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Dresdner Journal : 08.04.1868
- Erscheinungsdatum
- 1868-04-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-186804088
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18680408
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18680408
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1868
-
Monat
1868-04
- Tag 1868-04-08
-
Monat
1868-04
-
Jahr
1868
- Titel
- Dresdner Journal : 08.04.1868
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404 Schließlich macht Redner noch darauf aufmerksam, daß Sachsen wohl berechtigt sei, diese Frage selbständig zur Lösung zu bringen. Präsident Haberkorn macht darauf aufmerksam, daß es wohl zweckmäßiger sei, die Debatte über die Todesstrafe bis zur Berathung der Novelle I aufzu- schieben. Es findet daher eine weitere allgemeine De batte nicht statt und geht man sofort zur Berathung der Novelle l über. Dieselbe lautet im Entwürfe: (Zu Art. 10 des Strafgesetzbuchs in Verbindung mit Art. S —. „ deS Eisenbahnstrafgesetzes.) Die Vorschriften de» StrasgesetzbuweS und des Eiseubahn- sirasqcsttzes, m denen die Todesstrafe angcdroht ist, werden insoweit aufgehoben. An du Stelle der Todesstrafe tritt überall ledenslitngliche Zuchthausstrafe. Die Motiven sagen über diese hochwichtige Frage Folgendes: Bereits bei der Berathung deS Eriminalgesetzbuck» sei von der Ständeversammlung ein Antrag an die Regierung ge bracht worden, durch welchen dieselbe veranlaßt worden, die Frage weaen Aushebung der Todesstrafe fouwübrend im Auae zu behalten und, wenn möglich, aus der eingeschlagenen Bahn durch Beschränkung der mit Todesstrafe bedrohten Ver brechen dir Abschaffung der Todesstrafe vorzubereiten. Die StaatSregieruua habe diesem Gegenstände fortdauernd ihre Auf merksamkeit geschenkt und glaube, daß gegenwärtig der Zeitpunkt gekommen sei, um die Aufhebung der To desstrafe beschließen zu können. Denn wenn schon die Erwartung, daß die mit Todesstrafe bedrohten Verbrechen sich vermindern würden, sich nickt be stätigt habe, vielmehr daS Verbrechen deS Mordes in neuerer Zeit häufig vvigtkommeu sei, so könne doch gerade hierin ein Grund für Beibehaltung der Todesstrafe nicht gefunden werden, da diese Thatsache vielmehr darauf hinzuweisen scheine, daß die Androhung der Todesstrafe eine abschreckende Wirkung nicht geäußert habe, auch, was die auffallende Bermehrung in den letzten Jahren betreffe, muthmaßlich aus vorübergehender Ursache beruhe. Dagegen sei zu constatiren, daß die Zahl derjenigen Verbrechen, welche zwar in der älter», nicht aber in der neuern Gesetzgebung mit der Todesstrafe be drobt gewesen, sich nicht in einer ausfälligen Weise vermehrt habe, sowie auch während der Herrschaft des Strafgesetzbuchs . eine ähnliche Erfahrung über die Verbrechen, wegen deren im Jahre 1838 die Todesstrafe abgeschafft worden, gemacht worden sei. Auch die Erfahrung anderer Länder scheine der Nothwen digkeit der Beibehaltung der Todesstrafe das Wort nim zu reden. Nicht nur, daß die eben im Jnlande gemachte Brod achtung sich überall dort bewährt habe, wo die Todesstrafe be- schränkt worden sei, so habe auch die in einigen kleinen deut schen Ländern erfolgte Abschaffung der Todesstrafe eine Ver mehrung der todeswürdigen Verbrechen nicht herbecaesührt und selbst wo, wie in Oesterreich und Toscana, diese Strafe nach ihrer Abschaffung wieder eingeführt worden sei, habe man sich mindestens in der officiellen Motivirung dieser Maßregel nicht auf Bermehrung der todeswürdigcn Verbrechen, sondern auf andere Gründe bezogen. Könne nun demgemäß die Nothwendigkeit der To desstrafe als erwiesen nicht angenommen werden, so fiele» die gegen diese Strafe sprechenden anderweiten Gründe, insbesondere deren Unwiderruslichkeit bei immerhin möglichen