Volltext Seite (XML)
Aufsiclitsrecht des Reicksversicherungsaints und Autonomie der Berufsgenossenschaften und Versicherungsanstalten. Von Generaldirector Rechtsanwalt Bitta, Neudeck, O.-S. (Schlufs von Seite 166.) Piloty in seinem Werk „Das Reichsunfall versicherungsrecht“ Bd. 2 (1891) Seite 331 folg, bezeichnet die nach Vorstehendem zu I bis X erforderliche Mitwirkung des Reichsversicherungs aints als eine curatelamtliche und führt in dieser Beziehung in Anlehnung an Rosin, „Das Recht der Arbeiterversicherung“ Band 1 Seite 65 folg., besonders 74 f., wörtlich Folgendes aus: „Das Erfordernifs der Genehmigung bedeutet, dafs ein rechtsgültiger Beschlufs nur durch über einstimmende Willensäufserung der Genossen schaft und des Amtes zustande kommt. Die Genossenschaft und das Versicherungsamt sind hierbei nur durch das Gesetz gebunden. Ob das Versicherungsaint seine Zustimmung erth eilen will oder nicht, ist im übrigen Sache seines freien Ermessens. Aber auch die Genossenschaft ist nicht gebunden, sich dem amtlichen Willen zu fügen. Stimmt also das Versicherungsaint dem Genossenschaftsbeschlusse nicht zu, so ist kein Beschlufs vorhanden.“ Das gelte in allen Fällen mit alleiniger Ausnahme der Errichtung eines Statuts oder Gefahrentarifs, nicht auch hinsichtlich der Aenderungen am Statut oder Gefahrentarif, vergl. § 20, jetzt § 39 und § 28, jetzt § 49 des Gesetzes. Dieses Resultat ent spricht allerdings wenig dem Sinn des Gesetzes und dem Zweck der erwähnten öffentlichen Ein richtungen, indessen dürfte sich gegen dasselbe vom logischen Standpunkte aus nichts einwenden lassen. Im einzelnen wird der Fall einer Collision zwischen den Genossenschaftsorganen und dem Reichsversicherungsamt nur in folgenden Fällen geregelt: § 26 des Mantelgesetzes, welcher bestimmt, dafs, sofern bis zum 1. Januar 1902 die Statuten einer Berufsgenossenschaft die nach dem Gesetze erforderlichen Aenderungen nicht erfahren haben sollten, diese Aenderungen durch das Reichs versicherungsamt von Aufsichts wegen vollzogen werden. § 39 G. U. V. G., welcher in Absatz II be stimmt, dafs, falls die Genehmigung des Statuts endgültig versagt ist, das Reichsversicherungsamt ' innerhalb eines Monats eine neue constituirende Genossenschaftsversammlung behufs anderweiter Beschlufsfassung über das Statut einzuladen hat. Wird auch dem von dieser Versammlung be- j schlossenen Statut die Genehmigung endgültig ' versagt, so wird ein solches vom Reichsversiche rungsamt erlassen. Diese Bestimmung gilt hiernach nur bei Con- I stituirung einer Genossenschaft und kommt daher nicht zur Anwendung, wenn eine Genossenschaft bereits errichtet und das Statut derselben ge- | nehmigt ist. § 46 G. U. V. G., wonach — wenn eine Wahl der gesetzlichen Organe einer Genossen schaft nicht zustande kommt, oder die Gewählten die Erfüllung ihrer gesetzlichen oder statuta rischen Obliegenheiten verweigern, dasR. V.A., solange und soweit dies der Fall ist, die Ob liegenheiten auf Kosten der Genossenschaft wahr zunehmen oder durch Beauftragte wahrnehmen zu lassen hat. § 49, welcher bestimmt, dafs, falls ein Ge fahrentarif von der Genossenschaft innerhalb einer vom Reichsversicherungsamt zu bestimmenden Frist nicht aufgestellt, oder dem aufgestellten die Genehmigung versagt wird, das Reichsversiche rungsamt nach Anhörung der mit der Aufstellung beauftragten Organe der Genossenschaft den Tarif selbst festzusetzen hat. Auch diese Bestimmung gilt nur von der erstmaligen Aufstellung, nicht auch von der in Absatz V behandelten Aenderung des Gefahren tarifs. In den Fällen der §§ 42, 95 und 1.07 kann eine Collision nicht eintreten, da das Reichs versicherungsamt die fraglichen Anordnungen bezw. Vorschriften betreffend Uebertragung be stimmter Geschäfte auf besoldete Geschäftsführer, Ergänzung des Reservefonds, sowie Aufbewahrung von Werthpapieren selbständig erläfst. § 112 G. U. V. G. bestimmt, dafs die Ge nossenschaften befugt sind, Unfallverhütungs vorschriften zu erlassen und hierzu im Aufsichts wege angehalten werden können. Wie diese Vor schrift durchgeführt werden soll, ist nicht recht ersichtlich, da dem Reichsversicherungsamt eine Strafbefugnifs für diesen Fall nicht gegeben ist, (vergl. § 125 Abs. III und § 126 des G. U. V. G., welcher letztere nicht anwendbar ist, da er sich nur auf die Inhaber der Genossenschaftsämter, nicht auch auf die Genossenschaftsversammlung bezieht, vergl. auch §§ 43 bis 45 eod.), und ein Recht zur Octroyirung bestimmter Vorschriften behufs Verhütung von Unfällen, wie bereits oben hervorgehoben wurde, ebenfalls nicht besteht. Dasselbe gilt von der Bestimmung im § 119, wonach die Genossenschaften verpflichtet sind, für die Durchführung der gemäfs § 112 erlassenen