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206 Stahl und Eisen. Industrielle Rundschau. 15. Februar 1901. Westfälische Drahtindustrie, Hamm i. W. Itn Bericht für 1899/1900 wird Folgendes ausgeführt: „Die für die gesammte Eisen- und Stahlindustrie aufserordentlich günstige Lage brachte auch für uns aufsergewöhnlich gute Belriebsergebnisse, trotzdem wir, wie im Vorjahre uud zwar in erhöhtem Mafse unter Mangel an Halbzeug und Roheisen zu leiden hatten. Die Production blieb infolgedessen wiederum gegen das Vorjahr erheblich zurück. Ueber Kohlen mangel haben wir uns nicht zu beklagen gehabt. Wir erkennen dankbar an, dafs das Rheinisch- Westfälische Kohlensyndicat stets unsere Wünschen wegen Kohlenlieferungen bereitwillig nachgekommen ist, obwohl der Betrieb unserer Werke infolge der ungenügenden, unregelmässigen Anlieferung von Halb zeug und Roheisen sich, ebenfalls sehr unregel- mäl'sig gestaltete. Der Versand in das Ausland war im Vorjahre 10 °/o, im Jahre 1897/98 42°/o höher als im abgelaufenen Geschäftsjahre. Von welcher Wichtigkeit die Ausfuhr von Draht und Drahtwaaren in nationalökonomischer Reziehung ist und wie sehr die Unterstützung im eigensten Interesse der Rohstoff verbände liegt, haben wir im letzten Bericht bereits hervorgehoben. Das Drahtstiftsyndicat hat mit befrie digendem Erfolge gearbeitet, Durch das ruhige Vor gehen desselben ist verhindert worden, dal's die Preise auf eine übertriebene Höhe gestiegen sind. Dadurch, dafs das Syndicat immer nur den wirk lichen Bedarf für einen kurzen Zeitabschnitt verkaufte, wurde bei den hochgehenden Wogen der Conjunc- tur die Speculation ausgeschlossen, so dafs glücklicher weise kein Käufer bei dem eingetretenen Preisrück gang auf gröfsere Abschlüsse hängen bleiben konnte. Durch das Walzdrahtsyndicat haben wir wegen Mangel an Drahtknüppel einen directen Vortheil nicht erzielen können, da wir die ganze Production an Walzdraht in unsere Betrieben zu fertiger Waare verarbeiten mufsten, um unsere Arbeitern Arbeits gelegenheit zu schaffen. Aus gleichem Grunde haben wir grofse Quantitäten Walzdraht im Inlande und Drahtknüppel im Auslande kaufen müssen. Trotz dieser grofsen Opfer und trotz des durch Material mangel bedingten, unregelmäfsigen und vertheuerten Betriebes ist dank der guten Conjunctur das Geschäfts- ergebnifs. wie schon gesagt, ein sehr erfreuliches und übersteigt der Gewinn des abgelaufenen Geschäftsjahres jeden der vorhergehenden Jahre. Ueber Frachten verhältnisse haben wir wiederum nichts Neues zu berichten, besonders nicht über Tarifermäfsigungen nach den Seehäfen, die unserm Ausfuhrgeschäft direct zu gute gekommen wären. Leider haben wir dieses Mal über Betriebsstörungen zu berichten, verursacht durch einen gröfseren und einen kleineren Brand. Dank des coulanten Vorgehens der Feuerversicherungs- Gesellschaften, die uns in jeder Beziehung unterstützten, um mit den durch Feuer beschädigten Betriebsstellen baldmöglichst wieder in Betrieb zu kommen, wurden wir vor gröfseren Verlusten bewahrt. Unsere Filiale in Riga hat mit zufriedenstellendem Gewinn gearbeitet, obgleich derselbe wegen des zunehmenden Wett bewerbes gegen das Vorjahr zurückgeblieben ist. Gleich dem Vorjahre kamen in Riga Thomas-Draht knüppel deutscher Herkunft nicht zur Verarbeitung. Der Bruttogewinn des Geschäftsjahres 