Mißgriffen doppelt ins Gewicht. Ebenso je» nicht zu verkennen, daß, wenn einmal der Zwei fel über die Rechtmäßigkeit und Angemessenheit der Todesstrafe in mehrern Kreisen deS Volkes, wie dies neuerdings in Sach sen der Fall zu sein scheine, Platz gegriffen hat, Richter-, Zeu gen and Geschworne mit größerer Sicherheit und mindern Be denken in den schwersten Fällen auftreten würden, wenn sie wüßten, daß es sich nicht mehr um ein Menschenleben handle. Die Frage aber, welche andere Strafe an die Stelle der Todesstrafe zu setzen sei, habe man dahin beantwor ten zu müssen geglaubt, daß die lebenslängliche Zucht hausstrafe, zumal in ihrer auf eine völlige Sicherstellung der bürgerlichen Gesellschaft gegen weitere Verbrechen des Verur- theilten berechneten Natur, an die Stelle der Todesstrafe zu treten habe. Auch glaube man nicht, daß hiermit die Nothwendigkeit geboten sei, die Strafe auch bei denjenigen Verbrechen, welche reither schon mit lebenslänglicher Zuchthausstrafe bedroht seien, herabzusetzen und letztere mit einer zeitlichen Zuchthausstrafe zu vertauschen. Denn diejenigen Verbrechen, welche das Straf- aeseybuch mit der lebenslänglichen Zuchthausstrafe bedrohe, seien ihrer Schwere und ganzen Natur nach mit den zeither mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechen nahe verwandt, so daß eine Gleichstellung dieser sämmtlichcn Verbrechen in Bezug aus ihre Bestrafung wohl gerechtfertigt sei, wie denn auch au sich schon die Herabsetzung der Strafe bei einer Klaffe von Ver- hrechen nicht unbedingt und in jedem Falle die Herabsetzung der Strafe bei der nächstschweren Klasse nach sich ziehe. Im klebrigen bezieht sich die Aufhebung der Todesstrafe nicht auch auf die Fülle, welche in dem Gesetze vom W. Mai 1851 § 13 flg. vorgesehen seien, ebenso wenig aus die im Mi- litärstrafgcsctzbuche bei militärischen Verbrechen enthaltenen Androhungen der Todesstrafe. In drr Deputation sind nach dem Berichte hier über folgende Ansichten zu Tage getreten: 1) Eine Minorität (die Abgg. v. Criegern und Sachße) ist gegen die Abschaffung der Todesstrafe, und empfiehlt daher der Kammer: die Novelle I abzulehnen. Vorbehältlich weiterer mündlichcrMotivirung sagt dieselbe hierüber in der Hauptsache Folgendes: „Aus den dem Gesetzentwürfe bcigefügten Motiven, nament lich aus der das Gesetz vom 10. Mai I8S1 und das Militär strasgcsctzbuch betreffenden Bemerkung glaube die Minorität eutnrhmeo zu dürfen, daß die Staatsregierung die Berech tigung der Staatsgewalt, auch die Todesstrafe zu »erhängen, nicht in Zweifel ziehe. Man glaube sich da her des »eitern Eingehens auf diese hochwichtige Frage, deren irgendwie erschöpfende Behandlung übrigens die Grenzen dieses Gutachtens weit überschreiten würde, enthalten zu dürfen. Die Minorität geht von dem Grundsätze auS: Wer das Straf- rechtderoberstenStaatSgewalt überhaupt anerkenne, muß im Priucive auch die Todesstrafe als gerechtfer tigt aaseheu. Denn zu den irdischen Gütern gehöre daS Le ben und wenn auch keineswegs bestritten werden solle, daß vom Stäudpunfte der Gesetzgebung aus betrachtet, in dem Leben das höchste Gut des Menschen erblickt werden müsse, so lasse sich doch nicht behaupten, daß die Verfügung d«S Strafrechts über die Ehre und die Freiheit der Staatsbürger auf ganz an der« Boden wurzele, al» die Gewalt über Leben und Tod. Al» höchsten und letzten Zweck der Straft sehe die Minorität die der Höhe der Schuld entsprechende Sühne des Ver brechens an und sei daher der Meuung, daß aus der so geuannten Besserung«, und Abschreckuugstheorie vollkommen stich haltige Einwendungen gegen die Todesstrase ebenfalls nicht ab geleitet «erden könnten. Dagegen sei sie von der Ueberzeugung durchdrungen, daß die oben erwabnteBerechngung derStaalsgewaltmit dem Bedürfnisse im engsten