Volltext Seite (XML)
AG Gut vorher, wie mau sagt, „ausgeschlachtet- und sodann, um sich iu den vesttz der BerficherungS- summ, zu setzen, die Brandstiftung herbeigeführt haben. Dieselbe wurde auf Anstiften des obengenannten Eigen» thümerS und des Pferdehändlers Käubler in Falken» dach von einem gewissen Faulhaber aus Lügau und dessen Schwiegervater, dem Agenten Hildebrandt in OelSnitz, auSgeführt. Beide sollen für ihre That ent» sprechende Belohnung bekommen habe». Von einem der vetheiltgten, von dem Faulhaber aus Lugau selbst, wurde einem hiesigen Schutzmanne darüber Anzeige gemacht, angeblich deshalb, weil Martin ihm einen großen Geldbetrag verweigert hatte und weil er sein Gewissen durch ein Gestandniß erleichtern wollte. Die genannten Personen find aus Veranlassung der Polizei verhaftet worden und eS wird sich bald ze'gen, wie weit sich die aufregenden Nachrichten bewahrheiten. Wie eS scheint, habe» alle drei Mitwisser von dem Gastwirthe Martin Schweigegeld erpreßt. Zittau. In große Aufregung und Beirübniß find die WirthSeheleute Richter in Althörnitz durch eine falsche Nachricht versetzt worden. Der Magistrat von Freifing in Bayern sandte durch den Gemeinde vorstand ein Schreiben an die Richterschen Eheleute, in welchem diesen mitgethesit wird, daß ihr Sohn, der Zinngießer Max Richter, im Krankenhause zu Freising gestorben sei, und daß sie 61,75 Mk. Kurkosten ein zusenden hätten. Vorher war über die Erkrankung deS Sohnes, der längere Zeit in München gearbeitet hatte, keinerlei Nachricht an die Eltern gelangt, da aber alle Namen, das Geburtsjahr rc. genau stimmten, so hielt die Familie Richter die Nachricht für wahr. Zwar war der Sohn zuletzt in Leipzig gewesen, doch hatte er vielleicht, so nahm man an, das WeihnachtS- fest in München verleben wollen, war auf der Reise erkrankt und in Freising gestorben. Sonnabend Nacht reiste der Bruder des angeblich Verstorbenen nach Leipzig, um zu sehen, wie die Sache sich verhielt. Mit freudigem Erstaunen konnte derselbe dort den Todt- geglaubten in seine Arme schließen, denn Max Richter hatte Leipzig gar nicht verlassen und lebte dort ge sund und munter. Die schwer betrübten Eltern wurden sogleich durch ein Telegramm benachrichtigt und die beiden Brüder feierten ein recht fröhliches Wiedersehen. Auf welche Weise der Jrrthum entstehen konnte, ist noch nicht aufgeklärt. Tagesgeschichte. — 41 Initiativanträge find im Reichstage nach der jetzt veröffentlichten Ueberficht eingebracht worden, darunter 6 vom Zentrum, 2 von den Konservativen, 8 von den Sozialdemokraten, 10 von der Freisinnigen Volkspartei, der Freisinnigen Vereinigung und der deutschen Volkspartei, 11 von den Nationalliberalen, 3 von den Antisemiten und 3 von fraktionslosen Ab geordneten. — Zur Feier des kaiserlichen Geburtstages wird das württembergtsche Königspaar am 26. Januar in Berlin eintreffen. — Im preußischen Abgeordnetenhaus soll von freifinniger Seite demnächst eine Interpellation wegen der Ausweisungen aus Schleswig eingebracht werden. — Der schlesische Provinzial Landtog zu Breslau beschloß, jährlich eine halbe Million Mark aus dem Vermögen der schlesischen Jnvaliditäts- und Allers- Versicherung der Anstalt zur Förderung des Baues von Arbeiterwohnungen zu übermitteln. — Unter der Ueberschrift: Die AuSlandSheere und die Militäroorlage veröffentlicht die „N. A. Z." fol genden Artikel: „Bei der Berathung der Militäroorlage im Reichstage hat der Abgeordnete Richter die schon vorher in der „Freis. Ztg." zu lesende Behauptung wiederholt, daß mit Rücksicht auf das Ausland die Militäroorlage nicht geboten erscheine. Es ist nicht schwer, hier an der Hand der Daten, die auch dem Laien bekannt sein können, die Behauptung als durch aus unrichtig zu beweisen. Der Budgetvoranschlag des sranzöfischen Kriegsministers für 1899 fordert im Ordinarium 632 Millionen, d. h. 10 Millionen mehr als 1897 für das Totalbudget bewilligt wurden, 649 Millionen hat der Budgetausschuß — ganz abgesehen von Nachtrag?