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Dresdner Journal : 02.02.1869
- Erscheinungsdatum
- 1869-02-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-186902022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18690202
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18690202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1869
-
Monat
1869-02
- Tag 1869-02-02
-
Monat
1869-02
-
Jahr
1869
- Titel
- Dresdner Journal : 02.02.1869
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Nl) Majorität angenommen, ebenso die zweite Resolution, betreffend die Amtsblätter in polnischer Sprache, und alsdann das Etatsgesetz einstimmig. Die von Herrn v. Kleist-Retzow gestellte Resolution wird, nachdem der Finanzminister sich nochmals gegen dieselbe ausgespro chen, zurückgezogen. — Der Minister des Innern bringt sodann noch einen Gesetzentwurf ein, betreffend die Ab änderung einiger Bestimmungen über die Ausbringung der Lasten für die öffentliche Armenpflege in der Ober lausitz. Dasselbe wird zur Schlußberathung gestellt. Nächste Sitzung Montag. — Im Abgeordnetenhause stand zunächst der Eommisstonsbericht über den Gesetzentwurf, betreffend die Beschlagnahme des Bermögens des Kur fürsten von Hessen auf der Tagesordnung. Der Berichterstatter, Abg. Lent, führt aus, daß dieser Ver trag mit dem Kurfürsten wesentlich verschieden sei von dem mit dem Könige Georg geschlossenen. Er sei nicht nur ein vermögensrechtlicher Vertrag, sondern er lege ausdrücklich dem Kurfürsten die Verpflichtung auf, seine ehemaligen Unterthanen von ihrem Eide zu entbinden; also eine Bedingung, die den Eharakter des Vertrages als eines Staatsvertrages klar hervortrctcn lasse. Der Kurfürst habe diese Eidesentbindung nur als eine zeit weilige darzustellen gesucht und mehrfache Versuche ge macht, die Thatsachen in falschem Lichte zu Ungunsten der preußischen Negierung darzustellen. Sowohl frühere Agitationen als auch die zuletzt erschienene Denkschrift, welche eine vollständige Lossagung von dem Vertrage enthalte, lassen es als einen Act der politischen Noth wehr erscheinen, dem Kurfürsten die Mittel zu entzie hen, die ihn zu solchen Umtrieben befähigten. Abg. v. Mallinckrodt spricht gegen die Vorlage. Der vorgcschlagene Schritt sei ein Act der Gewalt, den er nicht mit auszusühreu gesonnen sei. Jeder Gewaltact sördere die Demoralisation. Der Kursürst habe einen Vertrag geschlossen und diesen Vertrag ersüllt. Der 8 1 deS Vertrages enthält als einzige Bedingung die Entbindung der Beamten und Ossi- ziere von dem geleisteten Eide der Treue. Diese Entbindung ist ersolgt und keine nachträgliche Erklärung kann dieselbe aus. heben. Die Commission hat aus die Denkschrift des Kurfür sten Bezug genommen. Die beleidigenden Aeußerungcn in der selben können die Beschlagnahme niemals rechtfertigen; ich ge- stehe aber, daß ich die NechtSauSsührungen in der Denkschrift un Allgemeinen sür richtig halte. Ich halte mich an die gestri gen Erklärungen des Herrn Ministerpräsidenten und frage, wo ttt denn die hessische Legion, wo ist denn der hessische Comitv? Der Staat Preußen befindet sich hier nicht in der Nothwehr. Abg. 1>r. Braun (Wiesbaden): Es handelt sich hier nicht um eine Nothwehr des Einzelnen, sondern um eine Nothwehr der Gesellschaft und des Staateü. Wo ist denn eine Nation in der Welt, die ihre politische Einigung durchgesührt hat ohne Gewalt: Ich erinnere Sie an die Gräuel der Inquisition, die in Spanien vor der Einigung eintreten mußten; ich erinnere Sie an die Vorgänge in Frankreich. Wollen Sie über alle diese Thatsachen den Stab brechen, sv will ich zugeben, daß der Vorredner Recht hat. Ich aber meine: Besser bewahrt, als be- klagt! Ich will lieber, daß dem Kurfürsten ein wcmg Unrecht geschieht, als dem Staate Preußen (Unruhe). Der Kurfürst schien anfangs sein Schicksal