Zusammenhänge stehe und die Todesstrafe als äußer- strs Strafmittel abgcschafft werden müsse, sobald dieFactorea der Gesetzgebung zu der übereinstimmcnden Ueberzeugung gelangt seien, daß sie nicht mehr nothwendig sei. In dieser Beziehung venuögr aber die Minorität die io den Motiven ausgespro- cheue Ansicht nicht zu theilen, sei vielmehr des unmaßgebliche» Dafürhaltens, daß nach den bisher und namentlich in drr neuesten Zeit gemachten Erfahrungen die Bei behaltung der Todesstrafe noch zur Zeit dringend geboten sei. Hiernächst erachte es aber auch die Minorität aus poli tischen Gründen für äu^-.n lcdeuklich, gegenwärtig mit Abschaffung der Todesstrafe m Sachsen vorzugehen. Bekannt lich gehör« das Strafrecht »ach Art. 4 unter Nr. 13 der Ber- faffuug deS Norr^uüchcn Buvdes zur gemeinsamen Gesetz gebung innerhalb des Bunoc.gebiet». Wenn nun die Todes straf» vor der Hand noch in den meisten Staaten des Nord- deutschen Bunde» eriftire, so möchte e» nicht rathsam erscheinen, Ick in diese« wichtigsten Punkte de» Strafrecht» von den Ge setzgebnuge» audertr Staaten und namentlich von der de» Kö nigreichs Preußen zu isoliren. Deuu jedenfalls müßte e» als ei, außerordentlich dcklagenSwerthtS Ernguiß angesehen wer de», wen» dermale» die Todesstrafe iu Sachten abgeschafft, fptltrr aber durch die Gesetzgebung deS Norddeutschen Bunde» »iedep «inaeführt werde» sollte. Die bcabstchngie Eiosühruua der Schwurgerichte iu Sachsen könne nur nebenbei in Betracht kommen, Die Mi »ar«tt fei übrrgeu« der vl, ncht, daß eine tüchtige Ge chwornen bank van der r ch!igen Aun.nmng iv>k.' Koben Bei usev ü, ick- dorchdrungen sei» werd«, dai die Höh« der gesetzlcchrn Strafe aus die gewiffenhafte Fassung ihres aus innere Ueberzenauug gestützten Wahrspruchs kaum einen wesentlichen Einfluß äußern könne. Sollte aber auch wirtlich hier und da auS diesem Gr«»d eine au sich nicht vollständig gerechtfertigte Freisprechung er folgen, so würde die Minorität iu der hieraus gestützten Be fürchtung immer noch keinen genügend«« Gruud erblicken kön nen, sich überhaupt für Abschaffung der Todesstrafe zu erklären." 2) Aba. Günther beantragt ebenfalls Ablehnung der Novelle l, jedoch lediglich wegen des auS dem In halte der Verfass» ngsurkunde des Norddeutschen Bundes entlehnten politischen Grundes. 3) DieMajorität drr Deputation (die Abgg. v. Kön - neritz, Kretzschmar, Koch, Schreck, Mosch und der Referent) ist für Annahme der Vorlage. Auch sie unterläßt die Frage über die Rechtmäßigkeit der Todesstrafe zu erörtern, und stützt sich neben den in den Motiven geltend gemachten Gründen auf folgende Erwägungen: D« Frage wegen Beibehaltung oder Abschaffung der Todes strafe habe zu einem allseitig befriedigenden Resultate noch nicht gelangen können. Allein dessenungeachtet seien es doch einige Punkte, über welche durchgängig Einverständniß vorhanden seist ». Die Abschaffung der Todesstrafe, wenn sie an sich un bedenklich wäre, würde allseitig nur mit Freude begrüßt wer den. Es sei die Natur dieser Strafe für jeden fühlenden und gesitteten Menschen ein entsetzliches Uebel. Keine andere Strafe verstoße so, wie die Todesstrafe, unmittelbar gegen das mensch liche Gefühl, und von keiner andern Strafe gelte, wie bei der Todesstrafe, daß sie nur als eine unabweisbar nothwen- digc Maßregel gerechtfertigt werden könne. d. Die Beschränkung der Todesstrafe auf die schwersten Verbrechen sei nach und nach mehr und mehr auch von Den jenigen, welche für ihre Beibehaltung sich erklärten, als eine unbedingte Verpflichtung und Gesetzgebung anerkannt wordru. Mau habe hierin zugleich das willkommene Mittel gefunden, die Strafe des Todes selbst nach und nach zu beseitigen. Ja vielseitig wird von Anhängern der Todesstrafe die Beschrän kung der letztern auf das Verbrechen des Mordes