies in der Natur von Zeitungscorrespondenzen überhaupt liegt, die im „nichtamtlichen Theile" eines officielleu Blattes erscheinen — ledrgtich die Anschauungen der Herren Berichter statter ausdrücken. Die Ausgabe der Redaction kann hier nur die sein: für gntunterrichtete und gewissenhafte Cor- respondeatcn zu sorgen, um daS Publicum nicht durch unwahre oder leichtfertige Mittheilunaen irre sühren zu lassen. Wir sind uns bewußt, in dieser Bez-ehung stets unsre Pflicht ge- Ihau zu haben, und was insbesondere die Berichte unsers Herrn Referenten über die Verhandlungen des Reichstags betrifft, so haben wir bis jetzt noch nicht Ursache gehabt, und finden uns auch durch die jetzigen Angriffe nicht veranlaßt, an dessen Wahr heitstrene zu zweifeln- D. Redaction. mit 68 gegen 65 Stimmen verworfen. Es ist damit das ganze Gesetz gefallen. * Karlsruhe, 17. April. In Mannheim findet heute die Auswechselung der Ratificationen der revidir- ten Rhein sch ifffahrtsactc duich die Mitglieder dcr Rhcittschifffahrtscontrvlcommission statt. — Man schreibt der „Wes.-Ztg.": Eine von der Regierung bereits ge nehmigte Bahn Freiburg-Breisach hat nun die Aus sicht, nach der andern Seite des Rheins fort gesetzt zu werden, indem dem französischen gesetzgeben den Körper ein Gesetzentwurf wegen Ermächtigung der Stadt Kolmar vorliegt, cin Capital von 1,700/>00 Fres, zum Zwecke der Erbauuug einer Eisenbahn von Kolmar nach Neubreisach aufzunehmen. Die beiläufig 3 Meilen lange projectirte Bahn soll an den Rhein verlängert und mit der deutschen Bahn von Altbrcisach nach Freiburg verbunden werden. Gleichzeitig soll sich die neue Bahnlinie auf der französischen Seite an die bereits concessionirte Linie Münster-Kolmar «»schließen. <2 Wien, 18. April. Die Ernennung des Grafen Taaffe zum cislcithanischen Ministerpräsidenten ist, wie ich Ihnen bereits telegraphisch gemeldet, voll zogen und zwar in einer Weise vollzogen, welcher allem Gerede von einer angeblichen Gegnerschaft, welche diese Wahl im Schooße des cislcithanischen Cabinets selbst ge funden haben soll und von einer Einmischung des Reichs kanzlers ein Ende macht. Die Ernennung des Grafen Taaffe ist unter einhelliger Zustimmung sämmtlicher cis leithanischer EabinetsnutgUeder erfolgt und hat hier durch was ohnehin jedem Eingeweihten bekannt war, seine Bestätigung gefunden, nämlich daß die cisleitha- nischen Mimsler mit der Art, wie Graf Taaffe seit dem Rücktritte des Fürsten Auersperg den Vorsitz im Ministerrathe führte, vollkommen zufrieden waren. Für uns ist die Ernennung des bekanntlich bei Sr. Maje stät dem Kaiser viel geltenden Grafen schon deshalb großer Gewinn, weil endlich nun einmal das Geschwätz über Mißhclligkeiten im Ministerium zum Schweigen gebracht und ein Dcfinftivum geschaffen wird, das wir auch, wenn es minder erfreulich gewesen wäre, blos da mit den täglichen Ministergerüchten ein Ende gemacht wurde, gern acceptirt hätten. Betrachten wir aber das Factum der Ernennung des Grafen Taaffe zum Mi nisterpräsidenten näher, so haben wir auch sonst Ur sache, dasselbe willkommen zu heißen. Graf Taaffe ist ein verfassungstreuer Mann, und, wenn man ihm auch noch keine epochemachenden politischen Thaten nachrühmen kann, so hat er sich doch durch seine vermittelnde ausgleichende Wirksamkeit, durch das bereitwillige, von seiner liebens würdigen Persönlichkeit unterstützte Jntcrveniren, wo Reibungen zu entstehen drohten, entschiedene Verdienste erworben und er wird um so verdienstvoller gerade in dieser Richtung auch fernerhin wirken können, als er keineswegs die Prätension zu haben scheint, in dem Cabinete eine dominirende Rolle zu spielen, sondern gewiß, wie er cs bisher gethan, die Hand dazu bieten wird, den Anschauungen seiner EvUcgen, sich ihnen an schließen», Ausdruck zu geben. Gerade in der Wahl des Grafen Taaffe zum Ministerpräsidenten scheint uns die Bürgschaft zu liegen, daß sich die Physiogno mie des cisleithanischen Cabinets nicht