- und Sonderkrediten — als Gesammt- krtegSbudget für 1899 zugestanden, also 27 Millionen mehr als 1897. Das Rekrutenkontingent für 1894 betrug nach den oifiziellen Berichten 244,000 Mann, darunter 109,000 nur auf ein Jahr Eingereihte. 1897 sind 250,300 Leute eingestellt worden, davon 76,000 auf ein Jahr. Vermehrung an Zahl des Kontingents und Verminderung der nur ein Jahr dienenden Leute mußten die Hebung der Durchschnitts präsenz zur Folge haben. 1896 war dieselbe mit 539,000 Mann bewilligt worden, 1898 war sie gegen über 1897, nach Billots eigener Erklärung, um 12,500 Mann wegen der 4. Bataillone u. s. w. ge- ? stiegen; nominell 561,000 Mann betragend, überstieg fie, nach Frcycinet» Antwort auf die Interpellation, 2 betreffend die 5000 von der Landarmee den Marine- dO — truppe« überlassenen Freiwilligen, die budgetäre um 13,000 Mann; im Voranschlag für 1899, den der Budgetausschuß genehmigt, wird mit 577,000 gerechnet. 1894 bezifferte sich die Durchschnittsstärke auf 518,000 Mann. Die Zahlen sprechen, denken wir, deutlich g nug. Die Zerlegung des 6. LorpS, wobei in den beiden EorpSbezirken doch noch je drei starke Infanterie divisionen und zusammen fast vier Kavalleriedivistonen bleiben, das neue 20. Geniebatatllon, die Verschiebung von Bataillonen mit hohem Etat in die Grenzbezirke, die 4. Bataillone, deren 1899 schon 72 bestehen sollen, die Steigerung aller Jägerbataillone auf sechs Kom pagnien schon im Frieden, die Vermehrung der Fuß artillerie, Telegraphenformation, die jetzt selbst vom Generalstabsblatte „Echo de Paris" zugegebene Absicht einer bedeutenden Vermehrung und Reorganisation der mit Schnellladegeschützen und Haubitzen bewaffneten Feldartillerie — das sind einige der seit 1893 in Frankreich bewirkten Neuerungen, und, mit den oben gegebenen Angaben zusammengehalten, dürften sie allein schon genügen, um die Forderungen der Militär vorlage als absolut gerechtfertigt und wahrlich nicht zu hoch gegriffen erscheinen zu lasse». In Rußland rechnete man 1895 mit 272,308 Rekruten, 1898 er reichte man die Zahl von 300,000, dabei sind Dag- hestan, Archangelsk, Finnland nur absolut minimal in Anspruch genommen. DaS Heeresbudget betrug 1895 271 Millionen Rubel, 1897 schon 288»/, Mill, und für 1898 beweisen rund 8 V, Millonen mehr für MannschastSverpslegung und Fourage deutlich die Heereserweiterung. Wir brauchen nur auf die beiden neuen Korps in den Bezirken Wilna und Kiew, die beiden Kavalleriekorps im Bezirke Warschau, die Stei gerung der Feldartillerie nm mehr als ein Viertel unseres ganzen Bestandes an bespannten Geschützen unter Neugliederung der Artillerie, beides Maßnahmen, die noch weiter fortgesetzt werden, die Reorganisation der Reserve- und Ersatzartillerie unter Erhöhung der Zahl und Bereitschaft, die Vermehrung der Festungs artillerie, die Erhöhung der Zahl der Sappeurbataillone von 15 auf 22 — demnächst 23 —, den weiteren Ausbau der Festungstruppen und der Grenzwachen hinzuweisen, um die Steigerung von Umfang und Bereitschaft der Wehrkraft im europäischen Rußland seit der Bewilligung der heute bei uns giltigen Präsenz stärke darzulegen. 