als zulässig anerkannt, sogar vertheidigt. «. In den Ländern, deren Gesetzgebung die vorher in sehr vielen Fällen angedroht gewesene Todesstrafe nach und nach aus die schwersten Verbrechen beschränkt habe, sei die Erfahrung gemacht worden, daß die früher mit der Strafe des Todes be drohten Verbrechen sich keineswegs vermehrt hätten (z.v. Eng land). Es könne sich also nur fragen, ob der allseitig gewünschte Zeitpunkt eingetreten sei, an welchem die Aufhebung der Todes strafe beschlossen werden könne. Es sei unläugbarc Thatsache, daß auch in Sachsen die ungleich größere Anzahl Stimmen, namentlich auch von Praktikern, für die Aushebung der Todes strafe laut geworden, und es dürfte von nicht zu unterschätzender Bedeutung sein, daß bereits im Jahre 1838 die Scaatsrcgie- rung durch die Landesvertretung auf die Frage wegen Abschaf fung der Todesstrafe hingelcitct worden sei. Die in den Motiven geltend gemachten Gründe rechtfer tigten den Wegfall einer Strafe, welche alffcitig als ein schweres Uebel bezeichnet werde und deren Jrreparabilrtät immer und immer ein nicht zu verkennendes Mißtrauen gegen dieselbe wach erhalte. Sie habe in dieser Anschauung auch nicht durch die dem Minoritätsgulachten unterlegten Gründe wankend gemacht wer den können. Gerade die in neuester Zeit gemachte Erfahrung, daß die mit dem Tode bedrohten Verbrechen öfter aufträten, scheine ein Beweis dafür zu sein, daß das Bestehen der Todesstrafe als Abschreckungsmittel unwirksam lei, ganz abgesehen da von, daß die Strafe des Todes, weil sie in einer Vernichtung besteht, die Erreichung des höchsten Slrafzweckes, die Besserung, unmöglich mache. Ebenso wenig habe die Majorität dem Um stände, daß vielleicht nach zehn oder mehr Jahren ein gemein sames Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund erlassen und in demselben die Todesstrase beibehalten werde, maßgebende Geltung beilegen können. Möglichkeiten und Eventuali täten könnten den Ausschlag nicht bieten, wenn es sich um Beibehaltung oder Abschaffung einer Strafe handelt. ES dürfte übrigens als gewiß anzunchmen sein, daß, wenn mit der Ab schaffung der Todesstrafe in Sachsen günstige Erfahrnugen ge macht würden, dieselben auf die Entscheidung der Frage wegen Beibehaltung oder Abschaffung der Todesstrafe vor der gemein- samen Gesetzgebung deS Norddeutschen Bundes, dafern und so bald es zu einer solchen kommen sollte, einen sehr erheblichen Einfluß äußern würden. Hierin finde man aber eine Rücksicht von besonderer Beachtlichkeit. Endlich könne die Majorität auch die Hoffnung, eS werde das Fortbestehen der Todesstrafe auf die Haltung der Ge- schwornen bei Benrtheilung von Eapitalverbrcchrn, ohne jeg lichen, die Endziele dersStrafrechtspstege beeinträchtigenden Ein fluß sein, nicht theilen. Sie trete vielmehr vollständig den Motiven bei. Die Beseitigung der Todesstrafe werde ohne Zweifel dem Auftreten der Richter, der Zeugen und der Ge schwornen größere Sicherheit und Entschiedenheit verleihen. Die Majorität schlägt daher im Einverständnisse mit der Regierung vor: Novelle I in folgender Fassung anzunehmen: Die Bestimmungen des Strafgesetzbuchs und des Eisenbahn strasgesetzes, in welcher, einzelne Verbrechen mit der Todes strafe bedroht sind, werden insoweit aufgehoben, als in diese« Fällen statt auf die Todisstrafe, auf lebenslängliche Zucht hausstrafe zu erkennen ist. Secretär Schenk: Die Frage über Abschaffung oder Beibehaltung der Todesstrafe habe schon seit einer Reihe von Jahren die Wissenschaft beschäftigt, und auch diese Kammer habe schon wiederholt diese Frage zum Gegenstände ihrer Berathungen bemacht. Wie verschie den aber die Urtheile darüber seien, beweise der De putationsbericht. In der Verschiedenheit der Ansichten der Deputationsmitglieder erblicke er zugleich den