mit Würde zu tragen, bis wir im vorigen Jahre den Vertrag genehmigten. Ich bin mora- lisch überzeugt, daß zwischen Prag und Hietzing eine Solidari täl vorliegt. Wer davon überzeugt ist, muß. nachdem er ge stern A gesagt hat, heute B sagen; „gleiche Brüder, gleiche Kappen." Wir müssen durch einen bestimmten Act deutlich zu eikennen geben, daß es uns Ernst ist mit der Aufrechthallung der Ordnung. Sollte es dem Kurfürsten wirklich gelingen, «inen Weltbrand anzusachen, so würde unter keinen Umstän den für einen Kurstaat Hessen in der neuen Welt ein Platz vorhanden sein. Ich halte es für absolut unmöglich, dag der alle Herr wieder auf seinen Thron kommt. Wir wollen den bestehenden Zustand aufrecht erhalten und den europäischen Frieden conserviren. Wir wollen den Frieden, aber — wer den Krieg will, den Krieg bis aufs Messer. Abg. Herrlein glaubt, daß gerade eine Beschlagnahme des Vermögens nicht nur Mitleid mit dem Kurfürsten von Hessen erregen werde, sondern auch die Erinnerung an Das, was man unter seinem Regimcnte Gutes und Besseres als jetzt gehabt habe. Ministerpräsident v. Bismarck-Schönhausen: Die Re gierung wird über juristische Zwirnssäden aus ihrem Wege nicht stolpern, sondern ihre Ausgabe lösen. Schon gestern habe ich gesagt, daß der Begriff der Nothwehr sich auch ausdehnt auf die Erhaltung des Vertrauens auf Len Frieden. Dieses ist erschüttert und beunruhigt durch die Agitationen, durch die Versuche, fremde Hilfe gegen uns herbeizurufcn. Aus diesen Gründen sei die Beschlagnahme gerechtfertigt. — Der Herr Ministerpräsident geht dabei näher aus die Kriegsbesorgnisse ein, aus welche bauend der Kurfürst in seinen Bestrebungen immer werter gegangen sei; diese Befürchtungen seien erst ge schwunden mit dem Ministcrwechsel in Rumänien; sie hätten aus Mißverständnissen und der Verleumdung Preußens beruht. DaS Ausland habe sich damals gesragt, welche Chancen ein Krieg ihm biete, wenn beim Einfall fremder Heere in Deutsch land die Bevölkerung in einzelnen LandeStheilen sich erheben würde, um unter dem Schutze der fremden Invasion die frü hem Fürsten zurückzurusen. Leider sei es bei uns in Deutsch land nicht so, wie in England, Frankreich, Spanien, Ruvland, Ungarn, selbst dem kleinen Dänemark; die Coriolane seien bei uns nicht selten, nur die Volsker fehlten. Die, welche im Bunde mit dem Auslande ihre Privatinleressen auf den rau chenden Trümmern des Vaterlandes zu begründen suchten, wür den bei uns nicht erstickt von dem Unwillen der öffentlichen Meinung, sondern sänken bis in diese Räume hinein ihre Ver theldiger und Bewunderer. Die Regierung habe leider die Pflicht, diesen Reptilien bis in ihre Höhlen zu folgen und könne dabei nicht immer mit Glacehandschuhen verfahren. „Probircn Sie es erst selbst, ob Sie Pech anfassen können, ohne sich zu besudeln." »Nachdem noch der Abg. Wehrenpfennig ebenfalls für die Vorlage gesprochen, wird ein Antrag auf Schluß der Discussion angenommen. Nach einer Bemerkung des Referenten Abg. Lent folgt die Spccialdebattc über 8 1. Der Abg. Ulvth erklärt, daß der Kurfürst die vertragsmäßige „Entbindung" vorgenommen (Heiter keit), es sei also kein Grund, sein Vermögen mit Be schlag zu belegen. Abg. Oppermann glaubt, daß die Regierung die Befugniß habe, die Beschlagnahme selbst ständig ohne das Haus vorzunehmen. Ein Antrag, auf Schluß der Debatte wird abgclehnt. Abg. Windt- Horst (Meppen): Für ihn sei die Denkschrift kein Grund zu Gewaltmaßregeln. Man solle dieselbe uck acta legen, sowie es die fremden Höfe gethan hätten. Die Discussion wird geschlossen. Nach einer persön lichen Bemerkung der Abgg. vr. Braun und Windt horst wird bei der Abstimmung der Antrag der Com mission und die ganze Regierungsvorlage ohne weitere Debatte mit großer Majorität angenommen.