18 Jahrgänge zählt das gewaltige Heer des Zarenreiches allein an aktiver Armee und Reserve, 13 solche das französische, beide sind durch die Friedenscaores in der Lags, diese enormen Mafien baldigst in erster Linie einzusetzen. Nur ausgesprochener Verneinungstrieb kann behaupten lassen, daß mit Rücksicht auf die Heere des Auslandes unsere Militär vorlage unnöthig sei." — Zur amerikanisch-englischen Hetze schreibt die „Kons. Korr.": In früheren Zeiten ist für die Groß mächte oft genug Deutschland der Sündenbock gewesen, auf den man losschlug, wenn man anderwärts einen politischen Mißgriff gemacht hatte. Zu dieser Praxis wollen anscheinend die biederen Aankees, die sich mit den Philippinen in die Nesseln gesetzt haben, zurück kehren und — unsere „englischen Vettern" Hetzen von Weitem tapfer gegen die Deutschen. Wir, in unserem Machtbewußtsein und mit unserem ruhigen Gewissen, können über dies Schelten und die Drohungen, die immer gröberen Umfang annehmen, achselzuckend lächeln. Allein eine Frage drängt sich unS auf: wo her kommt es, daß man eS auf amerikanisch-englischer Seite auch nur wagt, in einer solchen Weise gegen das Deutsche Reich aufzutreten? Glaubt man eS ein- schüchtcrn, durch hohle Drohungen gefügig machen zu können? Haben die Deutschen, die gerade in der letzten Zeit wußten, sich allenthalben im Auslande den gebührenden Respekt zu verschaffen, Anlaß dazu ge geben, daß man sie als so schwach und haltlos be- urtheilt? Ganz gewiß nicht. Leider aber geht in Deutschland die demokratische Presse darauf aus, namentlich den Amerikanern und Engländern weis zu machen, sie brauchten nur ihren großen Mund recht weit aüfzuthun, dann würden die langmüthigen und ruheliebenden Deutschen zu Kreuze kriechen. Dieser Art „deutscher" Presse ist es zu verdanken, wenn wir vor Hetzen und Drohungen von Amerikanern und Engländern nicht zur Ruhe kommen, und eS ist wahr lich Zeit, daß einmal die gesammte übrige Presse mit aller Energie einer solchen Vertretung der „öffentlichen Meinung" widerspricht. Die Amerikaner aber und die Engländer mögen es sich gesagt sein raffen, daß das be kannte Wort Bismarcks bei allen Deutschen auch heute noch gilt: Der Apell an die Furcht findet keinen Wider hall in den deutschen Herzen. — Wieder ist ein „Genosse" „hinauSgeflogen". In einer Konferenz der Sozialdemokratie von Reuß ä.L., die am 6. Januar zu Greiz abgehalten wurde und die von fünf- bis sechshundert „Genossen" besucht war, wurde mit allen gegen 3 Stimmen beschlossen, den früheren Expedienten der „Reuß. VolkSztg.", Schenderlein, aus der Partei hinauszuweisen. Welches wäre« die Verbreche« des HinauSgeflogen,«? Gr hatte »die Pattei durch üble Nachrede geschädigt-, vor Allem aber hatte er eine Begnadigung von einer über ihn verhängten Sefängnißstrafe nachgesucht und da durch „den Traditionen der Sozialdemokratie" zuwider gehandelt I Dem „Genossen" ist die Begnadigung seitens des Fürsten zu Reuß gewährt worden — die Sozialdemokratie kannte keine „Gnade". Wenn aber alle„Genoffen", welche sozialdemokratische „Traditionen verletzen, „hinausfltegen" sollten, dann würde e» um Herrn Singer bald recht öde aussehen. — In der Budgttkommiffion gab Staatssekretär v. Podbielski beim Etat der Reichsdruckerei weitere Aufklärungen über den Fall Grünenthal. Der Ge- sammtbetrag der Veruntreuungen ist nach den neuen Prüfungen 483,000 Mark, davon find ungedeckt 144,300 Mk. — Im Interesse eines' geordneten MünzwesenS wird jetzt seitens der RetchSbank damit vorgegangen, Nickelmünzen, deren Gewicht oder Erkennbarkeit in Folge des längeren Gebrauchs erheblich abgenommen, einzuziehen. E» wird dadurch Zuständen, wie sie bei spielsweise in Oesterreich Pmtz gegriffen haben, daß schließlich Metallstücke als Münzen in Verkehr waren, welche keinerlei Prägung mehr aufweisen, vorgebeugt. Wir wollen