Aus druck dafür, welche Beantwortung die Frage bei der Bevölkerunb finde. Mit der Majorität sei er einver standen, daß die Todesstrafe ein entsetzliches Uebel sei, andererseits sei aber auch der Mord ein entsetzliches Uebel. Er wolle dieses schauderhafte Verbrechen nicht in seinen Einzelheiten verführen, bemerken wolle er nur, daß der Mord allemal eine Handlung voraus- sctze, die aus der raffinirtesten Bösheit und Ueber- legung gegen ein unschuldiges Opfer hervorgraangen sei. Wenn die Majorität in allen Fällen die Todes strafe unbedingt ausschließen wolle, so scheine sie ihm das Leben des Mörders höher zu schätzen, als das des Ermordeten. Wenn er den Nebenzweck jeder Strafe, Ver minderung der Verbrechen, ins Auge fasse, so scheine ihm gerade jetzt der Zeitpunkt für Abschaffung drr Todesstrafe nicht günstig gewählt, da jetzt häufiger solche Verbrechen vorgekommen seien. Daß diese Verbrechen sich da, wo die Todesstrafe abgcschafft worden, nicht vermehrt, sei ihm kein Beweis, er verlange den Beweis, daß sich die Verbrechen seit Einführung der Todesstrafe nicht ver mindert. Ein weiterer Zweck der Strafe sei die Bes serung des Verbrechers. Durch die Todesstrafe werde diese eben nicht vollständig ausgeschlossen; wenn es dem Verbrecher um sein Seelenheil ernstlich zu thun sei, dann habe er hierzu Gelegenheit in der Zeit nach Ver kündigung des Urtheils bis zur Vollstreckung der Strafe. Auch in dem Zuchthause gelinge der Besserungszweck nicht in allen Fällen Wenn aber lebenslängliche Zucht hausstrafe an Stelle der Todesstrafe treten sollte, dann setze er voraus, daß unser Zuchthaus anders eingerich tet »erde; es dürsten dann nicht mehr Ergötzlichkeiten in dem Zuchthause geboten werden, sölche würde er für einen Mörder sehr unpassend halten. Wenn »berauch die Aufficht noch so streng sei, fo wäre die Möglich keit, sich derselben zu entziehen, nicht ausgeschlossen, und die Folg« würde sein, daß uns«r Strafjournal um die Rubrik „rückfällige Mörder* sich vermehren könne. Aus diesen Gründen werde er mit der Minorität stimmen. Abg. v. Criegern: Es sei gewiß keine leichte Auf gäbe, der Vorlage und so vielen hochgeachteten Depu- tationscollegen entgegen zu treten. Diese Aufgabe werde ihm um so schwerer, als die Todesstrafe auch für ihn etwas sehr Hartes, Ergreifendes habe. Allein wo es sich um die innere Ueberzeugung handle, da müffe das Gefühl schweigen. Sowohl Majorität als Minorität der Deputation sei davon überzeugt, daß heute unmög lich die theoretischen Gründe für und wider Abschaffung der Todesstrafe vollständig erschöpft werden könnten, daß vielmehr die Frage rein als eine Zeitfrage zu be handeln sei. In letzterer Beziehung sei die Minorität eben drr Ansicht, daß zur Zeit zu Abschaffung der Todes strafe genügender Anlaß nicht vorhanden sei, und zwar seien es theils materielle, thetls formelle Gründe. Was die letztern anlange, so glaube er, daß es für Sachsen nicht angemessen sei, mit einer so tief eingreifenden Reform des Strafrechts voranzugehen. Es sei ein großer Unterschied, ob man im Strafrecht überhaupt etwas umändern oder ob man im wichtigsten Principe von den andern Gesetzgebungen sich trennen wolle. Im allgemeinen Theile des Berichts sei darauf hingrwiesen, daß sich bald eine allgemeine Revision des Strafgesetz- bucks nöthig machen könne, bis dahin könne diese hocywichtigste Frage über Abschaffung oder Beibehal tung der Todesstrafe wohl aufgeschoben werden. Sollte die Erfahrung gemacht werden, daß wir der Todes strafe nicht mehr bedürften, dann sei es Pflicht der Ge setzgebung, ohne Rücksicht auf die Bundesgesetzgebung mit Abschaffung der Todesstrafe vorzugehen. Dies sei aber jetzt nicht an der Zeit, wo derartige Verbrechen so häufig vorkämen. Bei dem Morde handle es sich nur um rin mit kalter