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sich [vor unseren Augen wandelnde Kohlenstoff uns schon manche aufgegeben hat vom Graphit bis herauf zum Diamanten. Die Bethlehemwerke werden, wie mir der Vertreter sagte, an drei Stellen in Europa, in England, Frankreich und Deutschland, Bevollmächtigte hinsetzen, von denen, sei es die genauere Kenntnifs des Verfahrens, oder — wahrscheinlicher — der zu bereitete Werkzeugstahl zu erwerben sein wird. Unsere Fabricanten werden wohl nicht säumen, sich das neue wichtige Hülfsmittel anzueignen.“ Dem Vortrag folgte eine sehr lebhafte Discussion, durch welche das aufserordentliche Interesse der An wesenden an den Darlegungen des Redners deutlich zu Tage trat. Geh. Bergrath Professor Dr. H. Wedding wies darauf hin, dafs bei der hohen Temperatur, die bei der vorgeführten Art der Arbeit zur Geltung kommt, es erklärlich sei, dafs man gehärteten Stahl nicht ver wenden könne, denn ein solcher würde unter der hohen Temperatur angelassen, d. h. weich werden. Deshalb sei es ihm unwahrscheinlich, dafs Kohlenstoff im Stahl eine Rolle spielt, wie der Vortragende annimmt; im Gegentheil werde man wohl kohlenstoffarme oder aber gar kohlenstofffreie Eisenlegirungen anwenden, um Härte, aber keine Härtung, hervorzurufen. Es gebe ja eine Menge von Elementen, die dazu brauchbar seien, eine naturharte Eisenlegirung hervorzurufen. Nickel in kleinen Mengen könne es nicht sein, wohl aber Chrom, Mangan, Wolfram oder Titan oder Le- girungen dieser Elemente. — Auf die Frage, ob das Werkzeug ebenso warm wird wie das zu bearbeitende Eisen, erwiderte der Vortragende: Das Werkzeug scheint nicht sehr heifs zu werden; es war blofs ein Punkt, die erwähnte kleine schmale Stelle, wo der Span den Stichel berührte und sich Schüppchen auf- geschweifst zeigten; aufserhalb derselben war nichts von Erglühung zu merken. Die Schleifstriche sah man noch ganz deutlich an der Schneide; diese war auch nicht blau angelaufen. Regierungsrath Stercken findet den Vergleich mit dem Spalten des Holzes nicht passend, weil dasselbe stets in der Faserrichtung gespalten wird. Es werde darauf ankommen, wie die Fasern des zu bearbeiten den Stahls liegen. Wie sei bei der Welle zu erklären, dafs die Reifslinie einige Millimeter oder Centimeter vor der Spitze des Stahls liege? Geh. Regierungsrath Re ule au x glaubt nicht, dafs die Abwesenheit der faserigen Zusammensetzung gegen die Annahme spricht, dafs der Span abgerissen, nicht aber abgeschabt wird. Der einmal gebildete Span wirkt, wenn er dick genug ist, biegend auf die Stelle ein, wo er dem Werkstück abgespalten wird, ähnlich wie der, allerdings faserige Span des Holzscheits. Zweifelhaft könnte aber der Vergleich mit letzterem sein, weil das Beil sowohl den Span als auch das bleibende Werkstück berührt, während letzteres hier ja ausdrücklich in Abrede gestellt wird. Man hat aber nicht zu vergessen, dafs an die Stelle der un mittelbar das Werkstück berührenden Stichelpressung die Kräftewirkung tritt, die von The.il zu Theil des ganzen Mechanismus der Drehbank auf die Theilc wirkt. Der Span drückt von oben auf den Stichel, der Stichel seinerseits auf den Stichelschlitten, dieser auf das Drehbankbett, endlich die Körnspitzen auf das Werk stück. Es wird blofs der Umweg durch diese ver schiedenen Theile genommen; die wesentlichen Kräfte wirkungen sind dieselben wie bei der Beilspaltung. Regierungsrath Stercken findet es unwahrschein lich, dafs der Span ohne weiteres immer die gleiche Dicke behält. Er wird doch einmal vielleicht tiefer oder weniger tief abreifsen. Fabrikbesitzer Maether erklärt den Vorgang wie folgt: „Die rauhe Seite des Spanes ist die äufsere, und die glatte Fläche, welche durch den Drehstahl vom Arbeitsstück abgeschnitten wird, die innere. Dadurch, dafs der Span sich ringelt, die kurze Seite nach