nicht verfehlen, wiederholt darauf auf merksam zu machen, daß nur Münzen, welche aus den erwähnten Gründen an Gewicht verloren, ange nommen bezw. umgetauscht werden. Beruht oie Ge wichtsverminderung auf gewaltsamer Beschädigung, z. B. Durchlöcherung, Beschneidung u. s. w., oder Beschädigung durch Feuer, Säuren, so wird dafür kein Ersatz geleistet, vielmehr werden sie für einen weiteren Umlauf unbrauchbar gemacht und den Be sitzern zurückgegeben. ES hüte sich also Jeder, be schädigte Münzen in Zahlung zu nehmen. — Verdeutscht soll auch der Vizefeldwebel wer den und zwar gründlich durch vollständige Beseitigung. Die bisherigen Vizefeldwebel würden einfach Feld webel, die bisherigen „etatsmäßigen" dagegen Ober feldwebel werden. Auch die Soldatensprache könnte sich mit der Aenderung leicht zurechtfinden: „Spieß" (statt Vizespieß) und „Oberspieß". Oesterreich. Die Obstruktion im österreichischen Abgeordnetenhause hat in vollkommen gesitteten Formen, aber mit vollster Entschiedenheit eingesetzt. Leider ist es nicht gelungen, eine Einigung aller Gruppen der deutschen Opposition im Sinne der Obstruktion zu er zielen; der deutsche Großgrundbesitz hat sich — lau und mattherzig wie immer — ferngehalten, die sechs Mann von der freien deutschen Vereinigung thaten desgleichen und die christlich-soziale Partei vr. Luegers, die der Negierung gegenüber in der letzten Zeit eine recht auffällige OpportunitätSpolitik betreibt, hat be schlossen, die Obstruktion nicht zu unterstützen, aber für die Anträge oer anderen Parteien in inerito zu stimmen; sie hat sich also wedrr für Fisch noch für Fleisch entschieden. Obwohl also nur dir Deutsche Volkspartei, die Deutsche Fortschrittspartei und die sechs Leute von der Schönerergruppe in die Obstruktion übergegangen sind, hat eS sich doch schon, am ersten Kampftage, gezeigt, daß diese drei Gruppen genügen, um die Abstimmungsmaschine des Grasen Thun, die man fälschlich Parlament nennt, zum Stehen zu bringen. Die drei Gruppen verfügen über 83 Mann. Zur Unterstützung eines Antrages auf namentliche Abstimmung sind jedoch nur 50 Mann nothwendig, so daß eS immer möglich ist, namentliche Abstimmungen zu erzwingen. Es muß nur dafür gesorgt werden, daß immer genug Abgeordnete der erwähnten drei Gruppen anwesend sind, und die Obstruktion ist mit geschäftsocdnungsmäxigen Mitteln nicht zu verhindern. Zu Maßregeln, die außerhalb der Geschäftsordnung liegen, oder zu Gewaltmitteln ü la Isx Falkenhayn oder Polizei-Ausgebot wie in der Badent-Zeit, wird man nicht zu greifen wagen, weil man sehr genau weiß, daß man damit nichts Positives erreicht, sondern daß nur die gesittete, durch die Lücken der Geschäfts ordnung ermöglichte Obstruktion in eine wilde und stürmische ausartet. Graf Thun ist also außer Stande, trotz seiner zusammengelaufenen Majorität in diesem Parlamente eine Regierungsvorlage, Ausgleich, Budget, Rekrutenkontingent rc. durchzubringen. ES frägt stich nun, wie lange die Regierung den ReichSrath bei sammen lassen wird. Darüber gehen heute noch die Meinungen auseinander. Es ist wahrscheinlich, daß man trotz Obstruktion da» Parlament wenigstens so lange tagen lassen wird, bi» die KrifiS in Ungarn entschieden ist. DaS kann noch zwei bis drei Wochen dauern, obwohl Ueberraschungen nicht ausgeschlossen sind. Nach den Gegenvorschläge», die Baron Banffy der ungarischen Opposition gemacht hat, und die be kannt geworden find, ist ein Friedensschluß in Ungam noch in ziemlich weiter Ferne. So lange aber dort nichts entschieden ist, wird man — vermuthlich — auch in Oesterreich nicht» entscheiden. So ist denn ia beiden RetchShälften die Krtfi» brennend und offen