Ueberlegung begangenes Ver brechen. Sollte man die Erfahrung machen, daß bei devi einen oder andern Verbrechen, wo ebenfalls To desstrafe angedroht sei, letztere entbehrt werden könne, so habe er kein Bedenken, in diesen Fällen die Todes strafe abzuschaffen, während er eine Abschaffung im Allgemeinen jetzt nicht für Atboten halte. Was end lich noch die Rücksicht auf die Schwurgerichte anlangt, so dürft das Strafverfahren für die materiellen Be stimmungen nicht entscheidend sein. Gerade bei den Fällen des Mordes würde den Geschwornen der Ge dankt Sicherheit und Befriedigung gewähren, daß sie für die öffentliche Sicherheit wirken. Redner schloß mit der Ueberzeugung, daß Jeder über die vorliegende hochwichtige Frage sich ein klares Urtheil gebildet haben werde, ehe er in die Kammer getreten. Abg. Pornitz nimmt auf die Darlegung seiner Ansicht über die Abschaffung der Todesstrafe Bezug, wie er sie bei Berathung einer darauf bezüglichen Pe tition früher gegeben. Vor Allem legt derselbe ent scheidendes Gewicht darauf, daß in den Jahren 1846 bis 1856 in Frankreich und England 10 Menschen hingerichtet worden seien, deren vollständige Unschuld später nachgtwiesen worden. Diese eine Thatsache müsse schon allein Diejenigen, welche für Beibehaltung der Todesstrafe seien, bestimmen, ihre Bestrebungen gegen die Abschaffung aufzugeben, zumal die an Stelle der Todesstrafe tretende lebenslängliche Zuchthausstrafe oft härter sei, als erstere. Die Todesstrafe sei eine nie zu rrformircnde, und dies sei drr zweite Grund, der für ihn maßgebend sei, nnd dieser eine Grund sei geeignet, alle übrigen für die Beibehaltung vorgebrachten Gründe zu widerlegen. Er spreche daher der Regierung für die Vor lage und der Majorität für das beifällige Gutachten seinen Dank aus: er freue sich über die endliche Beseitigung einer Strafart, deren Vollstreckung nur einen wider lichen Eindruck auf die Bevölkerung mache. Weiter bestreitet Redner die Behauptung der Minorität, daß man wegen der Möglichkeit einer Wiedereinführung durch die Bundesgesetzgebung von der Abschaffung jetzt absrhen müsse. Man dürfe, wo es sich um eine ent schiedene Besserung handle, nicht warten, bis der Reichs tag entschieden habe. Man möge daher für die Ab schaffung stimmen, gelte es auch nur einen Unschuldi gen zu retten. Abg. Seiler: Auch er sei tief durchdrungen von dem Ernste der vorliegenden Frage. Er habe die neusten Werke über die vorliegende Frage studirt, und sei hierbei zu der Erkenntlich gelangt, daß die selbe noch nicht spruchreif sei. Deshalb beklage er die Vorlegung der Növelle. Auf die Abschreckungs theorie wolle er nicht näher eingehen, er frage «der, wie es vereinbar sei mit dem Principe der Gerechtig keit, wenn man die größten Verbrecher für straflos er kläre, was in dem Falle rintrete, wenn ein zu lebens länglichem Zuchthause Verurtheilter ausbreche und wie der einen Mord begehe. Auch dieser könne dann nur zu lebenslänglichem Zuchthause nochmals verurtheilt werden. Weiter macht Redner darauf aufmerksam, daß der Verbrecher in der Strafanstalt oft besser daran sei, als der freie Arbeiter. Die Anziehung von Beispielen aus England und die Bezugnahme aufBeccaria paßten für die sächsischen Verhältnisse nicht. Die Gegner der Todes strafe höben ferner hervor, daß durch das Bestehen der To desstrafe die todeswürdigcn Verbrechen an Zahl nicht abge nommen hätten. Er glaube nun, daß tue Zahl der Morde nicht in gleichen Progrcffcn gestiegen seien mit der Genußsucht, Verderbtheit und Rohheit der Menschheit. Er glaube doch, daß man dieses relativ günstige Resultat der Ab schreckung der Todesstrafe verdanke. Damit, daß der oberste Zweck der Strafe die Besserung sei, könne er sich nicht einverstanden erklären. Er, als Laie, könne sich den Besserungszweck als Fundament