Volltext Seite (XML)
52 Stahl und Eisen. Ueber neuere Formen von Herdschmelzöfen für Flufseisen. 15. Januar 1901. fähigkeit erreicht, dafs ein, mit der nöthigen Neigung versehener fester Herd, bei sorgfältiger Herstellung und aufmerksamer Behandlung im Betriebe, nur geringer Ausbesserung nach jeder Schmelzung bedarf, um sehr lange zu halten. Im allgemeinen wird ein Herdofenstahlwerk stets eine mindest gleich hohe Erzeugung und dabei noch eine gröfsere Sicherheit gegen Betriebs störung erlangen, wenn anstatt drehbarer, feste Oefen in solcher Zahl genommen werden, dafs etwa dreiviertel der Anlagekosten der ersteren aufgewendet werden. Es wird ferner noch als ein Vortheil der Drehöfen bezeichnet, dafs ein solcher je nach Bedarf theilweise entleert und der Rest des Inhaltes je nach Belieben verändert werden kann. Diese Eigenthümlichkeit hat aber nur für die Herstellung von Stahlformgufs und Blöcken zu Schmiedestücken wirklichen Werth, denn in der Massenerzeugung von Blöcken für Walzzwecke ist es stets am vortheilhaftesten, die fertige Schmelzung so rasch als möglich ohne Unter brechung in die Giefspfanne zu entleeren. Im allgemeinen spricht zweifellos die Er fahrung im Hüttenbetriebe gegen die Anwendung von mechanischen Hülfsmitteln an Oefen, was am besten durch die fast endlose Zahl von Ver suchen bewiesen wird, welche an dem Vorgänger des Herdofens, dem Puddelofen, angestellt worden sind. Nachdem alle mechanischen Rührer erfolg los geblieben waren, traten die Dank sehen Walzen- und Pernot sehen Tellerdrehöfen mit ihren Varianten, Schaukelöfen, Doppelherdöfen u. s. w. auf, welche alle weniger oder mehr Aufsehen erregten, aber jetzt zum gröfsten Theil verschwunden sind und wovon keiner imstande war, den einfachen Puddelofen zu verdrängen, trotzdem bei diesem das Bedürfnifs des Ersatzes der Handarbeit durch Mechanik in viel gröfserem Mafse vorhanden ist, als beim Herdofen. Eine besondere Wichtigkeit hat der Dreh ofen infolge dieser Eigenthümlichkeit durch das Auftreten des Talbot sehen Verfahrens erhalten, weil dieses im wesentlichen auf der theilweisen Entleerung beruht, und da die verschiedenen Schmelzmethoden im allgemeinen auch einen Einflufs auf die Form des Ofens haben, was hier in besonderem Mafse zutrifft, und für die Einführung desselben in letzterer Zeit grofse Anstrengungen gemacht werden, so mag eine nochmalige Beleuchtung desselben hier wohl am Platze sein. Hierzu giebt die Veröffentlichung des Berichtes über den „Continous Steel Process“ im „Journal of the Iron and Steel Institute London“, Band 1900, eine sehr geeignete Gelegenheit, indem aus der Discussion hervorgeht, in welcher Weise für dieses Verfahren Reclame gemacht wird. Es darf nämlich doch erwartet werden, dafs solche^ Berichte wissenschaftlich richtig verfafst werden, und Talbot würde zweifellos die Annahme, dafs ihm die nachstehend be schriebene Unrichtigkeit nicht bekannt gewesen sei, mit Entrüstung zurückweisen. Mr. Talbot sagt in seiner Schlufsantwort: „Mr. Daelen admitted that the probable loss by.the duplex System was 12 to 13 %, which, compared with the authors (Talbots) process, giving a gain of 6 to 7 per cent; showed a difference of 18 to 20 per cent, which at present prices was a gain of from 15 to 20 sh per ton.“ Da eie n hat gesagt, dafs nach den Erfah rungen in Krompach beim Vorfrischen (d. h. ohne Erzzusatz) 6 bis 7 % und im Herdofen ebensoviel Abbrand entstände, dafs das Krompacher Eisen 2,5 bis 2,8 % Mangan enthielt, aber 1 % für das Vorfrischen genüge, und dafs daher ein normales Roheisen im ganzen nur etwa 12 % Abbrand ergeben würde, also weniger als im allgemeinen das Bessemern, und nicht viel mehr als das Martiniren, welches im Gewöhnlichen 8 bis 10% ergäbe. Dieser Verlust an Abbrand könne durch Zusatz von Eisenerz ersetzt werden, und dann entständen Resultate, wie sie von Riley* und Talbot angegeben würden, welche aber insofern nicht den angegebenen Verfahren allein als Vor zug anzurechnen seien, da ein Gleiches bei jedem Schmelzverfahren, also auch beim Duplex-Ver- fahren erzielt werden könne, wenn nur Wärme und reducirende Gase bezw. Elemente genügend vorhanden seien. Wenn Talbot sagt, dafs er um 20% mehr Ausbringen hat, als wir, und daher sein Ver fahren um 20 sh die Tonne billiger sei, so rechnet er den vollen Werth des mehr erzeugten Flufs- eisens zu seinen Gunsten, ohne die Material- und Betriebskosten dafür in Anrechnung zu bringen. Angenommen, das Erz koste 15 sh die Tonne und habe einen Gehalt an Eisen von 60 %, dann kostet die Tonne darin enthaltenen Eisens 25 sh. Das Ausbringen an Eisen aus dem Erz beträgt im Herdofen etwa 50 bis 75%; nehmen wir an, dafs das Talbotsche Verfahren 75% ergiebt, so kostet das Eisen 33 sh die Tonne. Der Abbrand im Herdofen ohne Zusatz von Erz beträgt 8 %, so dafs ein Ausbringen von 107% einen Zugang von 15% Eisen durch Erzzuschlag erfordert, welcher 3,3.15 = 4,95 sh die Tonne kostet, und der Unterschied nicht 20 sh, sondern 15,05 sh im günstigsten und entsprechend weniger im ungünstigsten Falle beträgt. Des weiteren tritt aber nun die Frage auf, ob diese Eigenthümlichkeit, durch den Erzzusatz ein Ausbringen von 107% zu erzielen, nur dem Talbotschen Procefs eigen wäre. Das ist aber nicht der Fall, denn es ist seit langer Zeit be kannt, dafs im gewöhnlichen Herdofenverfahren um so mehr Erz reducirt werden kann, je höher * „The use of fluid metal in the open hearth furnace“ Journal of the Iron and Steel Institute, 1900 Nr. 1.