aufsen die längere hingegen nach innen kommt, wird die Fläche rauh und grätig. Es ist aber unmöglich, dafs beim praktischen Arbeiten bei einer längeren Fläche von einer Stahlwelle ein Span abgedreht werden kann, ohne dafs der Werkzeugstahl den Gegenstand berührt. Ein freies Abbrechen oder richtiger gesagt Abschälen ist unmöglich. Es tritt vielmehr die Erscheinung auf, dafs sich beim kräftigen Arbeiten an das Arbeitsstück vorn auf der Spitze der Schneide von dem Material, das gedreht wird, ein Grat aufsetzt; dieser schneidet gleichmäfsig weg; er ergänzt sich beim Arbeiten fort während und setzt sich beim Schneiden fortwährend an. Bei einer Kanone oder bei einer langen Welle geht der Schnitt gleichmäfsig 'weiter. Der Span, der sich vorn an das Arbeitsstück ansetzt, wird nach und nach ein wenig gröfser und schneidet ruhig weiter, ohne dafs eine Störung ein tritt. So wie man aber den Transport unterbricht, schneidet der Stahl nicht mehr, weil der Grat weg ist und damit auch die Schnittfläche; dann mufs der Stahl erst wieder frisch geschliffen werden, damit er eine frische Schneide bekommt; dann geht es von neuem weiter. Es ist unmöglich, dafs ein Reifsen eintreten kann, sei es bei einem Meifsel, sei es bei einem Drehstahl oder einem Bohrer, so ähnlich wie bei Holz ; oder dafs die Schneide das Arbeitsstück nicht berührt. Geheimrath Reuleaux hat es untersucht, hat genau gesehen, dafs die Spitze des Stahls, die eigentliche Schneide das Arbeitsstück nicht berührt hat, hat aber vielleicht übersehen, dafs sich da ein Grat angesetzt hat, der das Schneiden mitbewirkt. Wenn hier nun von vortheilhaftem Ar beiten gesprochen wurde, wenn der Stahl eingespannt ist, so möchte ich doch behaupten, dafs alle diese Kunststücke mit dem Einspannen des Stahls für Aus stellungen sehr gut sind, besonders an solchen Stellen, an denen man nicht lange arbeiten will; aber - in der Praxis mufs ganz anders gearbeitet werden. Geheim rath Reuleaux hat auch gesehen, dafs das Arbeits stück nicht glatt und sauber war; es war gerissen. Wei - aber mit solchem Stahl vortheilhaft arbeiten und auch Geld verdienen will, mufs so operiren, dafs der Stahl sich nicht über der Oberfläche, sondern auf der Mitte befindet. Wenn der Stahl 4 Zoll im Quadrat hat, dürfte er nicht eine Nuthe stofsen. Er dürfte nicht über die Mitte des Stahls hinausgehen. Denn dadurch, dafs die Schneide beim Schneiden höher steht als die Oberfläche des Stahls, würde sich der Stahl beim Arbeiten nach unten drängen, und da er einen Hebel bildet, so würde er hervorkommen und das Arbeitsstück einreifsen, Nuthen reifsen. Wenn der Stahl auf der Mitte steht und die Drehung statt findet, geht die Schneide ein wenig zurück, weil sie unter dem Mittelpunkt steht; die Schneide darf also nicht über dem Mittelpunkt des Stahls stehen. Ein so starker Span wie dieser ist, übt einen Druck auf den Stahl aus, und dadurch macht er eine Neigung nach vorn und reifst das Arbeitsstück ein. Solche Dinge, wie man sie manchmal in Zeitschriften und Fachzeitschriften liest, lassen sich wohl dem Laien klar machen; für den Praktiker aber sind sie unmöglich.“ Geheimrath Reuleaux wiederholt, dafs er nur streng Thatsächliches berichtet habe. Die Welle war zur Zeit des von ihm gemachten Versuches schon drei- bis viermal überdreht. Sie hatte eine ganz cylindrische Fläche, abgesehen von den Rauhigkeiten und den krystallinischen Fleckchen, die er erwähnte und die beim „Schlichten“ leicht wegzubringen waren. Er weist darauf hin, dafs Erfahrungen von einem ganzen Jahr vorliegen und dafs Versuche ein ganzes Jahr hindurch gemacht worden sind, dafs die Stähle sich dabei vortrefflich gehalten haben, dafs die Leistungs steigerung von 14,1 auf 67,3 wirklich eingetreten ist. Wer sich an den Gedanken anklammere, dafs Nach richten von grofsen technischen Fortschritten des Aus-