und oberstes Princip der Strafe nicht denken; es sei ihm unklar, wie man dann noch überhaupt zu einem Strafgesetze gelangen könne. Ihm erscheine der Schutz der bürger lichen Gesellschaft als oberster Zweck der Justizpstrge. Dieser Schutz würde nach seiner Ueberzeugung geschä digt werden, wenn man jetzt, wo man hiermit in Eu ropa isolirt dastehen würde, die Todesstrafe aufheben wollte. Betonung darauf gelegt, daß von einer Erfahrung auf diesem Gebiete nicht gesprochen werden könne. Die Deputation sei nun nicht im Stande gewesen, sich über die im Auslände gemachten Erfahrnugen genügende Wissenschaft zu verschaffen. Er richte daher das Ersu chen au die Staatsregierung, diese Erfahrungen der Kammer vor Schluß der Discussion mittheilen zu wollen. Gegen Secretär Schenk bemerkt er, daß es sich hier lediglich nm die Frage handle, ob die Todesstrafe bei- znbrhalten sei oder nicht. Die Todesstrafe sei Ver nichtung, schließe also die Erreichung von Besserung aus. Die Stellung, die er zu dem Abg. v. E negern einnchme, habe er im Berichte dargrlrgt. Auch dieser gesteht mit den Juristen, dir mit ihm gleicher Ansicht seien, zu, daß die Jrreparabilität drr Todesstrafe schlimm sei, und daß Mr Geschwornen eine große Ad- scheu vor der Todesstrafe hegten. Dem Abg. Seiler gegenüber verwahre er sich dagegen, daß die Majori tät die Tendenz verfolge, den Mord für straflos zu erklären. (Beim Schluffe unsers Blattes dauert die Sitzung noch fort und spricht Generalstaatsanwalt vr. Schwarze.) Ernennungen, Versetzungen rc. im öffentlichen Dienste. Departement de» Lultu» und öffentlichen Unterricht«. Erledigt ist: das Pfarramt zu Stürza (Pirna), Coll, das k. Ministerium des Eultus und öffentlichen Unterrichts; das Archidiakonat zu Großenhain, Coll, der Stadtrath daselbst; die Schulstellt zu Oberneu- kirch, Meißner Antheils (Bischofswerda), Coll, das k. Ministerium des Eultus uud öffentlichen Unterrichts; die sechste Lehrerstelle an der Bürgerschule zu Buch holz (Annaberg), Coll, der Stadtrath zu Buchholz; eine Lehrerstelle an der fünften Bezirksschule zu Dresden, Coll, der Siadtrath daselbst; die Kirch- schulstelle zu Albrechtshain (Grimma), Coll. Herr Friedensrichter Dietze auf Pomßen; die vierte Lehrer stelle zu Brandis (Grimma), Coll. Frau v. Pentz auf Brandis; die Schulstelle zu Dittersbach (Fran kenberg), Coll, die Schulgemeinde. Dresdner Nachrichten vom 7. April. X In drr gestern Abend in „Braun'» Hotel* ab- grhaltenen, von etwa 100 Personen besuchten Ver sammlung der freisinnig-deutschen Partei hielt vr. Rentzsch einen eingehenden, mit allseitigem Beifall aufgenommenen Vortrag über dir Bedeutung des Zollparlaments, welcher ausführte, wie wünschens- werth eine größere Ausdehnung drr Comprtrnz des Zollparlaments auf alle Punkte von Art. 4, welcber wirthschaftlichrn Interessen dienen soll, sei, und die ein hellige Annahme der nachstehenden, vom Referenten beantragten und begründeten Resolutionen zur Folge hatte: 1. Di« freisinnig-deutsche Partei in Dresden erblickt in dem Zollverbande »wischen Nord- und Süddeutsckland den ge eignetsten Uebergang zu der vollständigen politischen Ein heit des deutschen Vaterlandes. 2. Es ist die Aufgabe des ZollparlamentS, diese Einheit jetzt schon alS Ziel ausznsprechen und für deren Verwirklichung Sorge zu tragen. 3. Erforderlich ist dazu zunächst die Erweiterung der Eom- petenz deS ZoUvarlameMS auf alle diejenigen in Art. 4 der norddeutschen Bundesacte bezeichneten staatlichen Func tionen, welche den wirthschastüchen Interessen zu dienen bestimmt sind. 4. Innerhalb der bereits vorhandenen Competenz des Zoll- varlament- ist eine Revision des Zolltarifs nach der Seite hin zu verlangen, daß finanziell unwichtige Artikel frei- gegeben werden und für die übrige» eingehende» Güter das Princip deS Freihandels zu weiterer Geltung gebracht werde. 