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1. März 1901. Berichte über Versammlungen aus Fachvereinen. Stahl und Eisen. 245 Berichte über Versammlungen aus Fach vereinen. Internationaler Verband für die Materialprüfungen der Technik. Zu Anfang Februar hat in Wien unter dem Vor sitze des Professors L. von Tetmaj er-Zürich eine Sitzung des Vorstandes vom obigen Verband stattge- funden, in der beschlossen wurde, in der Zeit vom 9.—14. September d. J. einen Congrefs in Buda pest, abzuhalten. Nach den Darlegungen der Ver treter der ungarischen Mitglieder des Internationalen Verbandes wird man in Budapest eines sehr freundlichen Empfanges sicher sein. Man hat neben den geschäft lichen Verhandlungen des Verbandes hauptsächlich die Abhaltung hervorragender Vorträge von allge meinem Interesse und Fachverhandlungen in den Sectionen ins Auge gefafst; letztere sollen so geordnet werden, dafs die Verhandlungen zeitlich nicht zu sammenfallen. Für diese Versammlungen will man hervorragende Fachleute für die.Einleitung der Ver handlungen durch anregende Vorträge gewinnen, weil man die Hauptwirkung des Congresses durch den Sersönlichen Gedankenaustausch zu erzielen hofft, der urch eine Reihe von Ausflügen in die ungarischen Industriegebiete noch gefördert werden soll. Arbeitgeber-Verband Hamburg-Altona. Bericht über das Jah r 1900. Der Hamburg-Altonaer Arbeitgeber-Verband ge- niefst mit Recht überall dort, wo man die Hauptauf gabe der bürgerlichen Gesellschaft heutzutage in der Zurückdämmung socialdemokratischen Uebermuthes erblickt, das höchste Ansehen. Seine durch einmüthiges Zusammenstehen und feste Entschlossenheit davon getragenen Erfolge gegenüber frivol angezettelten Streiks der Socialdemokratie sind ebenso viel Siege der gesammten nichtsocialdemokratischen Bevölkerung gewesen und haben weithin vorbildlich gewirkt. Soeben ist nun der Bericht des Arbeitgeber-Ver bandes Hamburg-Altona über das Jahr 1900 erschienen. Er bietet eine reiche Fundgrube socialpolitischer Be lehrung dar. Wir haben hier Mittheilungen und Urtheile vor uns, die der unmittelbaren Praxis des gewerblichen Lebens entstammen und in dem festen Boden der That- sachen wurzeln. Dabei begnügt sich der Bericht nicht mit einer blofsen Darstellung der Hamburger Ver hältnisse, sondern er ordnet dieselben in einen weitern Zusammenhang ein und zieht zutreffende Schlufsfolge- rungen, die allgemeine Verwerthbarkeit besitzen. Zur Einleitung dient eine treffliche Uebersicht über die Gesetze und Verordnungen, die seit der kaiser lichen Botschaft von 1881 im Interesse der Arbeiter schaft erlassen sind. Es ergiebt sich hieraus mit vollendeter Deutlichkeit, dafs jene bekannte social demokratische Behauptung, wonach Regierung und Gesetzgebung angeblich nur für die Besitzenden arbeiten, ein Schlag ins Antlitz der Wahrheit und Gerechtigkeit ist. Mit weitaus gröfserem Rechte könnte map that- sächlich das Gegentheil behaupten. Treffend sind ferner auch die Darlegungen, in welchen sich der Hamburger Arbeitgeber-Verband mit den Gewerk schaften und der ihnen zufallenden Rolle beschäftigt. Es heifst in dieser Hinsicht: „Trotz allen Ableugnens gehorchen die Gewerkschaften, deren Führer man in allen Streik-Kämpfen im Vordergründe sieht, zuletzt doch einzig und allein denselben Drahtziehern, welche die Fäden der politischen Umsturz-Partei in Händen haben.