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294 Stahl und Eisen. Zuschriften an die Redaction. 15. März 1901. nicht vereinbar angreifen. Zweck dieser Zuschrift ist nun, eine handliche Form für dieses Ver fahren vorzuschlagen, so dafs in einem Tage leicht 100 Proben auf einer Belastungsmaschine gemacht werden können. Die Proben sollen ergeben: 1. die elastische Dehnungsfähigkeit in den Grenzen von etwa 5 bis 15 kg qmm Zug und er fordern dazu eine Belastungsmaschine wie Figur 8* und einen Spannungsmesser (Figur 1 bis 6), wie solche in der obenerwähnten Abhandlung näher bezeichnet sind, 2. die Elasticitätsgrenze, wofür die Vorrichtung (Figur 9) erforderlich ist. Die elastische Dehnungsfähigkeit drückt sich aus durch den Elasticitätscoefficienten, d. i. der Bruchtheil der Stablänge, um welchen bei 1 kg auf 1 qmm Belastung der Stab gelängt wird, bei Flufseisen also beiläufig ■ J — auf Millimeter bezogen. — ZjV UUv Der besseren Form wegen ist der umgekehrte Werth des Coefficienten, also im angezogenen Falle 20 000 als Elasticitätsmodul gebräuchlich. Diese Werthe sollen in der ersten Probe gefunden werden. Probestäbe. Die Elasticitätsproben erfordern längere Stäbe als die bisherigen Zerreifsproben, wie aus Obigem leicht ersichtlich. Aufserdem ist zur schnellen Erledigung der Proben ein bei allen Probestäben gleiches Profil nothwendig. Deshalb scheint es geboten, die abgetrennten Probestreifen rothwarm auf etwa 10 mm im Quadrat und 2 m Länge auszuwalzen. Für den Identitätsnachweis lassen sich die Enden stempeln. Die Belastungsmaschine (Figur 8) mufs der schnelleren Bedienung wegen mit Schiebegewieht versehen sein. Die Arbeiten ordnen sich wie folgt: 1. Fest spannen des Stabes und Anbringen des Spannungs messers ; 2. Belastung des Stabes auf 5 und auf 15 kg/qmm, Ablesen der beiden Mafse am Span nungsmesser und Notiren derselben; 3. Um wechselung für die nächste Probe, Zeitdauer - höchstens 5 Minuten. Der Spannungsmesser hat 1200 mm Mefslänge; der Keilmafsstab ist 1 : 50 konisch und trägt Millimetertheilung. Wird die Differenz der beiden am Spannungsmesser abgelesenen Mafse mit a bezeichnet, so ist. -- = Längung des Stabes bei 10 kg/qmm 50 * Die Angabe der Figuren bezieht sich auf die frühere Abhandlung (vergl. „Stahl und Eisen“ 1895 S. 331 bis 333). — Längung des Stabes bei 50.10 d. i. der Elasticitätscoefficient 1 kg/qmm, 50.10.1200 600 000 ,. ..... , , —-- ■ — —— Elasticitätsmodul. a a Ist a = 30 mm, so ist der Modul = 20 000; ist a gröfser, so ist die Dehnungsfähigkeit gröfser und der Modul kleiner — und umgekehrt. Es dürfte sich somit die neue Ausdrucksform für die Dehnungsfähigkeit in „30 oder mehr oder weniger“ heranbilden. Die erreichbaren Grenzen der Elasticitätsziffern mufs die Praxis ergeben. Ueber die Verbindung der Zerreifsproben mit den Elasticitätsproben zur Beurtheilung der Zweck- mäfsigkeit für bestimmte Verwendung seien fol gende Bemerkungen gestattet: In Eisenbahnbrücken und ebenso in Schiffs körpern ist unvermeidlich, dafs in einem Quer schnitt eines Stabes oder Bleches gleichzeitig ver schiedene Spannungen auftreten, ferner dafs Neben spannungen, die sich rechnerisch nicht bestimmen lassen, einwirken, ferner und hauptsächlich, dafs Vibrationen bei Befahren der Brücke periodisch, beim Schiffskörper während der ganzen Fahrt auf treten. Diese Feinde der Eisenconstructionen er zeugen unzweifelhaft bei hartem Material, d. i. mit gröfser Zerreifsziffer, beginnende Brüche an den Kanten der einzelnen Theile, zumal da Flufseisen keine Faser hat. Es erscheint somit angezeigt, für diese Zwecke Eisen von gröfster Weichheit, d. i. kleinster Zerreifsziffer, gröfster Dehnungs fähigkeit und hoher Elasticitätsgrenze zu wählen. Ganz anders bei Kesselmänteln, bei denen reine Zugwirkung auftritt, ohne Verschiedenheit in den einzelnen Theilen eines Querschnitts, ohne jede Nebenspannung und ohne Vibrationen, bei denen noch obendrein der hochelastische Dampf die denk bar zarteste Be- und Entlastung des arbeitenden Materials bewirkt. Für diese Zwecke ist Material mit hoher Zerreifsziffer, selbst bei minderer Dehnungsfähigkeit vorzuziehen, weil das Gewicht des Kessels vermindert wird, was besonders für Schiffskessel von Belang ist. Die Probe zur Feststellung der Elasticitäts grenze ist in der obenerwähnten Abhandlung so klar und deutlich vorgeführt worden, dafs dem nichts beizufügen ist. Da die Probestäbe aus den Elasticitätsmessungen benutzt werden und gleichen Querschnitt haben, so können zur Beschleunigung der Arbeit abgepafste Gewichte verwendet werden, die eine Faserspannung von vollen Kilogrammen ergeben. So dürfte auch diese Probe in etwa 5 Minuten zu machen sein. Düsseldorf, 27. Februar 1901. Königsallee 67. Martin Balcke.