3. Vor Allem ist aber znr Erreichung der vollständige» Ein- heit noidmendig, daß vo» Seiten des Nordbundes der po litischen Freiheit mehr Rechnung getragen werde und daß im Süden wie im Norden die particularistischcn Interessen der Liebe zum großen gemeinsamen Vaterland« geopfert werden. Die Versammlung wurde nach Erledigung geschäft licher Angelegenheiten nach 10 Uhr Abends geschloffen. — (S. Dfztg.) In der am 3. April stattgefundenen Versammlung der demokratischen Partei erstattete der Vorsitzende, vr. Wigard, einen kurzen, allgemeinen Bericht über die Thätigkeit des gegenwärtigen Reichs tabs , erwähnte seine eigne, infolge dringender Berufs geschäfte bisher nur geringe Betheiliguug an den Ver handlungen, bemerkte, daß bis dato erheblich Wichtiges nicht berathen worden sei, uud kennzeichnete die Phy siognomie des Reichstages mit den Worten, daß die Versammlung ihm vorgekommen wäre, wie eine, die vor dem Lllter am Alter sterbe. Bezüglich des iu der Reichstagssitzung am 2. April mit 97 gegen 92 Stim men abgelehnten Antrags auf Zahlung von Diäten äußerte er sich dahin, daß dieser Antrag bei jeder Ses sion wieder eingebracht werden würde. — vr. Peter mann referirte hierauf über das neue Wahlgesetz, wie es aus den Beschlüssen der Zweiten Kammer hervor- acgangen ist, und meinte, daß es zwar einen erheblichen Fortschritt in Bezug auf die freiere Beweglichkeit bei den Wahlen für die Wahlberechtigten enthalte, durch Aufstellung des Census von 1 Thlr. für die demokra tische Partei aber belanglos sei. Durch das neue Wahl gesetz würden hauptsächlich national-liberale Elemente der Kammer zugeführt, die demokratischen aber ausge schlossen werden. Nach kurzer Discussion zwischen Hendel, Bromme, welcher Letzterer sich von der Stimm- berechtigung der Hausbesitzer namentlich in den Fabrik- dezirken einigen Erfolg für dir Demokratie verspricht, Referenten und vr. Wigard, wird ans deS Letztern Vor schlag beschlossen, bei dem frühern ablehnenden Beschlusse auch dem neuen Wahlgesetz gegenüber stehen zu bleiben. Referent: Die Deputation sei in ihrer Gesammt- heit von der Rechtmäßigkeit der Todesstrafe ausgegan- gen. Sie habe sich nur mit der Frage beschäftigt, ob die Abschaffung einer Strafe räthlich sei, welche den herrschenden Strafrecht-ideen nicht mehr entspreche. Auch in der Debatte werde er auf diesen Standpunkt stehen bleiben und daher sich auf die Einwände bezüg lich der Unzulässigkeit und Zulässigkeit der Todesstrafe nicht rinlaffen. Wer die Berechtigung der Todes strafe bestreite, der müsse mit der Majorität stim men, die Andern müßten sich schlüssig machen über dir Frage, ob die Abschaffung opportun sei oder nicht. Weiter nimmt Redner Bezug auf eine in der Kammer verthrilte Druckschrift gegen Abschaffung der Todes strafe. Neben mehrern andern Gründen von geringe rer Wichtigkeit sei in dieser Schrift eine besondere - m — Im Monat März ist 69 Personen das Bür gerrecht der Stadt Dresden ertheilt worden. Hier von waren 52 Inländer, 16 den übrigen Staaten de» Norddeutschen Bunde- Angehörige und 1 Ausländer. 14 Personen, darunter 7 Krauen, erhielten da- Bür gerrecht wegen Erwerb- von Grnndbesitz und 55 Per sonen, darunter 10 Frauen, aus andern Gründen. — Im verflossenen Monate März wurden in das Stadtkrankenhaus 444 Srankt ausgenommen, über haupt aber daselbst 764 verpflegt; von diesen wurden 396 entlassen, 34 starben und 334 verblieben am Schluffe des Monats in Behandlung. — An die Stelle des mit Ende Februar ausgeschtedenen Asfistenzarzte- Hrrrn vr. Bille ist Herr vr. Wimmer, und au Stelle de- am 31. März ebenfalls abgegangenen Assiftenzarzte- Herrn vr. Schieck, Herr vr. BZckorner gewählt worden. Drwde».
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