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dann sollen ungewöhnlich lange Schiefsversuche mit diesen Geschützen vorgenommen werden. Das Rohr ist nach der Stahldrahtconstruction gebaut und hat den Vickersschen Schraubenverschlufs mit Stufenschraube und Handbetrieb, auf den wir noch näher zurückkommen werden. In ihrer Ausstellungspublication spricht sich die Firma Vickers dahin aus, dafs die um 1 / 3 ihrer Länge verkürzte Verschlufsschraube eine Verkürzung des Bodenstücks zulasse; das hier ersparte Ge wicht sei zur Verlängerung des Rohres an der Mündung ausgenutzt und dadurch, dafs nun die treibende Kraft des Pulvers länger auf das Ge- schofs einwirken könne, sei eine gröfsere Flug geschwindigkeit und lebendige Kraft des Ge schosses, also auch eine gröfsere Leistung des Geschützes gewonnen. An diese Folgerungen werden Vergleiche geknüpft, in denen darauf hingewiesen wird, dafs die 30,5-cm Drahtkanone mit ihrer lebendigen Kraft von 12 340 mt der in der englischen Marine gebräuchlichen 30,5-cm Kanone, die nach Brasseys Naval Annual nur 10 221 mt leiste, noch mehr aber der französischen 30,5-cm Kanone mit 9425 mt und vollends dem gleichen Geschütz der Vereinigten Staaten von Nordamerika mit 8048 mt, selbst der Elswick - kanone mit 10 415 mt lebendiger Kraft erheblich überlegen sei. Die Richtigkeit dieses Vergleichs an sich ist unanfechtbar, jedoch nicht gerecht, wenn daraus die Ueberlegenheit der Geschütz fabrik von Vickers in constructiver Beziehung gefolgert werden soll, weil alle zum Vergleich herangezogenen Geschütze älterer Construction sind. Andernfalls hätte die Heranziehung der mit dem Vickers-Geschütz gleichaltrigen Krupp schen 30,5-cm Kanone C/99 nicht vergessen werden dürfen. Wir benutzen die Gelegenheit, in der nachstehenden Zusammenstellung dieses Uebersehen gut zu machen und gleichzeitig den Vergleich mit allen hier genannten Geschützen durch Nebeneinanderstellung der sie betreffenden Angaben zu erleichtern. (Die Angaben sind „Brasseys Naval Annual“ für 1900 entnommen und in metrisches Mafs und Gewicht umgerechnet worden.) 30,5-cm Draht kanone L/41,4 Vickers 30,5-cm engl. Mai ine- Draht- kanone L 41,4 30.5-cm franz. Marine ¬ kanone C 93 ca L/41,5 30,5-cm Kanone der Ver Staaten v. N.-A. L/41,8 30,5-cm Kanone L/41,7 von Arm strong Krupps 30,5-cm Kanone C/99 L/40 4/ 45 leicht schwer leicht schwer Rohrlänge Dl 12,6 12,6 ca.12,7 12,7 12,7 12,2 13,7 Gewicht des Rohres . . . kg 51158 50800 46634 52834 49685 45400 49700 52200 56800 Gewicht des Geschosses . 385,6 385,6 292 385,5 385,5 350—445 350—445 350—445 350 -445 Mündungsgeschwindigkeit. m 792,5 721 800 853 731,5 857—760 890—790 925—820 953—845 Lebendige Kraft a. d. AL . Lebendige Kraft auf 1 kg mt 12340 10227 9524 14323 10514 13100 14150 15250 16200 Rohrgewicht Durchschlagsvermög. gegen mkg 241,2 201 205,3 271 209,6 288,5 284,7 292,1 285,2 Stahl cm 83,2 72,7 85,4 92,4 74,2 87,6 91,2 96,5 101,1 Auffallend bleibt es, dafs Vickers und die \ Staaten englische Marine mit der Drahtconstruction keine höhere lebendige Kraft, wie bessere Verwerthung des Rohrmetalles erreicht haben, weil doch an geblich der Vorzug der Draht- vor der Mantel- ringconstruction in erster Linie darin bestehen soll, dafs sie beides, bei steigendem Kaliber sogar in höherem Mafse, ermöglichen soll. Es mufs also damit doch seinen Haken haben, wo für bereits einige bedeutsame Anzeichen sprechen. Nach dieser honorigen Betrachtung des hölzernen Stellvertreters haben wir die Genug- thuung, den Lesern, die uns mit unverzagtem Humor gefolgt sind, ein Geschütz vorzustellen, das als Kreuzergeschütz par excellence be zeichnet wird. Es ist das 19-cm (7,5 in.) Geschütz mit Vickers-Schraubenverschlufs in Mittelpivot- Wiegenlaffete mit schwenkbarer Ladeschale an der Wiege, das direct von den ersten Schiefs- versuchen zur Ausstellung gebracht worden ist und von dem, nach Angabe der Firma, auf Grund der Versuchsergebnisse verschiedene gleiche Geschütze zu weiteren Ver suchen bestellt haben sollen. Gegen Ende des Jahres 1898 hat, nach Mittheilungen der englischen Presse, die englische Admiralität die Firmen Vickers und Armstrong sowie das Arsenal zu Woolwich aufgefordert, Entwürfe eines neuen 19-cm Schnellfeuergeschiitzes vorzubereiten. Den Anlafs dazu gab die Erwägung, dafs man künftig die Kriegsschiffe nicht mehr wie bisher nur theilweise, sondern der ganzen Länge nach mit einem Hartpanzer Kruppscher Art bekleiden werde, gegen den die 15,2-cm Schnellfeuer kanone auf die Entfernungen von 2000 bis 3000 m nicht mehr ausreiche; weil aber die 20,3-cm Kanone zu schwer und zu schwer zu bedienen sei, so sei ein dazwischenliegendes, aber mehr dem letzteren sich näherndes Kaliber ein Bedürfnifs. In einem dem Unterhause am 23. Februar 1900 vorgelegten Bericht theilt Lord Goschen mit, dafs ein von der Firma Vickers neu construirtes 19-cm Sf.-Ge schütz zur Einführung in die Marine bestimmt