“ Das sind Worte, die jeder unterschreiben mufs, der sich aus eigener Kenntnifsnahme ein Urtheil gebildet hat über den Geist, der in Gewerkschafts-Presse und Gewerkschafts-Versammlungen sein Wesen treibt. Neben den interessanten Mittheilungen, die der aus der Feder des Herrn Dr. Martens stammende Bericht über die bekannten Hamburger Ausstände des vorigen Jahres bringt und die werthvolles Material für weitere Kreise enthalten, finden wir auch sehr zutreffende Ausführungen über den socialpolitischen Uebereifer im Reichstage, insbesondere über den Antrag Trimborn- Dr. Hitze, betreffend die einigungs a m 11 i c h e Thätigkeit der Gewerbegeriehte. Darüber heifst es mit Recht: „Wenn nach dem bestehenden Recht es noch zweifelhaft ist, ob das Gewerbegericht sich mit Streitig keiten zwischen Arbeitern und Arbeitgebern überhaupt befassen darf, bevor die Anrufung nicht von beiden Theilen erfolgt ist, was allerdings von einem Theile der Gewerbegerichte im bejahenden Sinne interpretirt worden ist, so hat nach dem Entwurf das Gewerbe gericht das Recht und die Pflicht, sobald es auch nur von einer Seite angerufen worden ist, sich mit der andern Partei in Verbindung zu setzen und nach Mög lichkeit dahin zu wirken, dafs auch die andere Partei sich zur Anrufung des Einigungsamtes bereit findet. Ja, noch mehr, auch in anderen Fällen, das heifst auch wenn keine Partei das Gewerbegericht angerufen hat, also in allen Fällen, soll der Vorsitzende des Gewerbegerichts sich in die betreffenden Streitigkeiten hineinmischen und den Parteien die Anrufung nahe legen. Aber auch damit noch nicht genug, soll der Vorsitzende Personen, die an Streitigkeiten betheiligt sind, vorladen, vernehmen und im Falle des Nicht erscheinens mit 100 -M Geldstrafe bedrohen können. Wenn man nun gewifs nicht dafür eintreten wird, dafs die Gewerbegerichte auch schon bei Anrufung von seifen einer Partei oder gar ohne jede Anrufung aus eigener Initiative bei Arbeitsstreitigkeiten in Action treten sollen, so übertrifft der einzuführende Ver handlungszwang doch die schlimmsten Befürchtungen. Er bedeutet einen durchaus unberechtigten Eingriff in die persönliche und die wirthschaftliche Freiheit des Einzelnen, einen Eingriff, der auch in der Commission selbst auf heftigen Widerspruch gestofsen ist. Es erscheine, so wurde ausgeführt, grundsätzlich unzulässig, dafs sich der Staat in wirthschaftliche Streitigkeiten einmische und die eine der beiden Parteien unter An drohung von Geldstrafen zum Erscheinen und zur Aussprache zwinge. Kämen die streitenden Theile nicht freiwillig, so erscheine jeder Einigungsversuch doch von vornherein als aussichtslos. Wohl aber sei der Zwang geeignet, nur noch mehr Verstimmung hervorzurufen. Auch frage es sich, ob die Androhung von Geldstrafe überhaupt den Erfolg haben werde, dafs die geladene Partei nun wirklich komme. Allen diesen guten, durchschlagenden Gründen hat sich die Mehr zahl der Commissionsmitglieder nicht zugänglich erwiesen. Man entschuldigte den bisher - beispiellosen Eingriff ins Wirthschafts- und Privatleben damit, dafs jeder Streik eine öffentliche Calamität wäre und das „Publikum“ daher ein Recht habe, die Intervention staatlicher Organe zu verlangen, vergafs darüber, dafs durch dieses Einigungsverfahren, bei dem in 99 °/o der Fälle dem Arbeitnehmer ein Gewinn zufällt, leicht ein allgemeines Streiken aller derjenigen Arbeiter, welche durch das Einigungsamt noch keine Lohner höhung