verändern und die Solidarität seiner Mitglieder sortbaucrn werde. Jede andere Wahl hätte vielleicht zu Eifersüchteleien geführt, diese aber bedeutet, daß Alles beim Alten bleibt und es ist gewiß kein geringes Lob, das dem Cabinete ge spendet wird, wenn der Wunsch, cs möge nur bei dem 8wlus quo bleiben, allgemein gcthcilt wird. — Nach stehendes ist der Wortlaut des an den Grafen Taaffe ergangenen (heute von der „W. Z." veröffentlichten) kaiserlichen Handschreibens: „Lieber Gras Taaffe! Ich ernenne Sie unter Belassung in Ihrem Amte als Minister sür Landcsver.beidigung und öffentliche Siche, heil zum Präsidenten Meines Ministerrathes sür die im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder. Meinen Reichskanzler, den ungarischen Ministerpräsidenten und Meinen Oberstdvfmeister setze Ich von Ihrer Ernennung unmittelbar in Kennlniß. Wien, l7. April I8V9. Franz Joseph." — Die „W. Z." bemerkt hierzu: Mit Beziehung Feuilleton. K. Hoftbcater. Sonnabend, den 17. April, wurde das Lustspiel „Das Tagebuch", eines der ältern Werke Bauernfcld's, neu einstudirt gegeben. Sein Talent hat lange Zeil allein das deutsche Lustspiel ge tragen und gestützt. In echtem feinern Lustfpirlton hat er die Elemente des gesellschaftlichen Lebens im „alten Wien" dramatisirt. Wohl ist seine Handlung gewöhnlich dürftig, der Gang derselben nicht fest und logisch, öfter in den Motiven wunderlich abschweifcnd, der Kreis seiner Mittel und Wendungen eng gezogen; seine Figuren tragen große Familienähnlichkeit, der blasirte Cavalier und Is kemmv incomprioe fehlen sel ten und der Dialog wird bisweilcn manierirt. Diese Schwächen sind in manchem seiner Stücke zu überwie gend. Aber eben sein Dialog bewahrt stets dcn Vor zug der Bildung, des Tactes, einer bestimmt«: sym- patisch berührenden Grundgesinnung; begeistigt, leben dig, humoristisch heiter anregend, vereinigt er leichte Satire mit wohlwollendem Sinn, nnd mit seinem fein geschürzten Gewebe in Kolorit und Pointen gefällige Bewegung und Mannichfaltiakrit für die Darsteller. Im dramatischen Geplauder, rm Ton des Salons ist Bauernfeld Meistcr. Und er führt uns — was das Lustspiel vor Allem braucht — Menschen aus seiner Gegenwart vor, nicht possenhaft carikirt, nicht mit ordinärer Theatermache coustruirt, sondern mög liche , wahrscheinliche Menschen, die sich in natür lichen Verhältnissen bewegen; seine Hauptpersonen erweisen sich bei allen Sonderlingseigenschaften fast immer warm und edel empfindend und liebens- werth, und die Nebenfiguren sind selten ohne irgend eintn lebenswahren, pikanten Zug skizzirt, der zur Jn- dtvidualtstrung treibt. Unsre jetzige Armuth an Lust- spiclm, die in fcin aurgearbeitcflm Dialog, in Ge- 'chmock und geistigem Gcholt Arhnlichcs böten, ist so evident, daß die Schätzung Baucrufcld's um so mehr wachsen wußte, und man thut sehr wrhl daran, die gelungener» stimr Lustspiele, insoweit sie nicht durch die Wandlung«! ter gesellschaftlichen Ar stände, Jn- teresie» und Aeitsragen bereits unsrer Gegenwart wie der entfremdet sind, in, Repertoire fcstzuhalstn. Zn diesen gehört „Tas Tagebuch". Die Darstellung war eine sehr gute, voll Laune und Natürlichkeit. In dcn Nebenpartten durch die Herren Jaffö, Jauner und Fräulein Allram, in den beiden Hauptrollen durch Fräulein Ulrich — Lucie —, deren geschmackvolle, geistgewandte Charak teristik nnd fein pvintirte Wendungen im Vortrag den hervorragendsten Antheil daran gcwanncn, und durch Herrn Dettmer — Hauptmann Wiese. In dcn letzten Scenen geben Beide cin Bild der Wirklichkeit. Für einige Scenen des ersten Actes sei den Darstellern noch raschere Behandlung empfohlen. Zuvor wurden „Ein Authographensammler ", als deren Verfasserin jetzt Wilhelmine v. Hillern ge nannt ist, und „Die Ball schuhe" wiederholt; die Ausführung dieser allerliebsten Stücke hatte noch an Abrundung und Vollendung gewonnen. C. Banck. Literatur. „Die schönern Stunden. Rück blicke von Karl Gutzkow. Stuttgart, Verlag von Eduard Hallbirger. 