— Es folgt der zweite Punkt der Tagesordnung: der Bericht über das Gesetz wegen Aenderung der Stempelsteuer in der Provinz Hannover; derselbe wird ohne Debatte durch Annahme des Commissionsantrages und der Vor lage erledigt. — Hierauf wurde der Eisenbahn ver trag mit dem Großherzogthum Hessen (Hanau-Offen bach) vom Hause genehmigt. ES folgt der vierte Punkt der Tagesordnung: Bericht über den Gesetzentwurf, betreffend den Stein- und Braunkohlenbergbau in denjenigen Landestheilen, in welchen das kurfürst lich sächsische Mandat vom l9. August 1743 Gesetzes kraft hat. A Es erhält das Wort der Berichterstatter Abg. Wackler, welcher die Annahme deS Gesetzentwurfs empfiehlt, da sich das dringende Bedürsmß der Reform auf diesem Gediete evident heranSgestellt habe. — Der Abg. Tweste« hält eS sür einen unglückliche» Gedanken, dem Einzelnen den Betrieb deS Berg baues nach seinem Gutdünken zu überlassen, da dadui d der grvkc Bergbau verhiodert werde. Wenn der Einzelne durch seinen Einspruch ein große- Unternehmen hemmen könne, dann werde der Habsucht Thür und Thor geöffnet — Abg. vr. dcheob ach vertheidigl die Regierungsvorlage, welch« am b«ft«o ie praktischen Bedürfnisse befriedige. — Ava. vr. Waldeck bittet im Eiuverstäudniß mit dem Aba. Twcsten den Entwurf abzulehnen und so den eingelausene« Petitionen Folge zu lei sten. Es sci kein Grund, so tief in die Rechte der Industrie eiuzuschocidtu. RegierungScommissar Ob«rb>rgralh Freiherr v. d. Hevden - Rynsch bittet sowohl ans theoretischen al- prak tischen Gründen um die Annahme de« Gesetzentwurf- — Ha«- delsminister Graf v. Jtzenplitz: Di« Beigbanfreihtit habe schon lange bestanden. Wäre sie noch nicht da, so würde er am allerwenigsten sie geben wollen. Ein Antrag auf Vertagung der Sitzung wird an genommen. Nächste Sitzung Montag. Auf der Tages ordnung stehen: Fortsetzung der Debatte über das Berg baugesetz und fünf Petttioirsberichte. — Am Schluffe der Sitzung erhält das Wort Abg. vr. Johann Ja coby zur Verlesung eines Telegramms der Herren Mayer und Freese aus Stuttgart, worin dieselben die Angaben des Grafen v. Bismarck, als ständen sie in Verbindung mit den Welfenumtrieben, für unwahr er klären. — (St.-A.) Die Commission zur Ausarbeitung des Entwurfs einer Etvilproceßordnung für das Gebiet des Norddeutschen Bundes bat im Januar d. I. 15 ordentliche und 3 außerordentliche Plenarsitzungen abgchalten. In den erstern haben zunächst Redactions- berathungen ihren Abschluß erreicht, aus welchen die tzK 315 bis 489 des Entwurfs in fegrstellter Fassung hervvrgegangen sind. Sodann ist die Lehre vom Ur kundenbeweise bis auf einige Bestimmungen erledigt worden. Die außerordentlichen Sitzungen hatten die Beschlagnahme von Arbeits- und Diensllohn zum Ge genstände und haben zur Ausarbeitung eines bezüg lichen Gesetzentwurfs geführt. — DasKronsyndrkat trat vorgestern Mittag abermals zu einer Sitzung zu sammen. Wie die „N. Pr. Z." hört, sind die bisherigen Auslassungen der Presse über den Ausfall und Inhalt des KrvnsyndikatsgutachtenS wegen Auseinandersetzuug mit der Stadt Frankfurt a. M. irrig und unzutreffend. — Nach einer Zusammenstellung des Windbruchs durch die Stürme im Decembcr in den Forsten Preußens beläuft sich derselbe auf 334,000 Klaftern. * Äiel, 30. Januar. Das Appellationsgericht ver- urtheilte den Redacteur der „Altonaer Nachrichten" unter Aufhebung des freisprcchenden Erkenntnisses erster Instanz wegen Majestätsbeleidigung zu zwei Monaten Gesängniß. Schleswig, 30. Januar. Wie die „H. N." ver nehmen, wird noch vor Ablauf des nächsten Monats, wahrscheinlich gleich nach Schluß des Landtags der Monarchie, der Provinziallandtag für Schleswig- Holstein einberusen werden. Mehrere Vorlagen von besonderer Bedeutung für die zukünftige Gestaltung unsrer Proviuzialversassuug, namentlich eine, betreffend die Gründung eines Provinzialfonds, werden zur Ver handlung kommen. (Die „Schleswig'schen Nachrichten" bestätigen diese Mittheilung). lD Altenburg, 30. Januar. Ihre Hoheit die Prin zessin Marie Eduard, Braut Sr. Durchlaucht des Erbprinzen von Schwarzburg-Sondershausen, ist gestern Nachmittag 1 Uhr noch glücklich einer bedeu tenden Lebensgefahr entgangen. Als dieselbe mit einer Hofdame auf der Teichprvmenade spazieren fuhr, wurden die Pferde des Wagens durch den gellen Pfiff einer nahen Dampfmaschine scheu, wollten um- kehren und rasten, da der Kutscher dies verhinderte, auf dem Promenadenweg weiter. Glücklicherweise ge lang cs dem Kutscher uoch vom Bock zu springen und den Wagen zu öffnen, so daß die Damen herauszu springen vermochten. Die Pferde rannten bald darauf an emcn der dort stehenden KastanienbLume und stürz ten, nachdem infolge dessen die Deichsel zerbrochen und dem einen Pferd durch den Leib gegangen war, sammt dem Wagen in einen neben dem Wege sich hin- ziehendcn Bach. — Das mit der jüngst versammelten Landschaft vereinbarte Gesetz über tue Aufhebung des Consistoriums ist nebst den damit in Verbin dung stehenden Nebengesctzcn wegen Uebertragung der Ehcgerichtsbarkcit auf das Appellationsgericht und we gen einiger andern Abänderungen der Ehevrduung be reits im Gejeyesblatt publicirt worden; doch ist dabci die Bestimmung des Tages, mit welchem tue neue kirchliche Ordnung in Kraft treten soll, noch Vorbehal ten. Inzwischen dauern die Bemühungen der streng gläubigen Partei unter den Geistlichen des Landes fort, dem wirklichen Jnslcbemreten des Gesetzes Schwierigkeiten zu bereiten. Dieselbe hat zu diesem Zwecke vor Kurzem eine Versammlung in Köstritz ge halten und eine andcrweite Vorstellung an den Herzog gerichtet. Es ist indessen, nachdem einmal das Gesetz in der Landschaft mit so großer Majorität durch gegangen ist und, wie bemerkt, bereits auch die Sanc- tion des Landcsherrn erlangt hat, schwerlich einzusehen, wie diese Bemühungen einigen Erfolge haben rönnen, so gewichtige Zweifel auch sich vom kirchenrcchtlichen Standpunkt aus gegen die Eorrectheit der Maßregel erheben lassen. Lübeck, 29. Januar. (H. N.) Heute Morgen starb nach kurzem, nur wenige Tage anhaltendem Unwohl sein das älteste Mitglied unsers Senats, vr. Karl Ludwig Roeck, welcher schon vor 5 Jahren das Ju biläum seiner 50jährigen Wirksamkeit im Senat feierte und vier Mal je zwei Jahre lang als Bürgermeister den Vorsitz im Senat führte. München, 29. Januar. (B. Bl.) Da die so um fassende Berathung des Schulgcsetzcntwurfs im Ausschüsse der Kammer der Abgeordneten jetzt beendet ist, hielten cs die Gegner des Schulgesetzes noch für wünschenswerth, daß auch die Gcmeindecollcgicn der Residenzstadt sich mit einer Adresse an die Kammer der Abgeordneten wenden. Der Entwurf einer solchen Adresse kam denn auch gestern in nicht öffentlicher Sitzung des Magistrats zur Berathung nnv wurde mit Stimmenmehrheit angenommen. Dagegen hat das aus 54 Mitgliedern bestehende Collegium der Ge- meindebeoollmachtigten, das sofort auch über Sie Adresse in Berathung trat, dieselbe mft allen gegen eine Stimme abgclehnt. — Die wesentlichsten Bestimmungen der neuen Militärgerichtsverfassung sind: alle aus schließlich mit Geld strafbaren Ucbertrctungen der Mi litärpersonen, sowie die gemeinen Verbrechen und Ver gehet» der ohne Zeitbestimmung lediglich auf Etnruf beurlaubten Angehörigen der activcn Armee (Wehr- verfassungsgrsetz Art. 23), werden den bürgerlichen Ge richten zur Bestrafung überlasten, während sie bisher sämmtlich zur Zuständigkeit der Militärgerichte gehör ten. Dagegen wird die Zuständigkeit der Militär behörden in gemeinen Verbrechens- and Bcrgrhens- sachen der unter der Fahne zum Dienst präsenten Sol daten aufrecht erhalten. Die MilitärstrafgerichtSbarkeu wirb ourch Militäruntergerichte, Militärbezirks- (Feld-) Gerichte und das Militärobergertcht als