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15. Februar 1901. Der Stahl der Bethlehem Steel Co. u. s. w. Stahl und Eisen. 175 erfordert die Abnahme eines tieferen Schlicht spanes. Dessen ungeachtet würde der Umstand, dafs man den schwächeren Span mit dem amerikanischen Stahle mit höherer Schnitt geschwindigkeit, also bei greiserer Arbeitsleistung in der Zeiteinheit abnehmen kann, einen posi tiven Vorzug' desselben vor gehärtetem Werk zeugstahl oder gewöhnlichem naturharten Stahl bedeuten. Dieser Vorzug wird aber immer kleiner, je mehr jene Momente in Betracht kommen, bei welchen unter Anwendung geringer Schnitt geschwindigkeiten die Arbeitsleistung mit dem schneidenden Stahle wachsen. Dieser Umstand schmälert aber den thatsächlichen Gewinn aus Zeit- und Lohnersparnifs bei Anwendung von Taylors Methode wesentlich, denn bei Beurthei- lung des ökonomischen Erfolges derselben kann naturgemäfs nur die Mehrleistung nach Taylors Methode in Betracht kommen. Im Pariser Prospect der Bethlehem-Stahl werke ist die durchschnittliche Leistung von 14,1 auf 62,3 kg i. d. Stunde abgeschnittenes Metall gestiegen. Der Arbeitsgewinn beträgt daher i. d. Stunde 48,2 kg oder 340 °/o. Wenn man nun in Betracht zieht, dafs die Bethlehem- Stahlwerke durchschnittlich als weich zu be zeichnendes Material bearbeiten, so kann diesen Angaben um so mehr Glauben geschenkt werden, als ja auch die durchschnittliche Span tiefe erhöht wurde, der Arbeitsgewinn also der höheren Schnittgeschwindigkeit nicht allein zugeschrieben werden kann. Das Unglaubliche in den vor stehenden Angaben ist lediglich in der überaus geringen durchschnittlichen vorher erzielten Arbeitsleistung von 14,1 kg abgeschnittenen Metalles i. d. Stunde (also nur 0,235 i. d. Minute) zu suchen. Wenn dies die Folge der Anwendung amerikanischer Drehstahlfabricate ist, so erscheint diese Angabe als keine Empfehlung für dieselben und man kann dann wohl begreifen, dafs die Einführung der Taylorschen Schnelldrehmethode einen thatsächlichen Arbeitsgewinn von 340 °/o in sich schliefst. In Deutschland treffen diese Verhältnisse in gleichem Mafse nicht zu, denn man verfügt hier über Stahlqualitäten, welche bei ausreichender Schneidkraft und geringerem Krafterfordernifs auf gleich weiche Materialien, als die in den Bethlehem-Stahlwerken bearbeiteten, eine wesent lich höhere Arbeitsleistung, ausgedrückt durch das in der Stunde abgeschnittene Metall, ge statten. Einige hierauf bezügliche Ermittlungen in Bismarckhütte haben z. B. ergeben, dafs beim Drehen einer gut ausgeglühten Stange Werk zeugstahl von 238 mm Durchmesser von der chemischen Zusammensetzung 1,49 °/o Kohlen stoff, 0,34 °/o Mangan und 0,35 °/o Silicium mit gutem Specialstahle eine Spantiefe von 6 mm, Vorschub 1,5 mm und 3,04 m/min. Schnitt geschwindigkeit erreicht werden konnten. Es wurden hierbei in einer Minute 0,202 kg Späne abgedreht. Bei Anwendung eines in Bismarckhütte her gestellten, dem amerikanischen gleichwerthigen Stahles derselben Schneidenform konnte die Schnittgeschwindigkeit bei gleicher Spantiefe und Vorschub auf 5,32 mm erhöht werden. Hierbei wurden in der Minute 0,340 kg Späne abge schnitten. Der thatsächliche Arbeitsgewinn ergiebt sich hier mit etwa 70 °/o. Die Leistung von 0,202 kg kommt schon bei diesem sehr harten Stahl der vorerwähnten durchschnittlichen früheren Leistung von 0,235 kg der Bethlehem-Stahlwerke recht nahe. Ein Flufsstahl mit etwa 0,45 °/o Kohlenstoff- und 1,20 °/o Mangangehalt kann mit Recht als weicher Flufsstahl bezeichnet werden. Die Festigkeitseigenschaften desselben schwanken jedoch je nach dem Gefügezustande ganz bedeutend. Bei Schmiedung in verhältnifs- mäfsig niederer Temperatur konnten 80 bis 86 kg Festigkeit bei 9 °/o Dehnung in gut ausgeglühtem Zustande 55 kg Festigkeit bei 17 1 / 2 % Dehnung, in hartgewalztem Zustande und bei beschleunigter Abkühlung auf den Belagsplatten etwa 100 kg Festigkeit bei 3 % Dehnung u. s. w. festgestellt werden. Diese an sich recht wohl bekannten Einflüsse sind in höherem Grade ausschlaggebend für die Wahl bestimmter Schnittgeschwindig keiten, Spantiefen oder eines bestimmten Vor schubes, als die chemische Zusammensetzung. An einem Material derselben chemischen Zu sammensetzung werden die Arbeitsleistungen des selben Stahles verschieden sein, wie dessen Gebrauchsdauer, wenn dieses Material sich in verschiedenen, durch die Bearbeitung und die Einwirkungen der Erwärmung und Abkühlung herbeigeführten Gefügezuständen befindet. Es bildet dies ein weiteres, wichtiges Moment für die Anwendung von Taylors Arbeitsverfahren, denn die Erzielung maximaler Arbeitsleistungen würde es zur Bedingung machen, die zur Be arbeitung gelangenden Materialien vor derselben in jenen Gefügezustand zu versetzen, in welchem dieselben die geringste Festigkeit besitzen (also in gut, aber nicht übermäfsig geglühtem Zu stande). An ausgeglühtem Stahl der vorerwähnten chemischen Zusammensetzung kann man mit gehärtetem Stahl der Schruppschneidenform un bedenklich 1,4 mm Vorschub, 6 mm Spantiefe und 12 m/min. Schnittgeschwindigkeit wählen. Die Arbeitsleistung hierbei ist etwa 0,750 kg i. d. Minute an geschnittenen Spänen. An weichem Flufseisen kann man bei Anwendung einer ge härteten Specialstahlschruppschneide, 1,4 mm Vorschub und 6 mm Spantiefe mit aller Ruhe 20 m Schnittgeschwindigkeit wählen und erzielt hierbei etwa 1,2 kg abgeschnittene Späne i. d. Minute. Die thatsächlichen, mit gut hartem Werkzeugstahl erzielbaren Arbeitsleistungen