1869." Leser von feinem Geschmack, die Geistesschärfe, Gemüthstiefc, Wisscnsrrichthum und Glanz der Schreibart eines Autors zu schätzen verstehen, pflegen jedem neuen Werke von Karl Gutzkow, diesem unermüdlichen Geiste, der immer neu schafft, nimmer beim Geleisteten lange verweilt, stet- mit brsondcrer Spannung rntgrgcnzusehrn. Tas vorgenannte Buch, eine Reihe älterer und neuerer Arbeiten, die durch eine in ihnen vorwaltcnde gleichartige Stimmung zu- sawmcngchöicn, ist ganz dazu angethan, dem berühmten Dichter neue Freunde und Verehrer zuzukühren, indem dasselbe nach Inhalt und Form auf feinfühlige Gemü- ther jenen Zauber übt, der uns hcraushebt aus den kleinen trivialen Bedingungen des Lebens. „Die schö nern Stunden", welche sich in 13 Abschnitte gliedern, enthalten nicht blosJugcndeindrücke, sondern auch ein zelne Lichimomcntc aus dcn Erfahrungen des reifern Alters. In der Einleitung heißt es unter Anderm: „Im Leben des Einzelnen verklärt dcr abendliche Glanz der Sonne, dcr schon lange unsre nächste Umgebung, unser sich schon dunkelndes nächstes Mühen und Sor gen nicht mehr trifft, alles in dcr Ferne Aufragende, verklärt die Berge, auf deren waldigem Rücken sich der Knabe tummelte, den Kirchthurm, nm dessen Spitze er mit Verzweiflung den Kampf seiner Tauben mit dem Habicht verfolgte... An die Stclle der Tauben sind andere Dinge getreten, die man gehegt und gepflegt, die Ideale — dann schon seit lange nur noch die In teressen. Mit den Gefahren, denen sich die letztern täglich aussetzen müssen, habrn die schönern Stunden aufgehört." — Wahrhaft rührend wirkt die Bescheiden heit des berühmten Verfassers, wenn er uns z. B. sei nen Besuch bei Cornelius in Rom erzählt. Viele schöne Stunden mag unser gefeierter Dichter wohl auch erlebt haben, als seine besten Dramen einen erfolg gekrönten Rundgang über alle namhaften Bühnen machten, als seine großen Culturgemälde die Herren und Geister in Bewegung setzten; aber von allen diesen Eindrücken und Erlebnissen enthalten die „Rückblicke" — ganz im Gegensatz zu so mancher andern Größe der Gegenwart — kein Wort. Es würde zu weit führen, die einzelnen Abschnitte des Buchs hier näher zu zergliedern, darum sei nur auf einige, wie z. B. „die ewige Jüdin" und „Zwei Gefangene", die einen köst lichen Humor athmen und mit pikanter Grazie geschrie ben sind, hingewiescn. Die schwungvollen und gedan kenschweren Reden beim Schiller- und Kmnerfeste, die dem Versasser schon seiner Zeit eine reiche Beifalls ernte eintrugen, wird man mit Vergnügen von Neuem begrüßen. „Lessing und Emilia Galotti" ist ein ebenso scharssinnig gedachter als glänzend geschriebener Artikel, und so wird der Leser, welcher geistvolle Anregung und poetische Erhebung sucht, noch manches Capitel finden, wie cs eben nur die Feder eines Gutzkow zu schreiben versteht. p * Die „Blätter für Geflügelzucht", im In teresse deutscher Gcflügelzüchtervereine und unter Mit wirkung anerkannter Fachmänner auf dem Gebiete dcr Geflügelzucht herausgegcbcn von Julius Braun, sind kürzlich aus dem Commissionsverlage von C. Heinrich in den Verlag von C. C. Meinhold u. Söhne in Dres den übergegangcn. Da die gedachte Zeitung das ein zige Organ dieser Art in Deutschland lst und nunmehr durch Illustrationen bereichert werden wird, so dürfte sich dieselbe bald einer immer weitern Verbreitung zu erfreuen haben. -f Wie man aus London schreibt, ist dort zur Er leichterung der Zugänglichkeit historischer Documente im Privatbesitze eine k. Commission ernannt worden, deren Aufgabe darin besteht, die nöthigen Schritte zu thun, um den Aufbewahrungsort solcher historisch wich tigen Dokumente, sowie ihren Hauptinhalt allgemein bekannt zu machen, mit Einwilligung der Eigrntbümcr Auszüge und Kataloge anzuferttgen, und die Docu mente oder Manuskripte nöthigenfalls vor dem Ver- lorengehen zu schützen. Die Commission besteht aus neun Mitgliedern.
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