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1. März 1901. Amerikanische Neuerungen in Schienenwalzverfahren. Stahl und Eisen. 223 R. W. Hunt of Chicago, Col. Thomas John haltspunkte und ernsten Zweifel an dem wirk son, Chefingenieur der Philadelphia-Cincinnati, Chicago und St. Louis Eisenbahn, und viele andere bedeutende Ingenieure sehen in dem Vorgehen der Carnegie Steel Company einen bedeutenden Fortschritt für die Versorgung der Eisenbahnen mit Schienen, welche dieselben guten Betriebs resultate ergeben werden wie die früheren kleineren Profiles.“ Diese Mittheilungen des „Iron Age“ über das neuartige Verfahren des Schienenwalzens in Amerika sind gewifs interessant und bemerkens- werth, bedürfen aber entschieden einer näheren Untersuchung daraufhin, inwieweit die gemachten Angaben einestheils wirklich zutreffen, andern- theils etwa für unsere deutschen Verhältnisse in Frage kommen. In einer der Redaction dieser Zeitschrift darüber zugegangenen Zuschrift wird u. a. darauf aufmerksam gemacht, dafs ein ähn licher Vorgang bereits vor mehreren Jahren von der Eisenbahndirection Köln in Vorschlag ge bracht wurde. Beweiskräftige Versuche darüber, ob wirklich eine Zunahme der Dichtigkeit und der Dauerhaftigkeit bei kaltgewalzten Schienen stattfindet, sind nach Kenntnifs des Briefschreibers in Deutschland noch nicht angestellt worden. Letzterer ist der Ansicht, dafs eine sehr wesent liche Verdichtung nicht stattfinden wird, da der Walzdruck in den letzten Stichen nicht sehr be deutend ist, während der Widerstand gegen Ver dichtung durch die Abnahme der Temperatur sehr rasch und bedeutend steigt. Jedenfalls hatte das früher übliche Vorschmieden der Blöcke einen viel gröfseren Einflufs auf locale Ver dichtung des Materials. Der Verfasser der Zu schrift hat aber nie gehört, dafs behauptet worden ist, die auf diese Weise hergestellten Schienen hielten viel länger (natürlich bei gleichem Material). Alles in Allem gehöre die Frage zu denen, die mit grofser Vorsicht aufzunehmen seien. In einem zweiten Schreiben, das ebenfalls der Redaction dieser Zeitschrift zuging, heifst es übereinstimmend, dafs sich schwer sagen lasse, inwieweit die Qualität der Schienen wirk lich verbessert wird, und dafs dies ganz von den Einrichtungen und der Qualität des ver wendeten Stahls abhängen werde. Ferner folgert Schreiber aus dem Aufsatze, dafs die Lieferungs bedingungen der Amerikaner, welche den Schwer punkt auf die chemische Zusammensetzung des Materials legen, jetzt dort selbst als nicht richtig anerkannt werden und dafs man für die Folge dort wohl, wie das ja auch bei uns geschieht, in erster Linie den Schwerpunkt auf die physi kalische Untersuchung des Materials legen werde. Meiner Ansicht nach ist noch Folgendes üb erlegen sw er th und ergiebt auch ein Vergleich in der Entwicklung des Eisenbahnbaues und Betriebes früherer und heutiger Zeit einige An lichen Werthe der neuen amerikanischen Methode. Vor allem ist des Umstandes gar keine Er wähnung gethan, dafs man vor 15 und mehr Jahren wohl kleinere Schienen, sagen wir von ungefähr 20 bis 25 kg, verwendete; dabei waren aber auch viel kleinere Ladegewichte der Wagen in Gebrauch und fuhr man auch mit bedeutend kleineren Geschwindigkeiten. In Amerika speciell haben sich die Tragfähigkeiten gegenüber der damaligen Zeit verfünffacht, nämlich von 20000 auf 100000 Pfund. Die Fahrgeschwindigkeiten haben sich durchweg nahezu verdoppelt. Da durch allein ergiebt sich schon eine bedeutend höhere Abnutzung der Schienenköpfe, insbesondere wenn man dabei noch berücksichtigt, dafs das Schienengewicht nicht Schritt gehalten hat und sich in derselben Zeit kaum verdoppelte. Auch das heute gleichmälsige und gleichzeitige Bremsen dürfte durch die dadurch entstehende gleitende Reibung eine Vermehrung der Abnutzung hervor rufen. Durch die chemischen Verbesserungen stieg wohl die Festigkeit der Schienen, in dem selben Mals stiegen aber auch die Uebernahms- bedingungen welche man an den Bandagenstahl stellte. Letzteres trifft zwar in Amerika für Lastwagen nicht zu, da diese meist Hartgufs- räder (ohne Tyre) besitzen. Dafür hat aber im allgemeinen auch die Anzahl der i. d. Stunde über eine Schiene laufenden Räder bedeutend zugenommen. Es dürfte sich somit die geringere Dauerhaftigkeit der heutigen Schienen aus dem Gesagten viel eher erklären lassen, als aus einer Aenderung des physikalischen Zustandes. Was nun den Einflufs des Kaltwalzens an belangt , so ist kaum anzunehmen, dafs der selbe sich gleichmäfsig über den ganzen Kopf querschnitt vertheilt. Zunächst wird wohl aufsen so etwas wie eine Kruste mit etwas mehr Härte entstehen. Es ist aber zu be rücksichtigen , dafs gerade der äufsere kältere Theil des Kopfes viel weniger fähig für eine Gefügeveränderung im dunkelrothwarmen Zu stande sein wird, als der innere naturgemäfs noch wärmere Theil. Auf dieses innere weichere Material dürfte der an den Aufsenflächen wirkende Walzdruck, welcher von letzteren auf die inneren Molecüle übertragen wird, wahrscheinlich viel mehr Einwirkung haben. Es kommt dabei wohl auch viel darauf an, ob im letzten Kaliber wirk lich noch stark gedrückt wird, oder ob es mehr als Polirgerüst dient. Sämmtliche Abbildungen geben Bilder aus dem Kopfinneren wieder, was obige Annahme bestätigen würde. Zur Beschreibung der Walzwerksanlage sind vielleicht noch einige Ergänzungen bezüglich der sogenannten „Cambering-Rolls“ am Platze. Auf den meisten amerikanischen Schienenwerken ist es nämlich üblich, die von den Warmsägen bereits durchschnittenen Stücke solche „Gegen-