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des Energieinhaltes und Aenderung von physi kalischen Eigenschaften ohne Aenderung der chemischen Zusammensetzung. Die Aenderung des Energieinhaltes giebt sich durch die auf der Linie A B beobachteten Haltepunkte kund; Aenderung der physikalischen Eigenschaften ist eingetreten, da ja das Lösungsvermögen des Eisens gegenüber Kohlenstoff verändert ist. Unter diesen Umständen auf Allotropie zu schliefsen, ist, wie in der Einleitung hervorgehoben, nur möglich, wenn auch das von Begleitstoffen freie elementare Eisen den Haltepunkt bei A zeigt. Dies ist bisher immer, selbst bei den kohlenstoffärmsten bisher erzeugten, auch bei den elektrolytisch hergestellten Eisensorten der Fall gewesen. Wenn auch bei diesen letzteren der Wasserstoff ein nicht leicht und wohl auch nicht vollständig zu beseitigender Begleiter ist, also das Eisen streng genommen wieder nicht in elementarer Form zur Untersuchung gelangt, so wird man doch so lange zur Allotropentheorie seine Zuflucht nehmen müssen, bis nicht neue Thatsachen zur Aufgabe derselben zwingen. Dieser von Osmond aufgestellten Theorie zufolge befindet sich das Eisen oberhalb A B in der Allotropie /-Eisen, welche Kohlenstoff (bezw. Carbid) bis zu einem bestimmten Grade in fester Lösung zu halten vermag. Linie A B bezeichnet den Uebergang des /-Eisens in eine zweite allotropische Form, das ß-Eisen, welches nur geringe Mengen Kohlenstoff (bezw. Carbid) lösen kann. Die Temperatur, bei welcher dieser Ueber gang stattfindet, der Umwandlungspunkt Ars, liegt bei nahezu kohlenstofffreiem Eisen nach Roberts-Austen bei 900° C. Das von diesem Forscher zur Feststellung dieser Temperatur benutzte Eisen war durch Elektrolyse erzeugt. Ob es vollkommen kohlenstofffrei wär, ist im fünften Berichte nicht ausdrücklich erwähnt. Durch Hinzutritt von Kohlenstoff zum Eisen wird, wie der Verlauf der Linie A B (Figur 7) lehrt, der Umwandlungspunkt Ars * herabgedrückt, genau so wie der Temperaturpunkt, bei welchem Aus scheidung von Eis aus einer Kochsalzlösung mit weniger als 23 °/o Chlornatrium stattfindet, durch steigenden Kochsalzgehalt vom Erstarrungspunkt des reinen Wasser 0 0 bis schliefslich auf — 22 0 erniedrigt wird. Im kohlenstofffreien Eisen wird bei 900 0 (Ar 3 ) die gesammte Menge des /-Eisens in /?-Eisen übergeführt. Bei Zutritt eines ge wissen Kohlenstoffgehaltes, z. B. 0,2 °/o, liegt Ar s bei etwa 830 0 C. Hier scheidet sich eine gewisse Menge /?-Eisen als Ferrit aus. Gleich zeitig wird der Rest des /-Eisens an Kohlenstoff (bezw. Carbid) angereichert. Durch die An reicherung wird der Umwandlungspunkt dieses * Siehe „Stahl und Eisen“ 1899 Heft 15 S. 712, Figur 3. Restes von /-Eisen herabgedrückt, so dafs also unterhalb 830 0 C. neben dem ausgeschiedenen /?-Eisen (Ferrit) noch kohlenstoffhaltiges ; -Eisen bestehen kann. Die unterste Temperaturgrenze, bei welcher kohlenstoffhaltiges /-Eisen unter dem Einflufs seines gelösten Kohlenstoffes (bezw. Carbides) daseinsfähig ist, wird durch den Punkt B zu 690 0 C. angegeben, dessen Abscisse andeutet, dafs der zu diesem Zwecke benöthigte Kohlen stoff etwa 0,8 °/o betragen mufs. Im Falle des Eisens mit 0,2 °/o C. wird sich also bei 830 0 C. (Ars) zur Herstellung des Gleichgewichtszustandes soviel //-Eisen als Ferrit ausscheiden, bis der Rest von y-Eisen durch Anreicherung einen Kohlenstoffgehalt erhalten hat, der ihn befähigt, bei dieser Temperatur noch zu bestehen. Bei 830 u wird sich also plötzlich eine beträchtliche Menge Ferrit unter Abgabe eines entsprechenden Wärmebetrages bilden. Die gesammte Ferrit menge kann aber bei 830 0 noch nicht aus geschieden sein, vielmehr müssen sich bei weiterem Sinken der Temperatur allmählich geringe Ferrit- (/?-Eisen) mengen nachbilden. Dies ist deshalb zu erwarten, weil der Kohlenstoffgehalt des Restes von y-Eisen bei der niedrigeren Temperatur nicht mehr ausreichen kann, um das gesammte y-Eisen vor der Umwandlung in //-Eisen zu verwahren; ein Theil erleidet diese Umwandlung, und zwar soviel, dafs die Anreicherung an Kohlenstoff jetzt für diese neue Temperatur ausreicht, um den nun verbleibenden Rest von y-Eisen in diesem Zustande zu erhalten. Es stellt sich also bei 830 0 eine plötzliche schroffe Aenderung im Gleichgewichtszustand ein, indem bei dieser Tem peratur plötzlich eine bestimmte Menge //-Eisen mit dem kohlenstoffreicheren Rest von y-Eisen ins Gleichgewicht tritt. Mit sinkender Temperatur verschiebt sich dieser Gleichgewichtszustand all mählich unter Anwachsen der Menge des //-Eisens und Abnahme des Antheils an y-Eisen. Die dabei allmählich freiwerdende Wärme wird sich in der Abkühlungscurve kaum bemerkbar machen, da diese ihrer Natur nach nur schroffe Aenderungen des Energieinhaltes anzuzeigen vermag. Wohl aber liefert das Mikroskop einen Beleg für die Richtigkeit der obigen üeberlegung. Schreckt man nämlich z. B. ein Eisen von 0,2 °/o Kohlen stoff ab, wenn es bei seiner Abkühlung etwa 850 0 erreicht hat, so werden durch die plötzliche Abkühlung die Vorgänge, die sich unterhalb 830 " abspielen und die immerhin eine, wenn auch nur kurze Zeit beanspruchen, vollständig oder wenig stens zum gröfsten Theil unterdrückt, d. h. das Eisen liegt dann auch bei gewöhnlicher Tem peratur angenähert in dem Zustande vor, welcher ihm bei 850 0 zukam. Das Kleingefüge besteht lediglich aus Martensit, welcher also dem Kohlen stoff in fester Lösung enthaltenden y-Eisen ent spricht. Schreckt man unterhalb 830 0 ab, so