ordentliche Gerichte verwaltet. Das Verfahren bei denselben ist öffentlich und mündlich. — Der Bürgermeister von Erlangen, vr. Papellier, der in jüngster Zett als Adressenverfrrtigrr und Bolksrrdner für ein Miß trauensvotum an die jetzige Kammer der Abgeordneten sich zu einer Art dayerscher Berühmtheit verhelfen wollte, hat seine Stelle infolge eines Mißtrauensvotums der dortigen Gemeindebevollmächtigten nirdergelrgt. Karlsruhe, 29. Jan. Man schreibt dem „Fr. I.": Die Vorgänge der letzten Tage in Baden haben be wiesen, daß die kirchlich-politische Streitfrage bei uns wieder mehr in den Vordergrund tritt. Um so willkommener ist eS, daß von verschiedenen Seiten der Schleier gelüftet wird, der über den Verhandlun gen seit dem Tode deS Erzbischofs Herrmann lag. Die päpstlichen Breven von 1868 habe» wir erwähnt. Nach einem Freiburger ultramontanrn Blatte wird jetzt erst bekannt, daß die Sendung des Hosgerichtspräsidenten Presti- nari von Konstanz im Vorjahre »um Zweck hatte, den BiS- thumsoerweser Bischof 1 p. Kübel zur Entfernung des geist lichen RatheS Strehle und des Kanzleidirectors Ur. Maas aus dem erzbischöflichen Ordinariat zu bewegen. Die Kirchenregie- rung habe dieses Ansinnen zurückaewiesen und sei damit die Sendung Preslinari'S gescheitert. Wäre sie im Gegentbeil ge lungen, so hat man m unterrichteten Kreisen keinen Zweifel darüber, daß die Frage in ein ruhige- Fahrwasser mit Aus sicht aus ersprießliche Lösung gekommen wäre. Denn man will wissen, Hr. Strehle und Hr. Maas (früher Israelit) gehörten zu den aüersanatffchsten Vertretern der extremsten katholischen Partei und Hr Maas sei auch Concipienl der Strasandrohu»- geu und Strafsentenzen gewesen, die gegen die Bürgermeister Fauler und Stromeyer und gegen den Lyceumsprofessor Frühe in Konstanz erlassen wurden. Hauptbelrciber dieses Vorgehens aber sei der Domcapitular Weikum (früher Protestant). Nach dem im Staatsmiuisterillm am l8. Mai 1888 alle vom Dom kapitel Präsentirteu bis aus den Freiburger Olficial Ur. Or- bin gestrichen worden waren und das Domcap itel zur Ergän zung der Liste ausgefordert wurde, erklärte letzteres erstmals am 27. Mai 1868 und nachmals am l8. Juli (das päpstliche Breve vom 6. Juli war inzwischcn eingelroffen), es sei zur Ergänzung der Candidatenliste weder berechtigt noch verpflich tet. Trotzdem verlautete im Laufe des letzten Herbstes, die Mehrheit des Freiburger Domcapitels, und zwar die älter» Herren, hätte die Berechtigung der Regierung zu ihrem An sinnen auf Ergänzung der Listen anerkannt und hierüber nach Rom berichtet. Später erfuhr diese Behauptung, wie bekannt, ein ossicielles Dementi von Freiburg aus, bald aber verlautete, ohne daß dieser Angabe wieder eulgeaengetreten worden wäre, das Dementi beziehe sich nur darauf, daß der Bericht noch nicht nach Rom abgcgangen sei, und nun wird mit aller Bestimmt- heit, und nochmals ohne Widerspruch, behauptet, der fragliche Bericht der Domcapitelsmehrheit sei jetzt, und zwar am 12. d. M., nach Rom abgegangen. Inzwischen ist von dort aus ein neuer Schritt erfolgt, der wieder beweist, daß man in Rom durchaus nicht so bald zum Frieden geneigt ist, wenn dieser Schritt andererseits auch beweist, daß Rom nicht hofft, auf den Freiburger Stuhl in Bälde einen Mann der Neukatholiken zu sehen. Das Anzeigeblatt der Erzdiöcese Freiburg veröffentlicht nämlich den lateinischen Text eines durch Cardinal Autonelli unterzeichneten Erlasses, nach welchem dem Äisthumsverweser, Generalvicar Bischof v. Leuka l. v., einige zur bischöflichen Amtsgewalt gehörige Befugnisse, z. Ä. die Vergebung der Pfarr- stellen erzbischöflicher Collatur, für die Dauer des Vicariats verliehen werden. Zu dcm bereits angezeigtcn Resultate der Abstim mung der protestantisch - katholischen Einwohnerschaft Mannheims über die Einführung der gemischten Volksschule