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Unfallverhütungsvorschriften Sorge zu tragen, sofern diese Verpflichtung statutenmäfsig der Ge nossenschaftsversammlung obliegt, da das Ein treten des R. V. A. gemäfs § 46 nur bei ge wählten Organen der Genossenschaft und daher im vorliegenden Falle — wenn überhaupt — nur dort stattflndet, wo gemäfs § 38 die Genossen schaftsversammlung aus gewählten Vertretern besteht. Da hiernach im Gesetze die Collision zwischen widersprechenden Ansichten von Organen der Berufsgenossenschaften und dem Reichsversiche rungsamt in bestimmten Fällen und zwar ver schieden geregelt ist, erscheint eine analoge Anwendung auf andere Collisionsfälle ausge schlossen, zumal das behördliche Aufsichtsrecht der Selbstverwaltung und Autonomie der Ge nossenschaft gegenüber einschränkend anzuwenden ist. In den Fällen der §§ 31, 34, 44, 51, 110, 115 und 119 des Gesetzes, sowie bei Statutenänderungen einer bereits constituirten Genossenschaft (§ 39 Abs. II G. U. V. G.) und bei Aenderung eines bereits aufgestellten Gefahren tarifs (§ 49 Abs. V) würde hiernach bei Ver sagung der Genehmigung des Reichsversicherungs amts ein rechtsgültiger Beschlufs nicht zustande kommen und es lediglich bei dem bisherigen Zustande verbleiben. Allerdings würde damit die gesetzliche Bestimmung im § 49 Abs. V, wonach der Gefahrentarif nach Ablauf von längstens zwei Rechnungsjahren und sodann mindestens von fünf zu fünf Jahren unter Berück sichtigung der in den einzelnen Betrieben vor gekommenen Unfälle einer Revision zu unter ziehen und die Ergebnisse derselben der Ge nossenschaftsversammlung zur Beschlufsfassung über die Beibehaltung oder Aenderung der bis herigen Gefahrenklassen oder des Gefahrentarifs vorzulegen sind, illusorisch werden. Dasselbe gilt von der Bestimmung im § 48, wonach die Genossenschaftsversammlung eine Dienstordnung zu beschliefsen hat, durch welche die Rechtsver hältnisse und allgemeinen Anstellungsbedingungen der Genossenschaftsbeamten geregelt werden. In beiden Fällen liegt daher eine oifenbare Lücke des Gesetzes vor, da § 46 mangels Wei gerung und § 126 auf Genossenschaftsversamm lungen nicht anwendbar ist. Indessen dürfte wohl selten eine Collision eintreten, wenn alle Betheiligten das Gesetz im Sinne obiger Grund sätze genau beachten und hiernach in folgender Weise verfahren. Die Ausgestaltung der einzelnen Einrich tungen hängt unter Berücksichtigung der be sonderen Verhältnisse innerhalb der einzelnen Berufsgenossenschaften von dem freien Er messen der Genossenschaften ab. Die erforder liche Genehmigung des Versicherungsamts da gegen beschränkt sich, wo das Gesetz nicht ausdrücklich etwas Anderes bestimmt, auf die I Wahrung der öffentlichen Interessen, sowie insbesondere auf die Beobachtung der Gesetze. Allerdings ist, da die zu wahrenden öffentlichen Interessen im einzelnen nicht fest stehen und das Reichsversicherungsamt in allen Fällen, mit alleiniger Ausnahme der Genehmigung von Statuten (vergl. § 39 G. U. V. G.) formell endgültig entscheidet (vergl. § 13 des Mantel gesetzes), die Entscheidung mehr oder weniger | dem freien Ermessen des Reichsversicherungs amts überlassen, indessen ist das nicht — wie Piloty anzunehmen scheint — das freie Ermessen, welches gleichberechtigten gesetzgebenden Körper schaften, wie z. B. dem Bundesrath und dem Reichstag oder dem Herren- und Abgeordneten hause gegeben ist. Uebrigens dürfte gerade deshalb, weil gegen die Entscheidungen des R. V. A. im ordentlichen Instanzenzuge ein Rechts mittel nicht zulässig ist, wie auch Piloty a. a. 0. Seite 342/43 hervorhebt, die Erwartung gerecht fertigt erscheinen, dafs das Reichsversicherungs amt im Sinne der Versicherungsgesetze die Selbst verwaltung und Autonomie der Berufsgenossen schaften sowie Versicherungsanstalten wahren und sich auf die unbedingt nothwendige Geltend machung der öffentlichen Interessen beschränken werde. Freilich ist diese Grenze, wie Piloty Anmerkung 1 Seite 343 ausführt, vom Reichs versicherungsamt bis jetzt nicht immer eingehalten worden. Da das Reichsversicherungsamt in geschäft licher Beziehung der Aufsicht des Reichsamts des Innern untersteht, wird auch, wo eine for melle Beschwerde im Gesetze nicht vorgesehen ist, den Genossenschaften und Versicherungs anstalten bei Beeinträchtigung ihrer Rechte die Beschwerde im Dienstaufsichtswege nach all gemeinen Grundsätzen nicht versagt werden können. In dieser Beziehung ist die formulirte Erklärung von Wichtigkeit, welche die Regierungs- Commissare bei der Commissionsberathung über das Unfallversicherungsgesetz abgegeben haben, und welche wörtlich wie folgt lautet: „Das Reichsversicherungsamt ist eine mit selbständigen Entscheidungs- und Zwangsbefug nissen ausgestattete Reichsbehörde, welche un beschadet gewisser, dem Bundesrath übertragenen Functionen die Durchführung des Gesetzes in organisatorischer, administrativer, verwaltungs gerichtlicher und disciplinarischer Beziehung in letzter Instanz in der Hand hat. Eine oberste Reichsbehörde, wie das Reichsamt des Innern, das Reichsjustizamt und das Reichsschatzamt, ist das Reichsversicherungsamt indessen nicht. Aehnlich wie die Reichscommission und das Bundesamt für das Heimathwesen gehört das Reichsversicherungsamt zum Ressort des Reichs amts des Innern, dessen geschäftlicher Aufsicht es untersteht. Das Gesetz gewährt Niemandem, und namentlich auch der erwähnten Aufsicbts-