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Die Reservefonds der Eisen- und Stahl-Berufsgenossenschaften. Das erste Unfallversicherungsgesetz vom Jahre 1884 hatte bekanntlich vorgeschrieben, dafs die Berufsgenossenschaften Reservefonds bilden sollten, und zwar war deren Ansammlung so vorgesehen, dafs Zuschläge zu den jedes maligen Entschädigungsbeträgen von den Berufs genossen alljährlich erhoben werden sollten. Bei der erstmaligen Umlegung sollte der Zu schlag 300 °/o der Entschädigung betragen, bei der 2. 200 °/o, bei der 3. 150 °/o, bei der 4. 100 °/o, bei der 5. 80 °/o, bei der 6. 60 °/o und von da ab bis zur 11. Umlegung jedesmal 10°/o weniger. Nach dieser Bestimmung ist denn auch verfahren worden. Das 11. Jahr der berufsgenossenschaft lichen Thätigkeit war das Jahr 1896. Mit diesem Jahre hörte für alle diejenigen gewerb lichen Berufsgenossenschaften, welche bereits am 1. October 1885 ihre Thätigkeit begonnen hatten, die Verpflichtung zur Erhebung von Zu schlägen für den Reservefonds auf. Indessen war im ersten Unfallversicherungsgesetz noch vorgesehen, dafs die Zinsen des Reservefonds nach Ablauf der ersten 11 Jahre dem letzteren noch so lange weiter zuzufügen seien, bis dieser den doppelten Jahresbedarf erreicht hatte. So bald dies der Fall war, konnten die Zinsen insoweit, als die Bestände des Reservefonds den laufenden doppelten .Jahresbedarf überstiegen, zur Deckung der Genossenschaftslast verwendet werden. Die Eisen- und Stahl-Berufsgenossenschaften hatten insgesammt auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen in den Jahren von 1886 bis 1899 jedesmal folgende Reservefonds zur Verfügung, welche die nebenbei verzeichneten Procentsätze von den gesammten Reservefonds der ge werblichen Berufsgenossenschaften ausmachten: Jf. % % 1886 743 333 13,6 1893 15 274 971 15,9 1887 2 447 355 16,2 1894 16 911 233 15,4 1888 4 537 714 16 1895 18 609 510 15,45 1889 6 510 168 15,6 1896 19 832 463 15,4 1890 8 677 000 15,7 1897 19 872 650 15,3 1891 10 816 700 15,7 1898 19 877 414 15,2 1892 12 992 490 15,6 1899 20 261 729 15,3 Man ersieht aus diesen Zahlen, dafs im all gemeinen in den Jahren von 1886 bis 1896 die Zunahme der Reservefonds der Eisen- und Stahl-Berufsgenossenschaften 1 bis 2 Millionen von Jahr zu Jahr betrug. Vom Jahre 1896 ab hat | die Zunahme nicht so viel betragen, wie die Zinsen ' ausgemacht haben. Es ist also daraus zu folgern, dafs verschiedene Eisen- und Stahl-Berufsgenossen schaften von der gesetzlichen Vollmacht, die Zinsen der Reservefonds zur Deckung der Jahres- | ausgaben zu verwenden, Gebrauch gemacht haben. Jedenfalls steht fest, dafs mit dem Jahre 1899 rund 20,3 Millionen Mark in den Reservefonds der Eisen- und Stahl-Berufsgenossen schaften vorhanden waren. Das neue Unfallversicherungsgesetz, welches mit dem 1. October 1900 in Kraft getreten ist, wird die Kosten, welche die Unfallversicherung verursacht, wesentlich erhöhen. Einmal kommen dabei die vielfachen Verbesserungen in Frage, welche die Arbeiterfürsorge-Einrichtungen er fahren haben. Sodann aber haben auch die Bestimmungen über die Reservefonds eine wesent liche Umgestaltung erfahren, die beträchtliche Mehrkosten im Gefolge haben wird. Bei der Unfallversicherung steigern sich die jährlichen Beiträge, wie bekannt, schon an und für sich, und zwar deshalb, weil für diesen Versicherungs zweig das Umlageverfahren gewählt ist, bei welchem die jedesmal in einem Jahre entstehen den Kosten nach Schlufs desselben aufgebracht werden. Bei der Invalidenversicherung ist be kanntlich das Kapitaldeckungsverfahren ein geführt, nach welchem nicht nur die Jahreskosten, sondern auch die Kapitalswerthe der in jedem Jahre entstehenden Rentenantheile durch Bei träge gedeckt werden. Als das neue Unfall versicherungsgesetz in seinem Entwürfe von den verbündeten Regierungen an den Reichstag ge bracht wurde, befand sich in ihm irgend eine Abänderungsbestimmung, die auf den Reserve fonds Bezug nahm, nicht. Im Reichstage jedoch machte sich untei’ einzelnen Abgeordneten eine Stimmung bemerkbar, die darauf hinaus lief, das Kapitaldeckungsverfahren für die Unfallversiche rung einzuführen. Es sind darauf bezügliche Anträge vorbereitet worden. Als man jedoch sah, dafs dies Verfahren für die Unfallversiche rung nicht zu erreichen war, so legte man sich darauf, eine wesentliche Erhöhung der Reserve fonds durchzusetzen, und diese Bestrebung hat ihren Erfolg leider gehabt. In dem neuen Gesetz ist bestimmt, dafs nach Ablauf der ersten 11 Jahre und, sofern die 11 Jahre bei der Inkraftsetzung des Gesetzes schon überschritten waren, von diesem letzteren Zeitpunkt an die Berufsgenossen schaften dem jeweiligen Bestände der Reserve fonds 3 Jahre lang 10 °/o und weiter in Zeit räumen von je 3 Jahren um 1 °/o weniger bis herab zu 4°/o alljährlich zuzuschlagen haben, und zwar jedesmal unter Anrechnung der Zinsen. Nach Ablauf dieser Zeit sollen aus den Zinsen der Reservefonds diejenigen Beträge entnommen werden, welche erforderlich sind, um eine weitere Steigerung des auf eine versicherte