kann nachträglich das gleiche Ergebniß der heute erfolgten Abstimmung der israelitischen Ge meinde gemeldet werden. Die Stadt wurde heute Nach mittag festlich geschmückt und Böllerschüsse verkündeten auch der Umgegend, daß etwas Außergewöhnliches sich ereignet habe. — Die Kundgebungen zu Gunsten des excommunicirtcn Bürgermeisters Stromeyer in Konstanz mehren sich. Ein in Lahr abgchaltener Bür- gerabcud hat auf telegraphischem Wege den Herren Stromeyer und Fauler Dank und Anerkennung über mittelt. Dem „Mannh. Journ." zufolge bcrathen heute die Gemeindebehörden von Mannheim über eine Kundge bung an Bürgermeister Stromeyer. Auf einem gestern in Konstanz abgehaltcncn Bürgcrabend wurde dem cx- communiciricn Bürgermeister ein Hoch gebracht. Der selbe dankte und wiederholte seine früher schon gemachte Zusicherung, daß er aus ein von 150 Bürgern unter zeichnetes Mißtrauensvotum hin alsbald seinen Posten räumen werde. Heute geht von Heidelberg eine Zu schrift des Gemeinberaths und cngern Bürgerausschusses an Bürgermeister Stromeyer in Konstanz ab, worin dem Gefühle der Entrüstung über die ihm von der Freiburger Curie widerfahrene Excommunication, so wie auch der in allen Theilen des Landes von allen Confessionen ihm gezollten Hochachtung Ausdruck ge geben wird. — Die „Konstanzer Ztg." theilt folgende Acten- stücke über tue Excommunication des Bürgermei sters Stromeyer mit: 1. Erzbischöfliches Pfarramt SN Stephan hier an Herrn Bürgermeister Max Stromeyer hier. Konstanz, 23. Januar 1860. Den Erlaß hochwürd. erzbischöfl. Capitelsvica- riats Freiburg, vom 14. d., Nr. 366, pr»««. am 23. d. Das Verhallen des Katholiken Max Stromeyer in Konstanz betrffd. (Nr. 55). Beifolgend erhalten Sie eine Abschrift des rubr. Erlasses, wonach infolge Ihres ungehorsamen Verhaltens gegen die Autorität der Küche die Excommunication über Sie info lange verdängt ist, bis Sc« in sich gehen und Ihre kirchlichen Pflichten erfüllen weiden. Infolge hiervon können Sie gemäß 8 2 Abs. 2 S. l4 der VerwaltungSinstruction nicht mehr Mit- glied der katholischen StiftungScommission sein, weshalb wir m Hinkunst an Herrn Gemeindcrath Vögclin, als dicnstältestes katholisches Mitglied des GcmeinderalhS, die Einladungen zu unsern StisiungScommissionssitzungen ergehen lassen werden. Derselbe wird auch den zweiten Schlüssel zur Depositenkiste in Verwahrung erhalten, (gez.) Burger. II. Erzbischösliches Capirelsvicariat. Freiborg, 14. Januar 1800. (Nr. 386) Bericht des erzbischöflichen St. Stephankstadtpsarramtes in Konstanz vom 6. d. M. Nr. 6. Das Verhalten der Katholiken Max Stromeyer in Konstanz betrcsfcnd. Beschluß. Erzbischöfliches St. StephanSstadtpfarr- amt in Konstanz beauftragen wir, nachstehende Entscheidung dem Katholiken Herrn Stromeyer zu verkünden. Wie wir demselben durch unsern Erlaß vom 26. November v. I. eröff neten, ist er schon seit einer Reihe von Jahren öffentlich den Anordnungen und Aussprüchen seiner Kirchenbehörde entgegen- getreten. Er hat insbesondere dazu mitgewirkl, daß katholische Stiftungen und Schulen der katholischen Verwaltung und Ver wendung entzogen wurden, sich überhaupt den Rechten und Interessen der Katholiken gegenüber nicht so verhalten, wie es die Pflicht eine« Katholiken erheischt. Wir Haden diesen Ka- tholikcn deshalb auf seine Pflichten al- Angehöriger der katho lischen Kirche unsrer oberhwtlichcn Pflicht gemäß aufmerksam gemacht. Zu unserm grüßten Schmerz hat derselbe diese Er mahnung der kirchlichen Aulvrität nicht beachtet, ja er ist so gar, trotz wiederholter Erinnerung an seine Pflichten, gegen viefelbt und die Kirche bei der Erklärung beharrt: «r stehe in die er religiösen Angelegenheit nicht mit Ler K>rchenbehvrde in Ge chäftsveibiudung. er nehme von ihr keine Mittheilung entgegen, gehorche also ihren Anordnungen nicht. Da der Katholik Max