Volltext Seite (XML)
Berichte über Versammlungen aus Fachvereinen. Verein deutscher Eisen- und Stahl industrieller. Die am 10. Januar 1901 in Berlin unter dem Vorsitz des Hin. Geheimraths G. L. Meyer-Hannover abgehaltene Hauptversammlung richtete zunächst ein Beileidstelegramm an dieWittwe des verewigten General directors Commerzienrath Seebohm mit der Versiche rung, dafs das Andenken an den um die deutsche Eisen- und Stahlindustrie hochverdienten Verstorbenen niemals erlöschen werde. — Die Neuordnung der Bei tragserhöhung wurde nach den Vorschlägen, welche die Nordwestliche Gruppe gemacht hatte, grundsätzlich gutgeheifsen. Darauf erstattete Hr. Generalsecretär H. A. B u e c k - Berlin den Geschäftsbericht. Er wies zunächst auf die Thatsache hin, dafs England und Belgien bei Lieferungen die deutschen Erzeugnisse vielfach aus drücklich in ihren Lieferungsbedingungen ausschliefsen. Das einzige Gegenmittel bestehe darin, dafs auch bei uns nicht allein der Staat, sondern auch Stadt-, Communal- und andere Verwaltungen das Material diesei - Länder von ihren Lieferungen ausschliefsen möchten. Er machte sodann Mittheilung von sehr dankenswerthen Benachrichtigungen, die dem Verein von den Behörden in Bezug auf auswärtige Absatz gebiete gemacht worden sind. Weiterhin berichtete Hr. Bueck über die Arbeiten des Vereins zur Vorbe reitung der Handelsverträge, streifte auch die Frage der Aufstellung eines Minimal- und Maximal tarifs und wies darauf hin, dafs die Nordwestliche Gruppe des Vereins (Düsseldorf) an dem Wunsche nach einem Einheitstarif festhalte und nur für den Fall, dafs der Doppeltarif für andere Productionsarten zur Aufstellung komme, diesen Doppeltarif auch für die Eisen- und Stahlindustrie verlange. Im übrigen wünsche der Verein im allgemeinen, von einer gröfsern Specialisi- rung der einzelnen Nummern des Tarifs abgesehen, keine hohem Zölle als die im Jahre 1879 festgesetzten, deren Wiederherstellung er da wünsche, wo sie durch neuere Verträge herabgesetzt seien. Beim Abschlufs von Handelsverträgen müsse die Gegenseitigkeit thun- lichst. gewahrt werden. Bezüglich der Zölle auf Maschinen ist dem Reichsamt des Innern eine be sondere Denkschrift des Vereins deutscher Maschinen bauanstalten unterbreitet worden. Hr. Bueck unterwirft dann die Freihandelsbestrebungeneiner eingehen den Kritik und weist u. a. darauf hin, dafs in dem im Auftrage des Handelsvertragsvereins am 7. Januar in Berlin gehaltenen Vortrag des Professors Dietzel- Bonn bereits darauf aufmerksam gemacht worden sei, dafs einer Ermäfsigung der Getreidezölle eine Herab setzung der Eisenzölle unweigerlich folgen müsse. (!) Auch die jüngste Beschlufsfassung des Deutschen Handelstags in Bezug auf die Lebensmittelzölle kritisirt Hr. Bueck und rechtfertigt die Haltung der Industriellen, die mit Fug und Recht gegen eine mäfsige Erhöhung der genannten Zölle Einspruch nicht erheben, falls ohne solche die Landwirthschaft nicht auskommen könne. (Lebhafter Beifall.) Nachdem sich im letzteren Sinne auch noch die HH. Commerzienrath Servaes-Ruhrort und Commerzienrath Haarmann- Osnabrück ausgesprochen, trat die Versammlung ein- müthig dieser Auffassung bei und wies zugleich die Unterstellung zurück, dafs in dieser Stellungnahme zum Schutze der Landwirthschaft irgendwelche Feindselig keit gegen die Arbeiter liege, deren Interessen gerade in.« die deutsche Eisen- und Stahlindustrie allezeit aufs wärmste wahrgenommen habe. Darauf berichtete Hr. Abg. D r. B e um er-Düsseldorf über die praktische Ausbildung der Studiren- den an deutschen technischen Hochschulen und wies darauf hin, dafs die Nordwestliche Gruppe des Vereins (Düsseldorf) mit dem Verein deutschei - Eisenhüttenleute vor wie nach daran festhalte, dafs eine praktische Thätigkeit der Studirenden der tech nischen Hochschulen vor Beginn des Studiums durch aus wünschenswerth sei. Bevor sie jedoch den Vor schlägen zustimme, die eine einjährige praktische Thätigkeit zur Voraussetzung der Aufnahme in die technische Hochschule mache, hält sie eine Umfrage bei den in Betracht kommenden deutschen Werken für nothwendig, wie viele junge Leute jedes Werk aufzunehmen bereit sei, da die genannten Vereine einen unmittelbaren Einflufs auf die Werke nach dieser Richtung nicht haben. Ferner würde eine Trennung des Jahres praktischer Thätigkeit in zwei Theile zu erwägen sein, so dafs das eine halbe Jahr vor den Besuch der technischen Hochschule fiele, während das andere halbe Jahr in dei - Zeit der Ferien zu absolviren wäre. Es wird daher empfohlen, die Vorschläge zunächst an die in Betracht kommenden Werke und Maschinenfabriken zu verschicken, das Ergebnifs der Antworten zusammenzustellen und dann erst die Zustimmung der Vereine herbeizuführen, deren Entschliefsung auf Grund des Ergebnisses wesentlich erleichtert werden dürfte. — In diesem Sinne wurde einstimmig beschlossen, worauf die Versammlung ihr Ende erreichte. Deutscher Handelstag. Vollversammlung in Berlin am 8. und 9. Januar 1901. Die aufserordentlieh zahlreich besuchteVersammlung wurde am 8. Januar um 10 1 /« Uhr durch den Vorsitzen den Geheimrath Fr en tzel-Berlin mit einem Hoch auf den Kaiser eröffnet. Darauf begrüfste Staatssecretär Graf v. Posadowsky den Deutschen Handelstag mit einem Rückblick und einem Ausblick. Der Ausblick berechtigt zu der Hoffnung, dafs Deutschland auch im neuen Jahrhundert weitere Fortschritte machen werde. Dabei ist abei’ nicht zu übersehen, dafs der Wettkampf auf dem Weltmärkte immer schärfer wird. Deutscher Industrie und deutschem Handel wird es abei' gelingeu, durch die Güte der Erzeugnisse immer neue Absatzgebiete zu erwerben. Die Strebepfeiler, die das ganze Gebäude des Deutschen Reichs tragen, sind die verschiedenen Productivstände, sie müssen zusammenstehen, wenn das Ganze gedeihen soll. Darum wünscht Redner zum Schlufs, dafs auch die Berathungen des Deutschen Handelstags zum Wohle des deutschen Vaterlandes beitragen möchten. (Leb hafter Beifall.) Sodann tritt man in die Tages ordnung ein. Der erste Punkt derselben ist der Geschäfts bericht der gedruckt zur Kenntnifs genommen wird. Zum zweiten Punkt: Zolltarifgesetz und Handelsverträge, liegt der folgende Antrag des Ausschusses vor: „Anknüpfend an seine Erklärung vom 14. März 1898 spricht der Deutsche Handelstag die Ueberzeugung aus, dafs zur Erhaltung und Förderung des Volks wohlstandes , der wirthschaftlichen wie politischen Machtstellung des Deutschen Reiches, insbesondere 4