1899/1900 beläuft sich auf 2 978088,53 dl, unter Hinzurechnung des Gewinnvortrages aus 1899 1900 im Betrage von 29 087,55 dl auf 3 007 176,08 dl. Im Jahre 1899/1900 betrug der Gesammtumsatz 18 602481,79 dl. Producirt wurden: Walzfabricate, gezogene Drähte, Drahtstifte, Niete, Splinte, Ketten, Schrauben, Haken, Springfedern, Stachelzaundraht und Drahtseile 177 164-957 kg, Leuchtgas 450 869 cbm. An Löhnen wurden verausgabt 2 394 800,23 dl. Die Anzahl der Arbeiter betrug 2259. Ueber das seit dem 1. Juli 1900 laufende, neue Geschäftsjahr können wir berichten, dafs der Versand per I. Quartal wiederum gegen den gleichen Zeit abschnitt des Vorjahres zurückgegangen ist. Wenn wir trotzdem in dieser Zeit einen um 176 020,86 dl höheren Umsatz erzielten, so erklärt sich derselbe dadurch, dafs wir in der gleichen Zeit des Vorjahres noch nicht in den vollen Genufs der höheren Ver kaufspreise getreten waren, wohingegen im 1. Quartal des laufenden Geschäftsjahres zum grofsen Theil Ge schäfte aus der günstigsten Zeit des Vorjahres zu den höchsten Verkaufspreisen (aber auch bei ganz erheblich höheren Selbstkostenpreisen, infolge der gesteigerten Preise für Halbzeug, Roheisen und Kohlen) zur Ausführung kamen. Die Preise, die wir heute bei neuen Geschäften erzielen, sind jedenfalls schlecht. Ueber das voraussichtliche Ergebnifs des laufenden Geschäftsjahres sind wir leider nicht in der Lage, eine Ansicht aussprechen zu können. Wir glauben aber, dafs, wenn der Krieg in Südafrika, der sich nunmehr länger als ein Jahr hingezogen hat, und die Wirren in Ostasien beendet sein werden, wir wieder ein besseres Ausland- und Inlandgeschäft bekommen werden, — zumal der Mangel an Halbzeug und Roh eisen bereits seit einigen Monaten ein Ende erreicht hat. Hoffentlich entschliefsen sich auch endlich die Verbände der deutschen Kohlen-, Roheisen- und Stahl industrie im allgemeinen und gegenseitigen Interesse gegen die Concurrenz Nordamerikas durch Bewilligung einer ausreichenden Exportbonification gemeinsam vorzugehen, um die durch dieselbe in den letzten Jahren auf den Weltmarkt verlorenen Arbeitsmengen den deutschen Fabricanten wieder zuzuführen. Bei richtiger Würdigung der Verhältnisse dürfte es auch auf die Dauer nicht ausgeschlossen sein, dafs das für Deutschland so wichtige Ausfuhrgeschäft eine Unterstützung finden dürfte seitens des Eisenbahn- fiscus durch Ermäfsigung der Frachten nach den Seehäfen, sowie seitens der grofsen deutschen Rhede- reien durch Ermäfsigung der Seefrachten.“ Die Generalunkosten belaufen sich auf 189935,44dl. Die Abschreibungen betragen 220722,04 Obligations zinsen': 4% Zinsen aus 2 941000JZ 58820dl, 4% Zinsen aus 2 910 000 dl ~ 58 200 dl. Der Gewinnsaldo pro 1899/1900 beträgt alsdann 2479 498,60 dl, ab Gewinnvortrag aus 1898/99 29 087,55 dl, zum ge setzlichen Reservefonds 307 491,07 dl, Rücklagen auf Rohmaterial-Abschlüsse 750000 dl, Zuweisung zur Beamten-Unterstützungskasse 50000 dl, bleiben 1 342 919,98 dl Hiervon 5°/o Tantieme für den Vorstand ^67 146 dl, 4 °/o Dividende 319 992 Uf, bleiben 955 781,98 dl. Hiervon 5 Tantieme für den Aufsichtsrath 47 789,10 dl, Rest 907 992,88 dl. Hierzu Gewinnvortrag aus 1898/99 29 087,55 dl, er- giebt 937 080,43 dl, die wie folgt verwendet werden sollen: 11 °/° Superdividende 879 978 dl, Gewinn vortrag pro 1900/1901 57 102,43 d!.