Stromeyer hiernach beharrlich sich wei gert, die Kirche zu hören und die kirchliche Autorität nicht anerkennen will, die ihm al- Katholik obliegend«» Pflichten also beharrlich verletzt, uud sich so selbst von den «ulsprechenden Rechten ausgeschlossen hat, so schließen wir andurch deulelbeu von den kirchlichen Gemeinfchaft-rechten und dem Empfange der heil. Sacrameutr in so lauge aus, di- «r in sich g«he» und f«ine kirchlichen Pflichten erfüllen wird. Wir jeden dem Be richt über den Vollzug diese» Erlasse« entgegen, (gez.) Lothar Kübel." Ein Erlaß deS Ministeriums de» Innern vom 24. h. hat, wie bereits gemeldet, den Ausschluß Stromeyer'- von der StiftungScommission im Hinblick auf die Ver ordnung vom 23. Mai 1863 als unzulässig erachtet und daher ohne alle rechtliche Wirkung bezeichnet und demgemäß ausgesprochen, daß Bürgermeister Stromeyer nach wie vor Mitglied der StiftungScommission sei. Wien, 30. Januar. Im Hrrrrnhause stand heute der Bericht der judiciellen Commission über den Gesetzentwurf, betreffend die Einführung der Schwur gerichte für die durch den Inhalt einer Druckschrift verübten Verbrechen und Vergehen, auf der Tages ordnung. Hofrath Unger erklärte namens eines Krei ses von Gesinnungsgenossen seine Zustimmung zu der Regierungsvorlage, nicht aber Uebrreinstimmung mit dem Commissionsberichte, welcher die Vorlage eigent lich bedenklich finde und sie dennoch empfehle, in dem Entwürfe ein Privilegium zu erkennen scheine und trotz dem denselben befürworte. ES handle sich aber kei neswegs um eine Bevorzugung der Presse. Für die Einführung der Schwurgerichte sprächen in erster Linie nicht politische, sondern juridische Gründe, was Redner unter Berufung auf Glaser und Gentz weiter aussührt. Es handle sich um eine Entlastung des Richterstandes von einer odiosen Bürde und um das Interesse der Regierung selbst, für welche eine von Richtern ge sprochene Verurteilung leicht ein gefährlicher Sieg sein könne. Redner und seine Freunde geben ihre Zustimmung nicht in einer Art Zwangslage, sondern freudig und mit Ucbernahme der vollen Verantwort lichkeit. (Bravo! Bravo!) RegierungSrath Neumann fügte den Auseinandersetzungen des Vorredners Eini ges vom politischen Standpunkte aus bei. Er accep- tirt die Vorlage als Abzahlung auf ein in den Grund gesetzen gegebencs Versprechen, als Schutz der Presse und Schutz des Staates. Der Berichterstatter, Ritter v. Simonowicz, hält die Discussion über die Frage der Einführung der Schwurgerichte für Preßdelicte nicht mehr für zeitgemäß, und der Justizminister vr. Herbst schließt sich dieser Ansicht an. Die Negierung sei nicht der Ansicht, daß mit der Einführung der Schwurge richte auf eine Reform des Strafgesetzbuches gewartet werden müsse. Der wahre Gewinn, welchen die Re gierung aus dieser Vorlage ziehen werde, sci, daß sie für die Aufrichtigkeit, die Grundgesetze ins Leben ein zuführen, Zeugniß ablcge. (Bravo!) — Bei der Schluß abstimmung wird das Gesetz mit wenigen von der Commission vorgesälagenen Abänderungen vom Hause angenommen. — Im Abgeordnetenhaus? wurden von dem Abg. Dürkheim zwei Anträge, die Regelung der Salzmonopolwirthschaft und das Eisenbahnverkehrs wesen im Wege der Gesetzgebung betreffend, einge bracht. Sodann begründete der Abg. Ziemialkowski seinen, in der Sitzung vom 26. Januar eingereichten, die Resolution des galizischen Landtags betreffenden Antrag, welcher lautet: „Da- h. Haus wolle beschließen: Die h. Regierung wird ausgefordert, den vom galizischen Landtage in dessen Sitzung vom 24. September v. I. aus Grund des 8 18 der Lan desordnung vom 26. Februar 1861 beschlossenen, am 30. Oc tober v. I. an das Ministerium des Innern emgelaugten Antrag auf Aenderung einiger Bestimmungen der Staats- arundgesetze dem h. Hause zur verfassungsmäßigen Behand lung mitzutheilen." Der Minister des Innern bemerkte, daß jetzt, da die erste Lesung dieses Gegenstandes auf der Tagesordnung stehe, nicht die Zeit sei, in eine Motivirung der Re- aierungsansichten näher cinzugehen; er müsse sich da her mit der Erklärung begnügen, daß die Regierung keine Einwendung erhebe, daß der Antrag an den Ver- sassungsausschuß zur Vorberathung geleitet werde. Das Haus erklärte sich hiermit einverstanden. Die nächste Sitzung findet Mittwoch statt. — Der Finanzausschuß des Abgeordnetenhauses beschloß die Annahme des Gesetzentwurfs, wodurch die Negierung zum Abschlusse eines Uebereinkommens mit Ungarn wegen gegenseitiger Feststellung der Zollaus lagen ermächtigt wird. In Betreff der Nachtragscon vention zum Handelsverträge mit England, deren Ver werfung der Ausschuß dem Hause zu empfehlen be schlossen hat, drückte der Handelsmtnister in dieser ^Sitzung den Wunsch des Reichskanzlers Grafen Beust aus, der Ausschuß möge die Drucklegung und Vor legung des bezüglichen Berichtes auf einen spätern Zeitpunkt verschieben, weil durch eine sofortige Ver öffentlichung desselben die in Betreff jener Convention eben im Zuge befindlichen diplomatischen Verhandlun gen behindert werden könnten. Nach längerer Debatte faßte der Ausschuß, wie bereits kurz gemeldet, den Be schluß, mit der Publictrung des Berichtes bis zum 25. Februar zuwarten, ohne jedoch auf das Recht zu ver zichten, wenn unvorhergesehene Umstände cs räthlich erscheinen lassen sollten, auch früher mit der Bericht erstattung vor das Haus zu treten. — Der Steuer- refor mausschuß des Abgeordnetenhauses stellte den Wortlaut jener Bestimmung in dcm Gesetzentwürfe über die Reform der Grundsteuer endgiltig fest, welche sich auf die Bildung der behufs des Abschätzungsgeschäftes einzusctzenden Ccntralcommission bezieht. Die betref fende, auf Antrag des Frhrn. v. Tinti angenommene Bestimmung lautet vollinhaltlich: „Die Centralcommission besteht außer dem Vorsitzenden noch aus 30 Mitgliedern, wovon 10 Mitglieder «inlchließlich der Centralinspectoren der Finanzminister beruft, 5 Mitglieder da- Hecrenhaus uud 1b Mitglieder das Abgeordnetenhaus auf die Dauer des Abschätzungsgeschäftes wählt. Die Wahl der vom Abgeordnetenhaus« zu wählenden Mit glieder ersolgt in der Weise, daß sür jedes Land eia Mitglied von den Abgeordneten eben dieses Landes gewählt wird, wobei die Abgeordneten für Görz, Eradiska, Trieft und Istrien eine WahlgiUppe bilden. Für diese Mitglieder der Centralcommis sion ernennt der Finanzminister und wählt das Herren- und Abgeordnetenhaus, letzteres in der oben bezeichneten Weise, aus die Dauer de« Abschätzungsgeschäftes ebenso viele Ersatzmänner. Beide Häuser des ReichsratbeS sind bei ihrer Wahl nicht auf Mitglieder des betreffende» Hauses beschränkt." Wien, 31. Januar. Die „Oestcrr. Corr." meldet: In Bezug auf eine neuerliche Abreise des Kaisers nach Ungarn liegt bis heute keine Andeutung vor, ebenso wenig cine Reise Ihrer Majestäten nach Agram rc., die nach der erneuerten Behauptung auswärtiger Blätter angeblich in diesen Tagen angetreten werden soll. Als sicher möchten wir annchmen, daß Se. Majestät in der ersten Woche des Februars Wien nicht verlassen wird. — Wie ein Wiener Correspondent deS „P. Ll." erfahren haben will, hätte der Kaiser dem Prinzen v. Wale« das Großkreuz des StephansordenS verliehen. — Die heutige amtliche „W. Z." ergänzt ihre frühern Mit- theilungen in der Angelegenheit derAusnahmemaß- regeln gegendie griechischen Unterthanen noch dahin, daß nach Inhalt eine- BotschaftSberichts aus Konstantinopel die Pforte in Würdigung der ihr gemachten vertraulichen Vorstellungen noch weitere Er leichterung gewährte, daß sie sich von den einzelnen Provtnzialfiatthaltern die Liften der Hellenen streitiger NationaÜtat zur Prüfung eiusenden läßt. ES blribj
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